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Sächsische Volkszeitung : 19.01.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192901195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19290119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19290119
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-01
- Tag 1929-01-19
-
Monat
1929-01
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.01.1929
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Das Grohsladlprvblem 40 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden in irgend einer Form unmittelbar unter der Großstadt, dir sich all. mählich mich bei uns wie ln Amerika zu einem bedrohlichen sozialen und wirtschaftlichen Krebsschaden auswächst. Eugen Kalkschmiot schreibt darüber in dem wie immer hochwertigen und reiächaltigen Januarheft der Monats schrift „Hochland" <Verlag Kösel. Kempten): „Die modernen Großstädte sind, verglichen mit dem ökono misch angelegten kleinen Kolonialstädten der alten Zeit, sehr kostft»ielige und unzweckmäßige Gebilde. Jede Erweiterung ihres Umfanoes und ihres ..Betriebes" zwingt zu unverhältnis- mäftigen Anstrengungen, die aber immer sehr bald wieder tech nisch überholt sind. Man denke nur an den Wettlaus der Ver kehrs- oder der Beleuchtungsmittel. Die Technik ist zwar immer sehr stolz auf die dauernden Verbesserungen, z. B. aus den Ersaß der elektrischen Bahnen durch Riesenaulos. aus Straßen- durchbrüch« und „Sanierungen" »sw., aber inwieweit sind die hier frstgelegten Kapital- und Arbeitswerte, wie weit ist die gesteigerte Bodenrente wertbeständig und produktiv im höheren ralionalwirtscl'aslliäßm Sinne? Die Anlagen verzinsen sich, solange die Masse der Bevölkerung sie braucht: solange etwa die Arbeiter und Angestellten in Deutschland genötigt sind, jühr- l'ch 6—700 Millionen Mark auszugeben, um von ihrer teuren Mietwohnung zur Arbeitsstätte zu gelangen und umgekehrt. Wenn diese unproduktive Ausgabe, der die unproduktive Ver wendung von acht Millionen Stunden täglich für dieses mecha nische Hin- und Hervendeln entsnricht. eines Tages überflüssig wird, was dann? Böhmer verweist in seinem Buch „Das Erbe der Enterbten" sehr mit Recht auf di« Fülle von laufenden Aus gaben. die lediglich dnrch die Zusammenballung der Menschen, durch die „Wohndichte" der großen Stadt entstehen: in der Verwaltung mit ihren Bauten, dem Polizeischuß, den sanitären und hygienischen Einrichtungen wie z. B. der kostsvleliaen Be- seitlouna der Abfälle, deren Düngerwert von etwa 000 Mil lionen Mark im Fahre nur ,u einem ganz kleinen Brucbt«!! aus- genüßt wird. D"nn die ArmonO'sten Und die großen städtischen Aufwendungen für d>e soziale Wohlfahrtspflege der Eenterblen Ganz ähnlichen Erwägungen albt d^r Amerikaner Henry Ford Raum wen» er In feiner Selbs'biographte sagt: „Die Groß stadt ist in Wahrheit ein hilfloses Ungeheuer. Fkr ganzer Verbrauch muß ihr uiaetragen werden . . . Schließlich sind di« Generalunkasten !m Privat- wie im G'sckäftsleben in den Großstädten so gewachsen. d"ß man sie kaum noch anf- brinsE» kann . . . Die moderne Großstadt ist verschwenderisch gew's"». heute ist sie bankrott und morgen wird sie zu existieren ausgehört bab'n." Anderseits hoben wir es in d°n Zeilen der Blockade oder der wirtschafilickwn Depression zur Genüge erlebt, was es heißt. wenn Tausend« und aber Tausend« von Darbenden und Erwerb» losen in den großen Städten herumschweisen. widerstandslos haltlos jedem Gerücht, jeder