Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 28.11.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192811282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19281128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19281128
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-11
- Tag 1928-11-28
-
Monat
1928-11
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 28.11.1928
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
pch zur Evidenjj erwiesen hat. daß dieser als Passagierschtff zur vee fahrende nicht weniger als 3» Jahre alte Kasten in keiner, ober auch gar keiner Hinsicht der Forderung „Sicherheit an Lord" Rechnung trug, auf eine beschleunigte Ein berufung der „Titanic"-Konferenz drückt. Und Anlast gibt, nicht „sukzessive" verzugehen, sondern — gedrängt von der Ocssentlichkeit — ganze Arbeit zu machen in der internationalen Fixierung einheitlicher Bestimmungen über die „Sicherheit zur See". „8s!etv kirst" sagt ein englisches Schlagwort. Sicher heit vor allem. Auf der „Vestris" kam die Sicherheit der Rei senden erst nach sehr vielen anderen Erwägungen. Man hat nach dem Untergang der „Vestris" den bösen Ver- dacht aussprechen hören, dah die Reederei des Dampfers um der Versicherungssumme willen den Untergang des unrentablen Kastens vielleicht gar nicht so ungern gesehen, vielleicht sogar etwas nachgeholfen hätte. Erfreulicherweise hat sich dieser un geheuerliche Verdacht nicht bestätigt. Aber manchem alteren Seemann wird beim Lesen dieser zornigen Hypothese, die zweifellos aus Seemannskreisen stammte, eine Erinnerung auf getaucht sein. Da stand in einem der englischen Magazins, die vor langer Zeit aus hoher See von Schiff zu Schiff als Lese stoff ausgetauscht wurden und fast ausschließlich der Wirklich keit entnommene Seemannserlebnisse enthielten, die aufregende Leidensfahrt eines Kapitäns zu lesen, der von einem gewissen losen Reeder als „Sündenbock" gebraucht werden sollte. Das beißt, der Kapitän sollte seick'Schisf verlieren ohne die geringste Schuld seinerseits. Er sollte wegen des Verlustes in die Wüste einer hochnotpeinlichen Sceamts-Verhandlung mit drohendem Verlust seines Patents geschickt werden und der Reeder ge dachte, ' ' " O zu haltenden 'Kohlendampfer" in See gehen sollte, erhielt er «inen Brief. Anonym. „Von einem, der Ihnen wohl will. Des Inhalts: „Ihr Schiff geht in See, um niemals seinen Be stimmungshafen zu erreichen. Es handelt sich darum, die Ver sicherungsgesellschaft zu bemogeln. Ich weist wohl, daß Sie sich für sehr schlau halten. In diesem Falle aber werden Sie an der Nase herumgesührt oder — wenn Ihnen das besser gefallen sollte — als Sündenbock gebraucht." Der Kapitän ging in See. Der Argwohn saß ihm im Herzen. Und die Reise gestaltete sich auch unheimlich von Anfang an. Die besten Leute der Besatzung liefen davon. Das Schiff war noch nicht aus den schlammigen Gewässern des Bristol- Kanals heraus, als der Kapitän schon mehrmals für längere Zeit halte stoppen müssen, weil die Maschine zusammcngebrochen war. Und bei dem bald auskommenden schlechten Wetter mußten die Luken verschalt werden. Die gashaltige Wales-Kohle erfüllte den ganzen Schiffsraum, so daß das Schiff einer ungeheuren Bombe glich, die ein einziger Funken zur Explosion bringen konnte. „Pulverhulk" nennt der Seemann sein Schiss in solchem Falle. Kurz und gut, es gelang dem Kapitän, der