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Sächsische Volkszeitung : 18.06.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192906188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19290618
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19290618
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-06
- Tag 1929-06-18
-
Monat
1929-06
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 18.06.1929
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l!. Sieg der chrifMchen Ellern In Dresden 79S christlich« und 402 weltliche Vertreter. Dresden, 17. Juni. Bel den am gestrigen Sonntag in 82 volksscheilen o»»rgenommenen Elternratswahlen wurden von <7 632 Wahlberechtigten insgesamt 87 24» Stimmen abgegeben. Davon entfielen aus di« christlichen Liften 22 747, aus die weltlichen 14 372 Stimmen. Bon den 111 gewählten Elternratsmitgliedern entfallen also 7»9 aus die christlichen nnd 4«2 aus di« weltlichen Listen. Mithin ist die christliche Mehrheit von 249 Sitzen >m Borjahre aus 807 gestiegen. An 67 Schulen besteht eine christlich«, an 15 Schulen ein« weltliche Mehrheit. An drei Dresdner Volksschulen, sowie an den Hilfsschulen fanden kelne Wahlen statt. Nur ein Wahlvorschlag lag an den katholischen Schulen vor. Chemnitz. 17. Juni. Bei den am Sonntag hier abgehal tenen Elternratswahlen wurden sür die christlichen Elternoereine 14 726, stir die sozialdemokratische Partei sweltliche Einheits schule) 7341 und für die weltlich« Einheitsschule sKPD.) 2287 Stimmen abgegeben. Darnach erhalten die Christlichen 293, die Soialdemokraten 14» und die Kommunisten 27 Sitze. vrrrckrn un«I Umgebung Das gröhke Meliorattorisunkerriehmerr in Sachsen Dresden» 17. Juni. Der Teil der Schwarzen Elster »wischen Kamen» und der preußischen Landesgrenz« gehört zweifellos zu jenen Landstrichen Sachsens, deren landwirtschaftliche Bevölkerung am schwersten zu kämpfen hat. Daß der Boden, der an sich keineswegs als minder wertig zu betrachten ist. die auf sein« Bearbeitung verwendete Mühe nicht niit entsprechenden Erträgen lohnt, ist mit den ungünstigen Wasscrverhältnissen begründet. Der Grundwasserspiegel liegt im all gemeinen so hoch, daß «ine Versauerung der Ackerkrume dir Erträge herabmindert, zumal die Landwirte gezwungen sind, an Stelle ebener Ackerflächen schmale Beete mit tiefen Wasserfurchen zu bestellen. — Noch ungünstiger sind die Verhältnisse unmittelbar an der Schwarzen Elster und ihren Seitenarmen. — Nunmehr soll «hi« durchgreifend« Aendenmg herbeigosührt werden. Sämtlich« acht unterhalb Kamenz liegenden Ciemeinden, nämlich Jesau, Dcu-tsch- lxrfelih, Zschornau, Schiedel, Milstrich. Döbra. Skaska, Trado, haben einstimmig die Mteiluna Landeskultur der Landwirtschaft S- kamuier mit der Regelung der Wasserverhältnisse beauftragt. Es soll zunächst nach einer Aufstellung des Entwurfes für die Begradigung der Schwarzen Elster selbst «in« Entwässerung (Dränung) des Ge ländes vorgenonmieir und weiterhin sämtliches verfügbare Wasser sür vewässcruiigSzweckc verwendet werden. — Das Meliorationsuntcr- iwhmen verspricht daS umfangreichste zu werden, das bisher in Sachsen in Angriff genommen worden ist. Di« Schwarze Elster ein schließlich Nebcnläus« wird voraussichtlich auf ein« Länge von 18 Kilometer begradigt, di« Meliorafionssläche umfaßt ca. 2000 Hektar «der 20 Quadratkilometer. Selbstverständlich ist di« Ausführung nur möglich, wenn das Untern-chmen in weitestem Umfang