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Nummer 269 — 27. Jahrgang krichen» 'ma> wschenti. mt> den Illuslr. Gratisbeilagen »D>« Veit' und .Für »Niere kleinen Leute', towie den rertbetiagen ,kt. Benno-Blatt'. .Unterhalt»»» „nd Misten'. .Dte Well der zmu', .Aerztltcher Ratgeber' Da» gute Buch' .Fiimrimd. kljau'. Monatlicher BezugSvrrts 8 Mt. etnlcht. Bestellgeld. ki»ie!nmmner IN 4 Sonnabend' n. Sonntagnnmmer 20 / Hmwtschrtttlelter. Dr. <F. Desc,t>k. Dresden. // Sonntag, den 25. November 1928 >Urrlagsor«i Dresden Anzeigende«!'», Die igelvaltene Petitzelle 8« 4. Familien. an,elge» n.Stcllenaeliiche 2N4. Dle Pelttreklamezeü«.Mmm breit I Für Slnzeigen aukerbalb des Verbreitungsgebiet»* SN ^. die Pstilretlamezelle I .!INSt. Oftertengeb.2N 4. Im Falle HSberer Aewalt erliicht ,ede Vervlltchiung aus Ltetenmg lowt« Erfüllung d. Nnzeiae».Aullrügen u. Leistung v. Schadenersatz. B»schü<tlichei Teil Art»» Lenz. Dresden MeschästSftell«, Drucku.Verlag! «ermanta.St.-G. ,ür Verlag »nd Druckerei, Filiale Dresden. DreSden.it. 1. VolierslrakeN. FernrutSIVlS. Vostschecklonlo Dresden 77»? Bankkonto Stadtbane S>r »I7V Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volkszettung Dresden-Mtstadi 1 Volierstratze '7. Fornn» 2M>> »nd »IM» Sächsische Schulpolilik Zum bevorstehenden Wechsel im sächsischen Volks bildungsministerium. Der sächsische V 0 l k S l> i l d >1» g s m i n i st e r D r. Kaiser lütt für Alifang 1929 scincii Rücktritt von seinem Ministcrpostc» angckiindigt. Er ist dann volle fünf Jahre der verantwortliche Leiter der sächsischen Schulpolitik gewesen. Von verschiedene» Leiten ist diese f ü » f j ii l> r i g c Amtsführung bereits kri tisch gewürdigt worden, bisher meist in zustimmendem Sinne. Wir haben dem Minister die Anerkennung nicht versagt, das? er die sächsische Schulpolitik, die in den Jahren der Staats»»,Wäl zung tief erschüttert worden war, in ruhigere, sachlichere Bahnen ziitt'ulgcführt hat. Wir wollen ebenso freimütig anerkennen, daß Tr. Kaiser i» einzelnen Fällen aiich Verbesserungen dnrchgcsclit hat, die im Sinne der neuen Rcichsverfassung liegen. Es gibt aber noch so manche wichtige, ja grundlegende Frage, die Tr. Kaiser ungelöst seinem Nachfolgcr überlässt- Hierzu muß ange sichts des bevorstehenden Personenwechsels ein offenes, grnnd- säliüchcs Wort gesagt werde». Bolksbildungsminister Dr. Kaiser hat im Land tag eine sehr ausführliche Lob- und Verteidigungsrede üuf den neuen sächsischen L a n d e s l e h r p i a n ge holten. Danach könnte man der Meinung sein, im säch sischen Volksschulwesen wäre alles in bester Ordnung. Hat es doch Dr. Kaiser als ein Ereignis von größter Be deutung gepriesen, daß der neue Lehrplan nach dem Tcheitern des letzten Reichsschulgesetzentwurfes ein Lehr plan für alle Volksschulen bleiben konnte; d. h. aber der diplomatischen Sprache entkleidet soviel als: Gott sei Dank, daß das Neichsschulgesetz nicht zustande gekommen ist. Haben wir doch auf diese Weise unsere sächsische „Ge meinschaftsschule", die auf das Uebergangsschulgesetz vom 22. Juli 1919 zuriickgeht, auf absehbare Zeit vor der Zer schlagung beschützt. Dieses offene Bekenntnis des sächsischen Volksbil- dungsministers zu dem liberalen Gedanken der staat lichen Einheitsschule ist dein Eingeweihten nicht neu. Bemerkenswert ist aber die besondere Wärme, mit der Dr. Kaiser in der oben genannten Verteidigungs rede für die kulturpolitische Erbschaft der Umsturzjahre eingetreten ist. Es liegt uns fern, auch nur im geringsten unterstellen zu wollen, daß dem Volksbildungsministe- riuin irgendeine Illoyalität oder eine Brüskierung