sich auf der ganzen Reise kaum minutenlangen Schlaf erlaubte, das Schiff in den Bestimmungshafen zu bringen. Derjenige, der ausersehen war, das Schiss auz eine unschwer erklärlich scheinende, dem Kapitän zur Last zu legende Art zu versenken, war der von einem gewissenlosen Reeder gekaufte erste Steuermann. Er erlag durch eigene Unvorsichtigkeit einem Bord-Unglücksfall, ehe er seine Absicht aussührcn konnte. Vor seinem Tode gestand er seinem Kapitän seinen verbrecherischen Auftrag und nannte auch den Preis, der ihm gezahlt worden war. IN. Wenn an unserer deutschen Küste die bösen Tage anbrechen und Land und See in großer Angst stehen und ringsum oie grauen Stürme lauern und die schwarzen Wolken: dann ist stille, bange Zeit in den Dörfern der fischenden und seefahrenden Leute. Denn die Mehrzahl der Männer ist draußen, und ein furchtbarer Ernst umkrallt die Segel, die der Nordseesischkuttcr trägt. Das sind die Monate, an deren Sonn tagen der Schlußsatz des Kirchcngebetes: „Nimm Gott in Deinen Schutz, in Sonderheit die Schisse, die aus der Fahrt sind" eine besondere Bedeutung erhält. In solchen Herbststurm, wie er auch in diesen Tagen wieder um die „Mordsee"-Küste wütet und zerstört und Menschenleben fordert, blieb — wie der Finkcnwerder sogt — auch Klaus Mewes, der „sonnige lcbensstarke Väter Klaus Störte- beckers". Von dem Gorch Fock, selbst mit dem Kreuzer „Wiesbaden", auf dem der Dichter Kriegsdienste tat, in die Tiefe der heimatlichen Nordsee versunken, sein hohes Lied der Seefahrt gesungen hat. Wie Klaus Mewes sein Schiff ver liert und sich änschickt, sterben zu gehen, kann nicht schöner ge sagt werden, wie von Gorch Fock: „Klaus Mewes gab noch nichts verloren, wenn er auch nicht mehr lachte, sondern ein ernstes Gesicht machte. Wie ein Wiking trotzte er der See. Wie ein Hagen hielt er aus. Er verband seinem Schiffsmann die blutende Stirn. Er streichelte seines Hundes „Seemann" nasses Fell. Er sah von Zeit zu Zeit die Pumpen nach. Er lotete gewissenhaft und tat alles, was sich noch tun ließ bei solcher Gelegenheit." Aber eine aus der Tiefe emnorgerüttelte Grundlos zerschlägt den stolzen Fischerkutter. Der Sckiiks- mann. ver alte Jan Mat, gab den Kampf auf Er legte sich still in seines Gottes Hände. Klaus Mewes kämpfte, obwohl sein Schiffsmann, sein Schiffsjunge, sein Hund, sein Schiff vom „blanken Hans" verschlungen waren. Er wußte, daß es allgemach auch sein Leben galt. „Noch einmal ließ er sich von einer Wogenriesin empor- hebcn und blickte von ihrem Gipfel wie vom Stern seines Ewers, über die See, die er so sehr geliebt hatte. Er schrie nicht auf, noch wimmerte er. er warf sein Leben auch nicht dem Schicksal trotzig vor die Füße. Groß und königlich, wie er ge lebt hatte, starb er als ein tapferer Held, der weiß, daß er zu seines Gottes Freude gelebt hatte. Auch er legte sich, wie sein Knecht, in seines Gottes Hände. L. vrerelen unel Umgebung Sonnabenvfrühschlutz in Tarifverträgen Dresden, 27. November. Der Gedanke des früheren Geschäftsschlusses an Sonnaben den Hot immer weitere Anhänger gefunden. Auch in der Praxis konnte er sich stärker durchsetzen. In seinem Jahresbericht für 1927 teilt der Gemerkschaftsbund -er Angestellten mit, daß von 753 Tarifverträgen, an denen der Gewerkschaftsbund der An gestellten 1927 beteiligt war, 314 einen früheren Geschäftsschluß an den Sonnabenden vorsehen. Davon