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Näheres über den „Bekriebsanrvall" Die Kosten dürfen keine Rolle spielen Leipzig, 18. Oktober. Gau Freistaat Sachsen Bekanntmachung zum 2- Gauta» am 31- Oktober 1923. Ter diesjährige Eiauiag findet diesmal am 31. Oktober 1928 'sin Sachsen staatlicher Feiertag) in Dresden, Katholisches Gesellcn- haus, Käusscrslroße 4, statt. Beginn der Tagung morgens 9 Uhr. Zunächst werden einige Referate gehalten: 1. Fugendkraft und Presse (Herr Dr. Descchk, Sächs. Dolkszeiiung), 2. StanseSverein lind D. F. K (Gaupräscz Herr Kaplan Dnbui), 3. Führerbildung. Tagesordnung: I Konstituierung des O'autages. 2. Jahresberichte, a) Gauleiter, b) Gausportwart. 3. Kassenbericht -1 Neuwahlen. 5. Anträge 6. Festsetzung der Beiträge 1929. 7. Arbeitsplan für 1929. 8 Verschiedenes Ainräge zum Gautag sind bis zum 25. Oktober an den Gau- lciter Hans Adamczok, Leipzig W 31, Zschochersche Str. 33, zu richten. — Es wird allen Abteilungen zur Pflicht gemacht, zur Gautagung wenigstens einen Vertreter nach dort zu entsenden. Für freie Unterkunft wird Sorge getragen. All« Teilnehmer der Abteilungen sind umgehend bei dem Gausportwarl Erich Liebscher, Drcsden-A., Borsbcrgstr. 11, zu melden. Ferner wird ollen Abteilungen zur Pflicht gemacht, die noch fehlenden Gaubeiträge bis spätestens den 25. d. M. auf das Konto Deutsche Fugendkrast Leipzig 68 406 einzuzahten. Abteilungen, die bis zum genannten Tage nicht gezahlt haben, erhalten zum Gautag kein Stimmrcchl. — Nun, liebe Fugendkrastler, das Etausportfest war ein voller Erfolg. Sorge» auch wir wieder, daß der Giutag ein ebensolcher für unsere D. F. K. im Sachsenland sein wird. Ans SOerk! Gaupräsez Kpl. G. Dybul. DrcSdcn-A.. Borsbergstrasie 12. Gauleiter Hans Adamczak, Leipzig W. 31, Zschochersche Str. 33. schloffen worden, die dem Rat nicht gestatten, die Schenkungen in anderer Weise zu verwenden, alz dies von den Gebern bestimmt wurde: die Gründe sind aber auch kultureller, künstlerischer und historischer Art. Die Stadtverordneten habe» van de» Aeusierungen des Rates Kenntnis genommen, haben aber durch Besch!,,?; den Rat erneut aufgeforöertz, die Denkmäler zu beseitigen und haben ferner gefordert, daß aus den Rcpräsentationsräumcn des Leidiger Ratlmuses die dort noch vorhandenen Bilder früherer sächsischer Könige ebenfalls entfernt würden. Man sicht, das Vor gehen der dresdner Stadtverordneten macht Schulei ) Segelflüge im Leipziger Land. Tie Fugcndgruppe des Leip ziger Vereins iür Luftfahrt und Flugwesen e. P. wird in den »ach. stcn Wochen Sonnabends nachmittag und Sonntags regelmässig Segelslüge auf de», Gelände des sogenannten „Schwarzen Berges" in der Flur Dewitz bei Taucha aussübrcn. Es wird dar aus hingewiescn, daß das Betreten des F-luggcländes während des Flugbclriebes mit Lebensgefahr verbunden und daher verboten ist. Während der Heit des Flugbetriebes wird an einem Mast eine rote Warnungsiabpe aufgezogen »nd aus der Eilcnburger Staatsstrastr und am Dewltz-Weliewitzer Weg werden Warnungsposten ausgestellt werden. ) Zwei Kinder Lbersahren. Fn der Dresdener Straße ereig nete sich ein Unfall mit tödlichen, Ausgang. Dort lief ein vier jähriger Knabe beim Ucberschrcitcn des Fahrdanjmcs