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«mnmer 241 Siichfttche Dvlkszettuna 20. Okkober E W WWg iilr j»ie MillMe Freihett für die Arbeit des katholischen Gefellenvereins — Klare Haltung zu Partei und Gewerkschaft Deutsche Bischöfe in Rom Wie aus Rom gemeldet wird, ist der Bischof von Meißen, Dr. Christian Schreiber, dort eingetroffen und im Kloster der Grauen Schwestern abgcsticgen. Kardinal Faulhaber ist am Mittwochvormittag vom Papst in längerer Privataudienz empfan gen worden. Ferner find in Rom anwesend: Bischof Ehrrnfried v» Würzburg und Bischof Buchberger von Regensburg. Eine dreitägige Tagung von einschneidender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Katholischen Gesellenvereins hat am 13., 11. und 15. Oktober im Kolpinghaus zu Köln statt gesunden. Der Deutsche Zentralverband, vertreten durch 65 Diözesanpräsidien und der aktiven Mitgliederschaft ent nommene Diözesanvertreter. hatte sich seit der Würzburger Generalversammlung des Ecsamtvereins zum ersten Male in dieser Zusammensetzung zu der hochbedeutsamen Konferenz ein gefunden. Aus dem Einleitungsreferat, das grundlegend war für die Behandlung sämtlicher Fragen, ging hervor, daß der Ge- fellenverein in den letzten Jahren nicht nur äußerlich an Vereinen und Mitgliedern stark gewachsen ist und sich ausgedehnt, sondern, dah er vor allem als große gcistige und soziale Bewegung in der Oeffentlichkeit an Einfluß zerronnen hat. Der Eesellenverein, der im Vorjahre mit seinen Forderungen von Familie, Demokratie und Völker- riede an die Oeffentlichkeit getreten ist. und in seinem dies- ährigcn Internationalen Manifest die sich daraus ergebenden Aufgaben kundgab, ist auch gewillt, mit allen ihm zur Ver fügung stehenden Mitteln und Möglichkeiten für diese feine Forderungen einzutreten. Das Erfreulichste und Wertvollste an der Tagung des Deutschen Zentralverbandes ist vor allem das einmütige Bekenntnis und die klare Stellungnahme zu wich tigen und brennenden Fragen und Problemen des öffentlichen Lebens der Gegenwart. Besonders wichtig ist sein Vorstoß gegen die immer weiter um sich greifende Verstaatlichung aller Lebensgebiete, Er forderte die Dreiheit der Jugendarbeit und der sozialen Betätigung der großen Volksorganisation, Gerade die Weitsichtigkeit feiner Führung und die Aufgeschlossenheit seiner Mitglieder für die positive Klärung wichtigster Fragen des öffentlichen Lebens gibt ihm heute eine Bedeutung ganz seltener Art. Wir können jedoch die weitgehende Bedeutung und Wirk samkeit der Kölner Gesellenvereinstagung nicht besser kenn zeichnen, als daß wir die bemerkenswerten Beschlüsse, die ein stimmig gefaßt wurden, in ihrem vollen Wortlaut zur Ver öffentlichung bringen: l. Der Deutsche Zentralverband fordert die Mitglieder auf, im Sinne des Wiener Manifestes für die politischen Forderun gen: Familie, Demokratie und Völkerfriede in der Oeffentlich keit einzutreten. Dazu ist bei den heutigen staatspolitischen Verhältnisse« di« Arbeit in und mit der Partei erforderlich, kkm diese immer erfolgreicher zu gestalten, ersucht der Deutsche Zentralverband die Zentrumspartei und Bayerische Volkspartei, neben den allgemeinen katholischen Forde rungen für die folgenden Forderungen, die dem Katholischen Gesellenverein in der Gegenwart, angesichts der immer stärker sich ausprägenden Tendenz zur Verstaatlichung aller Lebens« gebiete, besonders wichtig erscheinen, in Reichs- und Landes parlamenten unentwegt einzutreten: ^ der Jugendverbände und ihrer Jugenderziehung. Beschränkung der staatlichen Jugendpflege auf das notwen dige Maß. vor allem aber auch in finanzieller Hinsicht. 