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Stumme, LSI Sächsische Volkszeilrrnq ». Okkovee i«8 Dresden, 7. Oktober. Der Prozeß Treiber wurde noch am Sonnabend zu Tnde geführt. Die Zeugenvernehmung erbrachte noch folgende Ergebnisse: Der Handlungsgehilfe Träger aus Dresden, der lehr gut mit dem Bruder der Hoyer bekannt war. bekundete, dieser habe sich ihm gegenüber ausgesprochen, daß seine Schwester Annemarie einen sehr reichen Freund habe, den sie auch ein mal heiraten wolle, jedoch wehre sich der Freund gegenwärtig noch gegen eine Heirat. In ihrem Elternhause habe sich die Hoyer sehr unbeliebt gemacht. Seine Schwester habe sich auch bemüht Treiber zu einer Scheidung mit seiner Frau zu be. wegen. Treiber soll seiner Frau 10 000 Mark für eine Schei dung geboten haben, jedoch habe diese abgelchnt. Später sei dann die Reise nach Heiligenblut eingeleitet worden' vorher sei Treiber sehr nett zu seiner Frau gewesen, um sie nicht miß- iranisch zu machen. Nunmehr trat das Gericht in die Vernehmung des 24 Jahre alten Konditors Hermann Hoyer. einen Bncder der Anne marie Hoyer ein. Es kommt zunächst eine Reihe von Briefen zur Verlesung, die der Zeuge an seine Eltern nach Bremen geschrieben hat. In diesem ist vielfach von „Annas Bräutigam die Rede", und von der guten Lage der Schwester, die eine ganze „Dame" geworden sei. Die Briefe enthalten fast regel mäßig große Aufzählungen der Geschenke, die Treiber feiner „Braut" gemacht habe. In den Briefen ist auch vom Tode der Frau Treiber die Rede und daß Treiber nun wohl seine Schwester heiraten werde. Die Briefe enthalten viele Angaben, die der Zeuge nunmehr auf Befragen des Vorsitzen den als seine (des Zeugen) Erfindungen bezeichnet. In den Briefen wird auch die Scheidungsfrage wiederholt angeschnitten. Aus ihnen geht ferner hervor, daß der Zeuge vermutete, daß beim Tode der Frau Treiber nicht alles in Ordnung gewesen sei. Es sei die Frage, ob das viele Geld, das seine Schwester erhalte, ihr zum Segen sein werde. Unter großer Spannung wird die 21 Jahre alte Anne marie Hoyer ausgerufen. Unter Hinweis auf ihre Ver lobung erklärt sie, aussagen zu wollen, bleibt aber vorläufig unvereidigt. Aus ihrer Vernehmung geht hervor, daß sie in Gesellschaft ihrer Freundin Lonker auf der Straße von Trei ber und einem anderen Herrn angesprochen worden sei. Sie haben sich dann öfter zu Spaziergängen getroffen. Am 17. Juni 1925 war sie mit Treiber in einem Berliner Hotel abgestiegen. Eine Stellung hat sie nicht gefunden und ist am 1. Oktober 1625 nach der Münchner Straße gezogen. Die Miete betrug 8l) RM. Außerdem erhielt sie 60 NM. Taschengeld. Treiber kam drei- bis viermal wöchentlich zu ihr. Sie muhte non Anfang an. daß Treiber verheiratet war. Die Wohnung in der Münchner Straße hatte sie bereits im August gemietet. In zwischen war sie auf einer Reise in Sminemünde, zu der Trei ber ihr die Mittel gewährt hatte. Sie wußte auch, daß Treiber und seine Frau sich in Heiligenblut aushielten und bekam zwei oder drei Ansichtskarten von ihm. Es war vereinbart worden, daß Treiber postlagernd seine Rückkehr mittcilen sollte. Sie habe aus dem Postamt 24 nachgefragt, aber nichts erhalten. Nach der Rückkehr Treibers ist sie nach dessen Wohnung gegan gen, wo sie Licht sah und gab den Erkennungspfiff. Treiber kam auch sofort und gab ihr Kenntnis von dem Unglück». Am 1. Oktober ist Treiber dann in die gleiche Wohnung in der Münchner Straße gezogen. Von einer Scheidung von seiner Frau Kobe er nie mit ihr gesprochen. Die Zeugin Hoyer blieb unvereidigt. Das Gericht macht hierauf von sich aus den Vorschlag, auf die Vernehmung der ärztlichen Sachverständigen zu verzichten, stich jedoch bei diesem Vorschlag auf den Widerstand