durch den Staat gefördert und unterstützt wind. Dir Vorbedingungen werden voraussichtlich erfüllt. Geplant ist di« Ausführung der Melioration als Notstandsarbeit, die für ein« größer« Anzahl von Er werbslosen auf längere Zeit di« so willkommen« Arbeitsgelegenheit zu werden verspricht. r Beim Kopfsprung verletzt. Gegen 5)4 Uhr verunglückte am Sonntag unterhalb der Augustusbrück« neben der Stad lbadean statt für Frauen und Mädchen rin junger Monn, etwa 19 Jahr« alt. In Unkenntnis des seichten Wafferfiandes blieb er bei Ausführung eines Kopfsprunges zu nähe am User, schlug mit dem Kopse auf den Grund «mf und zog sich nicht ungefährliche Verletzungen zu. : Kohlenstaubexplosion im Güntzbad. In den Kohlenlager» räumen des Günhbobes ereignete sich in der Nacht zum Sonnabend gegen 12 Uhr «ine Kohlenstaubexplosion durch Selbstentzün dung von Briketts, di« beträchtlichen Schäden anrichlete. Die Löscharbciien der Feuerwehr gestalteten sich trotz der Rauchschutz apparat« außerordentlich schwierig. d. Der Landesverband selbständiger Buchbindenneistrr in Sach sen hiel! am Sonntag in Meißen seinen 21. Landesverdandstag ob. Der Vorsitzende Obermeister M. Katzschke, Dresden, begrüßte die Teilnehmer, insbesondere die Ehrengäste. Nach weiteren Be grüßungsansprachen erstattete der Vorsitzende den Jahresbericht, der mit Not und Arbeitslosigkeit die mißliche Lag« des Handwerkes charakterisierte. Alsdann wurden die Abrechnung über die Veteilt- „Das Wesen -er Revolution" Gründungsfeier der T. K. Dresden, 17. Juni. In der festlich geschmückten Aula feierte am Sonnabend die Technische Hochschule die erst« Gründungsfeier im zweiten Jahr hundert ihres Bestehens. Eine ganz besonder« Bedeutung erhielt dieser Tag noch lxckurch, daß an ihm zum erstenmal vor einer brei teren Oesfcnilichkeit der am 1. Avril vollzogenen Eingliede rung der Forstakademie Tharandt in den Dresdner Hochschu-lbezirk feierlich gedacht wurde. Unter den zahlreichen Ehren gästen sah man Minister Dr. Dünger, Oberbürgermeister Dr. Vlüher, Geitrralmajor Schubert und ander« mehr. Noch dem Einniarsch der Chargierten zogen Rektor und Senat sowie die Dozentenschaft der Hochschule in die Aula ein. Der Rektor Prof. Dr. Erich Müller begrüßte di« Festversammlung und dankte dem Volksblldungsministe- riimi für das große Interesse cm der Hochschule. Zu Ehren der Ge fallenen und Verstorbenen senkten sich di« Fahnen in stiller Trauer. Der Rektor gedacht« dann der Eingliederung der forstlichen Hoch schule, deren Ruhm weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hin- auSgehc. Er begrüßte die Eingliederung, die auf völlig freiem Ent schluß der forstlichen Hochschule beruh«, und versprach ihr volle Frei heit und tatkräftig« Unterstützung in dem Bewußtsein der großen Verantwortung, die di« Technische Hochschule übernommen l^ibe. Di« Technische Hochschul« Berlin hat Geheimen Hofrat Prof. Dr. Dülfer zum Ehrendoktor, Dr.-Jng. e. h., ernannt; di« Tech nische Hochschule München bedachte mit der gleich«» Ehrung Pros. Dr. Nägel, und Prof. Dr. Trefsz wurde von der Technischen Hochschule Stuttgart in der nämliclwn Weis« geehrt. Geheimer Hof rat Prof. Dr. Berges war zum Ehrenbürger der Technischen Hoch schule Stuttgart ernannt worden. In seiner Festrede behandelt« Prof. Stepun das Wesen der Revolution. Der Redner schickt« voraus, daß die Sozio logen sich gerade in d«r letzten Zeit vielfach mit dem Problem der Revolution beschäftigt