setzten 285 den Arbeits- schluß auf die Zeit von 12 bis 2 Uhr fest. Bon der Zahl 753 sind noch 285 Tarifverträge abzuziehen, die für den Einzelhandel Geltung haben, in dem ein früherer Geschäftsschluß an Sonn abenden leider noch nicht üblich geworden ist. Auch der Gedanke des 5-Uhr-Ladenschlusses im Einzelhandel am Heiligabend findet starke Zustimmung sowohl bei ein sichtigen Geschäftsinhabern als auch bei der „disziplinierten" Käuserschoft. — Die Angestellten hoffen, daß die Zeilen nicht mehr allzu fern sind, wo sie restlos den Sonnabendnachmittag, wie auch das Weihnachtsfest im Kreise ihrer Familien und An- gehörigen verbringen können. Um Sen Posten des Dolksbll-unrrsrninlsters Dresden, 27. November. Wie die Landtagsfraktion der Deutschen Volkspartei be richtet, wird sie sich mit der Stellung eines neuen Bolksbil- dungsministers in ihrer Sitzung am Donnerstag, den 29. No vember beschäftigen. Vermutlich wird hierbei über die Nachfolge des Volksbildungsministers Dr. Kaiser Beschluß gefaßt werden. Anderslautende Meldungen stellen lediglich Kombinationen dar. Der Konflikt in -er Textilindustrie Dresden, 27. November. Zur Beilegung des Lohnkonslikts in der wcstsächsilchen Textil industrie tagte gestern vormittag im Arbeitsmmisterium die Cchlichterkammer unter dem Vorsitz des Landcsschlichters, Ministe rialrats Haak. Die Verhandlungen wurden am Nachmittag im Vcr- «inshause fortgesetzt und gegen 9 Uhr abends anf Dienstag früh 9 Uhr vertagt. Irgendwelche Beschlüsse sind bisher nicht gefaßt worden. Llrre mlb Motor uml AälrE ckccs NÄ-Lcbsts Mlmackckgchtienk VsvksuksstsIIsn in Vvsscksn: k'i-sgsi- Stvsüs 18 — ^svcklnsnckstvsgs 2 — tisuptatimSs 6 iisssslackoi-ksi- Ltvsös IS — l-iüblsvslvggg 34 Sturm und Regen Dresden, 27. November, Bei einem ungewöhnlich tiefen Barometerstand herrschte auch am Montag in ganz Sachsen böige, unruhige Witterung mit reichlichen Niederschlägen, die in höheren Lagen als Schnee niedergehen. Im Gebirge wütet heftiger Sturm. Dabei wurden nachts stellenweise Temperaturen von drei bis sieben Grad unter Null gemessen. Vom Fichtelberg werden 15 Zenti meter Schneehöhe gemeldet. Durch die Gewalt des Sturmes wurde Montag nachmittag ein« der großen Schaufensterscheiben des Residenzkaufhauses eingedrückt und vollständig zertrümmert Dabei wurden mehrere ausgestellte Kleider und Wachsbüste,, beschädigt. In Chemnitz wurde gestern früh der 45 Meter hohe Schornstein des Gaswerkes durch den gewaltigen Tiurm erfaßt und in etwa 17 Meter Höhe um ungefähr 19 Zen timeter verschoben (!), wobei ein Teil des Ziegelmsrkeg auf die Straße stürzte. Die alsbald alarmierte Feuerwehr hat alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, damit im Falle eines voll ständigen Einsturzes des Schornsteins Menschenleben nicht ge- ährdet werden. Es wurde ein Gerüst anfgestellt. um mit der -fertigen Abtragung des Schornsteins von der Bruchstelle auz zu beginnen. Die Gasversorgung der Stadt Chemnitz ist. wie die Blätter melden, nicht gefährdet, auch wenn der Schornstci» noch einstürzen sollte. * Trotz des Sturmes und seiner unangenehmen Begleit- erschelnungen ist es doch gut, daß schließlich immer wieder dafür gesorgt wird, daß sich alles ausgleicht. Die Zeit der Trocken heit hatte in vielen Gegenden Folgen solcher Art. wie sie in der Chronik noch gar nicht verzeichnet sind. Der Wassermangel war katastrovhai. Schon die Regenfälie