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Nummer 87 — 28. Jahrgang Grubeun »mi» «LLriit!. mit dm tllustt. «rall»de„az«, .Die Welt» und k<kr un'ere „einen Leute' lowle den renseUaa»« »Gt. Benno-BIa«'. .Unterbalttm« und Wtgen» .Dt» »«II der Frau', «er»,,,»er Raineder' Da» gute Bu«b' .krilmrimd- «daii'. Monalltchrr B«,u«»vre>* » Ml. «In,«bl. «»„»llaelb. G,»»e,numiner Iv <1 Sonnabend- u. Konnlayniimm», »v HaupIIArtttleUeri Tr. w. Tedezvk. Dresden. SüchMe Sonntag» den 14. April 1924 «»,»»»«»»», Tee»»,, «u,»t«e>vee<»», Dt« ipeldallen» »e»>,eti» Itt» z ^aniiltr» anieigen u.Slellenaeinkb» »0». Die Veiitreiiame^etlr «nur drrtl > M ?zür «»»eigen mcherhelb de» «erbrenmigSgebtüdel »0» diePetttreNamezetle>.!»«-«. «rleiged.:»«»^ Amg«»« hüderer Gewalt erinchi lede BervkUibwnq aut Lielernng towt« »rtülluno d. «n»eigen, «uttrggen n. Letlinng ». S Ladenrrlatz, «elchLMtlier Dell «r«nr «euz. Dresden. tar>-e>a»»»st»lle Trug ».Bertaa i '«»emania lür Verlag imd Dnnkerel. Filiale Dresden.Dresden.«, l. Po„er„rat,»I7. Nemru'vioiL. Polllibeiklimto Dresden Noz. Banlkonlo Gtadtdenl Tre»»en «r- klll» Für chrisNithe Politik und Kultur Redaktion der SaN,N«a>en <tolk»,»,tuna DreSben-AUIIadi l Polierslratze >7. ^ernri» MN! »>»> „012. Deutschlands Friedenswille Die deutschen Vorschläge für die am Montag beginnende Abrüstungskonferenz Staatspolitik, nicht Standespotitik Politik — was ist das eigentlich? Ein Fremdwort, das aus dem Griechischen stammt und soviel bedeutet wie: städtische Angelegenheiten. Denn die Stadt war im alten Griechenland zugleich der Staat, war der einzige Träger der gemeinsamen Interessen und damit auch das Ziel der gemeinsamen Arbeit der Bürger. Daß ein sol ches gemeinsames Ziel vorhanden ist. und daß es für alle wichtiger ist als die Ziele der einzel nen, das ist die Voraussetzung, unter der Politik über haupt erst möglich wird. — Das altgriechische Staats- wesen zerfiel, als die Interessen einzelner Gruppen wich tiger wurden als die Rücksicht auf das gemeinsame poli tische Ziel. Wir haben ja in der Schule gehört, wie der Lohgerber Kleon, der die Ausnutzung der Demokratie für das Standesinteresse erfunden lzat, den Untergang Athens herbeiführte, und wie Sparta durch den Kasten geist des Adels zugrunde ging. Wir haben das gehört, aber wir haben nichts daraus gelernt. Denn nichts ist bei uns beliebter, als die Nachfolge des Herrn Kleon; allzu- viele verstehen unter Politik nur Standespolitik, nichf Staatspolitik. Der Verfall des Staates ist aber zugleich der Untergang der Stände. Wenn die Entwicklung der politischen Gruppierung in Deutschland so weiter geht wie in den letzten Jahren, werden alle Nachahmer des berühmten Lohgerbers in der Tat zu „betrübten Loh gerbern" werden, denen die Felle davongeschwommen sind. Politik ist nicht möglich ohne ein großes gemein sames Ziel. Dieses Ziel war, seit die deutschen Stämme als Einheit in der Geschichte wirksam geworden sind, das Reich. Dieses Reich, das man im Mittelalter als „heilig" bezeichnete, das in den Zeiten des Verfalls die Sehnsucht aller guten Deutschen blieb. Bis es nach schwe ren Schicksalen am Ende des 19. Jahrhunderts in unvoll kommener Form wiedererstand. Das uns aber auch in dieser unvollkommenen Form teuer ist, doppelt teuer, seit wir es aus der Katastrophe des Weltkrieges nur mit Mühe gerettet haben. Diesen Staat zu erhalten und aus zubauen, muß unser gemeinsames Ziel sein, weil von Be stand und Gedeilien dieses Staates das Leben unsres Vol kes, damit auch das Wohl aller