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zahl der Kapitel lernen, auch soll wöchentlich einmal ein Stück aus der Augsburger Konfession ihnen vorgelesen werden. Der Leseunterricht. Die älteste, bis in unser Jahrhundert allgemein ge bräuchliche Methode des elementaren Unterrichts im Lesen ist die Buchstabiermethode. Wir finden sie auch auf den Zittauer Dörfern. Sie besteht darin, dass man beim Vor zeigen des Buchstabens-nicht den Laut, söndern den Namen desselben aussprechen lässt, und dies so lange fortsetzt, bis das ganze Alphabet sich dem Gedächtnis des Schülers fest eingeprägt hat. Ist dies gelungen, so geht man zum „Syl- labiren“ über, d. h. es wird je ein Vokal und Konsonant zu sammengenommen , worauf zuerst die Namen der Buchstaben ausgesprochen werden (Buchstabieren) und dann die Silbe vom Lehrer vor-, vom Schüler nachgesprochen wird, z. B. a, be, ab, be, a, ba u. s. f. Hierauf, wenn einzelne Silben und ein silbige Wörter so buchstabiert werden können, geht man weiter zu zwei- und mehrsilbigen Wörtern, indem jede Silbe in der oben bezeichneten Weise buchstabiert wird, bis man endlich das ganze Wort aussprechen kann, z. B. be e, be, ge er ae be, gräb, begräb, en i es, nis, Begräbnis. 160 ) Nach dieser Methode teilte man die Kinder in drei Klassen; die kleinen, welche die Namen der Buchstaben, das Abc, lernten, waren die AbcSchützen oder Abcdarii, die mittleren, welche „syllabirten“, die Syllabifanten, die grossen, welche ganze Wörter und Sätze lasen, die Lese schüler. Die ganze Methode war ein wahres Marterholz für die Kinder auch in der Hand des geschicktesten Lehrers, da das rein gedächtnismässige Behalten der Buchstabennamen und die Aussprache sinnloser Silben dem Kinde langweilig werden und das Lernen mehr zur Last als zur Lust machen musste. „Kein Wunder, wenn es Jahre dauerte, ehe die Kinder nur leidlich Sätze zusammenstammeln lernten, welche die Kinder unserer Tage schon nach sechs Monaten spielend bewältigen. Kein Wunder auch, w r enn die Mehrzahl der Kinder es trotz sechs- bis achtjähriger Schulzeit zum sichern Lesen überhaupt nicht brachte.“ Die Buchstabiermethode wurde erst in unserm Jalir- 16e ) Schmidt, Encyklopädie des gesammten Erziehungs- und Unter- riehtswesens. Gotha 1881. IV, 625 f. Pohle, Der Seminargedanke in Kursachsen, a. a. 0., S. 41. Heppe. I, 208 ff.