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>>««er 4» Sächsische Volkszeikung rr. Februar >»r, Oer röinisclie krieäensscsiluü Das Leko in «1er (Aon unserem Vertreter.) ki. v. b. Rom, im Februar. Wendepunkte der Geschichte sind wie Erntetnge, an denen man neben der goldenen Kornsrucht auch das Un kraut und den Mißwuchs findet, die dort unbemerkt ge wuchert habe». So ist jetzt die Losung der Römischen Frage, die dem Nachfolger des heiligen Petrus endlich wieder eine ganz unbehinderte Regieruugsgewalt ein- rauint und gleichzeitig einen wirklichen Frieden mit den staatlichen Obrigkeiten des Volkes schasst, das der gesam te» Kirche als das Volt der ersten Märtyrer teuer war und bleiben wird, für viele ein Prüfstein der Hinterlage ihres geistigen und politischen Denkens, ein Scheidewasser der Urteilsbildung geworden, in dem neue Werde- prozesse und Umgruppierungen in Kirchen- und Welt geschichte einsetzen. Im voraus sagen wir gleich, das; dies mal die führende Presse Deutschlands mit ganz wenigen Ausnahmen eine sehr erfreuliche außenpoli tische Urteilsreife bewiesen hat. (Ls ist ja ganz unmöglich, daß die Organe oft entgegengesetzter Welt anschauung mit uns Katholiken die Herzensfreude über diese kirchenhistorische Tat teilen, aber angesehene deutsche demolralischs Blätter nahmen diesmal weit geschwinder als die Pariser Organe und auch vornehmer in der Hal tung die seismographischen Fernwirkungen des Friedens- pakles vom Lateran in dem Bereich außenpolitischer Im ponderabilien wahr. Nur innerpolitischer Doktrinarismus kann ja das Ausmaß des Erfolges Mussolinis und Italiens und den angeblichen „Bund mit dem Vatikan" bemäkeln und verkleinern Die deutschen Katholiken haben nach dem Eindruck, der in der gesamten italienischen Presse sich rviderjpiegelte, ein schönes Zeugnis ihrer Sachlichkeit, ihres uoinies ('»IN emüimin und ihrer geistespolitischen Führer- und Mitllersunltion abgelegt. In den Tagen des Glücks haben alle Kullurnationen wie die italienische e ii feines Gefühl dafür, wo in der Welt ein rechtlicher Sinn den großen Erfolg vergönnt, und wo auf die weiße Leinwand neuen Geschehens aus dem Ausland der gelbe Schimmer von Neid und Mißgunst, oder auch von Ri valität siel. Unvermeidlich, daß sich bei Beginn einer ganz neuen Epoche neben dem ruhig abwägenden Urteil auch hier und dort Kritik und vielleicht Besorgnisse cinstellen. Aber soviel kommt doch darauf an, daß solche Urteile außerhalb Italiens von wirklichem Sachverständnis ge tragen sind, oder ob nur für einen von politischen Beweg gründen beliebig bedienten „Sprechanismus" ein Ventil geöffnet wurde. Wir halten uns bei einer kurzen Ueber- sicht über den Reflex der Auslandsstimmen an die ita lienische Presse mit ihrer gewiß umfangreichsten Material sammlung. Liest man die Pariser Berichte des hiesigen Negierungsblattes „Giornale d'Italia", so scheinen die Aussöhnung zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Ouirinal und das Konkordat mit Italien vielen Kreisen Frankreichs bis an die Peripherie der dortigen Katholiken mehr oder minder aus die Nerven gefallen zu sein. „Gior nale d'Italia" veröffentlicht nur reuen Bericht aus dem „Echo de Paris" mit einer objektiven sorgfältig ge wählten Stellungnahme, während sonst die Befürchtungen vor dem Einflüsse eines „Faschistischen Imperialismus" auf den Vatikan nur schlecht die Verärgerung Uber den ge lungenen Schritt der italienischen Negierung verdecken. Der