in einen Per sonenkraftwagen »nd wurde von diesem angesahrcn und zu Boden geworfen. Kurz nach der Einlieferung ins Krankenhaus St. Jakob ist der Knabe seinen Verletzungen erlegen. Fn der Wcststroße wurde ein sechsjähriges Mädchen beim Ueberschreiten des Fabrdammcs von einem Personenkraftwagen angesahrcn und „gerissen. Es erlitt eine leicht Gehirnerschütterung. ) Mord und Selbstmord. Fn der Nacht zum Donnerstag hat in der Elisenstrasie in Leipzig der Fleischermeister Starlr- loss im Lause eines Wortwechsels seiner Geliebten die Kehle dnrchschnitien und sich dann durch Oefsnen der Halsschlagader getötet. tz. Hauptversammlung der Chemnitzer Industriellen. Die Ortsgruppe Chemnitz des Verbandes Sächsischer Industrieller hielt am Dienstagnachmittag ihre Jahreshauptversammlung ab, verkünden mit einer Festsitzung anläßlich des zwanzig jährigen Bestehens der Ortsgruppe. Nach Erstattung des Ge schäftsberichts durch Sladtrat Dr. Maschner sprach Kommer- Fn der zweiten Woche der Verhandlung gegen Winter wurde eine Reihe weiterer Zeugen vernommen, die ihn z, T. erheb lich belastete». Doch befanden-sich unter ihnen auch unentwegte An hänger »nd Bewunderer, die »ach wie vor für ihn einiralen und t>en uneigennützigen Charakter seiner Bemühungen erhärten wollten. Fn der Montagsitzung wurde als erster Zeuge ein Polizei, beamlcr ans Mannheim vernommen, der angab, Winter habe den Eindruck erwecken wollen, daß seine Anhänger in kürzester Frist in den Besitz von Auswertungsgeldcrn kommen würden, wenn er in seiner Mannheimer Versammlung gesqgt habe: Die Sache käme in allernächster Zeit zur Entscheidung. — Der nächste Zeuge nimmt die belastenden Aeusierungen, die er früher gegen Winter abgegeben lmtte, als „in einer verärgerten Stimmung getan" wieder zurück und bekannte, der Angeklagte sei eine imponierende Persönlichkeit, die kein Pardon gebe, obgleich Reichs- und Kammergericht ihre Ur- leite gefällt hätten. — Ein Tischlermeister aus Dresden, ein ehe maliger Vertrauensmann Winters, bekundet, daß Winter nicht be hauptet habe, zu Weihnachten werde man sein Geld, sondern sein Recht hoben, auch habe er wiederholt gewarnt, man solle in Erwar tung auf die Aufwertungsgeldcr keine Schulden machen. Der An geklagte habe im übrigen in seinen Versammlungen keinen Wider, sprach geduldet und einmal die Acusierung getan, daß er sicherlich in kurzer Zeit in Deutschland „Ordnung schaffen" könnte, wenn er die Reqierungsgewalt bekäme. Die Verhandlungen am Dienstag gestalteten sich ungemein lebhaft. Man begann mit der Verlesung des Briefwechsels, den der Bctricbsanwalt wegen Prägung eigener Goldstücke, die seinen Kopf als Münzbild tragen sollten, mit der Staatlichen Münze in Berlin und dem Reichssinaiizinimster geführt hat. Sein Antrag war selbstverständlich abschlägig beschieden worden. — Der Kauf mann Sülh aus Hamburg suhlt sich durch das Verhaften Winters geschädigt, da er durch sein Eintreten für Winter, der sich später sogar in seinen eigenen Broschüren gegen ibn gewandt habe, ge schäftliche Rückschläge zu verzeichnen hotte. Winter habe seinen An hängern versprochen, daß das Geld bis Weihnachten ge,zahlt würde. Als diese Zusage nicht innegehallen werden konnte, habe er, zur Rede