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St immer 244 — 27. Jahrgang bnm> wöchenn. m„ den Mntn. GraNSb.tlaa.n .D>, und 3iür unsere kleinen Leute-, sowie den T-rldeilagen z'knno'BIatt-. .Unlerhal«v«g und Wissen». .Die WeU der L,'.,- «e»l,scher Rataeber' Ta» flute Buch- .Filmruud- §^u'. Monaiiicher B«,ngSpre>» 3 Ml. -Inlchl. Bestellgeld, »injelnummer IN ^ Sonnabend- u. Sonni-gnummer »v Hauvtschri'ileller- De. <L. TeSczUk. Dresden. SüchMe Mittwoch» den 24. Okkober 1928 iverlagSort > Dresden Anzciaenvreise i Die lgespaliene Petitzeilc!t« ^ Faintlien- -nzeigen ».Stellengesuche »v». Die Petitrellamezelle. 8»mm breit. 1 Nur An,eigen außerhalb des VerbreilungSgebieiss -1 ^. die Petitreklam ezetie 1.»«.«. Ofsertengeb.»«» 4. Im Fall- höherer Gewalt erlischt iede PervMchNing auf Lieferung sowie Erfüllung v. An,eigen.Austrügen ». Leistung d. Schadenersatz. Geschüstllch-r Teil Artur Le»,. Dresden. volkssettuno ^ E—— ,a.l»liti«s»elle. DruiIu.Verlag! Gerniania. A.-G. ^ Für christliche Politik UN» Kultur dE^N,°nso S'ndtba,.' TreSd-n Nr. 8,7," ^' ' ' ^ Aedaktion der Sächsischen svolk»,eit»ng Dresden-Altilad! 1 Polierstraße 17. Fernnii 80 Der slaalttche Arbeitsschutz Arbettsminisler Wissen kündig! eine neue Gesetzesvvriage an Münster, 23. Oktober. Die Neichszentrale für Heimatdienst veranstaltete hier am Montag eine Führertagung, die voa den christlichen, wie auch voll den freien und Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften gut besticht war Nach einleitenden Begrühungsworten Grütters von der Zentrale für Heimatsdienst sprach Reichsarbeits minister Wissell über die „Neuregelung des Ar beitsschutzes in Deutschland." Der Minister führte u. a. aus: Die Regierung habe im Reichstage den Entwurf des Arbeitsschutzgesetzes nach langen Vorbereitungen vorgelegt. Aenderungen an diesem Entwurf seien wohl unvermeidlich. Der Entwurf sehe vom Arbeiter schutz ab und ersetze ihn durch das Wort „A rbeitsschutz" und beschränke sich auf öffentlich-rechtliche Vorschriften. Aus dem Gebiete der Arbeitszeit seien Verbesserungen unbedingt notwendig. Die unbeschränkte Freiheit des Tarifvertrages könne nicht beibehalten werden. Auch die weitgehende Freiheit Ser Behörden bei Bewilligung von Ausnahmen sei einzuschrän- kcn. Von den sieben Abschnitten des Gesetzentwurfes müsse der wichtige, der die Arbeitszeit für den Achtstundentag regest, an dke Spitze gestellt werden. Ausnahmen bei der Ein haltung des Achtstundentages seien im Entwurf vorgesehen, die Eine Rede in Magdeburg In seiner Rede vor den Delegierten der Zentrumspartei des Wählte ises Magdeburg-Anhalt berührte am Tonntag in Magdeburg Reichskanzler a. D. Dr. Marx olle die Fragen, die heute im Mittelpunkt des politischen Interesses stehen. Zu der Frage der Regierungsumbildung machte Marx etwa folgende Ausführungen: Im Vordergründe des Interesses steht, was die innere Politik anbelangt, die Frage, ob eine Umbildung des bisherigen Kabinetts erfolgen soll und in welcher Richtung. Die Bildung des neuen Kabinetts im Juni dieses Jahres hat schwere Kämpfe verursacht. Allein ! Anschein nach wird die Umbildung ebenfalls nicht ohne Schwierigkeiten voustatten gehen. Einmal ist die Frage zu er ledigen: Wie steht es mit der Umbildung der Regierung in Preschen? Hier haben zunächst die Deutsche Volkspartei und in gleicher Weile der preußische Ministerpräsident eine ausschlag gebende Stellung. Was die Reichsregierung anbelangt, so wurde mich schon >m Juni dieses Jahres als Ziel von der Zentrums» fraktion des Reichstages die Vilduntz der Großen j Koalition erstrebt. Die Verhandlungen haben dieses Er- > gcbnis nicht gehabt. Von der linken Seite wird die Erreichung dieses Zieles als Ergebnis der Verhandlungen der kommenden Woche hingestellt. Hier mutz ich zur Sprache bringen, was in einigen Blättern der Linken über meine Stellung nahme gesagt wird. Eine Anzahl von Blättern brachte die aus der Westdeutschen Arbeiterzeitung kommende Nachricht, daß ich mein Amt als Vorsitzenver der Zentrumspartei