haben; er entwickelte dann den Begriff d«r Revolution an drei wesentlichen Merkmalen. Für die Revolution sei in erster Linie charakteristisch; das AuSeincmdersallen der natio nalen Bewußtseniseinhett; iveiter sei di« Revolution ein Nein mit einem Ja; drittens sei ,hie Lust an der Vernichtung die wahrhaft schöpferische Lust", d. h. di« Revolution predige die Schöpfung, nicht di« Vernichtung. Nachdem Prof. Stepun die Begriff« von Idee und Ideologie im Zusanmieichang mit dem von ihm beiMl.de llen Theina scharf nmrissen hatte, kennzeichnet« er die Kräfte und Schichten-, die die Revolution vorbereitcn: Einmal die Jugend, die biologische Schicht der Revolution, dann das Verbrechertum, di« kriminelle Schicht, und zuletzt die Phantasten, die dämonische Schiebt. Der Redner schloß mit der Feststellung, daß di« Revolution «ine Tragödie im wahrsten Sinn« sei. Was wir tun, müsse nüchtern geprüft wer- den; di« Technische Hochschule sei ganz besonders dazu berufen, an dieser Ertüchtigung und an der Zuwendung zum wirklichen Leben mit-»arbeiten. Ter Vortrag wurde mit großem Beifall ausgenommen. Di« akademische F«i«r schloß mit dem KrönnngSmarsch aus der Oper di« Folkunger von Kretschmer. Tagung der deutschen Optiker Dresden, 17. Juni. In Dresden findet gegenwärtig der Bundestag des Hauptvcrbandes der deutschen Optikcrvereini- gungen statt. Den Austakt bildete am Sonntag eine im Saal der Kaufmannschaft äbgehaltene öffentliche Kund, gebung, zu der sich Vertreter der Behörden der Optiker» Fachverbände und verwandter Organisationen eingesunden hatten. Noch kurzen Begrüßungsworten des Bei bandsvorsitzcn- den Wasmu t h-Dresden hieß Oberregierungsrat v. Buch namens der Staatsregierung, Oberbürgcrmeisttr Dr. Blüh er namens der Stadt Dresden die Tagung willkommen. Weiter sprachen Obermeister Schumann sür die Sächsische Gewerbe Kammer, Lanütagsabgeordneter Dieckmann, Re.chsiagsabgeord» neler Beier u. a. Hierauf hielt der Direktor der Iraner Fach- schule für Optiker, Prof. Dr. Pistor, einen Fachvortrag über dos Thema „Fort mit der Brille?" Der Redner wandte sich gegen diesen aus Amerika kommenden Ruf, der nur trügerische Hoffnungen erwecke, uird bezeichnet« ein« sachgemäße Brille als das einzige Mittel, um ein besseres Sehvermögen zu erzielen. Der Syndikus Dr. Opel sprach dann noch eingehend über den Aufgabenpreis, die wirtsckwftlichen Sorgen und die Standes forderungen der Optikerbranche. Die Reden wurden von musikalischen Darbietungen umrahmt. Der Montag und Diens tag ist ausschließlich mit Fachsitzungen ausgesüllt. Die Polizeibeamlen-Tagung Dresden, 17 Juni. Dein zweiten Tag der Hauptversammlung der sächsische» Po» lizcibeamten wohnt« wieder eine Anzahl Ehrengäste bei. Grüß« und Wünsche überbrachten u. a. Ministerialrat Schulz« sür die Staats« rcg-ieru-ng, Stadirot Müller und Slodivcrovdncler llhlig sür dl« Stadt Dresden und Landtagspräsidcmt Weckcl, sowie Pvlizci-bcamte» Schröder sür den Deutschen Bcamtenbund. Ter Geschäftsführer Hoch erstattete nach der Begrüßung durch den Dcrbaiidsvotsitzcuden Dettloff den Geschäftsbericht. Das Ergebnis der Verhandlungen wurde in einer langen Reihe von Entschließungen zusammcngesaßh Der Verbandstag hält den Versuch, alle Polizeibcamtcn« o rga n i sa t i o n c » zu einer einzigen zusammenzuschließen, im Interesse der Polizcibcamien sür erforderlich, und crllärl sich be reit, in Verhandlungen cinzulrelc». Die Gründung einer Reichs» avbeitsgemeinschaft