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k»^»e Die grvhe aukenpvtttische Aussprache im Reichstag Eine lrübe Bilanz Berlin, 20. November. Reichsaußenminister Dr. Stresemann hat in der gestrigen Reichstagssitzung, die der Aussprache Uber die Außenpolitik gewidmet war, folgende Rede gehalten: Meine Damen und Herren! Nach längerem erzwungenen Fernhin habe ich zum ersten Male wieder die Ehre, vor Ihnen über die aktuellen Fragen der deutschen Außenpolitik zu sprechen Den für uns wichtigen Verhandlungen der September-Völker- bundstagung konnte ich nicht beiwohnen. Umso mehr fühle ich mich verpflichtet, meinen Dank dem Herrn Reichskanzler aus- mprechen. der, als mir die Teilnahme zu dieser Vollversamm lung des Völkerbundes unmöglich wurde, ohne Zögern meine Bitte erfüllt hat, an meiner Stelle an die Spitze der Delega tion in Eens zu treten. Mit meinem Dank an ihn möchte ich die Erklärung verbinden, daß ich für alle Schritte, die von Deutschland in den letzte» Monaten aus außenpolitischem Gebiete getan worden sind, mcinerseiio die volle Verantwortung mit Übernehme, und zwar nicht nur nach der formalen Seite sondern auch aus Grund der Ucbcreinstimmung der Anschauungen. Die Fragen, die seit unserer letzten Aussprache im Reichs tag den Gegenstand der internationalen Verhandlungen ge bildet haben und noch heute bilden, umspannen große und lebenswichtige Fragen unserer Außenpolitik. Lassen Sie mich drei Fragen in den Mittelpunkt meiner Erklärung stellen: Ich nenne die Frage der Räumung der besetzten Gebiete, der Abrüstung und vor allein die Frage der Lösung der Reparationssrngc. Diese Probleme sind infolge der letzten Entwicklung in ein neues Ctadnm getreten, das es mir notwendig erscheinen läßt, heute kurz hierzu grundsätzlich Stellung ssu nehmen. Die Deutsche Rcichsrcgierung hat vor der diesjährigen Vollversammlung des Völkerbundes die beteiligten Regierungen auf diplomatischem Wege davon in Kenntnis gesetzt, daß sie beabsichtige, in Genf die Näumungssrage offiziell aufzuwerfen Die Kritik dieses Schrittes, die sich darauf stützt, daß man einen Nichterfolg hätte vornussehen müssen, kann ich nicht als berech tigt anerkennen. Wir können diese Frage nicht aus den Ge sichtspunkten der Taktik und Opportunität behandeln. Der Zeitpunkt war gekommen, die Räumungsfrage aus der Sphäre inoffizieller und vertraulicher Besprechungen herauszubringen und unseren Anspruch den Besatzungsmächten gegenüber in aller Form geltend zu machen. Nicht nnr Deutschland, sondern auch Miteste Kreise des Auslandes empfinden die heute noch fort dauernde Anwesenheit fremder Truppen aus deutschem Gebiete als «inen krassen Gegensatz zu der Entwicklung der internatio nalen Politik in den letzten Jahren. Wenn wir von unserem rechtlichen, moralischen und politischen Anspruch auf alsbaldige Räumung überzeugt sind, mußte dieser Anspruch nicht nur in einseitigen Erklärungen im deutschen Parlament, sondern auch in offizieller internationaler Form der Gegenseite gegenüber zum Ausdruck gebracht werden. Wir brauchten und brauchen auch heute nicht zu fürchten, daß auch eine negative Klärung der Lage für die internationale Stellung Deutschlands irgend wie von Nachteil sein könnte. Auf den Verlauf der Genfer Verhandlungen in dieser Frage brauche ich nicht näher cinzugehen. Alles Wesentliche darüber ist in der Oeffentlichkeit bekannt. Ueber die Einzelheiten hat der Herr Rcikskanzler dem Auswärtigen Aus schuß in seiner zweitägigen Debatte ausführlich Bericht erstat tet. Ueber die Beurteilung des Ergebnisses sind wir uns, glaube ich. einig. Es ivar für das deutsche Volk eine tiefe Ent täuschung, daß wir mit unserem Anspruch in Genf nicht durchgcdrungen sind Die entscheidenden Argumente, die der Herr Reichskanzler dort vorgebracht hat, haben nicht diejenige Würdigung gefunden, die wir fordern mußten. Unsere Ver- haudlungsgegner haben vielmehr eine Auffassung vertreten, die wir rechtlich