der letzten Woche, dis in Landregenform erfolgten, also langsam aber stetig, sind durch, gedrungen. Nun gießt es seit Sonnabend schon mit kurzen Unterbrechungen und das ist gut so, denn nun werden sich endlich die Reservoire füllen und die Wasscrsperrmas-.nohmen überflüssig werden Wenn auch der Sonntag großenteils ver dorben wurde, man nahm es gern ln Kauf, denn ein Einwintern ohne Regen hätte furchtbare Foloen zeitigen müssen. Diesmal Habens die Wettcrmacher reckt behalten. Ihre Prognosen stim men. Es wird lanosam kühler. Im Gebirge ist in der Nacht vom Sonntag auf Montag Schnee gefallen »nd znwr so viel, daß am ganzen Vormittag und selbst Mittag noch die Höhen weiß leuchteten. Vier Wachen vor Weihnachten ist Schnee keine Schande, im Geaenteil, nun sollen auch die Kürschn 'r, die Schuhmacher, die Kohlenhändler und jene, die vom Wüler- svort leben, einmal auf ihre Rechnung kommen. Sie mussten dieses Jahr lange genug geduldig warten. Am Montagimckmit, tag und gegen Abend fiel auch in den Niederungen Schnee, Das Bolometer steht an einer tiefen Stelle, wo man es nur ganz selten sah. Der Weihnachksbamn Ser Iuqenöh Ne am Bismarckdenkmal Zum dritten Male kommt der Tannenbaum aus dein Thn- randter Forst zu uns nach Dresden, um seine grünen Zweige gleich bittenden Armen nach allen Seiten auszustrecken: Helit linderndie Not unserer Jugend! Möchte seine stille Schönheit am Tage und seine strahlende Pracht am Abend warme Herzen und opferwillige Hände öffnen und olle zu werk tätiger Liebe anregen, wenn sie am Bismarckdenkmal sroh überrascht cmporschauen werden zu dem Rissen aus dem Waise, unserm ersten Weihnachtsboten. Er vereinigt dieses Jahr seine Bitte mit derjenigen eines Dahingeschiedenen, dessen letzte Arbeit dem Weihnachtsbaum der Ingendhilfe galt. Am Sonnabendvormittag wird der schöne Baum, den die Güte der mit Dresden so eng verbundenen Forstlichen Hoch- schule in Tharandt zuwondet, ans seiner Woldheimnt in die Stadt geholt. Mit einer kurzen, schlichten Feier sollen die Lichter des Weihnachtsbaumes am Sonntag, den 2. Dezember 1928, 3.30 Uhr nachmittags, zum ersten Male entzündet werben, Etwaige von Vereinen gewünschte kurze musikalische Dar bietungen am Baume während der Adventszeit bedürfen vor heriger Anmeldung bei dem Verband für Iugendhilse, Zirkus- straße 8. 1., Tel. 18274, der sie rechtzeitig vorher volizcilich zu melden hat. Derartige Darbietungen, die tunlichst aus die 6. Nachmittagsstunde zu legen sind, werden wieder im Ver kehrsinteresse auf den erleuchteten Platz hinter dem Wsmarck- denkmal verwiesen. Sie entfalten sich dort auch viel wirk samer. da sie dem Lärm der Hauptverkehrsstraße entzogen sind und einen weiteren Zuhörerkreis zulassen. Hoffentlich wird der schöne Weihnachtsbaum der Jugend- Hilfe wieder weihnachtliche Liebe und Opferbereitschaff ülcerall beleben und anregen. Tkeaker un» Musik Dresdner Thcatcrpremieren. Der Montag war ein außer ordentlicher Premierentag, ein Tag erster Ordnung. So außer gewöhnlich verschieden diese Premieren auch waren, so hatten sie doch eines gemeinsam: vollendete Kunst wurde geboten. Zuerst die deutsche Uraufführung des Dramas „Ter erniedrigte Vater" von P. Claudel im staatlichen Schauspiel haus. Der Schlußstein einer Trilogie um Rom. Eigentlich nur ganz klar hinsichtlich des menschlichen Schicksals, der tragischen Liebe der künden Komtesse Eousonlaine