niederzulegen entschlossen sei. Diese Tatsache ist durchaus richtig. Ich habe in der letzten Sitzung des Reichsparteivorstandes die offizielle Mitteilung ge macht, daß ich mein Amt aus Gesundheitsrücksichten niederlege, die Geschäfte aber noch bis zum Parteitag Anfang Dezember dieses Jahres führen werde. Diese Begründung m leider durchaus richtig. Wenn aber gewisse Blätter daran di« Demerluiig knüpfen, daß ich aus politischen Gründen zu meinem Entschluß gelangt sei» und zwar namentlich deshalb, weil ich "ut mcmcr Ansicht, das Zentrum solle gegenüber dem Kabinett Müller Zurückhaltung üben, nicht dnrchgedrungen sei, so ist das den Tatsiichcn nicht entsprechend. Ich kann hier in aller Offen heit fechtcllcn, daß über das Verhalten des Zentrums gegen über der bestehenden Regierung keinerlei Meinungs verschiedenheiten in der letzten Sitzung des Partei- voritandcs zutagegetrefen sind. Auch die führenden Männer der Zentrumsfraktion des Reichstages sind, soweit ich bei den ver schiedenen Verhandlungen habe feststellen können, vollstän dig einer Meinung. Das Ziel für das Zentrum ist, wie bei jeder Regierungsbildung oder -Umwandlung, dieBildung einer starken Regierung, die Aussicht auf längere Lebensdauer besitzt. Unsere immer noch, namentlich wirtschaftlich tnd finanziell, unsichere Lage verträgt keine fort gesetzten Regierungskrisen. Das Zentrum kann sich dos Zeugnis ausstellen, dag es noch niemals letchtsiiinigerweise den Sturz einer Regierung herbeigeführt hätte. Gerade für die «rohen in den nächsten Monate» zu erledigenden gewaltigen politischen Schlvicrigkeiteil ist eine starke Regierung erforderlich. Wich der gegenwärtigen Zusammensetzung des Reichstages kann als eine starke, auf eine sichere Mehrheit des Reichstages sich stützende Koalition nur die sog. Große Koalition be zeichnet werden. Unbeschadet des Festhaltens an diesem Ziele s kann aber niemand vom Zentrum verlangen, daß es sich irgend- l wie ohne die nötigen Sicherheiten und Fest» c uellu » gen für eine Koalition bindet! > Verlängerung der Arbeitszeit auf alle Fälle begrenzt. Sie dürfe nicht über zwei Stunden dauern und nur auf Grund von Vereinbarungen erfolgen. Eine wesentliche Erweiterung und Verbesserung bestehe darin, daß Vorsorge für weitere Arbeits- zeilverlüngerungen im Falle eines Zusammentreffens mehrerer Notfälle getroffen sei. Die bisher nur für Arbeiter geltenden Schutzvorschriftcn sollten auch auf die Angestellten aus gedehnt werden. Das Verbot der Nachtarbeit werde auf männ liche Arbeiter bis zu 18 Jahren ausgedehnt. Ebenso werde der Mutter- und Kinderschutz eine wesentliche Ausdehnung erfahren. Das allgemeine Beschäftigungsverbot gelte für Kinder bis zum 14. Lebensjahre. Was die Sonntagsruhe angehe, so sei die Beschäftigung am Sonntag grundsätzlich verboten. Die Regelung der Arbeitsaufsicht habe insofern eine Besserung erfahren, als die Zuständigkeit des Reiches erweitert morden sei. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes sei noch nicht festgelegt. Der Entwurf werde jcdensalls noch in diesem Winter an den Reichstag gelangen. Eine wichtige Ergänzung finde er durch den Entwurf eines Bergarbeiterschntzgesetzes. Nach der Annahme des Arbeitsschutzgesetzes sei die Bahn frei für die Ratifizierung des Washingtoner Abkommens über den Achtundentag. die im eigensten deutschen Inieresse erwünscht sei. Deutschlands Vorgehen werde die Zustimmung anderer Staaten nach sich ziehen. Wenn mir die Stimmung unserer Wähler in Betracht ziehen, so müssen wir feststelien, daß in sehr weiten Kreisen die Meinung dahin geht, das Zentrum solle sich überhaupt nicht an der Regierung beteiligen. Es lassen sich eine Reihe sehr guter Grunde dafür ansühren. Staatspolitisch ist sie An sicht aber nicht begründet. In weiten Kreisen der anderen Parteien ist man der Uebcrzcugung, daß ohne das Zentrum sich zur Zeit keine starke Regierung bilden läßt. Nie mals darf das Zentrum schon wegen seiner weltanschaulich!