von Ersetzen im Sinne gelegen habe. Die Dinge liegen sicher so, daß das Volksbildungsministerium in seiner Politik sich rein formaliter stets auf die vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen berufen kann, an deren Ausführung es gebunden zu sein glaubt. Insbesondere ist rein formal rechtlich nichts dagegen einzuwenden, wenn die sächsische Regierung fast alle ihre schnlpolitischen Maßnahmen bzm. ihre Unterlassungen auf diesem Gebiete mit einem Artikel der Reichsverfassung, dem berühmten Sperr- artikel 174 zu decken sucht, der für die gesamte deutsche Schulpolitik versügt: „Bis zum Erlaß des in Artikel 146 Abs. 2 vorgesehenen Reichsgesetzes (also des Neichsschulgesetzes) bleibt es bei der bestehenden Rechts lage." Formaliter hat der Minister mit dieser Deckung durch den Artikel 174 der Reichsverfassung recht. Aber ma» rühre nicht daran, und frage nicht danach, was ma teriell dieser Artikel 174 allein in Sach se» z u verdecken und zu verantworten hat. Via» nehme diese Hülle des Artikels 174 fort und man wird in schulpolitischer Hinsicht ein Chaos entdecken, das wohl !m ganzen Deutschen Reiche seinesgleichen nicht haben dürfte. Je länger das Reichsschulgesetz ausbleibt, umso verheerender muß sich dieser gesetzlose Zustand für die Schulpolitik eines Landes answirken, in dem man uuler der Psychose der Staatsumwülzung in völlig über eilter Weise die ganze Schnlgesetzgebung auf den Kopf gestellt hat. Man erinnere sich nur daran, daß durch das Uebergangsschulgesetz vom 22. Juli 1919 der Reli gionsunterricht zunächst ganz abgeschafft worden war, nachdem eine Verordnung vom 2. Dezember 1918 de» Katechismus-Unterricht beseitigt und die Zahl der Religionsstunden in der Woche auf zwei herabgesetzt hatte. Erst durch eine Entscheidung des Reichsgerichtes wurde damals die Verfassungswidrigkeit die- Keu!e: Die Well (Illustrierte Wochenbeilaael Kirche und Wett Filmrundschau Turnen. Sport und Spiel Die Rahmengesetze für Grun-fteuer und Gewerbesteuer vom Reichsrat angenommen Sachsens Protest Berlin, 24. November. Der Reichsrat hielt gestern nachmittag unter dem Vorsitz des ReichssinanZministers Dr. Hilferding eine Voll sitzung ab, die sich in der Hauptsache mit dem Gesetzentwurf über die Vereinheitlichung des Steuerrechts (Steucrvereinheitlichungsgesetz) befaßte. Nachdem zunächst die Gesetzentwürfe über die Vereinigung von Waldeck mit Preu- und über die Verlängerung des Steuerinilderungsgesetzes um ein weiteres Jahr angenommen wurden, befaßte sich der Reichs rat mit einem Gesetzentwurf zur Ausführung der Empfehlungen der Weltwirtschaftskonferenz. In der Schlnßabstimmnng wurde diese Vorlage gegen die bayerischen Stimmen angenom men Dann folgt die Beratung des sogenannten Stenerverein- heitlichnngsgesetzes. Zunächst gab ein Vertreter Sach sens einen Antrag seiner Negierung ans Vertagung der Angelegenheit bekannt, in dem die sächsische Regierung ihre Stellungnahme davon abhängig macht, das die Reichs- regiernng vor der Abstimmung eine Klärung des ganzen finan ziellen Verhältnisses zwischen Reich, Ländern und Gemeinden in den kommenden Jahren herbeiführt. So lange diese Be dingung nicht erfüllt sei, könne die sächsische Regierung sich nicht entscheiden, ob sie dem Gesetzgebungswerb zustlmmen oder ob sie cs ablehnen müsse. Der Neichssinanznnnlster Dr. Hilfer ding erklärte, er sei nicht in der Lage, namens der Reichs- regjernng weitere Erklärungen abzugeben. Der sächsische Ver- laglingsaiitrag wurde abgelehnt. In der Aussprache wandten sich die Vertreter Sachsens, Bayerns, Württembergs und Oldenburgs gegen das Gesetz. Es