zum jungen Oriano dall'Arnn. Für das andere braucht es m. E. der Kenntnis der ganzen Trilogie Dagegen wirkt der eindrucksvolle zweite Akt, der von der Seclenuot des Papstes Pius Vll, handelt, wie ein Drama im kleinen. Tiefe Gedanken, durch eine wundervolle, edle Sprache ausgedrückt, ent rücken cxis Geschehen in viel weitere Fernen, als es die vatikanische Zeit von 1870 für uns eigentlich sein müßte. Der dramatische Zug der Handlung liegt auch weit mehr im Gedanklichen als im Szeni schen u,Ä so konnte man scslstellen, daß viele Zuschauer von der Cache kaum berührt wurde», ja ihr sogar völlig fremd gegenüber slanden. Tie ganz prachtvolle Darstellung unter Josef Gielen mit Antonia Dietrich in vorderster Linie löste indessen all mählich die Zurückhaltung. — Für de» Berichterstatter, der sich so dann schleunigst in die Nachtvorstellung des Residcnztheaters begeben mußte, bedurfte es freilich einer gewaltigen Umstellung«, fähigkcit, um die Vorstellung des Moskauer jüdischen aka- de mischen Theaters in sich ausnehmen zu können. Aber dt« glänzende DarstellungSkunst der Russen, ihr vorbildliches Eusemble- spiel und —die zwar für uns fremdartige — dramatische Richtung der legendenhafte» Komödie mit Musik und Gcsangseiulagen fessclete» un gemein Gegeben wurde das ebenso groteske wie nachdenklich stim mende Spiel „Die Reise Benjamins des Dritten". — Ucbcr beide Ausführungen morgen mehrl Zck. Staatsoper. 2. Sinfoniekonzert, Reihe B. Bu- konls Lustfpielouvertüre eröfsnete den Abend. Zwar nein Werk, das fortreihenden Charakter hat, aber in seiner aristokratischen Beweglichkeit doch recht angenehm berührt. Brahms herrlick-es Violinkonzert verschaffte Joseph Szigeti Gelegenheit, auch in Dresden eine Probe seines rassigen Violinspieles zu geben. Der Ton des Künstlers ist zwar nicht allzugroß und reicht gerade noch für die Raumverhältnisse des Semperbaues aus. aber er ist von faszinierender Klangschönheit und seelenvoller Tiefe. Das Ausdrucksvermögen wird von sein geistiger Auffassung und schwungvoller Linienführung be herrscht. Auf ein derartig prachtvolles Werk mußte natürlich die Konzertmustk für Blasorchester, Werk 41, von Hindemith wie ein boshafter Keulenschlag wirken. Der Erfolg? Es gab Zischer, Lacher und sonstig Vergnügte, außerdem aber auch Beifalltosende, die die Gefolgschaft der atonalen Tyrannei nach nicht satt haben und die das sich zaghaft äußernde Miß fallen durch ihre Beisallssalven außer Gefecht setzten. Wer an derartiger Töneakrobatik und an einem derartig blech- schmetternden Variationenwerk Geschmack findet, dem lall die Freude nicht zerstört werden. Man soll aber auch die Meinung derer gelten lassen, die sich einer Verulkung des Volksliedes „Prinz Eugenius" gegenüber zur Wehr setzen. Interesse konnte nur die prachtvolle Wiedergabe durch den Bläserchor der Staats- Kapelle erwecken. Den besänftigenden Ausklang brachte .Haydns Sinfonie in G-Dur. Busch war sämtlichen Werken ein blendender Führer, und die S t a a t s ka pe l le folgte seinem Dirigentenstabe mit prachtvoller Musizierfreudig keit. —Ist- Spiclpkanänderung im ftaatl. Opernhaus. Dienstag, den 27. November, 7 Uhr „Zauberflöte". Anrechtsreihe B- Mittwoch, den 28. November. 