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20 — Kinder zum Kirchendienst heran und bildete sie für diesen Zweck aus. Das waren die Mess- oder Chorknaben, die wir noch heute in römisch-katholischen Gegenden finden. Dass dieselben vom Pfarrer eine besondere Unterweisung für ihren Kirchendienst nötig hatten, ist natürlich. Dieselbe wird aber ausser einigen äusseren Verrichtungen und Fertigkeiten über etwas Latein und Kirchengesang, Pater Noster und Ave Maria nicht hinausgegangen sein. So mögen auch auf dem Lande hier und da Pfarrschulen entstanden sein, in welchen eine Anzahl Knaben vom Pfarrer in seinem Pfarrhause zu kirchlichen Diensten ausgebildet wurden. Aber ausgeprägte Volksschulen, wo alle Kinder regelmässigen Unterricht er halten hätten, waren diese Pfarrschulen sicher nicht. 32 ) In den kirchlichen Verhältnissen des Zittauer Kreises trat auch in den Hussitenkriegen keine Änderung ein. Die Prager Reformatoren fanden in Zittau keinen Eingang, denn Zittau war damals erzkatholisch. Hatten doch die Prager Bistumsverweser in den hussitisclien Wirren von 1421—1437 in Zittau ihren Interimssitz aufgeschlagen, von wo aus sie die erzbischöfliche Jurisdiktion über Böhmen ausübten, so namentlich Johannes von Prag, Bischof von Olmütz, dem der Papst die Administration des Prager Erzbistums übertragen hatte, da der Prager Erzbischof Conrad Westphal als Gönner der Hussiten wegen Ketzerei im Kirchenbann war. 33 ) So ver schloss sich der Zittauer Kreis der hussitisclien Bewegung, 32 ) Gegen Frind, Kirchengeschichte Böhmens II, 342 f., welcher behauptet, dass im Mittelalter „die Pfarrschulen auf dem Lande schon hin und her Patronats- und Gemeindeschulen“ wurden und „die Volks schule die engen Mauern des Pfarrhauses, in welchem sie bisher meist ihren Platz gehabt hatte, verlassen musste“. Volksschulen im Mittelalter waren aus oben berührten inneren Gründen unmöglich. Überhaupt sind Frinds Angaben mit Vorsicht aufzunehmen. In Bd. III, S. 315 berichtet er von einer für die Geschichte des Schulwesens überaus denkwürdigen Verordnung“ des Meissner Bischofs Johann III. von Kittlitz vom Jahre 1394. Er hat dieselbe kritiklos von Hasse : Sächsische Kirchengeschichte I, 64 und Calles : Series Misnensium Episcoporum S. 267 herübergenommen. Sie findet sich auch bei Machatschek: Geschichte der Bischöfe von Meissen S. 336, der sogar von Dioezesanschulrektoren spricht, und lautet dahin, „dass die Wahl der Schullehrer durch den Pfarrer zu geschehen habe und nicht durch die Eingepfarrten und nicht nach Zufall (oder nach dem Loose), sondern nach dem Verdienste.“ Bezöge sich diese Verordnung auf die Landschulen , wie obige Schriftsteller annehmen, so wäre hier ein deutlicher Beweis für das Vorhandensein von Landschulen am Aus gange des 14. Jahrhunderts. Allein Johannes Müller , Die Anfänge des sächs. Schulwesens im Neuen Archiv für sächs. Geschichte S. 39 f. hat nachgewiesen, dass sich die ganze Stelle, geschöpft aus Georg. Fabricn Rerum Misnicarum libri VII. p. 136, auf die Meissner Domschule zu St. Afra bezieht. 33) Pescheck, Geschichte von Zittau. I, 364. Carpzov, Anal. 111, o.