2. Freiheit des beruflichen Unterrichts für die Jugendverbände und Berufsvereine. 3. Freiheit für die nichtgewerbsmäßige Arbeitsvermittlung. 4. Freiheit der beruflichen Wanderschaft gegenüber jeder staat lichen Reglementierung. 5. Freiheit des Laienspieles im kommenden Reichsbühnengesetz. 6. Freie Entwicklungsmöglichkeit für die der Volksbildung die nenden Volksbüchereien, gegenüber der immmer weiter um sich greifenden Kommunalisierung dieser Einrichtungen. Unterstützung der von den Jugendverbänden eingerichteten Volksbüchereien. Ferner ersucht der Deutsche Zentralverband die beiden Par teien, für folgende weitere Forderungen einzustehen: v. 1. Gewährung von Darlehen aus Mitteln der Hauszins steuer auch zum Bau von Ledigenheimen. 2. Anerkennung der Eesellenhäuser als gemeinnützig und mild tätig. S. Ermöglichung einer hinreichenden Freizeit für die Jugend. N. Da die freien Gewerkschaften immmer stärker sich zu Ver tretern sozialistischer Kultur- und Weltanschauungsideale machen, indem sie u. a, die weltliche Schule fordern und dis sozialistische Wohlsahrtsarbett unterstützen, kommen für Mit glieder des Eesellenvereins, der für ein christliches Eesellschafts- ideal eintrttt, nur christliche Gewerkschaften in Betracht. Der Deutsche Zentralverband fordert deshalb seine Mitglieder er neut auf, nicht nur zur Vertretung der wirtschaftlichen Forde rungen. sondern auch zur Stärkung einer christlichen Kultur, bewegung in die Christlichen Gewerkschaften einzutreten. Die Christlichen Gewerkschaften müssen in ihrer Arbeit darauf sehen, den Willen zur wirtschaftlichen Selbständigkeit nicht zu hemmen, mögen vielmehr zur Ermöglichung der wirtschaftlichen Selb- Müdigkeit mit den Organisationen des Handwerks und der In dustrie geeignete Wege beraten. III. Der Deutsche Zentralverband des Katholischen Gesellen vereins nimmt die zwischen den Eeneralpräsidien und des Jung männerverbandes getroffenen Vereinbarungen an und begrüßt sie als einen Versuch zur Lösung der zwischen beiden Verbänden erörterte» Ikraaen der Organisation und Wanderkürlorae. Lr Zur Zeit weilt in Rom auch ein aus mehr als 250 Personen bestehender Pilgerzug der Frauen- und Müttervereine des Erz bistums Köln. Di« Pilgerinnen weilten am Mittwoch in der Sankt Augustinuskirche, wo die Gebeine der hl. Monika ruhen und wo Weihbischos Hamel eine hl. Messe zelebrierte. U. a. hat der Papst den Freiherrn Ludwig von Paster, den Sohn des verstorbenen Papst» geschichtsschreiberS, in längerer Audienz empfangen. halt es aber für unerläßlich, darauf binzuweffen, dich der Teil 2 der Vereinbarungen, der dem Eesellenverein die Freiheit zu« Entfaltung durch Neugründungen in den einzelnen Orten und Pfarrien garantiert, auch in der Praxis gewahrt und gesichert werden muß, daß insbesondere aus der vom Eesellenverein über nommenen Ordnung der Wanderfürsorge auch für die Mit glieder des Jungmannerverbandes nicht ein Hindernis für di« Ausbreitung des Eesellenvereins gemacht werde. Nur dann! wird die vom Eesellenverein übernommene Wanderfürsorge im Geiste^ brüderlicher Gemeinschaftsarbeit ihr Ziel erreichen. na des Deutschen Zentralverbande- " stea Mit der Konstituierung wurde die eindrucksvoll« Tagung beschlossen. Tb. Nttr. Weg mit religiösen Liedern! Die Religtonshasser im Dresdner Sladlparlameuk — Um den Erziehmigsgeisk eines Kinderheimes Dresden, 19. Oktober. Der Ton im Stadtparlament wird immer gehässiger. Fast jede Sitzung bringt Aussätze der Linken gegen Kirche und Religion. Die Sozialisten forderten in einem Antrag vom Rat, er solle dafür besorgt sein, daß jede „religiöse