der Ver teidigung So wurde dann zunächst Gerichtsarzt Medizinalrat Dr. med Oppe, Dresden, gehört, der in seinem Gutachten bekundete, daß die von dem Zeugen Teng erwähnten blauen Flecke im Gesicht -er Toten nicht von Wiirgemerk- malen herrühren könnten. Sodann wurde der zweite medi zinische SachverständigeDr. med. Hodann, Berlin, kurz gehört, dessen Gutachten sich nur auf die Einwirkung der Menstruation und dem gleichzeitigen Eintritt von Schwindelanfällen bei Frauen, die sich in höheren Berglagen aufhalten, erstreckte. Auch aus diesem Gutachten ging hervor, daß die Angaben Trei bers über diesen Punkt stimmen dürften. Darauf war die Be weiserhebung abgeschlossen. Wenige Minuten nach 4 Uhr nachmittags erhielt Oberstaatsanwalt Viermetz das Wort zu seiner Anklagerede. Er ging darin zunächst aus führlich auf das erste Verfahren, das gegen Treiber anhängig gemacht morden war, eia und erklärte wie es damals im Februar 1927 zur Einstellung des Verfahrens gekommen sei. Seine wei teren Ausführungen erstreckten sich auf den Werdegang des An geklagten. der sich aus kleinen Verhältnissen heraus zu einem tüchtigen Kaufmann heraufgearbeitet habe. Er schilderte dann auch eingehend die Verdienste Treibers als Fliegerosfizier während des Feldzuges und kam schließlich auf die Ehe Trei- bers zu sprechen. Auch hierbei betonte er, daß die Ehe sicher sehr glücklich war. mindestens aber bis zu dem Zeitpunkte, wo der Angeklagte die Zeugin Hoyer kennenlernte und dann später völlig in deren Bann gezogen wurde. Alsdann wurde vom Anklagevertreter der Tag d e r Ta t, der 14. Septem - der 1926, in allen Einzelheiten genau geschildert. So die ein same Gegend, ohne jeden Zeugen und die unbedingte Sicherheit, daß ein Absturz vom Gipfel des Goldzechhorns den Tod der Abgestürzten bringen mußte. Dann führte der Oberstaatsanwalt im einzelnen die Ergebnisse der Beweiserhebung auf: Ort und Zeit waren günstig für den Slbsturz, die Widersprüche, in die sich der Angeklagte in diesen Punkten verwickelt hat, belasten ihn. Ferner: der — verabredete — postlagernde Brief Treibers an seine Geliebte Hoyer am Tage nach dem tödlichen Absturz seiner Frau, die mißliche finanzielle Lage des Angeklagten — und trotzdem die hohe Versicherungsprämie von 3000 Mark, die Erkundigung bei einer anderen Versicherungsgesellschaft, ob tödlicher Unglücksfall im Hochgebirge auch als Tod durch Unfall gelte, die angeblich zu erwartenden 80 000 Schweizer Franken, der Inhalt der Kassiber aus der Untersuchungshaft an seine Geliebte, der Brief vier Tage nach der Rückkehr aus Heiligen blut an die Eltern der Hoyer mit der Besuchsankündigung Treibers sHeiratsabsicht), die frühere Absicht Treibers, sich van seiner Frau scheiden zu lassen usw.: „Der Angeklagte wollte die Hoyer und wollte Geld. Beides wurde ihm, wenn die Frau verschwand". „Sind diese Tatsachen, so schloß der Vertreter der Anklage sein Plädoyer, nicht hinreichend genug zu der Annahme, daß der Angeklagte noch Heiligenblut gefahren ist, um sich von seiner Frau zu befreien und das Verbrechen zu begehen, dessen er beschuldigt ist? Ich plädiere aufSchuldig - sprechung des Angeklagten und bitte Sie, diesem Antrag zu entsprechen!" Als erster Verteidiger betonte Rechtsanwalt Dr. Als berg, Berlin, in seinem Plädoyer zunächst: „Der Indizen- beweis ist genau so gut ein Beweis wie ein direkter Beweis. Er hat nichts damit zu tun, daß man aus irgendeinem Gefühl, aus irgendwelchen Eindrücken heraus zu einer Schuldigsprechung zu kommen versucht. Was wir hier in diesem Prozeß erlebt haben, hat mit einem Indizienbeweis, wie ihn das Gesetz vor Augen hat, herrlich wenig zu tun. Er ist absolut unzuläng lich. Völlig ungeklärt ist die Frage, ob Frau Treiber durch