gestellt, erklärt, wenn ich den Leuten nicht mit einer unverschämten Lüge komme, kann ich sie nicht zu sammen ha lt e n. — 2lls nächster Zeuge wurde der Filmregis seur Neichmann aus Hamburg vernommen, der Winter den Vor schlag gemacht hatte, einen Werbefilm anzuscrtigen. Er sei beson ders unangenehm dadurch berührt gewesen, daß der Angeklagte die Staatsautorität in unerhörter Weise angegrif fen habe. Er habe nicht verstehen können, daß Winter seine Be leidigungen in aller Oeffentllchkeft Izabe aussprechen können, ohne von der Polizei daran behindert zu werde». Die ihn bedrängenden Obmänner von Ortsgruppen, die Win ter vielfach Geldbeträge zu treuen Händen übergeben -hatten, suchte er dadurch zu beruhigen, daß er erklärte, alle seine Einnahmen slös- zienrat Uebel-Plauen über die wirtschaftspolitischcn For- derunpen der Industrie an den neuen Reichstag. Den zweiten Hauptvortrag hielt der Rsgierungsrat a. D. Dr. Beda Uber die steuerliche Lage und die sich darauf ergebenden steuerpoli tischen Forderungen. Anschließend wurden der Ortsgruppe, zu deren Mitbegründern vor zwanzig Jahren auch Dr. Gustav Stresemann gehörte, zahlreiche Glückwünsche übermittelt. Das kvmmuniMfche Volksbegehren Die weiter einlaufciiden Ergebnisse des Panzerkreu zer-Voll; sbegchrens bestätigen den großen Mißerfolg des kommunistischen Unternehmens. Verhältnismäßig gut haben die Kommunisten noch in Leipzig abgeschnitten. Hier wurden 35 811 Eintragungen gezählt, gegen 70 088 Stimmen der KPD. bei der letzten Reichstagswahl. Än anderen Orten sieht es noch viel verheerender aus. In Plauen i. B. sind insgesamt 2651 Eintragungen für das kommunistisckie Volksbegehren gegen Panzerkreuzerbau gezählt worden. Bei der letzten Reichstagswahl waren 10 398 kommunistische Stimmen abgegeben worden. Für das Volksbegehren wurden in Zwickau 1462 Stim men abgegeben. Das sind 2,5 Prozent aller Stimmberechtigten der letzten Rcichstagswahl und 29,4 Prozent aller Kommunist!- scheu Stimmberechtigten der damaligen Wahlen, In der Stadt Freiberg sind im ganzen 197 Ein tragungen mitgerechnet, die noch eine Beanstandung zu erwarten scn dem Rat der Stadt Leipzig zu und würden beim Wohlfahrtsamt hinterlegt, das auch seine Ausgaben kontrolliere. Zeuge Lebens- mittelgrosihändler Backs aus Frankfurt a. d. O. ließ sich jedoch nicht täuschen und stellte durch Rückfrage in Leipzig fest, daß dir Angaben Winters unzutreffend seien. Als er in einer Frankfurter Versammlung davon Mitteilung machte, mußte er den Saal flucht artig verlassen. Am Mittwoch, dem 11- Verhandlungstage, wurden keine Zeugen vernommen, um Winter Gelegenheit zu geben, sich zu zahl- reichen Behauptungen zu äußern, über die sich das Gericht Klarheit verschaffen will. Zunächst wurde über den Titel „Betriebs- an walt" gesprochen, de» Winter sich selbst zugelegt Hot. Winter erklärte hierzu, daß er es sich zur Aufgabe gemacht hätte, durch Re organisierung und Rationalisierung am deutschen Wieder aufbau mitzuarbeiten. Auf Grund seiner Vorschläge seien mehrere Textilbetriebe rationalisiert worden. Von dem Generaldirektor der Textilwerke Linderode sei er an den Rat der Stadt Leipzig „nd die Reichsbahndirektion empfohlen worden. Schon 1921 habe er die Einführung