und polt- tische Beeinflussung" der auf Kosten oder unter Bei- Hilfe der Stadt in Kinderheimen untergebrachten Kinder unterbleibt, und dos; weiterhin in Tölz mit Beschleunigung ein eigenes städtisches Kinderheim erworben oder errichtet werde. Es wurde hin und her geredet. Die Sozialisten wollen angeblich ein „wirklich neutrales Heim". Von verschiedenen Seiten wurde betont, daß das Kinderheim in Tölz in bester Ordnung arbeite. Dagegen würden, wie Stv. Laydel tsraktionslos) der Linken vorhält, in dem städti schen Heim in Ahlbeck den Kindern Gedichte gelehrt, die aus eine Verherrlichung der roten Fahne hinauslaufen. Dieser Redner beanrragte, daß in den Heimen nur ethisch und mora. lisch einwandfreier Unierhaltungsstoff unter Ausschaltung religiöser, politischer und weltanschaulicher Beeinflussung gebo ten werde: danach könnte man fast meinen, religiöser Unter. Haltungsstoff sei ethisch nicht einwandfrei! Es wurde als Widersinn bezeichnet, in Tölz ein neues Heim zu bauen, während man doch ein vorzügliches Heim Hobe. Der dahingehende An trag der Linken fand auch keine Mehrheit, sondern nur der erste Teil des Antrages. Und zwar geht der Antrag darauf zurück, daß von den Kindern in Tölz Lieder gesungen worden sind, die von der Linken beanstandet werden! Soweit sind wir bereits gekommen Was unter diesen Umständen aus der Jugenderziehung noch werden soll, bleibt rätselhaft. Mit Kultur haben diele Debatten im Stadtparlament nichts mehr zu tun Aus den weiteren Verhandlungen der gestrigen Sitzung ist folgendes bemerkenswert: Vom Rat ist vorläufig eine Schul gelderhöhung an den höheren Lehranstalten noch nicht beab sichtigt. Ferner hat der Rat es abgelehnt, auf die Rückzahlung des Restbetrages des den städtischen Arbeitern im Jahre 1927 geivährten Winlervorschusses zu verzichten. Die Feuerschutz steuer ist nunmehr mit Zustimmung der Gemeindekammer auf 17 Mark auf je 1000 Brandversicherungseinhelten festgesetzt worden. Der Rat wird ersucht, eine Vorlage über den Bcn< eines Hauses der Jugend an die Stadtverordneten zu geben, damit das Haus möglichst bis zur nächstjährigen Ausstellung „Reisen und Wandern" sertiggestellt wird. Ein Antrag auf Verbreiterung der Chemnitzer und Krön. Prinzenstraße wurde zum Beschlüsse erhoben. Der Rat hat deni Stadtverordneten einen ausfälligen Bericht über di« ärzt liche Untersuchung der Schulkinder zugehen lassen,' Das Kollegium wünscht weiteren Ausbau der Schulspeisung, die Vermehrung der Plätze für Erholungsfürsorge, sowie die An« stellung weiterer hauptamtlicher Schulärzte und -AerztinnenH Eine Beihilfe von 2000 Mark für die Kinderheime in de» „Roten Hilfe" in Worpswede und Elgersberg lehnt der Rat «be Trotzdem erneuerten die Stadtverordneten mit 32 Stimmen de» Linken gegen 81 Stimmen der Bürgerlichen diese Forderung« In einer Ratsvorlage wurde vorgeschlagen 18 Anschlags iäuIenzu beseitigen und 35 neu aufzustellen. Das Kollegium beschließt jedoch von der Errichtung weiterer Anschlagsäule« Abstand zu nehmen. Der Rat wird ersucht, bei der Durch« fuhrung der neu geregelten Beamtenbesoldung samt« lici>e Kreisstelienleiter des Fürsorgeamtes nach Gruppe 11a eiM zustellen. Der Rat läßt erklären, daß er bei gleicher Leistung und Eignung das Dienstalter entscheiden lassen werde. s Die Kommunisten verlangen Kommunalisierung des Hebammenwesens und richten Angriffe gegen da» Wohlfahrtsamt. Ihr Antrag geht an den Finanzausschuß. Lin: weiterer kommunistischer Antrag ersucht den Rat, di« beim Tiejbauamt und bei der Straßenbahn beschäftigten Bau arbeiter vor Eintritt der Frostperiode nicht zu entlassen. An diesen Antrag