demagogischen Agitation preis gegeben, voll bl,„der Wut gegen den Staat, der ihnen Almosen erteilt, voll Empörung gegen den Besitz, der Ihnen nicht hilft, voll Zerstörungslust gegen die Stätten ihrer Arbeit, wo das Kapital regiert und sie .Ausbeuter". Wenn oder dies« seelisch, vaterländisch und maleriell gleicherweise Entwurzelten aus» Land hinausgeschickt werden, um rein ländliche Arbeit zu ver richten, so pflegen sie nach kur.zer Zeit in die Stadt zurückzu kehren, weil sie entweder die Arbeit nicht oushatten noch ver- stehen, oder weil ihnen der Lohn zu gering und die Arbeits zeit zu lang ist. Auch ein Diktator wird nickt Macht genug haben, ein verstädtertes Geschlecht in den kreieren ländlichen Raum zurück-»zwingen, vor allem in solche Gegenden nicht, die wirtschaftlich oder landschaftlich benachteiligt scheinen durch Abgelegenheit, Nähe der Grenz«, oder durch klimatische oder sonstige Einflüsse. Man denke an die Mißerfolge der preu. ßischcn Ostmarkenpolitik vor dem Kriege — eine hundert jährige Siedlungspolitik, die mit dem größten Auswand öffent licher Gelder nicht verhindern konnte, daß sich das Polentum nach Besitzumfang und Kopszahl vermehrte. Die deutsche Abwanderung nach dem Westen dauert auch jetzt noch an. trotzdem wir ein Neichssiedlungsgesetz zur Rettung des bedrohten deutschen Ostens besitzen. Ostpreu ßen hate vom Kriegsende bis 1925 einen Wanderverlust von 120 000 Menschen, In den letzten drei Jahren je 20 000. bei einer Durchschnittszahl von b7 Einwohnern aus den Quadratkilomeier gegen 134 Im Reiche und 131 in Preußen. Pommern und die verstümmelte Grenzmark Posen-Weßpreußen weisen mit 53bezw. 43 Einwohnern einen noch geringeren Durchschnitt aus. In Schlesien gar gibt es Landkreise, die nur 2t 0 iGIogau). 19.7 (Guhrau), 15.1 sLiidenl Menschen pro Quadratkilometer zählen, also dünner bevölkert sind, als die amerikanische Prärie. Unser« Siedl"ngsardeit, die ja auch »ach dem Wffffrriege hauptsächlich den Ostgebieten galt, hat von 1019 b's 1025 mir etwa 10 009 neue Hofstätten begründet, und zwar insgesamt, für das ganze Reich! Die Tschechen Polen, Esten und Letten scknsen in der nämlichen Zeit 223 000 neue Siedlungen. Arff-erdem schickten uns die Polen 1025 noch 150 000 Wanderarbeiter ins Land, von denen nur 61 740 in ihre Heimat zurückkehrten. Selbst wenn die länds'ch« wie städtische Siedlung mit den größten Mitteln in die öffentliche Han- aenommen würde, wäre es also über den diklatoriscken Zwang hinaus immer noch nötig, die M""»n da. von zu überzeugen, daß dieser und kein anderer Weg zur sozialen Befreiung führe. Vom Sozialismus, wie er heute das Denken der deutschen Arbeiterschaft beherrscht, ist hierin keine Grsolgschast zu envarten." genommen. Haupttäter ist der 2V Jahr« ßlt« Handlungsgehilfe Lexa aus Augustueburg S Einbruchsdiedstähle konnten ihnen vachgewiesen werben. Die Burschen, dir teil» von auswärts »ge eist waren, hatten sich in einer hiesigen Gastwirtschaft ennengclernt und die gemeinsamen Diebstähle verabredet Ihre Siaubzü>t« erstreckten sich hauptsächlich aus die Stadtteil« Löbiau und Friedrichstadt. Nach Festnahme der Bande sind weitere Lin- druchsdiebslähle in den betrosscnen Stadtteilen nicht vorgekom- men. Niemand kau» sich de», großartigen Eindruck von Sarrasant» vielseitiger Bölkerscha» entziehen, die sich jetzt otlabcndlich im präch tige» Kuppelbau am Earolaplatz aus Bühne und in der Manege vor einer begeisietten Menge ausrolli. Es ist das Best«, was ein Unternehmen