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— 99 — führet haben ? Ob ihnen etwas aus der Predigt bekant sei ? Oder ob sie zu Hause geblieben seyen? Wie sie die Zeit zu Hause zugebracht haben ? Soferne er nun befindet, dass einer oder der andre die Kirche muthwillig versäumet, mit Plaudern, Herumlauffen und ändern Unfug in oder vor der Kirche den Tag des Herrn entheiliget, oder zu Hause allerhand ungeistliches Wesen getrieben habe, so ist solche Sünde nachdrücklich abzu mahlen und empfindlich zu bestraffen. Endlich führe er sich (10) schamhaftig, reinlich und erbahr auf, treibe auch seine Schüler an, dass sie dergleichen Tugenden von ihm lernen. Dessentwegen erinnere er sie bey aller Gelegenheit der säubern Pflegung des Leibes und der Kleider, wie auch der züchtigen und einem jeden Alter anständigen Geberden. Er verweise ihnen hin gegen alle Unfläterey an ihren Habite und Gliedmassen, wie nicht weniger alles wüste, wilde und grobe Wesen in ihrer Eede, in ihrem Gange, in ihren Minen und Bewegungen. Absonderlich sage er ihnen öfters vor, wie sie sich auf der Gasse, in der Kirche und ändern öffentlichen Örtern alles Geräusches, Ge- schreyes, Gelächters und Gezänkes zu enthalten haben. Er ver mahne sie auch endlich, dass sie Höheren demüthig und ehrer bietig, jederman aber freundlich zu begegnen sich angewöhnen. § XII. Wie den Schülern nichts Böses zuzulassen ist, also darf auch ein Schulhalter nichts vornehmen, dadurch den unschuldigen Kindern auch das geringste Ergerniss könte gegeben werden. Solcher Gestalt soll (1) ein jeder, so viel als möglich ist, auch den blossen Schein einer saumseeligen Aussübung der Gottesfurcht vermeiden, damit die zarten Gemüther nicht unvermerkt zu einem heuchlerischen Gottesdienste verführet werden und die gegebenen Lehren geringe halten lernen, weil sie sehen, dass ihr Lehrer selbst dawieder sündiget. (2) Er rede von Niemanden, am aller wenigsten aber von der Obrigkeit, von dem Predigt-Ampte, von den Eltern und von ändern Schulen verächtlich, dass er nicht die Kinder zur Wiederspenstigkeit, zur Ruchlosigkeit und zum Un danke gegen ihn. selber verleite. (3) Er entschlage sich aller unanständigen, leichtsinnigen, zanksüchtigen und wollüstigen Ge sellschaft, weil er sonst um den Segen Gottes bey seiner Arbeit, um den Credit bei denen Eltern und um den höcbstbenöthigten Respect bey den Kindern gar zu leichte kommen möchte. (4) Er bewerbe sich nicht auf ungebührliche gewinnsüchtige und ver- läumderische Weise um viel Schüler, nehme auch derselben nicht mehr an, als er gewissenhafftig abzuwarten sich getrauet. Denn sonst verräth er theils die schlechte Liebe, die er zu seinem Neben-Menschen träget, welcher in gleichen Stande seinem Gott 7*