6 30 Uhr „Der Rolenkavalicr". Außer Anrecht. Klavierabend Rachmaninoff- Wieder ein vollbesetzter Saal und eine begeisterte Konzert, und Kunstgemeind«. Es mögen auch viele Angehörige der Dresdner russischen Kolonie dabei gewesen sein. Rachmaninoff gehört noch zu den wenigen Vertretern einer großen Musikära. Aus seinem musikalischen Charakterbild hebt sich das Ge präge der Romantik und Ncuromantik mit bestechender Schärfe ab. Dos russische Kolorit tritt als besondere Eigenart binzu. Die vir- «uose, in allen Farben leuchtende Technik — sie löst sich bei ihm, im besten Sinne des Wortes, säst automatisch aus — ist für ihn nur die Trägerin einer bis ins'kleinste durchgeisticttcn Interpretation. Sein Spiel liegt — w«nn man sich so ausdrücken kann — nur in den Fingern und Im Kopse. Acußcrlichkcilen sind an diesem Pianisten auch nicht im geringsten Grade fcstzustellen. Eine marmorne Ruhe liegt über der ganzen Persönlichkeit. Aber von dem brodelnden und brausenden Innenleben bringt jeder Ton Kunde. Neben der gei stigen Durchdringung will aber das Herz auch sein Recht haben. Und Rachmaninoff gibt es ihm in vollstem Maße. Trotz aller plastischen Schärfe und Durchsichtigkeit des Gefüges in den Werken hört man überall den tvarmen unß impulsiven Herzschlag des Vollbluimusikers Wer ließe sich von einer derartig packenden Künstlerschaft nicht iott- reißen? Und so. gab es nach den einzelnen Werken — Back-Buwni (Zwei Orgelchoralvorspielc), Liszt lFantasie-Sonate), Chcnün (Fon. taste F-Moll, Rondo, Nocturne. Etüden und anderes), Nachnxmi- noff (4 Prcludien) — rauschende Beifallsstürme, so daß sich der Mei ster zu Zugaben entschließen mußte; denn die bis zur Gluthitze be geisterte Menge wich nicht. Als Tonsetzer hält sich Rachmaninoff ebenso wie als Pianist an den Zauber der Romantik. Mau opfert für ein einziges dieser Preludien gern einen ganzen Waggon neu zeitlicher Töncrei. Es war ein großer Abend! —Ist— Palmengarten. Ein gemeinsames Konzert mit Werken von Boch-Busoni, Brähms und Liszt, sowie Liedern von Schu bert, Brahms. Moussorgsky und Tschaikowsky veranstaffele» Elly Mehnert (Klavier) und Felicitas Eisold-Kaule (Mezzosopran). Ich hörte noch die „Rhapsodie Espangnola" von Liszt und Lieder von Moussorgsky und Tschaikowsky. Die Lisztsche Rhapsodie mit ihrem vielen äußerlichen Läuserwerk und dem rein virtuosen Charakter will uns heute schon recht bläßlich erscheinen. Elly Mehnerts temperamentvolles Klavier- spiel, ihre farbige Anschlagskunst und ihre treffliche Gestaltungs kraft gaben aber dennoch dem Werke ein« fesselnde Note, so dah die Pianistin starken Beifall ernten konnte. In Felicitas Eisold-Kaule lernte ich eine Sängerin kennen, deren Mezzo sopran eine warme, sympathische und sinnfällige Tongebung >eigt. Die heitere Gestaltung der Moussorgsky-Lieder gelang hr sehr gut. Das Weiterstudium muß aber besonders auf Be- eitigung eines hier und da auftretenden Tremolierens bedacht ein. Auch ihre Gaben fanden reichen, verdienten Beifall. Als einfühliger Begleiter bewährte sich Heinrich Nikolowski. -lst- Prof. Henri Martrau bringt in seinem einzigen Vlolinabcnb am Donnerstag, den 29. November 1928, abends 7.30 Uhr, im Har- monicsaale, Landhaussteraße 11, 1. folgende Violinwerke zum Vor trag: Sonate, Fis-Moll, von Reger, Partita, D-Moll, von I. S- Bach, Violinkonzert Nr. 3, G-Dur, von Mozart, aus 24 Capricen, op. 25, von Marteau, Carmen-Fantasie von Sarasate. Eintritts karten bei F. Ries, Seestroße 21, und im Konservatorium, L«md- hausstraße 11. 2.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)