mit jahrzehntelangen Erfahrungen und ruhmvollen Traditionen zusammenstellen kann. Rur kurze Zeit dauert dieses Mal Sarrasanis iffastspiel. das unter Persönlicher Leitim- von Direk tor Stoseh-Sarrasani steht. Am Sonnabend und Son >Iag finden außer den Abendvorstellungen t730 Uhr) Nachmittagsvorstellungen mit ungekürztem Programm statt <3 Uhr), in denen Kinder ans Plätze» von 2 Mark aufwärts halbe Preise zahlen. Gaullersest 1920. Fieberhafte Arbeit herrscht allenthalben ln den Festrämnen, um di« Freundinnen und Freunde der Gaukelei am Sonnabend zu überraschen und durch fröhliches Treiben in den Kreis derer zu ziehen, die einmal für einen Tag oder vielmehr für eine Nacht alles Erdenschwert von sich werfen wollen. Die ersten Kapellen Dresdens werden zum Tanze locken. Künstler von Ruf werde» durch ein Kabarett mit witzigsten Einfällen zum Lachen rei. zcn Hilde Schrieben und Gino Neppach von der Staalsoper tan ze». Eine reich auSgestaitete Tombola lockt d.ie Käufer der Glücks- nieten. Also auf zu froher Gaukelei! » d. Ein WasserstoNen durchs Erzgebirge. Da die Stadl Teplitz linier der anhaltenden Wassernot schwer leidet, hat man nun beschlossen, mit einem Aufwand von 20 bis 25 Millionen Kronen gemeinsam mil Naächorgemffnden eine groß« Fern leitung anzulegen. Zu diesem Zivecke muß einer der höchsten Berge des östlichen Erzgebirges, der 725 Meter hohe Bornhau. d-urchtnnnelt werden. Man hofft bei dem Ban des Stollens, der über 3 Kilometer lang sein wirb, auf neue Wasseradern zu stoßen. l.«ipriel unä Umgebung Auch einmal etwas Gutes fiir Sachsen! Leipzig, 18- Januar. Die Netchsbahndirektlon Halle teilt mit, daß die Fernschnell- zkige FD 11/12 Berl n—Stultgart vom 15. Mai ab stakt, wie bisher, über Halle, über Leipzig getestet werden sollen. Man habe sich zu dieser Maßnahme entschlossen, weil die beiden FD-Züge über Halle außerordentlich schtvach besetzt geivesen seien und bei Führung über Leipzig mit seinem größeren Hinter!«,de eine bessere Be nutzung zu erhoffen sei. — Man steht an diesem Beispiel, wie man künstlich Halle zum Mittelpunkt Mitteldeutschlands hat machen wol le», aber natürlich vergebens. Sollte nicht auch bald der Lustsahr abteilung tin NkichsverkehrSininistcrium die gleiche Erkenntnis kommen? Der Leipziger Wohnnnosbau vor den Stadtverordneten Leipzig, 18. Januar. Den Stadtverordneten lag in ihrer letzten Sitzung die Ratsvorlag« vor über den ersten Abschnitt des Wohnungs- ba »Programms des Jahres 1920 und die Bewilligung von 2 504 000 Mark Verechnungsgeld zur Durchführung der Bauten, sowie die Uebertragung eines Teils der Alanten des zweiten Abschnitts an das Sächsische Heim G. m. b. H. Eine weitere Ralsvorlage betraf die Ergänzung des ersten Bauabschnitts und die Bewilligung von 510 000 Mark Berechnungsgeld zur Durch- sührung der Ergünzungsbauten. Die Vorlagen wurden gemäß den Ausschußbeschlüsscn mit einigen Ergänzungsanträgen äu gen o m m e n. Ferner fand die Naisvorlagc über die Bewilli gung von Geldern zu einer Baracke für die 22. und 23. Volks schule Annahme. Der Rat wurde ersucht einen Wetibeiverb für Schulneubauten zu veranstalten. Ei» sozialdemokratischer Dring- lichkeilsaiitrag. der die Peiisianiernnn des Etadtrals Lampe Vor halte, ging an den Berfassliiigsallsschuß. ) Leipzig im Schnee. Am Donnerstag ist noch bis in die Mittagsstunden Schnee in Leipzig gefallen. Die üblichen Folgen nrochten sich zeitlich bemerkbar: Jubel der Kinder, Sorgensalte» aus den Gesichtern der Straßenbahner und Chauffeure, fieber- hastes Arbeiten der Motor-Schneepslüg« und der Schipp-Kolon- nen und Verspätung der Züge auf dem Hauptbahnhof. Das Wolfsrudel Bon Julius Regts. I. Ein junger Monn mit dunkler Vergangenheit macht sich bereit, einer noch dunkleren Zukunft entgrgenzugehen. 