« Einstellung einen das Allgemeinwohl Deutschlands schädigen den Krisenzustand herbeisühren oder auch nur zulassen. Aus der angegebenen Einstellung eines großen Teiles der Wählerschaft folgt aber ohne weiteres, daß die ebenfalls in großer Einmütig keit von der Fraktion ausgegebene Parole der Distan zierung, von der gegenwärtigen Negierung eine weitgehende Zustimmung der Zentrumswählerschaft erfuhr. Die Zcntrumspartei wird sich Verhandlungen mit dem Ziele der Bildung einer Großen Koalition nicht entziehen. Sie ist aber in keiner Weise eine Verpflichtung, sie anzuregcn oder einzuleiten. Das ist Sache des Reichskanzlers. Eventuell wäre cs Sorge der stärksten an der Regierung betei ligten Partei. Ehe das Zentrum eine neue Koalition schließt, werden eingehende Bcrhaudlungcn über eine Reihe wichtiger, leider aber auch unter den Regierungsparteien strittiger Punkte mit dem Ziele einer Einigung geführt werden müssen, schon im Interesse der Dcuicrfestigung der Regierung. Was hat es sür einen Zweck, leichthin eine Koalition einzugehen, dann aber Gefahr zu lausen, daß sie bei der erste» strittigen politischen Frage auseinandersälltl Kurz ging sodann Marx auf die großen Aufgaben des kom- s menden Winters in sozialer und steuerlicher Hinsicht ein. Die Mahl Hugenbcrgs zum deutschnationalen Partcivorstand sei ein Vorgang, der nicht ernst genug zu werte» sei: sie stelle eine Be« ! drohung des inneren Friedens in Deutschland dar. Wenn man i diese Entwicklung bei den Deutschnationalen ln Verbindung mit ! der von den Deutschnationalen gebilligten Proklamation des Stahlhelms betrachtet, so muß ich sagen, daß der Satz, ein Schutz der Republik sei nicht mehr nötig, jetzt nicht mehr stimmt. Zur Außenpolitik bemerkte Marx, daß Stresemann die von Fehrenbach und Wirth begonnene Politik konsequent fortgefiihrt habe: trotz der üblen Erfahrungen der letzten Monate müsse an dieser Politik scstgehaIten werden. Müllers Ver halten in Eens sei durchaus richtig gewesen. Das ganze deutsche Volk müsse der B e v ö l k e r u n g der besetzten Gebiete Dank und Anerkennung zo l l e n, daß sie so treu zum Vaterlande stehe und eine frühere Räumung nicht nm neue Opfer erkauft wissen wolle: oas sei eine wahrhaft heldenhafte Charakterstärke, die durchaus dem innersten Enpfinden der rhei nischen Bevölkerung entspreche. Die Frage der Kriegsschuld nannte Marx eine Ehren sache. Diese Beschuldigung müssen wir auch formell vom deut schen Volk entfernen. Er stehe da jedoch in einem wesentlichen Punkte aus anderem Boden als weite Rechtskreise, die immer daran erinnern, daß nach Regelung dieser Frage der ganze Per- sailler Vertrag, vor allem die Londoner Abmachungen zu- sammcnbrechen: diese Argumentation sei falsch und bedenk- lich. denn dann sehe die Behandlung dieser Ehren frage aus als geschehe sie allein aus materiellen Gründen, und das Ausland wurde in diesem Falle alles tun, um einer Regelung auszuweichen. So erschwere man die Befreiung Deutschlands. Es werde so schloß Marx seine mit lebhaftem Beifall auf genommenen Ausführungen, die Zeit kommen, wo auch die Eig ner erkennen werden, daß das Zentrum die Partei ist, auf die sich der Staat immer und in >edcm Augenvlick fest verlassen kann. Wir haben dem Staat bisher alle unsere Kräfte gegeben, und alle, die es gut und ernst mit unserm Volk und Vaterland meinen, können auf das Zentrum recknen. Die Opposition In der deutschen Politik ist augenblicklich eine tief greifende Umgruppierung der Kräfte im Gange. Nicht nur die bisher noch verschleierten Bemühungen um die Verbreiterung der Regierungskoalition, sondern noch mehr die Führerkrisen in den großen parlamenta- rischen Flügelgruppen sind als die Anzeichen lebhafter politischer Kampftätigkeit im kommenden Winter anzu sehen. Erst jetzt versuchen verschiedene Parteien aus der Neugruppiernng, die die Wahlen vom 20. Mai gebracht haben, für die Parteipolitik sehr einschneidende Konse quenzen zu ziehen. Der F ü h r e r w e ch s e l in der Deutsch nationalen Volkspartei gewinnt in dieser Hinsicht außerordentlich große Bedeutung. Aus dem lange