Deutscher Pollzcibcamtcu Verbände wird befür wortet. Der Verbondstag billigt danach die Tätigkeit des Vorstandes in bezug auf Verbesserung der Ausstiegs- und Besolduugsvcihälk niss« der Polizeibccuntcn aller Gruppe» und wendet sich au die Reu gicrun-g und Parteien mit dem Ersuchen, in ein« Nachprüfung dev Besolduiigsverhälluisse einzutrcteu. Weiler wird die Schaffung eines) BcanitenvertrctungSgesetzcs und einer besseren llnsallsürsovg« ocfo» dert, sowie ein« Neuregelung der Bestimmungen über die Beamten» ausschüss«. Ein« weitere Entschließung tritt sür eine nwscntlich« Verstärkung der Revier-Polizei und Vermehrung der Polizcibczirke INI Interesse der Ausrechtechaltung der Ruhe nid Ordnung ei», und verlangt schließlich eine Neuregelung der Bestimmungen über di« Dienstzeit. gung an d«r Jahresschau Das Papier und der Kassenbericht richttg- gesproct)«n und der Vorstand entlastet. — Obermeister Röhl, Dres den, sprach «mschlicßend über dos Zustandekommen der Steuerricht« sätze und deren Auswirkung. Schließlich wurde der Vorstand mit Obermeister Kahschke, Dresden,, als Vorsitzendem wisdcrgewählt. Der Tagungsort für nächstes Jahr ist voraussichtlich Löbau oder ein anderer Ort der Lausitz. : Auch das dritte Opfer d«S Fährbootunglücks geborgen. Am Freitag nach mittag konnte der am 10- Juni bei den, Fährbootungtück ertrunkene Steinsetzmeister Märkisch in Flur Keilbusch aus der Elb« geborgen werden. s. Die österreichischen Doklortitel in Sachsen. Wie gemel det wird, hat das sächsische Volksbildungsministerium bestimmt, daß die Verordnungen von 1878 und von 1897 über die Führung der von auswärtigen Universitäten verliehenen Würden in Sachsen bis auf weiteres auf die von rrichsdeutschen und öster reichischen Staatsangehörigen an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck erworbenen akademischen Grade des Dr. theol., Dr. rer. pol. und Dr. schil. nicht angewendet werden. Der Einholung einer besonderen Genehmigung zur Führung dieser Doktortitel bedarf es demnach nicht mehr. Auf den Dr. med. und sonstige österreichische Doktorgrade erstreckt sich diese Regelung nicht. l-eiprig und Umgebung 2V Jahre Zentrale für Iuqendhilfe Leipzig, 17. Juni. Die Leipziger Acnlrale sür Jugendfürsorge, die aus ein 20» jähriges Bestehen zurückblickt, veranstaltete aus diesem Anlaß am Wochenende im Fcstsoal des Neuen Rathauses eine Gedenkfeier, z« der die Freund« und Heiser der Jugendfürsorge den Saal bis auf den letzten Platz füllten. Auch Verlrctcr der staatlichen und stävl-i» schen Behörden waren erschienen. Der 1. Vorsitzende, Proscssop Dr. Pfeifer, gab in seiner Begrüßungsansprache einen kurzen Ueherblick über die bisherige Tätigkeit der Zentrale. Tic Gründung crsolgtc bei Einführung der Jugen-dgcrichte aus der Einsicki heraus, daß man die im Volke schlummernde natürliche pädagogische Be gabung und den Will«n weiter Kreise zu sozialer Arbeit in den Dienst der Fürsorge sür die gefährdete Jugend stellen müsse. Der Zusammenschluß zahlreicher Vereine zur Zentrale für Jugend-, sürsorge ermöglichte in Leipzig die Einrichtung einer Jugeu-d-'erichts- hilfe in engster Zusammenarbeit mit Jugcndstaaisanwait und Jugend, gcricht. Insgesamt wurden im Lause der 20 Jahre rund 24 000 Kinder und Jugendliche betreut. Den Dank u»d die Wünsche des Mensch unler Menschen Roman von Victor Hugo. <40. Fortsetzung.) Während der Mmm so über di« Mitlek. sich zu bereichern, «achdachte, dacht« sein« Frau