Stände abhängt. Solange dieses Ziel nicht allen anderen voransteht, bleibt Demo kratie, d. h. Volksherrschast. Sorge des mündigen Volkes für den Staat, eine ideale Forderung. Was in den letzten Jahrzehnten in Deutschland an Entfremdung des Volkes gegenüber diesem ersten und letzten Sinn der Politik geleistet worden ist, bedeutet einen Rekord der Unvernunft, der international konkur renzlos ist. Vorangeschritten ist auf diesen! Wege die Sozialdemokratie, die dem Volke predigte, das nicht der Staat, sondern die Klasse das wichtigste gemeinsame Ziel sei. Diese gefährliche Irrlehre hat seitdem Schule ge macht. Heute ist es soweit, daß Arbeiter und Bauern. Mittelstand und Beamte von allen Parteien Vertreter ihrer Interessen fordern, die dann als „Beauftragte des Volkes" in die Parlamente einziehen. Wenn man den ganzen Umfang dieses Unfugs sich vergegenwärtigt, dann kann man sich nur wundern, daß die deutsche Politik'in den letzten Iahren> nicht noch kläglicher gewesen ist. Heute erkennt man im Volke die Mißstände, di» die Standespolitik Im Parlament angerichtet hat, aber man sieht nicht immer die Quelle dieser Mißstände. Der Ueberdruß am Parlament wird heute von den meisten politisck Interessierten zur Schau getragen, wie die neue Frühjahrsmode von der Damemvelt. Alle diese Veräch ter des Parlaments werden aber bei den nächsten Wahlen selbstverständlich den Vertretern ihres Standes die Stimme geben. Solange aber die Stünde, d. h. die Stan desorganisationen und ihre Bürokratie die Politik machen, wird sich im parlamentarischen Leben wenig ändern. Wenn man ein Uebel beseitigen will, muß man es an der Wurzel packen. Staatspolitik, nicht Stand espolittk muß die Parole sein, und die Be auftragten des Volkes dürfen nicht nach Standesinter essen ausgewählt werden, sondern danach, inwieweit sie Keuler Die Welt (Illustrierte Wochenbeilage) Unterhaltung und Wissen. Der katholische Iungmann. Turnen. Sport und Spiel Filmrundschau Gens, 13. April. Am Montag beginnt hier die Tagung der Vorberei tenden Abrüstungskonferenz. Eine Tagesordnung wird der Konferenz nichi vorgelegt werden. Jur Debatte stehen der russische Abrüstungsoertrag, ferner ein Antrag der Türkei und eine Denkschrift Deutschlands, die gestern dem Präsidenten der Konferenz, dem Holländer Loudon sowie sämtlichen a» der Konferenz beteiligten Staaten überreicht worden ist. Als erste Delegationen für die neue Tagung des Vor. bereitungsausschusses für die Mrüstungslronferenz sind die sowjetrusstsche und die chinesisch« Delegation hier «ingetroffen. Die chinesische Delegation steht unter Führung des Gesandten in Berlin, Tschiang-Tsopin. » Die deutsche Denkschrift beschränkt sich auf eine militärtechnische Behandlung der von deulsäzer Gelte geforder ten Punkte und macht hierbei weitgehende sachliche Vorschläge. Die Denkschrift geht jedoch auf die Frage der Seeabrüstmig nicht ein und behandelt nicht die in der Abrüstiingskommission weilcr einzuschlagende Taktik. Gras Bernstorfs behält sich in der Denkschrift ausdrücklich vor, im Verlaus« der Tagung An regungen zu stellen, die zweifellos der grundsätzlichen Seit« der Genfer Abrüstungsmethode und dem weiteren Arbeitsplan der Kommission gelten werden. Von deutscher Seite sei stets der Standpunkt vertreten worden, das; von einer internationalen Kommission über die Begrenzung der Nüstungen alle N ü st u n g s fa k t o r e n ersaht würden. Eine Konvention, die wesentliche Niistungsclemente übergehe, könne nur eine Schein lösung Larstellcn, da