folgte die namentliche Abstimmung zunächst über das G r nnd- st e n e r r a h m e n g e s e tz, dos mit 49 gegen 25 Stimmen an genommen wurde, nachdem der verfassungsändernde Charakter dieses Gesetzes mit 40 gegen 28 Stimmen abgelehnt worden war. Auch beim Gewerbe st c n errahmengese tz wurde zunächst die Frage des verfassnngsündernden Charakters mit 40 gegen 28 Stimmen in namentlicher M'stimmnng abgelehnt, das Gesetz selbst wurde mit 43 gegen 25 Stimmen angenommen. Das K eb ä u d e e n t s ch u l d n n g s st e u e r g e s o tz fand zwar eine Mehrheit, da 84 stimmen dafür und nur 8t dagegen waren. Da es aber m'rfassnngsändernden Charakter trägt, wurde es abgelehnt. Das Steueranpassnngsgesetz, über das alsdann abgcstimmt wurde, wurde mit 43 gegen 25 Stimmen angenommen, nachdem der verfassungsändernde Cha rakter von der Mehrheit des Reichsrates ebenfalls verneint worden war Das Gesamtsteuervereinheitlichungsgesetz wurde hieraus in namentlicher Schlußabstimmung mit 42 gegen 28 Stimmen angenomme». Das Gcbändeenlschuldnngsstenergesetz wird bei der Vor lage im Reichstag also gesondert zur Abstimmung gebracht werden müssen. Die Reichsregierung dürste sich aber vorbohal- ten, dem Reichstag eine Doppelvorlage zu n»terbrei:on, di« eine Wieöereinfügung dieses Gesetzes in das Rahmengesetz erlaubt. Brvkkdorfs-Rariyaus Nachfolger Berlin, 24. November, Wie in Berliner politischen Kreisen verlautet, ist nunmehr als der endgültige Nachfolger von Brockdorff- Nantzaus der Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Dr. Herbert von Dirksen ausersehen. Das Aggrement sei zwar offiziell noch nicht oachgesucht, aber bei dem Vortrag, den der Neichsanßenminister Dr. Stresemann am Donnerstag dem Reichspräsidenten hielt, sei die Ernennung beschlossen worden. Von unterrichteter Seite werden lm übrigen diese Verlaut barungen bestätigt. Die Zahl der für den Moskauer Botschaf terposten in Betracht kommenden Diplomaten war zuletzt bis ans zwei znsammengeschmolzen. Es standen nur noch der Bot schafter in Angora. Nadolny, sowie Herr von Dirksen zur Debatte, Man hat sich nun sür Herr» von Dirksen entschieden, der seit dem großen diplomatischen Revirement !m Auswärtigen Amt zu Ostern dieses Jahres der Leiter der Ostabtei, l n n g des Amtes geworden war. Dr. Herbert von Dirksen steht !m 46. Lebensjahre und ist ans dem preußischen Verwaltungsdienst hervorgcgangen. Erst nach dein Kriege trat er in den Dienst des Auswärtigen Amtes ein. 1020 war er der Gesandtschaft in Warschau zugeteilt. Seit 1021 ist er mit einer zweijährigen Unterbrechung, die er als Generalkonsul in Danzig verbrachte, im Auswärtigen Ami tätig gewesen. Der neue Botschafter in Moskau hat jedenfalls ausreichend Gelegenheit gehabt, die Ostsragen gründlich kennen- znlerncn. ser Bestimmung festgestellt und eine völlige Verdrängung des Religionsunterrichtes aus der Volksschule verhindert. Im übrsgen aber sind diese Umsturzgesetze noch voll in Kraft und das Ministerium, das inzwischen eine ganz andere politische Struktur erhalten hat, fühlt sich auch heute nach voll an diese Umsturzgesetze gebunden. Das hat sich besonders bei der Herausgabe des neuen Landes lehrplanes gezeigt, der auf der Beseitigung des Katechismus-Unterrichtes und der grundsätz lichen Beschränkung des Religions-Unter richtes ans zwei Wochenstunden besteht. Der teilweise gesetzlose Zustand zeitigt kuriose Ver hältnisse. Bekanntlich ist dem Oberhaupt der kath. Kirche in Sachsen, dem Bischof von Meißen, die Einsicht nahme in den Religionsunterricht verboten worden. Da mit hat man ein beispielloses Vakuum geschaffen: Es ist