1. „Scheu wir der Wahrheit ins Auge — die Lage ist peinlich! Prinz, >vas soll ich anfangen?" „Hrrrr. . / „Nein, nein, Hoheit, keine Aufregung! Dian muß Philosoph sein. Für uns denkend« Wesen gehört es sich, unter allen Umstünden philosophisch zu bleibe» —" Der Sprecher unterbrach sich init einem Lachen, das nicht be sonders lustig klang. Er war barhaupt und trug eine» sehr mit genommene». grauen Sportanzng. Der rötliche Schein der nnlcr- gehenücn Sonne ließ seinem männlichen, ernsten Gesicht volle Ge rechtigkeit widerfahre»; nicht so seine» braunen, windzerzausten Haaren, die in dieser Beleuchtung fast rot aussahcn. Er halt« die Ellenbogen ans di« Tür eine» HolzgaitcrS gestützt und starrtr, Pseise rauchend, mit scinc» blauen Augen mißmutig den menschen leeren, weißen Weg hinunter, ans dem die Schatten immer lüngrr wurden. Er machte eine Gnniasse. Diese von Hecke» durchschnittene Heidetandschaft war gewiß schön; besonders jetzt, wo sic im Sonnen untergänge vor ihm lag, still wie rin Angelusläule». Aber es war nicht das Land seiner Kindheit, noch das seiner Träumei Er war hier ci» Fremdling- Es war Zeit auszubrechcn. Hohe Zeit —! Warum »var es so schcher, einen Entschluß zu sasseil? „Warum, ja ivarum?" nnirnreltc er. „Du schnüffelst, mein blau- blütiger Freund? Du verstehst, was es für einen noch jungen, frü her ehrgeizigen, früher — ehrenhaften Mann heißt, seine Tage in einem kleine» Dorf zu-verdösen, wo er zufällig hängengcblieben ist, nachdem er es mit einem Schock anderer Dörfer und Städte ver sucht l>at. Du meinst, ich sei immer noch rin Ehrenmann? Das ist di« groß« Frage. Du hast meine Geschichte gehört- Erzähl« sie, wem du willst hier in Branhom, in Norfolk, oder in ganz England, und frage, dann wirst du hören, ob Ich rin Ehrenmann bin!" Der blaiibiüligk Freund schwieg, wedelte aber überzeugend n»it ) Ausstellung „Mutter und Kind". Am Sonnabend, den 19. Januar. 19 Uhr spricht Herr S'adtmodlzinalrat Dr- Risel anläßlich der Ausstellung „Mutter und Kind" im Konferenzsaal des Rin-z- meßbar,scs über „Säuglingspflege". Karlen für Ausstellungs- befucher uncnigelllich an der Ausstcllungskass« im Ringmeßhaus. ) Fahrpreisermäßigungen zur diesjährigen Leipziger Früh jahrsmesse- Zur kommenden Leipziger Frühjahrsmesse fMlistcrmcsse 3. bis 9. März, Große Technische Melle und Banmeffc 3. bis 13. März) haben wieder eine Reihe ausländischer Eisenbahnen unv Schiffahrtsgesellschaften de» Mcssebesuchern Fahrpreisermäßigungen bewilligt. Eine Wprozentige Fahrpreisermäßigung für di« Hin- und Rückfahrt wird u. a. gewährt aus österreichischen, teschechostowa- tffchen, iiigoskawffchcn und lchrveizerffche» Eisenbahnen, ferner eine 50pr.gzentige F-'hrpreiscrmästigung für die Rückfahrt auf estnischen Bahnen. Englische Besucher genießen eine Fahrpreisermäßigung von 25 bis 30 Prozent auf Rückfahrkarten London—Leipzig sür sie Strecken London—Dover—Ostende—Herbesttiak—Leipzig und Lon don—Harwich—Vlffsingen-—Leipzig. Fahrpreis- und FrachtvergÜn- stigungcn aus Schffsahrlsünicn sind von der Ersten Donau-Damps- schifsahrtsgesellschast und von verschiedenen jugoslawischen Schiff- fahrlsgesellschasten von den Dampsertinien des Adriattschen Meeres bewilligt