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Moderne Bildungspsychose Zur Schulentlassung Ger>rd« in diesen Attache» vor Ostern, der Zeit, ln »er wieder zahlreich« jugendlich« Absolventen aller Ar« »an Schule» dem Eintritt in da, Berufsleben stehen, wurde all seits rechl eingehend di« Lage beleuchtet, in welcher sich diese Jugendlichen befinden hinsichtlich der Berufswahl, der Aus sichten. der Bildungsersordernisje und dergleichen. Dabei konnte di« Feststellung gemacht werden, dag hier sehr geteilte Meinungen herrschen, einerseits optimistische, grösstenteils aber pessimistische. Tatsächlich sind dies« brennenden Fragen für den Nachwuchs nicht jo leicht in diesem oder jenem Sinn« zu beantworten. Es sprechen hier viele Momeirt« mit, und — was vor allem zu be rücksichtigen ist — hier handelt es sich um den Menschen, der sich nicht wie ein« Maschine aus eine Eignung hinreichend sicher prüfen, ja vorbereiten lägt. Man müßt« eine Anzahl von Wissenschaften heranzichen, wenn man diesem Problem auf den Grund gehen wollt«. Und doch wird imnrer der sogenannte Zusall entscheidender sein als die exakteste Vorsehung. Das Spiel der Einzelkräfte in unserem wirtj«t>aftlichen und sozialen Leben ist auch derart in fest Umrissen« Bahnen gezwängt, daß einem jeden von vornherein eine bestimmt« Richtung entsprechend feiner spezifischen Fähigkeil und Neigung gewiesen werden mutz, wenn er im Leben festen Futz fassen will. Nur wenigen ist er vergönnt, sich spielend, d. h. tastend nach längerer Unschliissigkeit einen Berus zu wählen bzw. zu finden, der ihnen ureigenst liegt und in dem sie aufgehen können. Auch hier spielt das Geschick zumeist die entscheidend« Rolle. Die übrigen aber müssen direkt vor di« Wahl geführt werden und empfangen gleich di« be stimmt« Richtung für ihr Leben. Vielfach sind sie auch schon für «inen bestimmten Berus vorgebildet, wenn sie bereits in jungen Jahren die Berufswahl definitiv getätigt habeir. Daß die Be rufswahl nicht immer glücklich ausläuft, beweisen die groh« Zahl der an ihrem Beruf Schiffbruchleidenden und die zahlreichen Fälle von Berufswechsel. Den grötzten Einfluß auf die Sicher heit der Berufswahl und der Berussausübung hat die Er ziehung und Bildung. Darum muh namentlich der Schule größte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Tatsache, datz es eine Menge differenzierter Schularten «utzer der Elementarschule gibt, beweist einmal, daß eine gene relle Schulung und Bildung nicht ausreicht, ferner das tatsäch lich großes Bedürfnis für besondere Schularten vor handen ist. Die Wirtschaft hat diese Erscheinung und die dar aus entstandenen Folgen nunmehr der Kritik unterzogen, da festgesiellt wurde, daß heute dadurch unnütz umfangreich« wirt schaftliche Mittel vergeudet werden. Dir zahlreichen Besucher höherer Schulen werden nur in beschränkter Zahl in ihrem Leben den ihnen vorschwebenden Berussweg finden können. Die Wirtschaft kann heute schon nicht mehr sämtliche Absolventen der höheren Schulen verwenden, viel weniger in den kommen den Jahren. Dadurch wird eine große kulturelle und soziale Gefahr heraufbeschworen. Es wird eine groß« Anzahl unzufriedener Menschen geben, die sich in ihrem Fort- kommen behindert sehen. Außerdem steigert sich der Kampf um Existenz und Fortkommen. Was aber von größter sozialer Be deutung ist, die Absolventen höherer Schulen verdrängen bereits heute im empfindlichen Maße die Absolventen der Elementar schule. Trotz der Mahnungen der Wirtschaft find bereit» «inig'r größer« industrielle Unternehmungen