der Holz- und Polsterklasse angeregt. Einen breiten Raum in den Verhandlungen nahm dann die Behauptung WinterS ein, die Reichs bank lasse durch Beauftragte im Ausland« die alte» Tausendmarkscheine auskaufen. Diese Be- Häuptling ist von der Reichsbank als völlig unwahr erklärt worden, während Winter den Gegenbeweis anbietet. Dann erzählte Winter wieder von seiner Aufbauarbeit. Durch di« Anwen dung des Erdmagnetismus, der den Pslanzenwuchs auch im Sand« ermögliche, wolle er jetzt an die Dünenbefestigung Herangehen. Tat. sächlich hat Winter vom Hamburger Wasserbauamt den Auftrag zu einem Versuch erhalten. Im weiteren Verlaufe der Sitzung kamen zahlreiche Artikel aus Winters Zeitschrift „Wahrheit und Recht" zur Verlesung, in denen Winter immer wieder zum Kauf seiner Druckschriften auf- forderte. Zu erwähnen ist besonders die „Mobilmachung" Winters für seinen Prozeß. In seinem Mobilmachugnsbefehl an seine Anhänger fordert er diese auf, die feindliche Front durch ein Bombardement von Zustimmung!? erklärungen zu den edlen und treudcutschen Zielen Winters zu zermürben. Drei Schüsse müßten abgegeben werden, an den ReiLsfinanzministcr, das Landgericht I in Berlin und das Schöffengericht Leipzig. Unter der feindlichen Front will Winter, wie er erklärt, lediglich den Mi nister von Fumetti, die Reichsbank, die Regierung und den mon archistischen Staatsanwalt HAder verstanden wissen. Dem Gericht selbst habe er damit den Rücken stärken wollen. Der Schuß traf; ich habe gesiegt! Das ist die Meinung Winters von den 2 5 000 Briefen, die an das Gericht gelangt sind. Der Vor sitzende allerdings kann sich nicht recht erklären, wie Winter als Mann des wirtschaftlichen Denkens seinen nicht mit Glücksgüter» gesegneten Anhängern derartige finanzielle Opfer, die sich auf eim 30 000 Mark belaufen, auferlegen konnte. Darüber geriet Muter in große Erregung. Es gehe nicht um seine Person. Bel der Er mittelung der Wahrheit dürften die Kosten keine Rolle spielen. haben. Bei dem Volksbegehren zur Fürstenabfindung wurde,! in Freiberg 5465 Eintragunaen bewirkt. Bei dem Volksbegehren über die Auflösung des Landtags 8502. KelneBeiriebsaufnahmeimBautznerKupferwerk Bautzen, 18. Oktober. Die Vertrauenspersonen für die Firma C. G. Tietzen» Eidam und der Gläubigerausschuß haben auf Grund eingehen der Prüfung der Verhältnisse einen Bericht erstattet, der zum Schluß gelangt, daß es im Interesse der Gläubiger liege, den Betrieb des Werkes zur Zeit nicht wieder aufzunehmen, sondern schwebende Verhandlungen mit Interessengruppen wegen lieber nah me des Werke» abzuwarten. Vorweg zu befriedigende Gläubiger sind mit 1300 000 Mark vorhanden, Die Verwandtenforderungen in Höhe von 1400 000 Mark sind anerkannt worden. Die Verwandtengläübiger haben jedoch einen Betrag bis zu 100 000 Mark zur Verfügung gestellt, um eine volle Befriedigung der Gläubiger der Werks spar. Kasse zu ermöglichen. Dem kaufmännischen Personal und den fünf Prokuristen der Firma ist gekündigt worden. Witterungsaussichten. Weiterhin mild. Teils stark, teils schwach bewölkt. Zeitweise Regen. Gebirge selbst in den höch sten Lagen Wärmegrade. Berge vielfach in Wolken. Flachland ziemlich lebhafte höhere Lagen. Zeitweise stürmische Winde