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Sächsische Volkszeitung : 15.03.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192903158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19290315
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19290315
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-03
- Tag 1929-03-15
-
Monat
1929-03
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.03.1929
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«r« Sächsische Volkszetlung 1» März >»r» Eine neue Regierungskrise? FinanzminiskerWeber -rohr mtt -emAückkrttl - Der Psttchlskundenzah! -er Lehrer wegen Gedanken z« einem Plakat An einer Hausmauer angeschlagen -az bunte Bild. Ein stäm miger, gesunder Arbeiter in seinem Heim. Er zicht seinen Straßen- rock an. Darunter di« Anschrift: ..Meine ftcie Zeit gehört d«r sozia listischen Jugend." Und schon lang richten sich viele ältere Arbeiter danach. — Mein Besuch wünschte vor Jahre» Schrebergärten zu sehn. Ein Sommer-Aachmittag. Zehn bis zwölf Kinder von etwa 4 bis 5 Jahren tragen bunte Fähnchen. Ein älterer Arbeiter macht den Kindern das Fähnlein-Ichwenken vor. Zuletzt führt er st« im Zuge über den freien Platz. Sozialistisch« Jugendführung. Nicht weit davon freier, brachliegender Bauplatz. In der Mitte zwei Tore. Schulfreier Nachmittag. Aeltere Volksschüler trei ben in leidenschaftlicher Erregtheit den Ball dem einen Tore zu. Einer der Spielenden stellt Regelverletzung fest. Der Jungenknäuel treibt quer hinüber auf den Damm, der den Platz «insäumt. Einem Manne in einfacher Arbeitskleidung zu. Er halte das Spiel ver folgt. Kurz ist seine Angabe. Alle folgen ihm. Allem Anschein nach kennen sie ihn. Die Knaben scheinen der Kleidung nach bürgerlichen Kreisen anzugehöre». Seine Freizeit gehört der Jugend. Er bringt sich in empfehlende Erinnerung. — Sonntag. Früher Vormittag. Er gehört dem Fußballspiel. Die Bahn ist für die schulentlassene Jugend freigel;allen. Aach dem Spiel gibt eS ein« Tasse Fleischbrühe mit Vrölchcn für 5 Pfennig. Katholische Jüngling« finden sich auch darunter. Die sind wir loS. Wenn auch nicht niit einem Schlag. Der eine kann narte». Für ihn, für seine dunklen Zwecke arbeitet die Zeit. — Ein Teil der VeretuSkasse gehört der sozialistischen Jugend. — An Son»»er-Sonntag«n dasselbe Bild: Früh-Wanberung. „Man" weiß, baß zu dieser Zeit Gott gedient wird in den katho lischen Kirchen. Die Natur ist auch ein „Tempel". Also — wozu Bedenken tragen? Schullugend — auch so mancher Knabe darunter, der die katholische Schul« besucht. Die Eltern sind froh, daß ihr Junge .auch mal" ein Vergnügen hat. Abends spät „fröhliche" Heimkehr. Panloneon-Musik mit großer Trommel stellt der Verein. Ermäßigte Fahrt. Di« Kasse gewährt Frei-Kaffee. Warum da nicht mitnir.chen? Die Führung »ahmen fünf Bercinsinitglieder. Ihre jreie Zeit gehört der sozialistischen Jugend ul>d der Werbearbeit. — Und wer hilft unseren Herrn Ka Plänen — unserer P fa r rg e i st l i ch k e i t — unserer schulent lassenen Jugend in der Diaspora? — Gewiß, ein Aufschwung st merkbar. Aber was ist das für soviel«? —g— 0r«L<Ien unri Umgebung Dresdens Fehlbeträge Dresden, 14. Mürz. Der Rat genehmigte den Voranschlag sür den städtisel>en Haushalt 1929, der mit einem Fehlbetrag von 4,24 MiN. RM. abschließt. Zur Vermeidung eines