einen Zufall oder ob sie mit Absicht ums Leben gekommen ist. Es wird hier kein Tatbestand vorgeführt, es wird hier kein Indizienbeweis, sondern ein Motiobeweis versucht". Der Verteidiger zerpflückt die Ergebnisse der Beweiserhebung und zeichnet die vielfachen Widerspiiche bei der Zeugenvernehmung im einzelnen auf. um schließlich festzustellen: „Nicht ein Moment spricht dafür, daß der Angeklagte die Slbsickt gehabt haben kann, seine Frau zu beseitigen. Wo man hinfaßt, nichts gegen den Angeklagten! Das sind keine Indizien, das sind keine eindeutigen Tatsachen. Nichts wissen wir, nichts ist bewiesen, also — Unschuldig! Ich beantrage Freispruch". Nachdem auch der zweite Verteidiger. Rechtsanwalt Dr. Fleischhauer, Dresden, der im wesentlichen die Ausfüh rungen Dr. Alsbergs unterstrich und ergänzte, für einen Frei spruch plädiert hatte, erhielt der Angeklagte das Schlußwort. Der Angeklagte erhebt sich und erklärt: „Ich Kann nur sagen, daß ich unschuldig bin". Darauf zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Noch eineinhalbstündiger Beratung verkündete Land gerichtsdirektor Dr. Knoth kurz nach 8.15 Uhr abends folgen- des Urteil: Wahlkreiskvnserenzen -er Sächsischen Jenlrumsparlek Zur Fortsetzung der Aussprache über dke Organisa« tion der Partei, die auf dem Chemnitzer Parteitag in so glücklicher Weise begonnen worden ist, sollen für die säch sischen Wahlkreise Bezkrkskonferenzen obgehal ten werden. In diesen Konferenzen wird der General sekretär der Reichspartek, Dr. H. Vockel. Bericht geben über dke Lage der Partei und mit den sächsischen Partei freunden Anregungen und Vorschläge austauschen. Di« Konferenzen finden statt am 18. Oktober in Leipzig für den Wahlkreis Leipzig. am 17. Oktober in Dresden für den Wahlkreis Dresden-Bautzen, am 18. Oktober in Chemnitz für den Wahlkreis Chemnitz-Zwickau. Alles Nähere wird noch bekanntgeqeben. Sllle Mit glieder der Partei werden gebeten, sich diese Abende schon jetzt vorzumerken. damit aus allen in Frage kommenden Orten und Gruppen eine Teilnahme an den Bezirks konferenzen ermöglicht wird. Im Namen des Volkes! Der Angeklagte Philipp LoukS Treiber wird kostenlos freigesprochen. Die Urteilsbegründung bestand in einem einzigen Satz, in dem gesagt wurde, daß das Schwurgericht zu der Ueberzeugung ge kommen sei, daß Frau Treiber möglicherweise doch das Opfer eines Unfalles geworden sein könnte. Am Schluß der Verhandlung wurde der Angeklagte Treiber sofort auf freien Fuß gesetzt. Zu seinem Emnfang. der Entlassung aus der Untersuchungshaft aus dem Gefängnisgebäude am Münchner Platz, hatte sich eine nach Hunderten zählende Men schenmenge am Defängnistor versammelt. -> Der Arm der irdischen Gerechtigkeit hat zwar oft eine erstaunliche Reichweite. Und doch gibt es Gefilde, wohin der irdische Richter nickt Vordringen kann. Das Schwurgericht, das im Falle Treiber vor einer außer ordentlich schwierigen Entscheidung stand — es ging hier wirklich um Tod und Leben — darf sicher volles Verständ nis für seine Stellungnahme verlangen. Wohl hat die Verhandlung eine erdrückende Fülle von belastenden Mo menten zutage gefördert, wohl war das Sittenbild, da hier entrollt wurde, traurig und erschütternd genug, um einen Mord am Goldzechhorn nicht nur als wahrschein lich, sondern fast als logisch zwingend erscheinen zu lassen. Aber die Möglichkeit des Irrtums bestand doch. Und nur der Nechtssatz: In dubio pro reo sim Zweifel für den Beklagten) hat diesen Prozeß zugunsten des Ange klagten entschieden. Die Tragödie am Goldzechhorn ist durch die Verhandlung freilich nur noch geheimnisvoller geworden. Niemand außer Treiber ist Augenzeuge des Unglückes gewesen. Das hat einerseits die Situation für den Angeklagten diesmal