nicht anerkennen können und die politisch der Gegen satz zu einer Förderung der gemeinsamen Interessen der be teiligten Völker ist. Diese Auffassung der Gegenseite vermag an unserem eigenen Standpunkt nichts zu ändern. Nachdem die beteiligten fremden Negierungen der Eröffnung offizieller Ver handlungen über die Näumungssrage zugestimmt haben, wird Deutschland unbeirrt dabei verharren, daß es einen Anspruch aus alsbaldige Räumung des gesamten besetzten Gebietes hat und daß dieser Anspruch weder von der Lösung anderer Pro- tlcme, noch von sonstigen Bedingungen irgendwelcher Art ab- hiingt. Deutschland wird in seinem Rechte verletzt, solange die ser Anspruch nicht erfüllt wird. Es kann deshalb für uns nicht in Betracht kommen, für die Räumung politische Belastungen, deren Wirkung sich über die Dauerd er vertragsmäßigen Be- sekungsfristen erstrecken würde, in irgendwelcher Art auf uns zu nchmen. Ebenso wenig besteht für uns die Möglichkeit, die Räumung mit Gegenleistungen finanzieller Art zu erkaufen. Ich stelle mit Genugtuung fest, daß noch vor wenigen Tagen auch von maßgebender britischer Seite grundsätzlich anerkannt worden ist, daß es sich bei der Räumung der besetzten Gebiete und bei der Regelung der Repa- rativnsfrage um zwei völlig getrennte Dinge handelt. Wir müssen erwarten, daß sich dieser Standpunkt nun auch praktisch auswirkt und dazu sllhrt. Deutsch land endlich von den fremden Truppen zu befreien. Auch in den beteiligten fremden Ländern wird man erkennen müssen, daß iclbsi von ihrem Interessenstandpunlt aus eine weitere Auf rech''rhaltung der Besatzung nur eine Sch-inposition darstcllt, die sür sie keinerlei praktischen Nutzen hat. Wohl aber hat sie die Wirkung, daß die Besetzung der vertrauensvollen Zusammen arbeit in den Fragen der europäischen Politik wie eine hemmende Schranke im Wege steht. Man wolle sich darüber nicht im Zweifel sein, daß in den Augen des deut schen Volkes obnc Unterschied der Parteien der bisherige Ver laus der Räumunosvcrhandlungcn als ein Rückschlag erscheint, der das Vertrauen auf den guten Willen der Gegen seite ernstlich beeinträchtigen muß Das gilt auch für diejeni- acn Länder, di« es als ihre arundsähliche Aukknslnna bczeiih- ,! IlsrK« vor: pNor«-- > KalaI »8« konienIo8l I /aklun^serlelckterung! k ^ o I 0 - ' K>n,r»1s. I< u neb.LalL Künlx ^ nen, daß sie kein Interesse an der mrtteren Ausrechterhaltung der Besatzung hätten, die aber ihr« grundsätzliche Auslassung bisher in die Wirklichkeit nicht umgesetzt haben. Die freund lichen und zum Teil herzlichen Worte, die an die Adresse Deutsch lands gerichtet werden, verlieren ihr Echo in Deutschland da durch, daß ein freundschaftliches Zusammenwirken Deutschlands mit fremden Ländern moralisch nicht fundiert wer den kann, solange diese Freundschaft dem deutschen Volke durch die Waffen fremder Besatzungen versinnbildlicht wird. Es trägt ebenso wenig zu der Aufgabe des Kriegsgeistes und zum Vesten des friedlichen Zusammenwirkens bei, wenn der Waffenstillstandstag auf deutschem Boden von fremden Truppen parademäßig begangen wird, um dem deutschen Volke vor Augen zu führen, daß cs der Besiegte eines Weltkrieges ist. Ich muß zu meinem Bedauern feststellen, daß auch der Geist der Besatzung tn den Rh ein landen einen Rückschlag erfahren hat, der naturgemäß auch auf die deutsche Bevölkerung des besetzten Gebietes gewirkt hat. Jcd« Familie hat doch in den zehn Jahren der Besatzung an dauernden Lasten und Leiden genug für ein Menschenleben er fahren. als daß sie nicht erwarten könnte, daß dieser Zustand ein Ende findet. An den Verlauf der Genfer Verhandlungen sind in der Oeffentlichkeit Betrachtungen geknüpft worden, die in ihrer schärfsten Formulierung auf die Behauptung hinauslaufen, daß die in den letzten Jahren verfolgte deutsche Außenpolitik sich nun endültig als verfehlt erwiesen habe. Obwohl ich selbst soeben einen Rückschlag dieser Politik habe