höheren Fehlbetrages be schloß er, die Biersteuer von ti auf 7 Prozent des Hersteller- Preises und die Feuerschntzsteuer von 1? auf 2li RM. sür 1090 vraiidliasseneinhetten zu erhöhen. — Der Fehlbetrag sür 1827 b-läuft sich aus 1.52 Mill. NM. Der Schiedsspruch in -er sächsischen Metallindustrie Dresden, 14. März. Di« Schlichtnngskammer fällte am Mittwoch i» der Lohn breitsache der Sächsischen Metallindustrie folgenden Sch jedo ch ruch : Die Ausgangsziffer» der Lohntabelle von «1 Pf. und ür den Bezirk der Kreislsouptmannschaft Bautzen von 79 Ps. bleibt ab 1. April 1929 für die Tauer des gegenwärtig bestehenden Manteltarifs bis um 30. September 1929 beibehalte». Bon da ob unterliegt die Lohuregelung den gleicks«» Kiindigungs- bedingungen. wie der Mantolvertag. Die Erklnrungsfrist läuft Kis sMestens Mittwoch, den 20. März 1!>29, mittags 12 Uhr. Der Ausbau -es Dresdner Fernsprech-Derkehrs Dresden, 14. März. Der Ertciluiigsbirektor Wagner in der hiesigen Ober postdirektion berichtete am Mittivochvormittag vor einem Kreise »oil Interessenten über geplante Neuerungen im Dresd ner Fernsprechwesen. Er wies darauf hin, daß die Dresden, 14. März. lieber Nacht sozusagen ist es in Dresden zu einer Krise ge- kommen. Wie wir erfahren, lehnte der Nechtsausschuß des Landtags am Mitttvoch all« Aenderungsanlräge zum Schul änderungsgesetz, das die Pflichtstunden,zahl der Volks, schullehrer wie bisher aus 30 für die bis 45 Jahr« und aus 28 für die über 45 Jahre alten Lehrer festgesetzt, ab. darunter auch den demokratischen Bermittlungsantrog, der einen auf mehrere Jahr« verteilten Uebergang zur 28-Sbu»den Wock^ vorsah. Dar- auf stimmte der demokratische Vertreter Mxz. Dr. Dehne zu sammen mtt der Linken gegen dos Schuländerungsgesetz selbst, das damit abgelehnt wurde. Di« Folge würde, sofern der Landtag selbst dem Antrag des Nechtsansschusses zustimmte, sein, daß das Schulbedarssgesetz von 1923 in Kraft tritt, das eine allgemeine Pflichtsttindenzahl von 28 Stunden für alle Lehrer ohne Unterschied des Alters vorsieht. Diese Herabsetzung der Stundenzahl für die jüngeren Lehrer würde eine jährliche Mehrausgabe von 6 !4 — 7 Millionen R M. ver ursachen, die natürlich angesichis eines im neuen Haushalt vorgesehenen Fehlbetrags von 19^ Mill. RM., der aber in Wahrheit 39 Mill. RM. betrügt, recht bedenklich ist. Wie wir erfahren, hat F i n a n z in i n i st« r Weber denn auch im Interfraktionellen Ausschuß der Regierungsparteien erklärt, er könne diese Mehrausgabe nicht decken und würde bei Annahme der Herabsetzung der Pflichtftundenzahl d i e K o n s e ga e n zc n z i e l> e n. Es liegt auf der Hand, daß «in Rücktritt des Fiiinn.ziniiilsters die ganze Regierung, die ohne dies nicht sehr sicher stehl, gefährden würde Wie wir erfahren, ist am Mittwoch sofort der Interfraktionelle Ausschuß erneut auf Donnerstag nachmittag einberufen wurden, um eine Eini gung herbeizufiihren. Sie hängt in erster Linie von den Demokraten ab, die gestern gegen das SchuländcrungSgesetz ge stimmt haben, iveil ihr Permittlungsantrag abgelehnt worden war. Im übrigen nahm der .Nechtsausschuß am Mittwoch die Borlagen zur Aenderung des Gesetzes über die Vermal- tungsrechtspflege und über die Zwangsvollstreckung wegen Geldleistungen in Verwaltuiigssachen an. Neueinrichtung von Anschlüssen stark erleichtert