daz» iiber-egangen, ihren Nachwuchs für bestimmte Abteilungen nur aus den Absol venten höherer Schulen zu nehmen. Diese Erscheinung ist selbst bei einigen Handwerk»,weigen in einzelnen Orten sestzustellen. Man sieht daraus, welche Eigentümlichkeiten beim Fortschreiten dieser Entwicklung erwartet werden müssen. Erfreulicherweise hat die Wirtschaft nun ihre Absicht kund- gegeben, in erhöhtem Maße mit den Schulen zusammenzu« arbeiten. Diese Zusammenarbeit zwischen Wirt- schaft und Schule ist um so notwendiger, als die Schul« zu sehr ihren Zweck in wirtschaftlicher Hinsicht, d. h. den Nach, wuchs für den Beruf, der sich doch letzten Endes immer inner halb der Wirtschaft abwickelt, vorzubereiten, aus dem Auge zu verlieren droht. Die Schul« wird heute mancherseits als Stätte für psychologische und pädagogische Experimente betrachtet, besonders nach dem Sinne des modernen Geistes. Hier tut es not. daß die Wirtschaft als solche di« so notwendige Realität den Schulen näherbringt. Denn dieser Art Experimente sind zu kostspielig und zu bedeutend. Man hat es hier mit jungen Menschen zu tun, deren Leben durch mißglückte Experiment« nur zu leicht verpfuscht wird. Da, wie eingangs erwähnt, daß Spiel der Einzelkräfte in ganz bestimmte Bahnen gezwängt ist, muß schon der junge Mensch in aller Realität zu diesen Fähig keiten eines ganzen Menschen herangebildet werden, da für unvernünftige Spielereien im Berufsleben keine Gelegenheit mehr vorhanden ist. Elementar« Kenntnisse zu ver mitteln, muß der erste Zweck der Schule sein; denn diese bilden den Grund einer guten Entwicklung. Bei alledem soll jedoch Realität nicht in Materialis mus aufgehen. Es ist notwendig, daß der junge Mensch auch mit idealen Gütern bekannt wird, damit er frühzeitig daran gewöhnt wird, zeitweilig den grauen Alltag zu vergessen und ideale Genüsse zu suchen, welche seinen Geist und seine Seele er frischen. Die Beschäftigung mit Kunst und Literatur wird den Menschen von aller engen Zweckbestimmtheit ablenken und ihn von selbst vor einem groben Materialismus bewahren. Di« Schule hat darum die Aufgabe, Kenntnisse und Werte zu ver mitteln bzw. zu heben. Schließlich muß der Grund für manch« schulpolitisch« und bildungspolitische Bedenken darin gesucht werden, daß die Heranbildung unserer Lehrer und Pädagogen häufig unter denselben Schwierigkeiten und Ver hältnissen leidet, wie di« eben erwähnten. Aus diesem Grund« muß dafür Sorge getragen werden, daß die jungen Pädagogen mehr mit der Wirklichkeit und den wirklichen Bedürfnissen des Lebens bekannt und nicht zu sehr mit bloßer Wissenschaft über häuft werden. Es sei in diesem Zusammenhänge daran er innert, daß die Heranbildung der Pädagogen und Lehrer heute nicht mehr wie früher in Seminarien, sondern hauptsächlich aus der Universität geschieht. Aus diesen Ausführungen wird sie ersehen lassen, daß man auf dem Gebiete der Bildung und Schulung vor grund legenden Reformen steht. Eine klare Richtlinie ist heute noch nicht zu erkennen. Man wird jedoch daraus, daß weite Kreise, besonders die Wirtschaft diesen Fragen außerordentliche Beachtung schenkt, schließen können, daß in nächster Zeit mit be- snoderen Maßnahmen in dieser Richtung hin zu rechnen ist. Eine ahgelehnke Schulverschmelzung in Oskritz vftritz. 