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Die Kalholiken in England n (Schluß.) l.. London, November. Die katholischen Echulforderungen an den Staat sind im ersten Artikel nur gestreift worden. Gegenwärtig, wo eine Wahlkampagne all die Volkswünsche wieder wachruft, die sonst vor lauter Staatsgeschäften nicht zu Worte kom men, wird die katholische Front durch diese Schulfrage in lebhaftester Bewegung gehalten. Die Kompromisse, die zwischen 1900 und 1910 mit der bestimmter auftretenden Erziehungsgewalt des Staates geschlossen werden mußten, sind, wie so vieles Englische, nicht nach ihren heutigen Wir kungen allein zu beurteilen. Den Katholiken wurden da mals die Baukosten ihrer Bekenntnisschulen zugleich mit den unterrichtlichen und anderen staatlichen Mindestanfor derungen auferlegt. Diese unter konservativer und libera ler Aegide durchgeführte Regelung wurde als erträglich empfunden, solange sie den Anschein der Stabilität behielt. Are tatsächliche Instabilität konnte jedoch nicht lange ver borgen bleiben. Sie ist eine der vielen Folgen jenes Ueber- gangs der politischen Macht auf immer breitere Volksschich ten, der die jüngere englische Verfassungsgeschichte kennzeich net. Die steigenden Ansprüche an das staatliche Erziehungs- wesen, die daraus resultierten, haben auch den weltlichen Standard der Bekenntnisschulen in die Höhe getrieben und nach und nach die Katholiken vor unerfüllbare finanzielle Forderungen gestellt. Die Preisrevolution der Kriegs und ersten Friedensjahre, die nirgendwo nachhaltigere Wirkungen hinterliest als gerade auf dem Baumarkt, hat «in übriges getan, um das alte System unhaltbar zu machen. Siebenmeilenschritte auf dem Gebiet der staatlichen Schulreform, wie sie von Sachverständigenausschüssen immer wieder angeregt werden, stehen allerdings schwerlich in Aussicht, nicht so sehr, weil England von den Konservativen regiert wird, als weil seine Finanzpolitik nicht dazu an getan ist. Nichtsdestoweniger sind die Katholiken unter den beschriebenen Umstünden mehr und mehr in die unerfreu liche Zwangslage gedrängt worden, in puncto Schulreform^ prinzipiell bremsen zu müssen. Auch für den Staat, der das Geschenk der baulastenfreien Bekenntnisschulen bis heute lediglich mit dem abstrakten Gegenwert religiöser Unter richtsfreiheit quittiert, hat dieser Zustand seine Schattenseiten. Aber das englische Schulwesen ist organisa torisch noch nicht so erstarrt, daß Abhilfe unmöglich sein sollte. Gegenwärtig versucht die katholische Wählerschaft auf Anraten des Episkopats, die Kandidaten der politischen Parteien persönlich für ihre Forderungen zu gewinnen, iklrch Kardinal Bourne haben diese auch bereits wohldurch dachte praktische Gestalt gewonnen: er schlägt staatliche Stipendien vor, die nach Bedarf und Zahl der Schüler bemessen, aber ohne persönliches Verfüg» ngs- recht der Eltern von den Behörden unmittelbar den katholischen Bekenntnisschulen zugewiesen werden sollen. Kurz, die katholische Schul- und Finanzfrage ist, für jeder mann sichtbar, wiederaufgeworsen und wird, zum minde sten mit jedem Wahlgang, immer dringlicher werden. Es ist natürlich, daß in dieser Angelegenheit manches fchars« Wort füllt! Aber wenn-auf irgendeinem Gebiete katholische Eigenwilligkeit Hand in Hand mit staatsbürgerlicher Willig keit geht, so hier. Die Schulfrage ist freilich ein gutes Bei spiel dafür, wieviel rein politisches Denken von den eng lischen Katholiken gefordert wird. Nach allem, was über die landschaftliche Verteilung der katholischen Minderheit, deren geschichtliche Ursachen und das fortdauernde Uebergewicht der industriellen Be völkerung unter den Katholiken gesagt worden ist, kann es niemanden verwundern, daß die Kirche viele Freunde in der Labour Party hat. Mr. Wheatley. der längere Zeit der Mann zu sein schien, MacDonald selbst den Führerrang abzulaufen, ist Katholik und Sprecher einer ebenso gläubi gen wie politisch radikalen schottischen Arbeiterschaft. Aber er ist durchaus keine Sondererscheinung. Die Private Bill (Jnitiativentwurf), die vor zwei Jahren mit den meisten übriggebliebenen Ausnahmebestimmungen gegen die Katho liken aufräumte, wurde allerdings von einem konservativen ADgeokvneten ekngebracht. Aber eine Privat« Bill ist, par lamentarisch gesprochen, immer ein zartes Gewächs, auch wenn sie aus dem Boden der