sie nicht nur zu falschen Folgerungen hin sichtlich der Wehrkraft der verschiedenen Länder führen würde, sondern auch für die Signalarstaaten die Möglichkeit offen liehe, die Verminderung gewisser Nüstungsfaktoren durch Der- mehrung anderer auszugleichen. Der wichtigste Teil der Bemerkungen des Grafen Bernstorsf bezieht sich auf die bedeutungsvolle Frage der Ein beziehung der ausgebildeten Reserven in ein all gemeines Nüstungsabkommen. Hierüber haben bisher grund- sätzliche Meinungsverschiedenheiten bestanden. Die deutsche Denkschrift steht auf dem bisherigen deutschen Standpunkte, dah die ausgebildeten Reserven in ein künftiges System der allgemeinen Abrüstung einbezogeii werden mühten. Sie will diesen Gedanken jedoch der Verwirklichung näherführen, indem sie auf der Grundlage der von der militärischen Unterkom- Mission geleisteten Vorarbeiten einen positiven Vorschlag sür die Abrüstung der ausgebildeten Reservisten macht. Zu prüfen sei, ob nicht dem Verbot der Anwen dung chemischer Kampfstoffe noch dadurch eine gröhere Wirksamkeit vsrliehen werden könnte, dah die An wendung der wichtigsten Waffe, mit deren Hilfe die chemisclwn Kampsstofse zur Verwendung Kommen, der Luftniaffe, allgemein beschränkt werde. Hierzu könnte ein allgemeines Verbot des Abwerfcns von Kampfstosfen aus der Luft und der Vorberei tung hierzu kommen. Dieses Verbot würde nicht nur das Ab- werfeu von Gasbomben, sondern auch Brisanz- und andere Bomben sowie die sonst etwa noch mögliche Verwendung von entschlossen und in der Lage sind, dem gemeinsamen Interesse zu dienen. Ans dieses Ziel muß sich der Wille des Volkes richten, und nicht auf den Traum von einer Diktatur, die eines freien Volkes unwürdig ist. Das Zentrum hat sich im Reiche während der letz ten Wochen eifrig bemüht, die standespolitisch eingestell ten Parteien mit allen Mitteln auf das große Ziel der Staatspolitik hinznlenken. Völlig ist das nicht gelungen. Zwar ist eine M e h r h e i t s r eg i e r u n g zustande ge kommen, aber diese Mehrheit hat sich nur zu bestimmten Arbeiten und mit gewissen Vorbehalten Zusammen geschlossen. Immerhin bedeutet diese Zwischenlösung einen Fortschritt. Sie zeigt, daß die Logik die Tatsachen selbst in dieser Richtung drängt. — Ein zweites Zeugnis dafür ist die staatsbürgerliche Einheits front, die in Sachsen für den Wahlkampf von fünf Parteien geschlossen worden ist. Auch hier mag das Er reichte als unvollkommen gelten, da nach Lage der Dinge allein eine Einheitsliste den gewünschten Erfolg, Samm lung aller nichtsozialistischcn Stimmen, gesichert hätte. Das wesentliche aber ist auch hier die Entschlossenheit. chemische,, Kampfstoffen aus der Luft verhindern und so in er wünschter Weise dazu beitragen, die Leiden der Zivilbeväl« berung im Kriege zu mildern. — Zum Schluss macht die Denk» sckrift Ausführungen über eine Möglichkeit der Kontrolle hinsichtlich der Durchführung der getroffenen Vereinbarungen. » Ueber di« deutsche Denkschrift zur Abrüstungsfroge besteht übereinstimmend der Eindruck, dah die deutsche Negierung damit lhren entschlossenen Willen bekundet hat. die grundsätz lichen Fragen der Abrüstung auf der Tagung zur Verliandlui^ zu stellen. Der Denkschrift wird grohe politisch» Bedeutung b e i g e m e s s e n, da sie nunmehr die Aus schüsse vor die Entscheidung stellt, jetzt endlich praktische Forts schritte in den Abriistnngsarbeiten herbeizusühren. Das Memorandum Ser AeparationsglSubiger Paris, 13. April. Havas berichtet über den Inhalt des Memorandums, da» im