2S. März. Die Stadtverordneten in Ost ritz hatten sich i« ihrer letzten Sitzung mit einer wichtigen Schulsrag« zu befassen. Es handelt sich uin di« Vereinigung d«r Knabensortbildungs- schule Blumberg mit der von Ost ritz. Das Ministerium fordert, da Blumberg nur 10 Foribildungsschiiler hat. die Auf hebung der Blumberger Fortbildungsschule, und das Bezirk», schulamt wünscht di« Bereinigung mit Oft ritz. Von Zentrumsseite wurde ausgeführt: Da die Ostritzer Berufsschule nur mittlere Klassenstärke hat, ist augenblicklich eine Bereini gung ohne weiteres möglich. Nach einigen Jahren, wenn di« schivachen Kriegsjahrgänge aus der Schule sein werden, werden di« Klassen ivahrichemlich so stark sein, datz sich durch die Blum berger Schüler eine Klassenteilung nötig macht. Dadurch würde die bestehende Schulraumnot der protestantischen Schule ver größert und der Stundenplan der Volksschüler noch ungünsti. ger werden.... Der Schulneubau ist immer toch ungewitz. Auch schulische Bedenken müssen gehegt iverden: Klassenzusammen» setzunß und Unterrichtszeit sind in Blumberg und Ostritz ganz verschieden. Während in Ostritz etwa drei Viertel der Schü ler ein Gewerbe lernen und ein Viertel in der Industrie be schäftigt ist. sind Dreioiertel der BlumLerger Schüler in der Land Wirtschaft, der Rest in der Industrie. Ostritz hat kaum Schüler aus der Landwirtschaft. Bei einer Verschmel zung der Schulen kann auf die Belange der Schüler aus der Landwirtschaft kaum Rücksicht genommen werden, während in den Landschulen auf den Beruf der Bauern hinreick>end ein gegangen wird. Ostritz ist der einzige Ort der Gegend, der da» ganze Jahr hindurch Unterricht hat, in sämtlichen Landschulen fällt im Sommer der Fortbildungsschulunterricht mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft aus und wird auf den Winter verlegt. Deswegen mär« es viel zweckmäßiger, wenn die Blumberger Knabenfortbildungsschule mit der einer beilach, barten Land' .gemeinde, zum Beispiel Marienthal, vereinigt würde, zumal Blumberg, Marienthal. Königshain. Altstadt auch für die Mädchenfortbildungsschule einen Verband gebildet haben. Da Blumberg nur der Anfang der Zentrolisationsbestrebungen ist und geplant sein soll, weitere Landschulen mit Ostritz zu vereinigen, entstünden Ostritz beträchtliclze Kosten. Ostritz kann aber der Landgemeinden wegen nicht neue Lasten sich aufbür den. Schließlich weiß man. wie leicht Schulverbände oder Ver träge geschlossen werden, aber sehr schwer gelöst iverden kön nen Mit 6 gegen ö Stimmen wird der Ze n tr » m sa n t rag angenommen und die Vereinigung der Knabenfortbildungs« schule Blumberg mit Ostritz abgelehnt. Kirchenrrachrichlerr Hirschfelde. Ostermontag: 8 30 Uhr Hochamt und Predigt und Erstkommunionseier. Limbach. Ostersonntag: 730 Uhr Frühmesse, 9 Uhr Hochamt und Predigt, 6 Uhr Abendandacht. — Ostermontag: 7.30 Uhr Früh messe. Kein Hochamt. (Siche Pemg!) Wochentags 8 Uhr heilig« Messe. Penlg. Ostennontag: 9 30 Uhr Gottesdienst. Geitendorf. Ostermontag: 6 Uhr Messe, S Uhr Hochamt uXd Predigt, 2 Uhr Andacht. Schmölln i- Thür. Ostersonntag: 9 Uhr Hochamt mit Predigt, nachmitt >gs 3 Uhr Segen Saudacht. — Ostermontag: 7.30 Uhr heilige Messe, 9.30 Uhr Gottesdienst in Ronneburg, nachmittags 3 Uhr Segensandacht. K'tzschenbroda (Borstratze 11). Ostersonntag: Früh S3Y Uhr hält Hochwürden Prinz Max. Herzog zu Sachsen den Got tesdienst. LeracitwmUich cür den polttUcheu Leit: Nr. Gerhard DeSczhl, Dresden iür den wchsischen Teil und dar Feuilleton: Nr. Max Domchie Dresden lür Anzeigen: Arlur Lenz D reSden. In jecle gut katkoll8oke Familie gekört 6s8 prscktwerk „vss Keiek Ootte8 suk Lräen" KirckenLe8ctückte in kUnrelbUäern kür 6s8 kstkoli8cke Volk ru8smmenge8tellt von IVlugre. Dr. tkeol. /^KI8LK,U KOI'XIKItiLK, Domkapitular Vas Vksrle ist bereits in vierter /iuklags, mit teiretslict»«»' kppeodstian, er- scbienen. Ls umkaüt auk 4l8 Qroüquartseiten in kesselncler Darstellung äis Ossckickte äer katkoliscben ftircbe. ln Dlitcklicker klusvabl aus ölen V/erken berükmter Kirckenxsesckicktskorscker reicknet cler Verlassen Lkarakterbiläer groüer htänner uncl brauen, in äenen siak clie Aeistixe hlscftt unä 8ckänbeii äes Lnristentums viclerspieAelt. 