in Sachsen keine Amtsstelle vorhanden, die inhaltlich die Verantwortung für den katholischen Religionsunterricht trägt. Der Staat als solcher ist offenbar weder befugt noch be fähigt, irgendeine inhaltliche Aufsicht über den katholi schen Religionsunterricht auszuüben, wie sie doch sonst in jedem, auch dem unbedeutendsten Unterrichts gebiete, durch besondere Fachkräfte durchgesührt wird, und im Interesse eines planmäßigen gedeihlichen Unter richtes auch durchgesührt werden muß. Rur im Religions unterricht gibt es seit den Umsturzjahren keine derartige Instanz. Trotz der Unhaltbarkeit dieses Zustandes, trotz des Artikels 149 Abs. 1 der Reichsverfassung, der sehr eindeutig besagt: „Der Religionsunterricht wird in U e b e r e i n st i m m u n g mit den Grundsätzen der betreffenden R e l i g i o n s g e s e I l s ch a f t unbeschadet des Aufsichtsrechtes des Staates erteilt." Professor Giese weist in seinem Kommentar zur Reichs verfassung ausdrücklich auf das Protokoll des Dersas- sungsausschusses der Nationalversammlung hin, das zu der genannten Verfassungsbestiinmung erklärend be merkt: „Es muß ein Religionsunterricht sein, der seinen Inhalt von der Kirche hersetztet und mit den kirchlichen Grund- und Leitsätzen i » Uebereinstim- mung bleibt, weil sie die allein Sachverstän dige ist." Die Erfüllung dieser selbstverständlichen Ber« fassungsvorschrist aber ist in Sachsen bis heute unmög lich, weil keine Instanz da ist, die darüber zu entscheiden hält?, ab der erteilte Religionsunterricht mit den kirch lichen Grund- und Leitsätzen in Uebereinstimmung steht oder nicht. Die nach der Verfassung allein sachverständige Kirche ist in Sachsen von dieser Prüfung vollkommen ausgeschaltet. Der Staat aber kann und will sicher auch nicht für de» Inhalt des katholischen Religionsunter richtes als Sachverständiger angesehen werden. Wer trägt also in diesem Falle die Verantwortung? Wenn der Standpunkt der Regierung sich nicht ändern, ein Reichs- schulgesetz in absehbarer Zeit aber nicht zustande kom men sollte, dann würde in Sachsen der grundsätzlich sehr wichtigen Verfassungsbestimmung aus Artikel 149 offen bar niemals Rechnung getragen werden können. Das ist eine Auffassung der Dinge, die der Reichsver» fassung und dem gesunden politischen Ur. teil in gleicher Weise zuwiderläust. Handelt es sich doch beim Religionsunterricht um ein außerordent lich wichtiges und ganz besonders geartetes Unterrichts fach, so daß man hier die Dinge einfach nicht jahrelang in gesetzlosem Zustand belassen und dem Zufall über antworten kann. Bei der Abfassung des Artikels 174 haben die Schöp fer der Reichsverfassung alles andere im Sinne gehabt als eine Sanktionierung von kulturpolitischen Revolu tionsgesetzen. Dann heißt es aber auch dem klaren Sinn der Reichsverfassung Gewalt antun, wenn eine Landes regierung'sich mit Berufung aus jenen Artikel 174 so tief einschneidende Eingriffe in den Religionsunterricht er laubt, wie die Abschaffung des Katechismus. U n t e r r i ch t e s. Wa in aller Welt bleibt hier das Ein vernehmen mit der Religionsaesellschaft^ Warum ruft die sächsische Regierung nicht die Entscheidung eines Obersten Gerichtshofes an, wen» sie schon glaubt, daß in solchen Fällen der Wille des Gesetzgebers zweifelhaft sein könnte? Mit demselben Rcctff mit dem das Reichsgericht gegen die Abschaffung des Religionsunterrichtes durch das Uebergangsschulgesetz von 1919 sein Veto eingelegt hat, müßte es doch heute d,r Abschaffung des Katechis- m s-Unterichtes durch einen einseitigen Akt der Staats- reglerung als Uebergriff in das versussungsmüßig ver«