feststellen müssen, halte ich cs für notwendig» für ihre Grundlinie und deren kon sequente Fortsetzung hier in voller Oessentlichkeit einzutreten. Die Kritik dieser Politik basiert darauf, daß man uns vorwirst, dem Phantom einer Eroßmachtstcllung nachzujagen, das uns in die falsche Front wirklicher Großmächte führt. Man sieht in dieser Politik e ine feste Bindung an die west lichen Großmächte. Man sieht in unserer Politik die ängstliche Rücksichtnahme auf die Stimmung und Atmosphäre und wünscht sie zu ersetzen durch eine Politik nüchterner Wah rung deutschen Rechtes und deutscher Interessen. Mau hat hin- zugesiigt. daß es sür uns darauf ankomme, uns in freier Wahl die Unterstützung da zu suchen, wo sie zu finden sei. Gestatten Sie mir demgegenüber die Frage an Sie zu richten, ob die Dinge denn so liegen, daß diejenigen dem Phantom einer Eroß machtstcllung nachjagen, die die einzig mögliche Politik Deutsch lands in dem Willen zur vernünftigen, friedlichen Verständi gung auf der Grundlage der Gleichberechtigung sehen. Ist diese Politik nicht eine Realität gegenüber dem Phantom, zu glau ben, daß die uns fehlende Großmachtstellung sich mit negativen Protesten und Kraftworten erreichen ließe?' Würden wir denn in der Lage sein, unsere heutige Forderung nach Befreiung von militärischer Besetzung überhaupt ernsthast zu stellen, wenn wir in den letzten Jahren nicht gerade die Politik getrieben hätten, die jetzt als verfehlt hingestellt wird und dis doch erst die recht liche und politische Grundlage für diese Forderung geschaffen hat? Ja. ist diese Politik nicht die Grundlage für alle Forde rungen, die wir im Interesse unseres Landes stellen müssen? Ich kenne keine festen Bindungen an einzelne Großmächte, die gelöst werden müßten, um uns die notwendige Bewegungsfrei- keit rur friedlichen Verständtauna mit anderen Mächten Lu ver schaffen. Ich kann auch nicht zugeven, daß ein« ängstliche Rück sichtnahme auf Stimmung und Atmosphäre uns an der nüch ternen Wahrung der deutschen Recht« und Interessen gehindert hätte. Sie wißen aus der Politik, die wir getrieben haben, daß sie die Vertiefung und Nevanbahnang der Beziehungen zu Weltmächten in Ueberse« und im Osten, zu mittleren und kleineren Staaten geschaffen hat. Dabei war für uns nicht entschei dend. wie die Stellung dieser Mächte etwa zu den Westmächten gelagert war. Ich glaube deshalb nicht, daß man sagen kann, es sei notwendig, daß wir in freier Wahl eine politische Unter-, stiitzung da suchen.müßten, wo sie jemals zu finden sei. Ich seh« keine Unterstützung^ die uns irgendwie in der Weis« gewährt würde, daß sie uns an Stelle des angeblichen Phantom» ein«« Großmachtstellung die tatsächliche politisch« Machtstellung yäbe, die andere Mächte immer noch in der Ausrechterhaltung ihrer Rüstungen am ehesten gefestigt sehen. Ich möchte iin Gegenteil davor warnen. Möglichkeiten vorzutäuschen, die in Wahrheit nicht gegeben sind. Selbst wenn sich die Auffassung als richtig erweisen würde, von der die Kritik ausgeht, nämlich die Aust fassung, daß auch künftig der erforderliche gute Wille fehlen würde, den berechtigten Ansprüchen Deutschlands jetzt nachzu geben, so würde sich die Politik um so n/chr als notwendig er-, weisen, die wir durch die vertragsmäßig erfolgte Sicherung unserer Westgrenzen durchaeführt haben und die angesichts un serer völligen militärischen Machtlosigkeit allein für uns in Betracht kommen kann. Die Behauptung, daß dis Art des Berufsheeres für die heutige Zeit die beste Schlag fertigkeit verbürge, mag. was ich nicht beurteilen kann, theo retisch zutreffen. Für Deutschland steht sie im luftleeren Raum, da die Voraussetzung für jedes Berufsheer eine Bewaffnung ist, die wir nicht besitzen. Ich stehe nicht nur auf dem Standpunkt» daß allein eine Po« litik der friedlichen Verständigung und des Versuchs de» Wiederherstellung sreundschastlicher Beziehungen auch ,u un» seren früheren Gegnern eine