gerettet, das hat aber anderer seits auch die unangenehme Folge, daß der schwere Mord verdacht nach der Verhandlung in fast noch stärkerem Maße fortbesteht als vorher. Es gibt zweifellos Fälle, wo der irdische Richter vor der Möglichkeit eines Irr tums die Waffen strecken muß, wo sich also die Unvoll kommenheit der irdischen Gerechtigkeit erweist. Zweifel los ist zu erwarten, daß die Staatsanwaltschaft Berufung einlegen wird. Die letzte und ganze Entscheidung wird in diesem Falle nicht der irdischen, sondern der himmlischen Gerechtigkeit Vorbehalten sein. Moverne kirchenkunsk am Rhein Heinrich Dieckmanns neue Kirchenfenster. In Duisburg-Ruhrort liegt, eingeschoben zwischen Rhein und Hafen, der große Neubau des von den Schwestern unserer lieben Frau geleiteten Schifferkinderheims. Hier können di« Nheinschiffer, die doch stets im größten Rheinhafen anlegen, ihre Kinder der Pflege überlassen und von hier aus zur Schule schicken. In der noch nicht vollendeten Kirche dieses Heimes fanden vor einigen Tagen große Elasfenster des Kempener Malers Hein rich Dieckmann ihren Platz. Dieckmann gehört zu unseren fähigsten katholischen Künstlern. Die neuen Fenster, die man wohl als die besten und selbstsichersten seiner bisherigen Kirchen fenster bezeichnen kann, lassen deutlich eine Entwicklung in seiner Malart erkennen. Die bislang bevorzugte Gradlinigkeit der Zeichnung, die gelegentlich allzu ruhig wirkte, spielt hier in dis größere Bewegtheit von Rundung Bogen und Kurve und über haupt in ein« stärkere Monumentalität hinein. — Dieckmann weiß, daß di« Kirche kein Ort isolierter Wirklichkeitsfremdheit sein darf. Deshalb freut es ihm, daß er durch das leicht gefärbte Elas der Ruhrorter Fenster abends di« leckenden Flammen der jenseits des Hafenbeckens liegenden Hochöfen in der Kirche sicht bar machen konnte. Auf den vier Fenstern der Schifferkirche stellt der Maler vier Heilige dar, die den Schiffern besonders nahe stehen: den hl. Christophe», St. Nikolaus, die Gottes mutter als Meeresstern und vre hl. Ursula. (Die Ausführung der Bilder lag in den tüchtigen Händen von Puhl und Wagner, Eottfr. Heinersdorff in Berlin.) Der hl. Christopherus ist in Braun und Grau mit einfachen, monumentalen Linien gezeichnet. Schwer und wuchtig stapft er durch das Wasser, leicht in die Knie knickend. Der Kopf mit den kräftigen Zügen des Arbeitsmannes ist zur Schulter ge wandt, auf der das göttliche Kind kniet. Der Heilige versucht, es unauffällig aus den Augenwinkeln zu betrachten. Die zu wandte Gesichtshälfte ist von der Helligkeit des göttlichen Kin des überstrahlt. Die rechte Hand des Heiligen hebt sich vor Er staunen, daß dieser seltsame Kleine so wunderlich schwer ist. Das Bild zeigt sehr geschickt gerade den Augenblick vor dem Ent schluß Christoph«», nach dem Grund dieses Wunder» zu kraaen. "St. Nikolaus ist als Bischof mit hoher, kräftiger Figur im kirchlichen Ornat dargestellt. In der linken Hand trägt er einen Beutel mit Geld, in der Rechten vor der Brust ein kleines Segel schiff. Das graubraune, bartumrahmte Gesicht gehört einem echten, natürlichen und ungekünstelten Volksmanne und Führer, der sich seines Aufstiegs aus dem Volke und seiner Führerver- antwortung für das Volk bewußt ist. Mit weit offenen Augen steht er unerschütterlich fest in der Mitte des Bildes. Um seinen Heiligenschein am Kopf des Bildes reihen sich fröhliche Kinder mit Spielzeug und anderen Gaben. Zu den Füßen des Heiligen liegen schwere Transportkähne. Das Bild ist hell in lebhaften Farben gehalten: in leuchtendem Rot, durchsichtigem Grau und Gelb. Die Darstellung der Maris stell» ist der Gipfel der drei Bilder, das Gewand der überaus hoch und schlank emporwachsen den heiligen Frau