worden sei, in dem man den Apzxiralbeitrag non 80 aus 50 Mark für Haupt anschlüsse herabgesetzt habe und auch die Verpflichtung zur Be zahlung einer Mindestzahl von Ortsgesprächen fallen ließ. Durch die Errichtung öffentlicher Gesprächsstellen, deren Zahl dem nächst noch vermehrt werde, habe man den Nichtangeschlosseiieii das Telephonieren erleichtert. Im Juni dieses Jahres werde das Unteramt Iohnnnstadt in der Gerohstraße in Be trieb genommen, Kötzschenbroda und Rade beul erhalte ein Selbstanschlußamt L ö ß n i h, so daß nur noch Nie dersedlitz als einziges Handamt bleibe. Doch soll auch dieses möglichst noch in Jahresfrist Selbslanschlnß bekommen. Geplant sei ein weiteres Unteramt vielleicht in Löbtau, darüber hinaus «in neues S ch n e l l v e r k« h r sa m t, das die Ke- svrüchsperb'ndrmg zwischen Dresden und Freital, Hecke»«», Pirna, Radeberg. Cossebaude, Klotzsche, Pillnitz, Tharandt und Meißen vermitteln soll. Weitere Aemter in der Nachlum'chatt von Dresden sollen später hinzutreten,- sobald sie Selbst«,ischluß- betriebe bekommen. Die finanziellen Rücksichten zwingen zu einer Verteilung dieser Arbeiten auf eine Reihe von Jahre». Auch über die Neuordnung des Fernverkehrs, die Hand in Hand mit dem Ausbau des Selbstanschlußnetzes geht, berichtete der Redner. Man plant die Einrichtung eines zentral gelegene» Fernamtes, das den Teilnehmern der kleinsten Ortsnetze Tag und Nacht dle Möglichkeit des unbeschränkten Sprechvcvkehrs innerhalb ganz Deutschlands und Europas gibt. Me wir hören, lehnte der Ha u S lja l ta » » sch u ß A am Mittwoch di« Anträge aus Mehrausgaben beim Kapitel Volks- unb Berufsschulen, die die Linksparteien gestellt tmlten, wegen der finanziellen Belastung ab- Ta» Kapitel wnrde genelniücch Angenommen wurde ein Antrag, die bekannt« Verordnung über di« Hinausschiebung der EllernralSwahlen «usznheben. Dann besaßt« man sich mit Kap. 37: Erziehungsanstalten. Der sozial demokratische Berichterstatter beantragt« di« Streichung der GebäUee der Geistlichen. Auf verschiedene Anfragen erklärte di« Regierung, daß der Verpflegsatz in de» Anstalten erhöht werden würde. Di« Anstalten seien fast alle alte Gebäude. Neue Werkstätten seien in Aussicht genommen. Die Anstalt in Ehemnitz genüge den heutigen Anforderungen nicht mehr. Eine neue Blindenanstalt zu bauen, sei der Staat heule nicht in der Lage. Die viel genannte Anstatt Nennlg- niiihle werde der Staat übernehmen. Abg. ClanS <Dem.) tadelte, baß Mißstände nicht sofort zur Kenntnis der Negierung gebracht worden seien. Nachträgliche Beschwerden Hütten keinen Zweck Er wünscht« Ausschluß über die starke Zunahme der Schwachsinnigen und der Korrektionürc. Die Raiiinbeschissung bei den Anstallen werde immer dringender. Es sei falsche Sparsamkeit, wenn der bau liche Zustand und die Ausstattung der Räume vernachläfstgl würden. Abg. Sieger! lDnal.s führt die Misistände in de» Anstalten aus Lockerung in der Disziplin zurück. Die Regi e r „ n g erklärte, dost Mißhandlungen der Zöglinge aufs schärfste geahndet werden wür den. An dem starken Zudraiig zu den Anstalten sei z. D. die Woh nungsnot schuld, aber auch das Bestreben der Fürwrgeverhände. sich zu entlasten. Der Finanzniinister lehne jede Höhcczichung dieses .Kapitels ab. Sämtliche Aenderungsanlräge. auch die ans Streichung der Gehälter der