— 43 — geschenke. Mit einem Teller ging er von Gast zu Gast, um die Geschenke, die teils in klingender Münze, teils in Wirt schaftsgeräten und anderen Gaben bestanden, in Empfang zu nehmen. Nach Übergabe eines jeden Geschenkes verkündigte er mit lauter, gewichtiger Stimme die Höhe des Geldbetrages oder die Art des Geschenkes und bat das Brautpaar, damit fürlieb zu nehmen. War sein Teller voll, so schüttete er den Inhalt in den vor der Braut stehenden grossen Teller, und das Geschäft begann von neuem. Diese Sitte hat sich bis in die neueste Zeit erhalten. Der Schulmeister hatte bei der ganzen Feier auch die Aufgabe, die Gäste durch Spässe zu unterhalten, was gewiss zur Erhöhung seines Ansehens nicht beitrug. Nebenbei sei noch die auf manchen Dörfern bis in die Neuzeit übliche Sitte erwähnt, dass, wenn am zweiten Tage von den Hochzeitsgästen die Geschenke in die Wohnung des neuvermählten Paares getragen wurden, Kinder eine Schnur quer über den Weg zogen (das sogenannte Verschnüren), um die Hochzeitsgäste zu einer Gabe zu ver anlassen. Nicht immer war der Lehrer Hochzeitsbitter, aber der Zittauer Rat, der auch diese Personen ernannte, wählte mit Vorliebe die Schulmeister dazu, um ihre Einkünfte etwas zu erhöhen. ,02 ) Zu einem interessanten Streit bezüglich des Hochzeitsbitteramtes kam es in Niederoderwitz zwischen dem Rat von Zittau und der Gutsherrschaft von Heinewalde, den beiderseitigen Besitzern von Oderwitz. Das Patronat über das Pfarramt und die Kirchschule hatten die Besitzer von Heinewalde, während Zittau in seinem Dorfteil einen eigenen Schullehrer eingesetzt hatte. Im Jahre 1775 verwendet sich die Gemeinde Zittauischen Anteils beim Stadtrat um Auf besserung des Gehaltes ihres Schulmeisters Johann Georg- Vetter durch Übertragung des Hochzeitsbittens, das bisher von anderen Personen verrichtet wurde. Der Rat geht darauf ein und genehmigt, dass Vetter das Hochzeitsbitten übernimmt, aber zugleich mit den jetzigen Hochzeitsbittern Friedrich Christoph und Gottlob Weikert. Ausserdem soll Vetter allein die Hochzeitsbriefe schreiben, die bisher der Kirchenschullehrer geschrieben hatte. Dagegen erhebt sowohl der Kirchenschul lehrer Johann Gottlieb Netsch Einspruch, als auch der Kirchen patron Landkammerrat v. Kanitz auf Heinewalde. Da die Be schwerde beim Stadtrat keinen Erfolg hat, wendet sich der Kirchschullehrer an den Landvogt des Markgrafentums Ober lausitz Hieronymus Friedrich von Stammer auf Prietitz, KM) Vgl. Beilage B. Allgemeine Verhaltungs-Regeln des Hochzeits bitters zu Herwigsdorf. 1774.