absolute Notwendigkeit für di« deutsche Politik ist, sondern ich bin davon überzeugt, daß jeder Außenminister und jede Negierungskoalition, wie im mer sie anssche, durch den Zwang der realen Erwägungen jederzeit gezwungen sein würde, dieselbe Einstellung zu neh men, wenn sie sich nicht an der Existenz des Reiches versün« digrn wollte. Nun sind gegen die Wirkung der Verträge, die der Sicherung des Rheinlandes galten, in letzter Zeit vielfach Bedenken law: geworden, die im Zusammenhang mit den Verhandlungen stehen, die zwischen zwei Partnern des Rhein« pnkiesvonLocarno stattgesunden haben. Es ist verständ« lich, daß die Nachrichten über das sogenannte englisch-französische Kompromiß weitgehende Besorgnisse bervorgerufen haben. Man hat diese Besorgnisse nicht nur in oem Einfluß dieses Kompromisses auf die Weiterentwicklung des Problems der allgemeinen Abrüstung gesehen, sondern man hat sie auch darüber hinaus auf die Möglichkeit neuer für Deutschland bedrohlicher Mächtekonstellationen bezogen. Was zunächst die sachliche Seite des Abrüstungsproblems anbelangt, so ist der Standpunkt Deutschlands in nicht mißzuverstehende» Form von dem Herrn Reichskanzler und sodann von dem Grasen Bernstorss in Gens öffentlich dargelegt worden. Wir werden an diesem Standpunkt auch künftig festzuhalten haben. Das erwähnte Flottenkompromiß mit seinen Nebenabreden ist nach den Tatsachen, die letzthin bekannt geworden sind, als erledigt anzusehen. Aber es erscheint mir doch nicht überflüssig, auf einen grundsätzlichen Punkt auch heute noch hinzuweisen. So zweckmäßig es nach Lage der Dinge sein mag, daß di« allaemeinen Abrüstungsverhandlunaen in Eenk durck Sondyc. (Fortsetzung nächste Settels Die Kritik -er Opposition Matzvolle Kallung Abg. Gras. v. Westarp (Dn.s erhielt in der Aussprache als erster Redner das Wort ent sprechend der von Präs. Löbe neu angewandten Methode, die Redner nicht mehr nach der Fraktionsstärke einander solgen zu lassen, sondern zwischen Zustimmung und Opposition nb- wechseln zu lassen. Graf v. Westarp führt aus: Das Schlußergebnis der Gen fer Verhandlungen ist das: Die Friedensosfensive, die der Reichsaußenminister 1924/25 erösfnele, hat den von ihr er wartete» und den verheißenen Erfolg nicht gebracht. Die da durch eingeleitete Episode der Politik von Locarno hat ihren negativen Abschluß gesunden. Trotz der Erklärungen der eng lischen und französischen Staatsmänner, durch die das ossizielle englisch-französische Militärabkommen erledigt wurde, ist das Vertrauen zu England als einem unparteiischen Garanten unserer Westgrenze nicht wiederhergestellt. Gewiß, eine for mell-rechtliche Verpflichtung Englands besteht nicht: aber ohne formell-rechtliche Verpflichtung ist England 1914 an Frankreichs Seite gegen Deutschland in den Krieg gezogen, ohne formell- rechtliche Verpflichtung wird es weiter den sranzösischen Stand punkt in der Rüstungsfrage unterstützen. Da ist es eine starke Zumutung selbst an deutsche Vertrauensseligkeit, wenn man von uns noch Vertrauen zu England als Garanten der Sicher heit unserer Westgrenze erwartet. Die Tragikomödie der Ab rüstungsverhandlungen hat ihren Abschluß gefunden durch die rücksichtslose Erklärung Briands, daß Deutschland aus dem Locarnopakt keinen Anspruch aus frühere Räumung herleiten können. Diese Erklärung schuf Klarheit darüber, daß die Locarnopolitik ihren Zweck versehlt, daß sie den Erfolg nicht erreicht hat, den man sich davon versprach. Ans diesem negativen Ergebnis sollten von unserer Negie rung die richtigen Schlüsse für die Zukunft gezogen werden. Die „Germania" hat ja schon seftgeitellt, daß der „weist von Locarno" zum Schemen geworden sei. Wir haben es begrüßt, daß Reichs kanzler Müller durch seine scharfe Anmeldung unserer Forde rungen in Genf dazu beigetragen hat die unbarmherzige Klar heit herbcizufuhren. Er hat leider diesen richtigen Weg ver lassen durch das Abkommen vom 16. September