schließt sich eine längere Debatte über Privat wirtschaft un- Regiewirtschoft. Der kommunistische Antrag blieb schließlich ohne Mehrheit. Es wurde ein Antrag Miersch angenommen und zwar mit 33 gegen 32 der Linken, wonach der kommunistische Antrag teilweise für erledigt erklärt, teil weise abgelehnt wird. Der Plan zur Errichtung eines städtischen Milch hof e s hat noch zu Keiner Einigung geführt. Man will zunächst die Beratung des Reichsmilchgesetzes abwarten. Daher wird Im Moor Novelle von Hans Eschelbach. Erstes Kapitel. Durch die Gefängniszelle Nr 15 schlüpfte eine MauS. DaS langgeschwanzte Tier bewegte sich mit großer Dreistigkeit; denn Katzen oder Fallen gab es hier nicht und zudem herrschte noch völlige Dunkelheit in dem schmalen Raum. Nach mehreren sorglos auSgcführten Kreuz- und Ouerzügen kam die Näscherin an den stei nernen Wasserkrug, neben dem ein breites Stück Brot lag. Daß Gcsängnismäuse keine Kostverächter sind, bewies die am Boden hin und her gezerrte Brotrinde. Bald half eine zweite Maus ihrer Genossin an der Arbeit, und das Geräusch, das sie verursachten, war in der tiefen Stille, die sonst in der Zelle herrschte, um so ein dringlicher. Neugierig setzte sich eine der Mäuse auf di« Hinterbeine und lauschie: in der Ecke knitterte das Stroh. Die freiwilligen Mit. bewohner von Nr. 15 kannten daS; sie machten'nur eine kurze Pause, um dann um so eifriger weiter zu nagen. Wieder raschelte das Stroh, diesmal heftiger und anhaltender als vorher. Es schien, als wälze sich jemand in der dunklen Ecke auf seinem Lager. Die Mäuse verhielten sich ruhig Eine große Stille trat ein, die bald durch einen schweren Atemzug, der wie «in Seufzer klang, unterbrochen wurde. Dann war es wieder ruhig und die nächtlichen Nager zerrten und stieße» die Brotrinde noch lebhafter hin und her als vorhin. Eine ausnehmend schwüle Augustnacht machte die Lust tn der kleinen Zelle so trocken und widerwärtig, daß man glaubte, sie förm lich greifen zu können. Fern beulte ein Hund Draußen mußte es jetzt dämmern. Das mächtige Eisengittcr des kleinen Fensters konnte aber de,, kom menden Tag um diese Zeit um so weniger einlassen, da das Fenster nach außen einen schräg abfallenden Holzkasten trug, der jeden Blick nach der Straße obschnitt. Zwar erweiterte sich der Kasten wie ein Lustschacht nach oben, nahm aber der Zelle zu dieser Stunde noch ganz das Licht. Erschrocken duckten sich die Mäuse. In der Ecke wühlte es un geduldiger im Stroh; eS stöhnte jemand. Dann gab es einen Ruck In der Ecke; ein nackter Fuß trat heftig auf dis Diele, und Pfiffernd huschten die Tierchen in ihr Loch. Es tastete jemand im Stroh und rieb sich die Glieder. Endlich däinmerte es auch in der Zelle so weit, daß auf der Strohschütte die Umrisse eines Menschen erkenntlich wurden, der sich zum Sitzen auf gerichtet hatte. Er hielt sich tief vornübergebeugt und regte sich nicht; nur hin und wieder stieß er laut und ungeduldig den Atem aus. Rasch wurde es Heller. Schon wurde ein Schemel sichtbar; bald auch die zernagte Brotrinde und der blau bemalte Wasterkrug. Jetzt hob die Gestalt tn der Ecke den Kopf. Sie hatte geschorenc- Sträflingshaar und einen ungeschickt kurzgeschntttenen Bart. Draußen schilpte der erste Sperling. Der Mann erhob sich und trat barfüßig, nur mit der Hose bekleidet, mitten in die Zelle. Lange stand er unbeweglich; dann warf er den Kopf in de» Nacken und reckte die sehnigen Arme, daß die Gelenke knackten. Augenscheinlich war es nicht die Schlaftrunkenheit, die den Mann zu diesen Be wegungen veranlaßte. Offenbar hatte er die ganze Nacht wach ge legen; seine