nicht an die Gläubiger, macht« sich kein« Sorgen und lebte ganz dem Augenblick. Zwischen zwei solchen Ilnholden war also di« arme Cosett« festgequctscht wie zwischen einer Tür und einer Wand. Sie drück ten, jcdes auf sein« Weise. Ts« Prügel kamen von ihr; wenn sie im Winter barfuß gehen mußte, so verdankte sie dos ihm. Kein Erbarmen, so furchtbar dos kleine Ding sich auch quäken mochte. Im Thenardierschen Hause war ein Ideal der Tyrannei verwirklicht. » Am Weihnachtsabend ging das Geschäft »ul, und cckendk kamen viel« Gäste. Und da die Wasserbehälter leer waren, mußte die keine Cosette noch einmal in der finsteren Nacht zur Quelle hinaus und Wasser holen; ein Gast hatte ein Pferd mitgebracht, und das mußte natürlich getränkt werden. Und daun sollte sic auch gleich Brot mitbringen, wofür ihr die Thenardier fünfzehn Sous tu die Tasche steckte. Cosette fürchtet« sich vor dem finsteren Wold, und als sie schon auf der Straße stand, zögert« sie noch, den weiten Weg anzntreten. Zunächst blieb sie gegenüber der Wirtschaft vor einem Loden stehe» und bewunderte die fein« Puppe, die eine richtig« Dam« dar- stcllt«; in ihrem Staunen über so viel Schönheit vergaß sie ganz ihren Auftrag. Plötzlich rief Frau ThcnardierS nicht sehr liebliche Stimm« sie in die Wirklichkeit zurück. ,Masl Du Nöhlliese, du bist noch nicht fort? Na wartel Dir werde ich Deine mackenl Da frag« ich einen Menschen, was sie da zu tun hatl Rein, dieser Nichtsnutz!" Nun rannte Cosette, so schnell sie konnte, mit ihrem Eimer davon. Ta daS Thcnardicrsche Gasthaus in demjenigen Teile deS Dorfes lag, der die Kirche umgibt ,jo mußte Cosette zu der Quell« im Walde »och Chelles zu gehen- Sie sah sich keine Bude mehr an. Solang« sie tu der Nu« du Boulanger und in der Nähe der Kirche war. beleuchteten die Lichter in den Bude» ihre» Weg, ober di« Freude dauert« nicht lange. Bald umgab sie fiese Dunkelheit, und ihr wurde bange ums Herz. Dies Gefühl bekämpfte sie aber tapfer, indem sie den Eimer henkel schwenkte. Das verursachte ein Geräusch, welches ihr Gesell schaft leistete. I« weiter sie trippelte, desto schwärzer wurde dir Finsternis. Es war kein Mensch mehr auf der Straß« z» sehen. Nur einer Frau begegnete sie, die stehe »blieb und vor sich hinmurmelte: ,Mo mag denn das keine Mädchen hingehend" Dann aber erkannte sie Cosett« und rief: ,Z, das ist ja di« Lerche!" So durchwanderte di« Kleine den Wirrwarr von krummen und öden Straßen, in den das Dorf Montscrmeil hier endet. Je weiter sie kam, desto langsamer ging sie, und als sie an der Ecke des letzten Hauses angelangt war, Vliob sie ganz stehen. Sie wollte zurückgehen, sagen, cs sei kein Wasser mehr in der Quelle gewesen. Aber dann sah sie plötzlich das Gesicht der wüten den Thenardier vor sich, und sie begann zu lausen, durch den dunk len Wald zur Quelle zu lausen. Doch bald mußte sie langsam gehen; nnd dann marschierte sie müde, so müde durch diesen finsteren, un heimlichen Wald. So kam sie endlich zur Quelle. Sie ruhte sich nicht aus, es war -war nichts zu sehen, aber ft« kannte di« Quelle ganz genau. Sic tastete also mit der linken Hand nach einer über das Wasser geneigte» Eich«, bekam einen Ast zu fassen, hing sich daran, neigt« sich nieder und tauchte den Eimer in dos Wasser. Die Aus. rcgung verdreifacht« ihre Kräfte. Aber während sie sich bückt«, ver gaß sie auf ihre Schürzentasche zu achten, und daS Fünfzehnsous stück siel ins Wasser. Cosette sah