aus südlichen bis westlichen Richtungen. Das Schlvsj Dürande Eine Erzählung von Joseph von Elchendorsf. <11. Forlietzung.» Co >var er in den Gartensaal gekommen. Die Tür stand offen, er trat in den Garten hinaus. Da schauerte ihn in der plötzlichen Kühse. Der untergchende Mond weilte noch zweifelnd am dunkeln Rande der Wälder, nur manchmal leuchtete der Strom noch herauf, kein Lüftchen ging, und doch rührten sich die Wipfel, und die Alleen und geisterkMen Statuen ivarsen lange, ungewisse Schatten dazwi schen und rauschten so wunderbar durch die weite Stille der Nacht. Nun sah er seitwärts auch die Linde und die mondbeglänzte Wiese vor dem Jägerdause: er dachte sich die verlorne Gabriele wieder in der allen, unschuldigen Zeit als Kind mit den langen dunkeln Locken, es siel ihm immer das Lied ein: „Gute Nacht, mein Vater und Mutier, wie auch mein stolzer Bruder", — cz wollte ihm daS Herz zerreißen, er sang verwirrt vor sich hin, halb wie im Wahnsinn: „Meine Schwester, Oie spielt an der Linde. — Stille Zeit, wie so weil, so wcitl . Da spielten so schöne Kinder Mt ihr in der Einsamkeit. Von ihren Locken verhangen, Schlief sie und lächle im Traum, lind die schönen Kinder sangen Tie ganze Nacht unterm Baum. Tie ganze Nacht hat gelogen, Sic hat mich so falsch gegrüßt, Die Engel sind fortgeflogen, lind Haus und Garten stehn wüst. Es zittert di« alte Linde Und klaget drr Wind so schwer, Das macht, das macht die Sund« — Ich wollt', ich läg' im Meer. — Die Sonne ist „ntergcgangen dir Uo»d im tiefen Meer, El dunkelt schon über dem Lande; Gut« Nacht! sch' dich nlmmermehr." „Wer ist da?" rief er auf einmal in den Garten hinein. Eine dunkle Gestalt unterschied sich halb kenntlich zwischen den wirren Schatten der Bäume; erst hielt er es für eins der Marmorbilder, aber es bewegte sich, er ging rasch darauf los, ein Mann versuchte sich mühsam zu erheben, sank aber immer wieder ins Gras zurück. „Um Galt, Nicolo, du bist's!" rief Renald erstaunt; „was machst du hier?" — Der Schloßivart wandte sich mit großer Anstrengung auf die andere Seite, ohne zu antworten. „Bist du verwundet?" sagte Renald, besorgt näher tretend, „wahrhaftig an dich dacht' ich nicht in dieser Nacht. Du warst mir her liebste immer unter allen, treu, zuverlässig, ohne Falsch; ja, war' die Welt wie du! Komm nur mit mir, du sollst herrschaftlich leben jetzt im Schloß auf deine alten Tage, ich will dich über alle stellen." Nicolo aber stieß ihn zurück: „Rühre mich nicht an, deine Hand raucht noch von Blut." „Nun", entgegnete Renald finster, „ich meine, ihr solltet mir'S alle danken, die wilden Tiere sind verstoßen in den wüsten Wold, es bekümmert sich niemand um sie, sie müssen sich ihr Futter selber nehmen — bah, und was ist Brot gegen Recht?" „Recht?" sagte Nicolo, ihn lange starr anschend, „um Gol- teswillen, Renald, ich glaube gar, du wußlcst nicht" — „Was mußt' ich nicht?" fuhr Renald hastig auf. „Deine Schwester Gabriele —" „Wo ist sie?" Nicolo wies schweigend nach dem Kirchhof; Renald schauderle heimlich zusammen. „Deine Schwester Gabriele", fuhr der Schloß- ivart fort, „hielt schon als Kind immer große Stücke auf mich, du weißt rs ja; heut' obend nun in der Verwirrung, eh's losging, hat sie