worden. ) Betriebsrmrvalt Winter wegen Beleidigung verurteilt. Der „Betriebs«,»valt" Gustav Winter, wurde wegen Beleidi gung des sächsisch"» Jnstizministers Dr. v. Fumetti zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Winter hotte in seiner Zeitschrift einen „Wockerbesehl" erlaffen, In dem u. a. von „Volksrechtssckutten" die Reoe rvar. Winter hat gegen seine Verurteilung sofort Einspruch erhoben. ) Verurteilte Diebe. Der Schlosser Rudolf Deubel, der Ar beiter Hermann Deubel und der Bohrer Richard Meyer aus Leipzig halten sich am Donnerstag wegen Diebstahls und Nücksalldiebstahls seinem kurzen Schwanzstummel. Der blaublütig« Freund war ein» weiße Bulldogge, die unentwegt nachdenklich de» rotbestrablrcn Gott betrachtete, der ihr Herr war. Wenn daS Tier überlegte <»»d es sah so aus), waren feine Uebcrlcgungen vermutlich eOva die fol genden: „Wie schwer die Menschen zu verstehe» sind! Dieser ist stärker, mutiger und klüger, als irgendein anderer, den ich kenne. Deswegen habe ich ihn mir znm Herrn gewählt. Er hat eine Stimme, der man gehorchen muß. Er packt mich so fest im Nackcnfcll, ohne mir jedoch dabei weh zu tun. Er muß früher prächtige Kämpfe mllgc- mackt haben. Mer seitdem ich ihn zum Herrn genommen habe, bar er nichts mehr ausgerichrei. Er liest. Manchmal liegt er ausgestreckt im Grase oder aus dem Bett und denkt lang« an vergangene Dinge. Dann wird er sorgenvoll und ganz abwesend, so daß er mich gar nicht bemerkt. Er pflegt von einem schrecklichen Haus mit Stein- kammern zu erzählen, aber die Geschichte verstehe ich nicht. Es find da ein paar Leute genwscn, die streng zu ihm gesprochen und ib» cingespcrrt haben. Da ist -och nichts dabei? Das macht er mit mir auch manchmal. Sa ivas ist ganz natürlich. Was er darüber zu grübeln hat, ist schwer zu verstehen, aber jcdensalis ist es nötig, daß ich ihn sorgfältig beivachc!" Diesem oder einem ähulichen Schlußsatz gab die Weiße Bull, dogge durch einen dumps rollenden Vaßton in ihrem dicken Hals be redten Ausdruck. Der Mann lachte leise aus, strich ihr über den Korff und klopfte seine Pfeife aus. Als er sich reckte, schien er etwas über mittelgroß zu sein, breilschullrig, mit ruhigen, etwas zögernden, um nicht zu sagen unbebolsenen Bewegungen. Er öffnete das Gatter. «Mir wollen weitergebcn, Prinz. Selbst einen Spazierganz muß ,nan enischlossen durchführen, nicht wahr? Und wir haben weil beim —. Heim, verstehst du dies Wort, mein treuer und einziger Freund? Dies seltsamste von allen Worten der Welt —?" Er biß hart auf seine ausgegangcne Pseise und ging mit langen Schrillen de» Weg weiter Die Bulldogge folgte ihm aus der linken Seite und ging würdig neben ihm her, während dir Gl»t,an> Himmel erlosch und es Rächt wurde. 2. Der Mai», »a»»te sich Urban Block. Viel mehr, als seine» Na me», wußte man in dem kleine» Dorfe Branham nicht von chm. Eigentlich ist die Neugierde der Menschen weder so anhaltend noch so boshaft wie man manchinal behaupte». Dir Bewohner von Branham hatten sich an den verschlossenen, einsamen jungen Frem den gewöhnt, de« seit einem Jahr in der .