unentwirrbaren Durcheinander, das die Meinungen über die Nachfolge Westarps in der Deutschnationalen Partei kennzeichnete, ist nunmehr der exponierteste Anti pode Westarps, Geheimrat Hugenberg, als Sieger hervorgegangen. Es wird wenige Beispiele in der Geschichte der poli tischen Parteien geben, wo ein Parteiführer unter gleich schwierigen Umständen für seine eigene Partei gewühlt worden ist. wie in diesem Falle. Mit Hugenberg wird kein neuer Mann auf den Parteischild erhoben, in diesem Namen Hugenberg leuchtet seiner Partei nicht der unge trübte Glanz einer neuen politischen Idee voran. Im Gegenteil: Der Name Hugenberg ist in politischer Hin- sicht außerordentlich belastet. Mit ihm ist schon seit Jahren die Erinnerung an scharfe Auseinandersetzungen und Kontroversen in der Deutschnationalen Partei verbunden. Um Hugenberg, den „Herrn über Presse und Film", der von seinem Direktorposten bei Krupp etwas von der robu sten Sprache der Kanonen in die Politik mitgebracht hat, guppieren sich im deutschnationalen Lager die Leute, dis aus der Entwickelung der deutschen Politik in der Nach kriegszeit am wenigsten gelernt, in den entschei denden Fragen sogar mit besonderer Vorliebe falsch» Schlüsse gezogen haben. Vom Standpunkt der politischen Mitte, die bisher allein mit positiven Erfolgen auf außen- und innenpolitischem Gebiete aufwarten kann, bedeutet das Bekenntnis einer deutschnationalen Majorität zu Hugenberg auf jeden Fall einen Rückschritt, wenn man die Festigung und den Ausbau des neuen deutschen Volks, staates im Auge hat, jedenfalls insoweit man an eins staatsbürgerliche Erziehung der politischen Flügelparteien als solcher durch die Beweiskraft der politischen Entwicke lung geglaubt haben sollte. Der Kurs der Deutschnatio- naleu bewegte sich seit Weimar, von dem Rückschlag nach der Beteiligung am Kabinett Enno abgesehen, in fast steter Linie auf den'geistigen Besitzstand der Mittel parteien zu. Am deutlichsten war diese Entwickelung durch die Anerkennung der Z e n t r u m s - Richt linien im Frühjahr 1927 beim Eintritt der Deutsch nationalen in das letzte Kabinett Marx dokumentiert worden. In gewisser Hinsicht erfährt diese im Interesse der Stärkung und Festigung der Staatsidee durchaus wünschenswerte Entwickelung mit der Wahl Hugenbergs eine voraussichtlich ziemlich schroffe und einschneidende Unterbrechung. Ob diese Entwickelung sür unser Staatswesen selbst von größerem Nachteil sein wird, oder ob die nunmehr Hugenberg anvertraute Partei in erster Linie selbst die Zeche dieses neuen Experimentes wird bezahlen müssen, darf man nach der Entscheidung der deutschnationalen Parteiinstanzen getrost der Zukunft überlassen. Daß es sich um ein Experiment handelt, geht klar und deut lich aus deu Umständen hervor, unter denen Hugenberg zum „Herzog" seiner Partei gekürt morden ist. Die Geg nerschaft gegen Hugenberg in seiner eigenen Partei wird nach wie vor eine sehr beträchtliche sein und es besteht wenig Grund zur Annahme, daß Hugenberg diese heutige Opposition durch die Praxis seiner Parteiführung ge schlossen und einheitlich hinter sich bringen wird. Es ge schieht nicht aus Sä)adenfreude, wenn mir der Befürch tung Ausdruck geben, daß die Wahl Hugenbergs für die Deutschnationale Partei eine Verschärfung der Gegensätze und damit eine Schwächung ihrer politi schen Stoßkraft zur Folge haben wird. Bekanntlich hat Hugenberg seinen Kurs vor kurzem in einer theoretischen Auseinandersetzung begründet, über die er das Motto setzte: „B l o ck o d e r B r e i ". Er hatte sich damals für einen geschlossenen einheitlichen deutschnationalen Block entschieden, für den er gern einen Teil der Parteianhün- ger opfern wolle. Wenn aber schon die Führung des wesentlich ausgeglicheneren Grafen Westarp dem Ideal eines geschlossenen Parteiblockes so wenig nahekommen konnte, dann besteht wahrlich wenig Hoffnung dafür, daß dieser Block ein'm Hugenberg besser glücken werde, es sei denn auf dem wenig verlockenden Umwege über eine Marx zur Regierungsfrage