84 ftunstärucktakeln im vrsikarben- uncl voppel- tonclrucle veranscbaulicken clie einreinen Lpocken. Vas pracktverk kostet nur KlA. 30.— unä ist, auck 8«^" bequeme monatlicbe liatenraktungen. ru derieken von cler Kalli.Vsi'lsgsanslsll^oli.^os.ör'eyei'.Ok'esösn-^.S Der arme Spielmann Eine Erzählung von Franz Grillparzer. In Wien ist der Sonntag nach dem Vollmond im Monat Imi jedes IabrcS samt dem darauffolgenden Tag« ein eigentliches Volksfest, wenn je ein Fest diesen Name» verdient hat. Das Volk besucht es und gibt es selbst; und wen» Vornehmere dabei erschei ne», so können sic es nur i» ihrer Eigenschaft als Glieder des Vol kes. Da ist keine Möglichkeit der Absonderung: wenigstens vor 1813 »ar noch keine. An diesem Tage feiert die mit dein Aiigarten, der Leopold stadt dem Prater in „»»nterbrochcncr Luftreihe zusammenhängend« Brigittenau ihre Kirch weihe. Von Brigilteukirchtag zu Brigitten kirchtag zählt seine guten Tage das arbeitende Volk. Lange er wartet, erscheint endlich das Fest. Da entsteht Ausruhr in der gut mütig ruhige» Stadt. Eine wogende Menge erfüllt die Straßen. Geräusch von Fußtritten, Gemurmel von Sprechenden, das hier und da ein lauter Aufruf durchzuckt. Der Unterschied der Stände ist verschwunden: Bürger ui'd Soldat teilt die Bewegung. An bcn Toren der Gabt wächst der Drang Genommen, verloren und wieder, geuoiimieii, ist endlich der Ausgang erkämpft. Ader die Donau brücke bietet neue Schwierigkeiten. Auch hier siegreich, ziehen endlich zwei Ströme, die alte Donau und die gefchwollnere Woge des Volkes, sich kreuzend guer unter- und übereinander, die Donau ihrem alten Flußbett« nach, der Strom des Volkes, der Eindämmung der Brücke entnommen, ein weiter, tosender See, sich ergießend in olles deckender Uebcrschivemmung. Schon zwischen Stadt und Brücke haben sich Korbwagen auf gestellt für die Kinder der Dienstbarkeit und der Arbeit. Neberfüllt >nd dennoch im Galopp durchstiegen sie die Me »sehe »Masse, die sich hart vor ihnen öffnet und hinter ihnen schließt, unbesorgt und un verletzt. Denn es ist in Wien ein stillschweigender Bund zwi- ' en Wagen und Menschen: nicht zu überfahren, selbst lm vollen f; und nicht überfahren zu werben, auch ohne all« Aufmerk samkeit. Ein neu Hinzugekommener fände dt« Zeichen bedenklich. Es ist aber der Aufruhr der Freude, di« Losgebundenheit der Lust. Von Sekunde zu Sekunde wird der Abstand zwischen Wagen und Wagen kleiner. Schon mischen sich einzelne Equipagen der Vornehemeren in den oft unterbrochenen Zug. Die Wagen fliegen nicht mehr. Bis endlich fünf bis sechs Stunden vor Nacht die ein zelnen Pferde, und Kutschenatom« sich zu einer kompakten Reihe verdichten, di«, sich selber hemmend und durch Zufahrenbe aus allen Quergassen gehemmt, das alte Sprichwort: Besser schlecht gefahren, als zu Fuß« gegangen, offenbar zuschanden macht. Begafft, bedauert, bespottet, sitzen di« geputzten Damen in den scheinbar stillestehenden Kutschen. Des immerwährenden Anhaltens ungewohnt, bäumt sich der Holsteiner Rappe, als wollte er seinen durch den ibm vorgehrnden Korbivagen gehemmten Weg obenhin über diesen hinaus nehmen, was auch die schreiende Weiber- und