über die weite ren Räumungs- und Neparationsverhandlungen. Die Zustände im desetzren Gebiet sind unerhört und unmöglich; aber dennoch sind wir mit der ganze» Bevölkerung dieses Gebietes darin einig, daß eine Abkürzung der Besetzung unter keinen Umstünden durch neue deutsche Dauerleistungeu erkaust werden darf. Scharfen Protest müssen wir einlegen gegen die Sonderverhandlungen, die die Abgg. Dr. Vreitscheid und Georg Bernhard in Eens mit Briand geführt haben. Sie haben dadurch die Stellung der deutschen Delegation schwer geschädigt. Wir müssen uns für die Zukunst solche Seitensprünge der beiden Herren ganz ent schieden verbitten. Wenn beiden künftigen Verhandlungen die Reparations- frage mit der Näumungssrage verquickt werden soll, dann sollte unsere Regierung erklären, daß sie an solchen Verhandlungen überbaust kein 3nterel!e mebr bat. Der von Frankreich bisbe» eingenommene Standpunkt ist sü'r uns ganz unannehmbar. Di« Kriegsschuld der Alliierten an Amerika geht uns ganz und gar nichts an. Wenn wir über die schweren Schädigungen, die uns durch das Versailler Diktat und die weiteren Maßnahmen der Entente zugefügt wurden, eine Eegenrechnung aufmachen. so ist Deutschlands Reparationsschuld schon getilgt. Wir müssen bei den Verhandlungen wirklich obiektive wirtschaftliche Sachver ständige hören. Zerstört werden muß das Scheinbild von der wirtschaftlichen Blute Deutschlands und das trügerische Schein- bald, daß der Dawesplan bisher gut funktioniert habe. Tat sächlich ist die deutsche Wirtschaft heute schon so in ihrer Kraft herabgedriickt, daß sie dem deutschen Arbeiter nicht den Lebens standard geben kann, der ihm gebührt. Nur die 10 Milliarden Ausländsanleihen haben das Trugbild aufrecht erhalten, daß der Dawcspakt funktioniert habe. Wenn die wahre Lage in den , kommenden Verhandlungen nicht ausreichend berücksichtigt werde, dann werde sich das mit unerbittlicher Härte rächen. Deshalb müßten die Pläne abgelehnt werden, die sich aus die sogenannte Kommerzialisierung beziehen. Reparationsschuld ohne Transserschlltz würde der Gewaltpolitik Frankreichs den Vor wand liefern können zu Sanktionen und dazu das Rheinland weiter als Pfand zu behalten. Wir erwarten bei den Ver handlungen also ein sür Deutschland annehmbares Ergebnis nicht. Wenn es aber zu unmöglichen Forderungen kommt, er warten wir z»m ersten Mal ein deutsches Nein. (Lebst. Beifall rechts.) Die Forderung der Revision des Versailler Vertrages werde aufrecht erhalten. Der Redner betont besonders die Ün- haltbarkeit des polnischen Korridors. Die Gesahr für Ostpreußen werde von Tag zu Tag größer. Der Redner fordert zum Schluß, daß der Widerruf der Kriegsschuldlüge an die Spitze der Repa rationsverhandlungen gestellt werde. Es folgte als nächster: Redner Abg. Dr. Kaas (Zen trum), dessen Ausführungen wir an anderer Stelle wie dergegeben haben. Es kamen dann noch die Sprecher der demokratischen Fraktion und der Wirtschastspartei zu Wort. Abg. Dr. Dcrn- burg (Dein.) betonte, daß die deutschen Re»>aratio»e» sich nach der deutschen Leistungsfähigkeit richten müßten. Das deutsche Steueraufkommen biete kein richtiges Bild dieser Leistungs fähigkeit, »veil die Steuern vielfach von der Substanz genom- men würden. Abg. Dr. Bredt (Wirtschastsp.) unterstrich die Nouvendig- keit der Verständigungspolitik. Die Wirtschaft sei heule viel mächtiger als die Bajonette. Der Krieg als Fortsetzung der Politik sei durch den Kellogg-Pakt unmöglich gemacht. Zwar könne von einer allgemeinen Slbriistung noch nicht die Rede sein, aber cs stehe fest, daß die Kämpfe der Nationen jetzt auf das Wirtschaftsgebiet übertragen und die militärischen Macht- mittel nicht mehr die entsck>cidenden seien. Die Wirlsck>asts. Partei habe viel Bedenken gegen die Außenpolitik, sie habe diese Bedenken aber zurückgestellt, weil in der Außenpolitik eine Einheitsfront notwendig sei. — Die Beratungen wurden dann auf Dienstag vertaat.