Geistlichen und ans Bewilligung einer ersten Teil zahlung do» einer Million sür ein neues Bliiiseulieiin, wurden ab- gelehnt und das Kapitel angenommen, dazu ei» Antrag, die Regie rung möge sämtliche Erziehungsanstalten auf den Staat übernehmen. Kapitel :35 ArbeitSwes« n u no Arbeiters ck> n tz wurde angenommen Beim Kapitel A r b e i l S m i » i st e r i n m stimmte die Linke erfolglos gegen das Gehalt des Ministers. Das Kapitel wurde ge nehmigt. Die Regierung teilte »ül, daß im Borjahr über 2I'Bl) Wohnungen iti Sachsen errichtet morden seien. Sie hoise, ein ähn liches Programm auch 1929 durchführen zu können. >928 seien über 900 Laii'darbeiterwohnnnge» erbaut mvvdcn. Bon der Mielstcner werden Mittel abgerweigt znin 'Ban von Wohnungen sür Kinder reiche, für Tuberkulöse, für Land- und sür 'Bergarbeiter, für Schwer kriegsbeschädigte iist» Auch die Forderung an» Ettiöhnng des An teils am Kapitel der Sächsisches Heim Lanüecjiedlnnge und 'Woh- nnngsbaiigesellsckaft um 997 000 M. wurde angenommen. Das bedeutet einen ganz gewaltigen Fortschritt. Diese Vorteile sind vor allem dem Ausbau des denlschen Fernkabelnetzes und der Verslärlrerlampe oder Berslärkerröhre zu danken Dem Fernkabeliietz ist es auch zu verdanken, daß lmsonders wert volle Darbietungen einzelner Sendegesellschasle» des Rundfunk» künftig über eine ganze Reihe von Sender» gleichzeitig über tragen werden. Diese Kabel gestatten eine» störungsfreien Ver kehr. Zum Schluß »erneinte der Redner die Frage. rl> der Funk jemals im Stande sein werde, den Drahtiveg im Fern sprechverkehr zu ersehen. : Dresdner Museiimsverciii. Der Dresdner Mnsenmsvercin konnte i. I. 1928 im ganzen 29 neue Mitglieder gewinnen: er zählt setz! deren 200. Die Einnahmen betrugen 12 508 M., die Ausgaben 7334 M. II. a. wurden 5500 M. zur Erwerbung der Marmorbnste von Ernst Rletschet, die den Bildhauer E. D. Ranch darstcllt aus. gewendet: die Büste wnrde der Staatlichen Sknlplnrensannnlnng ge- schenkt. Sie ist ein Meisterwerk Rietscbels und kurz vor dem Tod« Rauchs entstanden. Weiler wurden eine Zeichnung von Ludwig von .Hofmann .Jungen am Wasser" und eine Kleinplastik von Albiker zur Verlosung unter den Mitglieder» erworben. : Kinderheilversahren seitens der Angestellten-Versicherung. Die Reichsversicherungs Anstatt sür Angestellte Hai für ihre Be teiligung an einem Kinder-Heilversahre» nunmehr die unie re Altersgrenze fallen lasse». Danach ist es möglich. Das vergessene vriesmarken- Album Von Friedrich Schnack. Tief, im untersten Fach eine» Schrankes, unter vergilbten Zeitschriften, Schulheften und entwerteten Büchern lag es. das alt« Briefmarkenalbum, und schlief. Aber die Toten stehen auf und kommen ans Licht: so auch das vergessene Briefmarkenalbum. Beim Stöbern und dem jüngsten Gericht, da, ich über die aufgehüuste Makulatur abhielt, kam es aus seiner Verborgenheit hervor, und da liegt es nun auf dem Tisch und hat einen muffigen Geruch an sich. Der braune Kalikodeckei ist abgegriffen und halb eingerissen, verkratzt und verschossen, die Ecken sind abgestoßen und der Beschnitt ist an gegilbt. Ich erinnere mich plötzlich ganz genau: als es zu geklappt und weggeräumt wurde, wie etwas Unnützes und sinnlos Gewordenes, war die Knabenzcit zu Ende. Draußen auf der Straß« sielen die Blätter von den Bäumen: da sielen auch die