römische „Teuere" nimmt von diesem Zustand unter der Ueberschrist „Wo der Zahn schmerzt" Kenntnis, und er wähnt lakonisch, daß die Regierung Poincares gleichzeitig die bekannten Artikel 7» und 71 über die Wiederzulassung von Niederlassungen bisher verbotener Missionsgesellschaf ten mit einer Enthüllung des Denkmals des Zerstörers der kirchlichen Nechtsfreiheit in Frankreich. Combes, ein brachte. Die Verwunderung und das Mißvergnügen der Pariser Blätter über die jetzige Einigung zwischen Italien und der Kirche bezeichnet der „Teuere" in seiner derben Sprache als eine Unverschämtheit. Das „Giornale d Italia" bringt dagegen eine Zwischenüberschrift „Ein französischer Papst würde wohl passen". Was ernste Italiener an der Einstellung der französischen Zeitungen eben so sehr vermissen, war die Selbstlosigkeit, vvn der doch ein gutes Stück zum eisernen Bestände der Gesinnung der Katholiken aller Länder gehöre» muß, wenn man von einem inneren Bande, das die Katholiken der verschiedenen Länder verknüpst, reden darf. Wir Katholiken der anderen Länder mühen soviel Verständnis aufbringen, daß wir »ns für die Kirche, aber auch für die Katholiken Italiens freuen, daß jetzt in Italien so viele folgenschwere Fesseln fortgefallen sind, die z B. bei italienischen Beamten und Offizieren eine ganz freie Ausübung ihrer Religio» und eine Betätigung ihrer religiösen Gesinnung behinderten. Die Zerspaltung des Menschen und seines Gewissens in einen regierungstreuen Staatsbeamten und in einen pflichteifrigen Katholiken, war manchmal praktisch so schwierig, daß unliebsame Kom promisse sich den Guten und Heuchelei den Schwachen aus- drängte. Papst Pius Xl. gebrauchte daher ein großes scelsorgerischcs Wort, als er von dem Konkordat sagte, daß es Gott wieder Italien und Italien wieder Gott zurückgegebeu habe. Die segensvollcn Auswirkungen des Endes dieses politisch-religiösen Zwie spaltes werden sich wahrscheinlich erst ganz bei der kom menden Generation offenbaren, die mit einem geordneten Religionsunterricht in der Schule aufwächst. Unter solchen Auspizien haben katholische Blätter den Jriedcnsschluß im Lateran als die Stunde Gottes bezeichnet, und auch die Zeitschrift der italienischen Jesuiten „EiviltL Eattolica" vom 1V. d. M. greift in einem bedeutsamen Leitartikel ihres Herausgebers P. R a diesen Ausdruck auf. Der Verfasser wendet sich darin u. a. auch der Frage der licj dem jetzigen Fricdenspakt außer Anwendung ge- ji ..»menen internationalen Garantien für die Freiheit des Heiligen Stuhles zu und ergänzt das. was der Heilige Vater in seinen beiden Reden vor den römischen Pfarrern vom 2. d M und vor der Abord nung der Katholischen Universität Mailand am 13. d M. gesagt hat. Nach P. Rosa würden solche Garantien der höchsten Unabhängigkeit des Heiligen Stuhles, welche sich mehr als eine „übernationale" denn als eine internatio nale darstellt, nicht entsprechen. Wenn der Heilige Stuhl internationale Beziehungen als notwendiges Objekt seiner universalen Mission zulasjt und in Betracht zieht, so nimmt Teilnahme an einem Kriege oder anderer Strafsank, tionen gegen sich verfehlende Mitglieder sich beteiligen könne. Der angesehene geistliche Schriftsteller verneint hier- mit eine Mitgliedschaft des päpstliche» Stuhles am Völkerbund, was keineswegs besagt, wie wir schon in einer Drahtung vom 5. d. M. sagten, daß der Heilige Stuhl in einer anderen Weise, nämlich in der Form einer Fühlung nahme zu bestimmten moralipyen Zielen in Genf vertreten sein kann. Man kann sich darunter verschiedene Aufgaben Oie vatrlcaniselAS 8larlt De« '°°°° lU . W I DM W! S, 8 -8 s-vW Peter t^euei- «cx» 200 » HO, Os? xömrsc/ie Vep/paZ unkexse/leic/e/ /wise/ren souveränen, e.v'errr/orrn/en nncl /ra/hexlerrr/ona/en pä/ssl/re/cen //o/rer'/s^ebie/en. /.6/rr/ere uni/assen /ratr/Usäc/./ce/r kr>c/.'