ist in gedämpften, verschieden getöntem Grau gemalt. Leuchtend hell erhebt sich darüber der Kopf (dessen grünliches Gelb sich vielleicht ein wenig zu fremd und kühl zeigt). Das Haupt ist umzackt von einem strahlenden Stern. Adlig schön und voll großer Reinheit sind die geschlossenen For men des Gesichtes mit den klar geschnittenen Zugen und den großen, halb gesenkten Lidern. Zu den Füßen der Gottesmutter ist ein Dampfschiff in Wellennot zu sehen, dem gerade die rich tungweisenden Sterne sichtbar werden. Die heilige Frau ist als Wegeweiserin der Schiffer dargestellt, heilig erhaben über die menschliche Not, auf die sie lenkend herabsieht. Auf ihrer Hand hoch erhoben hält sie in Schulterhöhe das göttliche Kind, das die Not und den Kampf der Menschen segnet. Hier haben wir ein Marienbild von solch überzeitlicher Schönheit und Rein heit, wie es selten zu finden ist, eins -er besten und höchsten, die unsere Gegenwart hervorbrachte. Das Bild der hl. Ursula spielt in leuchtenden Farven. Das Gewand der Heiligen ,st strahlend rot und violett. Ihr Gesicht ist in warmem Goldgelb gegeben. In erhobenen Händen hält sie einen Pfeil, ihre Brust ist von einem anderen Pfeile durch bohrt. Sie schreitet leicht und unbeschwert voran, während ihre Jungfrauen ihr folgen, und schaut mit seitwärts gewendetem Haupt nach ihnen zurück. Ueber ihr winken Engelputten herab, und unter ihren Füßen steht man die Maste ihrer Schiffe. Sie ^eigt ein kindliche», rührendes, rundes Gesicht voller Un« In dem Dieckmannschen Kirchenfenstern haben wir eine hohe, wirklich religiöse, gottgebundene Kunst vor uns, aus unserer Zeit gewachsen, in die Gegenwart hineinwirkend und auch für die Zukunft gemalt. Man fühlt sich froh und heimisch im Bereich dieser Heiligenbilder, die den schärfsten und doch sehr maßvollen Gegensatz zu den bisher häufig üblichen seichten Kirckenlchmuck daritellen. ü. N. Peripherie Erstaufführung in der „Komödie". Frantisek Langer, der begabteste unter den süngeren tsche chischen Dramatikern, ist den Dresdnern in bester Erinnerung. Man erlebte hier die deutschsprachige Uraufführung seiner Komödie „Dal Kamel geht durchs Nadelöhr". Der Erfolg Niar groß und verdient. Die Satyre dieser grotesken Handlung, die sich zu Prag begibt, ließ eine innige Kenntnis des Großstadtelends und des Vorstadt-Milieu« ahnen. In dem Sck>auspiel „Peripherie" gibt der Dichter nun in freier, phantastischer Form den Ernst dieser Komödie wieder. D h. er beginnt anfänglich damit, um sich dann dem Schicksal ziveicr Men. schen zuzuwendcn und schließlich das Fazit zu ziehen, daß der Mord (juristisch umschrieben: der Totschlag) nicht immer strafwürdig sein braucht, eine Folgerung, die am gezeigten Beispiel nicht ganz richtig auSgeht. Das „Milieu" wird merkwürdig stark ummrisscn. Seine Ge wächse such Dirne und Totschläger. Die Voraussetzung, daß der Mensch in der Peripherie kaum etwas anderes sein könne, ist ebenso wenig neu wie wahr, auch in der „modernsten" Weltanschauung nicht. Sie ist vielmehr zynisch und nur darum unbedingt wirksam, weil sie vom großen Publikum gar zu gern geglaubt zu werden pflegt. Das ist der Nachteil, de» die Schule Wcdckinds gebracht hat;: Seine unter ganz anderen Gesichtspunkten gesehenen Menschen, dir er aus revolutionäre» Gründen gestaltet hat, wurden verallgemeinert. Allerdings, eine gewisse Revolution läßt sich auch hier nicht leugnen. Frantisek Langer will den Begriff Dirne und Vorbestrafter mit anderen Augen betrachtet wissen und man kann ihm glauben, daß er darin christlicher gesinnt ist als viele Christen, Aber es handelt sich doch um ein Drama, das immerhin ein Kunstwerk bleibt, auch wenn e» ein« Tendenz, di« „Tendenz der Peripherie" eben, nicht leugnen