Blätter des Albums zu, und die bunten Vriesmarken- johre waren vorbei. Es heißt oft, das D r i e s m a r k e n s a m m e l n verderbe den Charakter, weil es zur Besitzgier verleite, zur Selbstsucht und zu kleinen Knabendiebereien: cs sei auch spießbürgerlich, wie die Taubenzucht. Mag sein. Wenn es so ist, ist es nicht Pas rechte, echte Briefmartensammeln: das farbige Abenteuer per Länderjagd, des Vilderglücks und der Exotik. Meine Lieb linge waren, wiewohl ich auch die Postwertzeichen der enro- viiischen Länder in meine Felder unterbrachte, die schönen, selt- amen — und oft auch so wenig seltenen — Vriesmarken der überseeischen Staaten und der Kolonien. Um die Marktwerte habe ich mich nie gekümmert, der Senf-Katalog, der den Geld wert der Marken verzeichnet«, war mir gleichgültig. Aber eine Giraffe auf den Serien von Nyassa, und ein wilder Schwan »us den Marken von Westaustralien: di« waren wichtig und unvergleichlich schön. Was waren dagegen die Briefmarken mit den Männerköpfen, mochten sie noch so hoch im Kurs stehen! Und wenn ich das alte Briefmarkenalbum, nach vielen Jahren der Gleichgültigkeit und der Marken-Mitzachtung, heut« wieder öffne, strömt mir von jenem versunkenen Knabenrausch «in Rachhauch zu, phantastisch und wunderlich. In diesem »raßpn «ttderduck der.Länd«r haben KL Saedenkreud« und aeo- grapyischer Sinn vielfältig adgrmalt — in den geschnittenen und gezahnten Bildnissen, mit denen die Staaten und Post- verwaltungcn prunkten. Es ist mir entfallen, von wein ich die alten Bayern" habe, die mit dem Seidensaden und ven dicken Zahlen, die schwarze Eins, und die grünen, gelbe» und blauen Marken- jchmestern . . . und wem ich die alten „Baden" verdanke und die lletnen blauen „Bergedors" des Hamburg-Liibeckschen Ver waltungsbezirks vom Jahr« 1851 . . . Wer mag mir wohl die braunschweigischen Marken mit dem Roß im Stempelseld zu getragen haben? Die alten „Preußen" und die „Sachsen" von 1851? Und vor allem die schöne Reihe Freimarken von „Thurn u. Taxis", mit ihrem Entwertungssienipel, der ans sieht wie die schwarzen Ringe eines Küchenherds? Vergessene Sammler-, vergessene Knabenchronik! Aber bei diesen ver jährten Marken der Bundesstaate» ergeht es mir heute wie da mals: sie bezeigen eine altväterliche Romantik, gemahnen an Posthornklang und Postgespanne, die auf gemütlichen Land straßen dahinrollen, sie haben nichts eingebüßt von ihrem stillen Zauber, den kein Senf-Katalog auszudrücken vermag. Mein vergilbtes und verkratztes Buch war damals das beste, fortcntwickelste seiner Art. Elftausend Felder wies es aus und die wollten alle besiedelt werden, besetzt und einge nommen von einem Markenheereszug der Eljtansend. Da ich aber wenig Freude a» europäischen Briefmarke» hatte und lieber nach fremden Ländern ausspähte, habe ich es nur ans etwa tausend Postwertzeichen gebracht. Und das ist nun srei- lich eine reiche sremdländische Markenwelt, die bei Aegypten ansängt und mit indischen Kleinstaaten endet. Und wie endet! Mit einer labelaften, kaum entzifferbaren Marke, die mir Rosensaft gedruckt scheint und säst völlig geschwärzt wurde von dem groben, schwarzen Stempel eines indischen Postbeamten, in Nawangar oder Kishangar ... Ich werde es nie erfahren. Die berühmtesten Marlensammler meiner Schulzeit konnten ihre Herkunft nicht seststcllen, und