Augen blickten heiß und stechend unter den struppigen Augenbrauen hervor. Der Vorschrift gemäß >var das kleine Fenster mit den blinden Glasscheiben die ganze Nacht über geschlossen gewesen. Der Ge fangene öffnete es jetzt, faßt« mit jeder Hand eine Stange des EisengitterS, reckte sich in dieser Stellung, um besser an die hoch liegende Fensteröffnung zu kommen, und atmete gierig die kühler wendende Morgenluft ein, wie ein Erstickender. Durch das offen, stehende Hemd sah man seine breite, stark behaarte Brust, die in nicht ungeschickter Tätowierung einen Stern mit blauen und roten Strah len zeigt«. Ein« Schwalbe schoß mit starkem Lockrufe über die Luke des HokzkastenS, und der Mann sah empor. Sein Blick verfinsterte sich. Die Schwalbe mit ihrem Freiheitsgrub war vorüber; statt ihrer gcivahrte er. daß eine dick«, häßliche Kreuzspinne die Oeffnung deS Kostens zugewcbt hatte. ES war ihm. als ob daS breitbeinig mitten in seinem Fangnetz sitzende Tier ihm mit seinem Gewebe das bißchen Licht und Luft rauben wollte, das ihm noch gebliebenI „EingesponnenI" murmelte er und spuckte noch dem Netze. Die feiste Spinne ließ sich dadurch nicht stören, um so weniger, da sie gerade «ine harmlose Fliege erwürgte, die sich in ihr Gespinst ver strickt holte. „Du Biest!" stieß -er Sträfling zornig hervor. Er brach die am B»den liegende Brotscheibe in zwei Stücke und warf. DaS trockene Brot traf die Spinne und riß sie mit sich in die Tiefe Ein zweiter Wurf riß auch das schon zerfetzt flatternde Spinngewebe mit fort. Der Mann atmete auf, alz habe er nun eine Fessel weniger. Er streckte den Unterarm durch das Eisengitter und fuhr mit der Hand hin und her, um besser die frische Morgenluft zu spüren. Er hatte das immer getan, Tag für Tag, jeden Morgen; denn was er da griff, draußen in dem verstaubten Fensterkasten, das lag außer halb der Gefängnismauern, das war die Luft der Freiheit, daS.., Er schüttelte sich förmlich vor Erregung und trat zurück. Dann zog er die SträflingSkletder alle an; aber seine Augen sahen dabei immer ins Weite, als ob die GesängniSmauern gar nicht da wären. Plötzlich ging ez wie ein Ruck durch seine Glieder. Er hielt den Atem an. Von draußen kam etwas herein . . . etwas. Er zog die Luft durch die Nase ein . . . das war nicht der süßsäuerliche Brotgeruch der Backstube, die in der Näh« liegen mußte, das — wieder zog er Li« Luft ein und seine Brust dehnte sich — das war wie ein Gruß auS der Heimat, daS war Höhenrauch. Er taumelte förmlich nach dem Fenster, er umkrampfte di« Eiseustongen und sah hinauf, regungslos hinauf nach dem kleinen Stückchen Himmel, bis ihm der Himmel ganz rot und purpurn er schien, bis ihm kleine Flämmchen vor den Augen tanzten, Flämin- chen wie die Irrlichter dal>«im im Moor. Er schloß die Augen, preßte die Stirne wider die Eisenstangen am Fenster und sog den scharfen Höhenrauch ein, als gäbe es keine größere Erquickung. Draußen polterte eine Karr« über das holprige Pflaster, die Spatzen schienen munterer zu werden; die ersten Glocken klangen. Da lösten sich die gckrampften Fäuste des Mannes. Er trat vom Fenster und setzte sich auf das Strohlager. Der Helle Lichtschein, der durch den Holzschacht schräg in die Zelle fiel, beleuchteie scharf seine gedrungene Gestalt. Noch flammten zu beiden Seiten seiner Stirne rote Streifen, ein Wahrzeichen der Eisenstäbe, gegen die er vorhin den Kopf gedrückt. (Fortsetzung folgt.) Versehentlich ist in der letzten Nummer statt der Zeile „E nde" die Zeile „Fortsetzung" eingesetzt worden. Die Erzählung „Da« Schloß Dürande" ist mit der gestrigen Fortsetzung abgeschlossen.