und hörte es nicht, zog den- fast bis zum Rande gefüllten Eimer heraus und stellte ihn aus die Ecke hin. Sie merkte, daß sie nicht weitergchen konnte. Sie setzte sich also ins Gros. Sie sah einen großen Stern und fürchtet« sich sehr. Und die schwarzen Wolken sahen wie Rauch aus. Sie mußte zurück. Sie hatte nur den Gedanken: lausen, lausen — so schnell es geht. Nach Haus! Aber da fiel ihr Blick auf den Eimer, und wieder siegt« di« Angst vor Frau Thenardier über jede ander« Empfin dung. Sie umklammerte den Henkel mit beiden Händen und machte sich auf den Heimweg. So tat sie etwa rin Dutzend Schritte, aber der Eimer war voll und entsetzlich schwer; sie mußte ihn wieder Wiedersehen. Nach einigen Sekunden Aufenthalt brach sie wieder auf. Der schwere Ebner spannte ihre mageren Aermchen'miss äußerste, di« Berührung de» eisernen Henkris verllammt« chre nassen Finger immer m^, und jedesmal, wenn sie den Eimer nickersetzte, schwappt« er über uick benetzt« ihr« nackte» Bein«. Di« trug sich »» in «ine« Wald«, bei Nacht, im Winter, weitab von jedem menschlichen Auge, und eS war ein achtjähriges Kindl Gott allein >'ah die traurige Szene. Sie war ganz hin vor Schwäche und hatte noch nicht einmal den Waldweg hinter sich. Bei einem ihr bekannten Kastanicnbaume hielt sie endlich- recht lange an, um sich gründlich a»szur»hen und maischicNe dann Wieder tapfer darauf los. Aber doch entrangg sich dem gequälten, armen Wesen der Jammerruf: „O mein Gott! mein Gott!" In dem Augenblick suhlte sie plötzlich dos Gewicht des Eimers vermindert. Eine Hand, die ihr mächtig groß schien, hatte ihn er griffen und half ihn tragen. Sie schqule empor. Neben ihr ging ein Mann, der von hinten glommen war. Bei allen Begegnungen mit Unbekannten regt sich der Instinkt. Der kleine» Cöselle sagte er jetzt, daß sie sich nicht zu fürchten brauche. An dem Nachmittage desselben Weihnachtstages ging in den! einsamsten Teile des Boulevard de l'Hopiial zu Paris ein Mann umher, der eine Wohnung zu suchen schien. Vorzugsweise wählt« er sich zu diesem Zweck die bescheidensten Häuser dieses armen Stadtviertels Saint-Marccau auS. Wir wecken weiterhin sehen, daß er in der Tat ein Quart!« in dieser abgelegenen Gegend gemietet hatte. In seiner Kleidung sowohl wie in seiner Person verwirsic licht« dieser Mann den Typus jener Menschen, die man „die ansläm digen Bettler" nennen könnt«, jene Vereinigung der äußersten Am mut und der peinlichsten Sauberkeit, die verständnisvollen Seriell doppelte Achtung einflößt. Er sah aus wie ein ehemaliger Haus lehrer auS einer vornehmen Familie, der mit der Emigration nach Frankreich zurückgekehrt war. Seine weißen Haar«, seine gefurcht« Stirn, sein« fahlen Lippen, die Mattigkeit und der Lebensüberdruß,! der aus allen seinen Zügen- sprach, ließen vermute», daß er weit, über sechzig Jahre hinter sich hatte. In der Ties« seiner Augen lag, ein Ausdruck von wehmutsvoller Seelenruhe. Er trug in der linken Hand ein Paket in einem Taschentuch; sein« Rechte stützte sich auf einen Stock, der auS einer Hecke heranSgeschnitten schien. Derselbe war mit einer gewissen Sorgfalt gearbeitet und sah nicht übel a»S;i di« Benutzung der Knoten im Holze zeugt« von Kunstsinn, und de» rote Siegellack, der Korallen vorstellen sollte, nahm sich recht gut aus. Es war ein furchtbarer Knüttel und sah wie rin feiner Spa» zierstock aus. ^Fortsetzung folgt.) //
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