Lause der heutigen Vollsitzung >der Reparationsloiisercuz über» reicht wird, dah dieses Schriftstück in Wirtlichkeit nicht ein Vor» schlag der Delegationen der reparationsbevechtigtcn Länder au di» deutsche Delegation sei, sondern eine schriftliche Mitteilung diese« Delegationen a,,, die Rep>nat!o»skonserenz, nm sie über die Ergeb nisse ihrer Arbeiten und über ihre Schlußfolgerungen in Kenntnis zu setzen, lieber de,, Inhalt des verhältnismässig kurzen Schrift stückes sei bekannt, das, es ziffernmäßig« Angaben über den Be trag ,,»d die Anzahl der Annuitäten enthalten werde, die di» Sachverständigen der hauvtsächlichsten reparationsbcrechtigten Län der mit der ZahlungSsähigleit Deutschlands vereinbar erachten. Dem Memorandum sei eine Aufstellung von Normal- Annuitäten beigefügt, deren Annahme geeignet wäre, di« Mitidcstfordeniiigcn der ivparaüonsbcrechtiqten Mächte zu besrie» diaen. ES sei sehr wahrsitnsinlich, daß die Sachverständigen die allgemeine Diskussion über das Dokument erst am Montag begin nen würden, damit die deuts-i^ und die japanische Delegation in Ruhe das Memorandum Prüfe,, könnte». „Maiin" will über die beige fügte Annuitütenliste selbst be< richten könne», daß die darin vorgeschlagcnen Anfangsaiinuilätcn 1800 Millionen Ne ich »mark betragen und nach und nach aus 2103 Millionen steigen würden, um nach 37 Jahren für 2l Jahr« aus 1700 Millionen Mark znrnckziwche». — „Journal" sagt bereit» voraus, dah die endgültigen Ziffern unter diese» eben genannte,» Ziffern liegen würden, aber nicht sehr viel darunter. De»,, di« vier Delegationen seien entschlossen, ihre Position zu verteidigen. » Einige Morgenblatter behaupten, die deutsche Delegation habe offiziös Kenntnis erhalten von dem Ergebnis der Arbeiten, die die Delegationen der vier reparationsderechtigten Lände» im Lause dieser Woche durchgcsührt haben. „Avcnir* und „Victoire" behaupten, dah Dr. Schacht die Ziffern, zu denen die vier Delegationen gelangt sind, als eine annehmbare Dis- kussionvbasis bezeichnet habe. Hierzu ist nach Anfrage bei dei zuständigen deutschen Stelle zu erklären: Die deutsche Delegation hat Kenntnis von dem Stand oder dem Ergebnis der Arbeiten der Delegationen der vier reparationsbercchtigten Länder nu« durch die Presse erhalten. Sie kann also erst dazu Stellung nehmen, wenn diese ossizicll zur Kenntnis gebracht worden ist, was bis jetzt nicht geschehen ist. das Gemeinsame über das Einzelinteresse zu stellen und die Sicherbeit des Staates nicht durch den klassenkämpfe rischen Willen einer einzelnen Gruppte gesährden zu lassen. Der Sinn der politischen Parteien kann nur der sein, Btenschen gleicher Weltanschauung zum Dienste am Staat zusammenzufassen. Nicht aber der, in erster Linie den Interessen einzelner Stünde oder Personen zu die» neu. In den letzten Jahren hat die Welle der Standes- Politik einen Höhepunkt erreicht. Sie scheint jetzt im Sin ken: die Jugend wehrt sich energisch gegen diese Berkel)» rung des Sinns der Politik, die Notwendigkeit der staatspolitischen Einstellung wird immer weiteren Krei sen der Wählerschaft klar. Das Zentrum hat sich mit grö ßerem Erfolge als alle anderen Parteien gegen die stan- despolitischen Einflüsse gewehrt. Läßt es sich in seiner staatspolitischeii Einstellung nicht l>eirren, dann kann es bahnbrechend sein für das W i e d e r e r sta r k e n de» st aa t s p o l i t i sch e n Willens in unserem Volke, der in den letzten Jahren unter den wuchern, den Standesinteressen zu ersticken schien vzck.