„Jägerhütlc" dicht v»e vor dem Leipziger Schöffengericht zu verantworten. Der Angeklagte Rudolf Deubel Halle am 26. Jul! 1028 in Grimma bei einen« Bade- wärier eingebroche» und dort 850 Mark entwendet. Dos Geld hatte er in 14 Tagen durchecbracht. Am 6- September 1028 hatten alle drei Angeklagten einen Diebcsstreffzug »ach SciscrtSbain unter nommen. Der Angeklagte Hermann Deubel hatte mit einem Diet rich die Wohnung des dortigen Nolizciasststentcn Lnckner geöffnet und eine goldene Uhr, 550 Mark Bargeld, sowie die ans dem Nacht tisch liegend« geladene Pistole gestohlen. Die Diebcsbcutc war ge teilt worden. Das Gericht verurteilte Rudolf Deubel wcaen Nück- salldiebstahts zu 1 Jabr 3 Monaten Gffäimnis, Pank Deubel z» 11 Monaten Gefängnis und Meyer zu 7 Monaten Gefängnis Okrmnitr, lviclesu. Klauen Zwischenfall tm Chemnitzer S!ad!par!amer,k Chemnitz. 18. Januar In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten kamen die heftigen Angriffe der Chemnitzer Presse gegen die Theaterleitnng, die in letzter Zeit auffallenderweise den Komponisten Lehar bevorzugt hatte zur Erörterung. Alls der Verlagsdirektor des Chemnitzer Tageblatts, Maus ha gen. am Schlüsse der drei stündigen Aussprache das Haus vierließ, schlug der General intendant Tauber mit dem Spazierstock aus ihn ein. Es gelang dem Angegriffenen, Taliber den Stock zu entwende». Durch die Polizei wurden beide getrennt. h. Wegen Meineids verurteilt. Das Schwurgericht Frei be rg verurteilte den Korbmachermeister L- aus Döbeln wegen dem Orte wohnte, gerade da, wo der Weg nach Midd'csord abgcht. Sie hatten aufgehört, sich über seine Faulheit zu wundern <er Pflegte nicht einmal den kleinen Starten), und auch seine einsamen, weite» Spaziergänge, sein Hund und seine merkwürdige Lektüre (man hatte ihn mit Büchern von Strindbcrg, Nietzsche und anderen ausländischen Verfassern gesehen) setzten niemand mehr in Erstau nen. Pastor Standing hatte ihn eines Tages gciragt, ob er nicht Schwede sei, und er batte lächelnd geantwortet „Ja, am liebsten!" Sogar diese rätselhafte Antwort batten die Einwohner von Bran ham mit einem gewissen lauen Wohlwollen ausgenommen. Sie ließen ihn in Frieden. Er war zu still, aus die Dauer interessant zu sein. Freilich gab cs einen Mann, der von Amts wegen allerhand von Urban Block wußte. Es >oar der Polizcikommissar Baxter in Middlcford. Aber dieser schmieg. Und dennoch! Der Name Urban Block wird der nächste» ssiene. ration in Branham sicher etwa wie eine Sage oder ein Mythos klingen. Denn j„ dem Buch seines Schicksals stand geschrieben, daß er hier und nirgends anders seine seltsam« Odyssee beginnen soll:«. Und der Augenblick dieses Beginnens ist nah — ja, so nabe, daß man sagen kan». Urban Blocks abenteuerlich« Geschichte habe mit diesem philosophischen Abendspaziergang mit Prinz ihren Anfang genommen Es ist der 14. Juli 1920. Der nächste Tag. der ein Donners, tag ist, wird ans vielerlei Gründe» denkwürdig bleiben. Aber davon weiß Urban Block noch nichts, während er und Prinz durch die duftige Dämmerung wandern. Das Schicksal arbeitet lautlos, aber schnell. 3. In demselben Augenblick, als Urban Block das Gatter in Nor. folk öffnete, saß in London, oder genauer gesagt, in der Redokitoi» des London Courier in der Fleet Street, ein junger, frisch aus sehender. patenter Journalist und hämmerte in Hemdsärmeln auf seine Schreibmaschine IvS. Seine blaßblane» Augen lmtten einen kampflustigen Ausdruck, und er formte still aber nachdrücklich die Wort« mit den Lippen, während er folgende taciteische Sätze ab- seucrte ,Löiclange wollen die Behörden sich noch weigern, mrinen Warnungen Glauben zu schenken? Die Gefahr wächst: sic hängt be reit« drohend über unteren Köpfen. In kurzem werden wir hilflos gegen sie sein. Diese Woge von Kriminalität —" sForlsetzuna solgi)
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