sogar im allwissenden Senf war, wenn ich den Vertrauenleuten glauben darf, nicht von ihr zu lesen. Vielleicht, wer mag es misten, hat sie ein kleiner Maharadscha gemalt. Möglicherweise ist sic so wertvoll, wie nur irgend ein Kunstwerk, und ich habe «inen Schatz, von dessen Kostbarkeit ich nichts ahne . . . Wie einst führe ich meinen Blick spazieren in dem großen Mnrkengarten — durch Aegypten, wo dt« Sphinx bei der Pyra mide kauert, und beide, wasserblau, sandbraun, gelb, orange farben und karminrot au» ihren Feldern starren. Weiter blätternd, begrüße ich den Kaiser von Aethiopien wie einen alte« Bekannten, er bat noch immer keinen «dellteinLeletiten Goldyut auf dem Kopf, und fein Gesicht ist negerlmst ge dunsen. Und über viele Länder hinwegreisend, wie mtt dem fliegenden 'Mantel des Doktor Faust, lande ich im 'Reich der Mitte, wo der gräuliche Drache aus den Marlen sich windet, und gelbe Dschunken durchs gelbe Meer treiben. Rach kurzer Rast, Venn mit Chinaniarken bin ich nicht sonderlich gut ver sorgt, sind« ich mich schon wieder jenseits des Meeres in Ecuador, wo sabelhafte Schnellzugslokomotiven aus braunen Centavo-Marken dampfen. Mit einer von ihnen reise ich nach Guatemala zu den Papageien ans komischen Marmorsockeln, und weiter nach Hain zu den Palmenstäoten in Karmin und Orange sür sieben, acht und zehn Centimes. In Hnwai gibt es für zwei Cents kleine Segelboote im Wasser vor Bergen und Dampsern, die nach Europa fahren, indes die Brise die Wellen schuppt. In Honduras ragen einsam« Palmen an der Bucht, grün und ultramarin, und aus einer rotbraunen ist ein Herr abgebildet, der hat einen Schnurrbart wie ein wohl habender Bäcker . . . Aber in Liberia wurde eine großartige Briesmarkeninenagerie angelegt: ein Elefant siampst durch d>e Steppe, ein Nilpferd wälzt sich ans der Flut und steigt ans Land, das blau und schwarz gemalt ist, ein Affe vergnügt sich mit einem Baumzweig, und ein violettes Krotodil schlän gelt in grünem Wasser. Und da fällt mir ein. bei der 50-Cmtts- Marke in Grün und Schwarz: damals wünschte ich leidenschaft lich, auf einem dieser kleinen Postdampser, denen ein siinf- zackiger Stern voranlenchtete, nach dem Tierland Liberia zu reisen. Der Reisewnnsch ist längst begraben, sonderbar mutet mich sein Schatten an . . . Welche Hand kam über Samoa? Alle Marken fort, nur die Klebzettel sind noch da. Ein Kolonialroub? Uno wer hauste in Uruguay, wo mir ein flatternder Friedensengel, ei» kleines Posthorn in der Hond, wehenden Gewandes in Karmin und Schwarz zu fünf Cents entgegentritt? Ein Markenräuber scheint hier gewütet zu haben: verschwunden sind die Körbe mit den Ananasfrüchten und die blauen Stiere, dahinter die Cowboys herjagen. Schade! Doch über den Verlust tröste-» mich die Marken aus Deutsch-Südwestasrika und Kamerun, von den Karolinen und Samoa: kleine Erinnerungen . .! Und dann rollen sich einige Serien der britischen Besitzungen ans mit Wasserfällen, Seglern, Brotfruchtbäumen und Äuslege- booten der Eingeborenen. Prächtig gefallen mir auch heute noch die in wilden Farben prangenden Negerhäuptling« von Aequatorialafrika: lippenwulstige Burschen, tätowiert und lanzenstarrend. Die heiß« Natur de» Konaolandes lebt in diele» LLenkolea eltalten 2« Martintau« tackelt mich rin«
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