Kinderbevölkerung des Plebejer, fuhrwerks offenbar zu befürchten scheint. Der schneft dahinschie- tzend« Fiaker, zum erstenmal seiner Natur ungetreu, berechnet in grimmig den Verlust, auf einem Weg« drei Stunden zubringen zu müssen, den er sonst in fünf Minuten durchflog. Zank, Geschrei, wechselseitig« Ehrangrisfe der Kutscher, mitunter ein Peitschenhieb. Endlich, wie denn in dieser Welt jedes noch so hartnäckige Stehenbleiben doch nur ein unvermerktes Weiterrücken ist. erscheint auch diesem Status quo ein Hoffnungsstrahl. Die ersten Bäum« des Augartens und der Brigittenau werben sichtbar. Land! Landl Landl Alle Leeden sind vergessen. Di« zu Wagen Gekommenen steigen aus und mischen sich unter die Fußgänger, Töne entfernter Tanzmusik schallen herüber, vom Jubel der neu Ankommenden be antwortet. Und so fort und immer weiter, bis endlich der breite Hafen der Luft sich austut und Wald und Wiese, Musik und Tanz, Weln und Schmaus, Schattenspiel und Seiltänzer, Erleuchtung und Feueriverk sich zu einem Pays de cocagn«, einem Eldorado, einem eigentlichen Schlaraffenland« vereinigen, das leider, oder glücklicher weise, wie man es nimmt, mir einen und den nächst darauffolgen den Tag dauert, dann aber verschwindet, wie -er Traum einer Sommeniacht, und nur in der Erinnerung zurückbleibt und allen falls in der Hoffnung Ich versäume nicht leicht, diesem Feste beizuwohncn. Als ein leidenschaftlicher Liebhaber der Menschen, vorzüglich des Volke», so daß mir selbst als dramalifchem Dichter der rückhaltlose Ausbruch eine» überfüllten Schauspielhauses immer zehnmal interessanter, ja belehrender war, als das zusammengeklügelt« Urteil eines an Leib und Seele verkrüppelten, von dem Blut ausgesogener Autoren spinnen- artig aufgeschwollenen literarischen Matador», — als ein Liebhaber der Menschen, sage ich, besonders wenn ft« in Massen für einig« Zeit der einzelnen Zweck« vergessen und sich als Teile des Ganzen fühlen, in dem denn doch zuletzt das Göttliche liegt, — als einem solchen ist mir jedes Volksfest ein eigentliches Seclenfest, eine Wall fahrt, ein« Andacht. Wie aus einem ausgerollten, ungeheuren, dem Nahmen des Buches entsprungenen Plutarch lese ich aus den heile, ren und heimlich bekümmerten Gesichtern, dem lebhaften oder ge- drückten Gange, dem wechselseitigen Benehmen der Familienmitglie der, den einzelnen halb unwillkürlichen Aeutzerungen mir di« Bio graphien der unberühmten Menschen zusammen, und tvahrlichl rnan kann di« Berühmten nicht verstehen, wenn man die Obskure» nicht durchgefühlt hat. Auch vor zwei Jahren habe ich mich, wie gewöhnlich, den lustgierigen Kirchweihgästen als Fußgänger mit angeschlossen. Schon waren die Hauptschwiertgkeiten der Wanderung überwunden, und ich befand mich bereits ain Ende des Augartens, di« ersehnt« Bri- gittrnau hart vor inir liegend. .Hier ist nun noch ein, wenngleich der letzte Kampf zu bestehen. Ein schmaler Damm, zwischen un durchdringlichen Befriedigungen hinilaufend. bildet die einzige Ver bindung der beiden Lustortc. deren gemeinschaftliche Grenz« ein in der Mitte befindliches hölzernes Gittertor bezeichnet An gewöhn, liehen Tagen und für gewöhnlich« Spaziergänger bietet dieser Ver bind» ngsiveg überflüssigen Raum; am Kirchweihfest aber würde seine Breit«, auch vierfach genommen, noch imnrer zu schmal sein für dir endlos« Meng«, di«, heftig nachdrängend und von Rückkeh- rendrn im entgegengesetzten Sinn« dureUreuzt. nur durch die all- seitige Gutmütigkeit der Lustwandelnden sich am Ende doch leidlich zurechtfindet lFortsehun- folgt) V / /