//e/-e /Ver/rZ/nniex auMx/la/H c/e? e/Fenl/r'e/ren va'/kan/sc/rsn V'/ac// in Oom nnci irr cien vexse/n'ec/ens/en 7 er/en //a/iens. Oie „L7//a va/ieana" seids/, cie. en i/,n/snF au/ nnserenr Oi/cie exsieir/iieir is/. nnr/a/i/ ciie /)ä/)s//ie/.en ?a/äs/e nnci 6ä>ien, sowie ciie Oe/ersirneire nrii cienr iroionnacieninnsä m/sn /-eiexs/r/aO. /lue/r ein bVa/2 /in ciie /In/acse eines päpsi- iie/.en Osinriro/es isi vo/Zeseiren. inner/raib ciieses ß/m/neises übt cier ?a/>sk ciie absoin/e Ober/ro/ieii eiries Houveräncs aus. er sie doch nicht als Machtingerenz oder als Freiheitsgaran- tic an. Mit Recht sagt P. Rosa, daß Ansprüche auf ein Patronat oder auf fremden Schutz viel mehr Gründe der Schwäche, als Stützen für eine Zu kunstssicherheit des Heiligen Stuhles bedeuten würden. Er erinnert dabei kurz an die tieftraurigcn Erfahrungen der Vergangenheit, an die Kälte und Gleichgültigkeit der Negierungen, die bei einigen sogar in offene Feindsetig- keit gegen die Kirche und das Papsttum ausartete. Die selbe habe sich gerade in der gehässigsten 'Nation gezeigt, für welche jetzt zeitgenössische Schriftsteller wie Pcrnot if „Journal des Debnts" und Pinon in der „Revue des denx Mondes" eine unzeitgemäße Ingerenz unter dem Titel einer Garantie gewünscht hätten, welche jetzt gerade zu lächerlich, leer und absurd sei. Weniger denn je könne der Heilige Stuhl an so beschaffenen llebereinlünsten teil nehmen, da er mögliche Verantwortlichkeiten in rein poli tischen Geschäften und Interessen vermeiden müsse. Aus einer ähnlichen Erwägung heraus habe er selbst nicht und würde er auch nicht am Völkerbund teilnehmen können, und falls dieser in sicl^ zu einer vernünftigen und christlichen Bedeutung der Befriedigung der Völker hin geordnet sei. Auch wen» es nur deshalb wäre, weil die Kirche, die von Natur übe> national und allgemein ist. nicht an einer von dem Völkerbund ausgestellten Forderung der sittlicher 'Art verstellen, an deren Fortschritt das Papst» tum niemals uninteressiert war und niemals gleichgültig sein wird. Nöte und Mißstände wie Hungersnöte, sittliche Verwahrlosungen usw. haben die caritative Organisation des Katholizismus und das unersätzliche Eharisma seiner weltweiten Nächstenliebe stets in die fordere Linie der Hilfsbereiten gedrängt. Sehr wohl kann man sich auch denken, daß cs eine Gewissensaufgabc der obersten Leitung der Kirche werden könnte aus Gründen der Erhaltung der Moral im öffentlichen Leben vieler europäischer Völker, in Genf etwa mit dem religiös-sittlichen Fragenkomplex der nationalen Minder- h e i t e n in Fühlung zu treten, damit nicht den Angehöri gen hochzivilisierter Völker, die zu Millionen durch das Macbtdittat von Friedensschlüssen anderen Staaten zu geteilt worden sind, elementare Rechte vorenthalten oder entwunden werden, deren sich die Kinder von Negern und Südseeinsulanern unbestritten erfreuen können Es hat sich eben in dem alten Eurova der 'Nachkriegszeit soviel schleichender Konfliktstoff angesammelt, daß ehrliche Betrachter so ausgedehnter moralischer Nebel nicht allein ihr Vertrauen auf die