in ihrer Herzensangst mir alles anvertraut." Renald zuckte an allen Gliedern, alz hinge in der Luft das Richtschwert über ihm. „Nicolo". sagte er drohend, „belüg' mich nicht, denn dir, gerade dir glaube ich." Der Schloßwart, seine klaffende Drustwunde zeigend, ernst, derle: „Ich rede die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe, vor dem ich noch in dieser Stunde stehen werde! — Graf Hippoltst hat dein« Schwester nicht entführt." „Hoho"", lachte Renald, plötzlich wie aus unsäglicher Todes angst erlöst, „ich sah sie selber in Paris am Fenster in des Grafen HauS." „Ganz recht", sagte Nicolo, ,/ruS Lieb' ist sie bei Nacht dem Grafen heimlich nachgezogen aus dem Kloster." — „Nun siehst du, siehst du wohl? ich wußt'» ja doch. Nur wei- ter, weiter", unterbrach ihn Renall); große Schweißtropfen hinge» in seinem wildvcrworrenen Haar. „Das arme Kind", erzählte Nicolo wieder, „sie konnte nicht vom Grafen lassen; um ihm nur immer nahe zu sein, hat sie verklei det als Gärtnerburschs sich verdungen im Palast, wo sie keiner kannte." Renald, aufs äußerste gespannt, hatte sich unterdes neben dem Sterbenden, der immer leiser sprach, auf die Knie hingcwor- fen, beide Hände vor sich auf die Erde gestützt. „Und der Graf", sagte er, „der Graf, aber der Graf, was tat der? Er lockte, er kirrte sie, nicht >vahr?" ,Me sollt' er's ahnen?" fuhr der Schloßwart fort; „er lebte wie ein loses Blatt im Sturm von Fest zu Fest. Wie °jt stand sie des Abends spät in dem verschneiten Garten vor des Grafen Fenstern, bis er nach Hause kam, wüst, überwacht — er wußte nichts davon bis heute abend. Da schickt' er mich hinaus, sie aufzusuchen; sie aber hatte sich dem Tode schon geweiht, in sei nen Kleidern euch täuschend wollt« sie eure Kugeln von seinem Herzen auf ihr eigenes wenden — o jammervoller Anblick — so fand ich beide tot lm Felde Arm in Arm — der Graf hat elirllch sie geliebt bis in den Tod — sie beide sind schuMos — rein — Gott sei uns allen gnädig!" Renald war über diese Worte ganz still geworden, er horchte noch immer hin, aber Nicolo schwieg auf ewig, nur die Gründe rauschten dunkel ans, als schauderte der Wald. Da stürzte auf einmal vom Schloß die Bande siegestrunken über Blumjn und Beete daher, sie schrien vivat und riefen den Renald im Namen der Nation zum Herrn von Dürande auS. Renald, Plötzlich sich aufrichtcnd, blickte wie aus einem Traum in die Runde. Er befahl, sie sollten schleunig alle Gesellen aus dem Schlosse treiben und keiner, bei Lebensstrafe, es wieder befreien, bis er sie riese. Er sah so schrecklich aus, sein Haar war grau ge worden über Nacht, niemand wogie cs, ihm jetzt zu widersprechen. Daraus sahen sie ihn allein rasch und schweigend in das leere Schloß hineingehen, und während sie noch überlegen, was er vor hat »nd ob sie ihm gehorchen oder dennoch folgen sollen, rust einer erschrocken aus: „Herr Gott, der rote Hahn ist aus dem Dach!" und mit Erstaunen sehen sie plötzlich feurige Spitzen bald da bald dort aus den zerbrochenen Fenstern schlagen und an dem trockene» Sporrenwcrk hurtig nach dem Dache klettern. Renald, s«ineS Leben» müde, hatte eine brennende Fackel ergriffen und dar Hau- an allen vier Ecken angrsteckt. — lForlsetzung folgt.)