Berechnungen der Staats- regierungen mit ihren widerstreitenden politischen Inter essen setze», sondern erst zu hoffen beginnen, wenn eine Erneuerung und Durchsäucrung der Grundlagen des Völkerlebens mit christlichem Geiste erfolgt ist. äußerer» Die Vatikanische Stadt genießt nach dem Lateranvertrag alle Neckte vollster Freiheit eines unabhängigen Staates, doch hat der Heilige Stuhl wahrend icines bald zmeitaufendjährigen Daseins in den verschiedenen Teilen der Start Rain eine M-'iwe Gründungen und Institute errichtet, die fast alle ihm znr Aus- Übung seines heiligen 'Amtes unumgänglich notwendig sind. Co mußte denn eine zweite und dritte Kategorie päpstlichen Eigen tums in Rom geschossen werden, welche zwar Privilegien ge nießen, aber doch nicht vollkommen unter der Souveränität des Papstes stehen. Die erste Kategorie schließt also die Besitzungen ein, welche die Vatikanische Stobt selbst zusanimcnsetzen, und sind daher von jedem italienischen Einfluß absolut unabhängig. Die zweite Kategorie ist mit diplomatischer Immunität ans- gestattet. Ihr gehören die Gebäude an, welche die italienischen Behörden den Eciairdtschastssitzen der anderen Mächte gleich- steilen. Es sind folgende: 1. Der Lateran mit der Johannes-Basilika und allem, was dazu gehört. S Die Basilika Santa Maria Maggiore mit anschließendem Palast. .!. Die Apostolische Villa von Castel Gandolso mit ihren gegenwärtigen und auch künftigen Besitzungen, 4. Die im Bau befindlichen Gebäude der Propaganda Fide anf dem Ianikulus. l>. Der Palast der Dateria beim Ouirinal. 6. Die Paulslasilika mit dem Sitz des Abtes. 7. Die Eancellnria. 8. Der Palast der Propaganda Fide aus dem Spanischen Platz. !t. Der Vikariatspalast in Piazza dclla Pigna Di« dritte Kategorie der päpstlichen Besitztümer hat minder, Privilegien: stc sind frei von allen städtischen und staatlichen Steuern und tönnen nicht enteignet werden. Dies sind die fol genden: 1. Die Gregorianische Universität, deren neuer Riesenpalast an den Hängen des Quirinals im Bau ist. 5. Das Bibelinslitut an der Piazza della Pilota. 3. Das Orientalische Missionsinstitut. 4. Das Institut für christliche Archäologie. b. Das Ruisi'-.be und Lombardische Seminar. 6. Die beiden Paläste Apollinare, Sitz des juridischen In stituts nnb der Kirchenmnsikichnle. 7. Die Häuser für die Exerzitien des Klerus bet San Gio vanni und Paolo am Zölius. Oie päpstliche ^olrelFsr^e Das einzige päpstliche Militär, das in seiner Kopfzahl nie mals vermindert wurde, ist die Nobclgarde Besonders Pius IX. »nd Leo Xlll. legten großen Wert o»f ibre Dienste. Beide Päpste erschienen niemals ohne ihre Begleitung. Die Nobelgarde war damals noch beritten. Wenn Leo XIII. in die vatikanische» Gärten ging, so folgten ihm immer Nohelgardisten zu Pferde. Pius X. sagte die Begleitung dieser adligen Offi ziere weniger ,zn stimmte sie doch schlecht zu der ganzen Be scheidenheit. mit der er sein Leben gestaltete. Als Pius X. in dem besonders heißen Sommer von »»Mi nach dem kleinen Palast Leos IV. onf der Höhe der vatikanischen Gärten zog, und er cnich da die Robelaarde Dienst verrichten sah, sagte er zu einem der Offiziere: „Ich kann cs wirklich nicht init ansehen, daß Sie sich so für Uns bemühen, dazu bei dieser Hitze! Bitte gehen Sie doch nach Hause, und kommen Sie, solanoe ich hier bin, auch nicht wieder." Damals hörte der Dienst der 'Nabelgarde säst ganz aus, und Pius X. spazierte nur in Begleitung seines Lehcimselrctär,