Regierungsmehrheit keimt; Kardinal Bourne hat damals viel Zeit und Mühe für das Gedeihen der kleinen Reform aufwenden müssen, und die Unterstützung, die er im Unterhaus und draußen bei Sir Henry Slesser (1934 Solicitor General im Kabinett MacDonalds). Kenworthy und anderen Labour-Abgeord- neten fand, war daher nicht gering anzuschlagen. Hie und da vermag der katholische Gesichtspunkt sich sogar in inter nen Angelegenheiten der Partei noch eine gewisse Geltung zu verschaffen. Beispielsweise hat «ine sonst nicht unbe deutend« Gruppe von Bevölkerungspolitikern bis heute nicht durchsetzen können, dast planmäßige und behördlich be günstigte Geburtenbeschränkung zum offiziellen Programm punkt der Labour Party erhoben wurde. Die überaus bunte weltanschauliche Zusammensetzung der Partei kann jedoch den Gedanken nicht aufkommen lasten, ein so einschneidendes katholisches Interesse, wie es in der Schulfrage vorliegt, der besonderen oder gar der ausschließlichen Sorge der Labour Party anzuvertrauen. Erst recht ist natürlich weder im liberalen noch im konser vativen Parteiprogramm Platz für exklusive katholische Schulpropaganda. Die Katholiken versprechen sich daher die Verwirklichung ihrer Vorschläge am ehesten noch von einer „aki-ssck di»", einen Entwurf, für den durch private Abmachungen zwischen den Parteien der Weg freigemacht werden und der unter solchen Umständen auf das Wohl wollen, wenn nicht auf Adoption seitens einer beliebigen Regierung rechnen könnte. Das Verhältnis der Katholiken zur Parteipolitik, das größere Problem also, das sich hinter der Schulfrage auftut, macht in diesen Wahlmonaten viel von sich reden. Viel Kopfzerbrechen über die Frage wird jedoch durch das zahlen mäßige Verhältnis und die selbstgewühlte nationale Mlssionsaufgabe vorderhand überflüssig gemacht; in der katholischen Presse gibt es keine Meinungsverschiedenheiten darüber. Sie weist alle parteipolitischen Bindungen von sich und besieht darauf, daß die staatsbürgerliche Pflicht als individuelle Gewissensfraae aufaefastt werde. Die führen den englischen Katholiken ziehen die ganzen Konsequenzen dieser Neutralität und entmutigen auch Ansätze zur Bildung einer selbständigen Katholikenpartei, obgleich diese z. B. in der Lokalpolitik des Nordens durchaus nicht etwa ein Scheindasein führen würde. Die Absicht ist nicht, sich ein für allemal zur politischen Zersplitterung zu verur teilen. Die englischen Katholiken find sich klar darüber, daß ihr Beispiel nichts Allgemeingültiges hat, und daß sogar auch für sie Umstände eintreten könnten, unter denen sie, wie die Katholiken anderer Länder, politische Ausdrucks form für ihre Weltanschauung suchen müßten. Aber die all bewegende Katholikenfrage, die dazu führen oder auch nur einen geschlossenen Wahlkörper aus den Katholiken machen würde, ist heute nicht vorhanden. Und kein Zeitpunkt könnte natürlich für Parteigründungen ungünstiger sein als der gegenwärtig« Augenblick, wo in England die Frage: Gruppen- oder Zweiparteiensystem? auf des Messers Schneide steht und sicher die meisten Engländer das Heil von einer Entscheidung im letzteren Sinne erwarten. «eligion-slMik in ll. S. A. Eine höchst interessante Uebersicht über die in den Jahren 1916 bis 1926 innerhalb der Religionsgemeinschaften der U. S. A. vollzogenen Verschiebungen ergibt eine Veröffentlichung des Washingtoner Statistischen Amtes. Danach beträgt der Zu wachs sämtlicher Religionsgemeinschaften 1926 gegenüber 1916 rund 16 Millionen Seelen. Es existieren in den U. S. A. 213 religiöse Körperschaften mit 231 983 Einzelorganisalionen und 5,4 624 976 Mitgliedern gegenüber 296 Körperschaften mit 226 718 Einzelorganisationcn und 41 926 854 Mitgliedern im Jahre 1916. Weitaus an der Spitze steht sowohl absolut, wie hinsichtlich des Zuwachses in den fraglichen zehn Jahren die römisch- katholisch« Kirche mit einer Eesamtmitgliederzahl von 18 665 663 Seelen gegenüber 15 721 815 ini Jahre 1916, also einem Zuwachs von fast 3 Millionen Seelen. Die Zahl der katholischen Kirchen heträat 18 946 gegenüber 17 375. Leipziger Sender Sonntag. 18. November: 8.30 Uhr' Orgelkonzert. 9 Uhr: Morgenfeier. 1100—13.30 Uhr: Schubertfeier der österreichischen Bundes regierung. 13.30 Uhr: Schallplattenkonzert. 14.00 Uhr: Stimmen der Auslandsp^,,». Danach Auslondsspicgcl. 14 45 Ilhr: Sprachecke des Deutschen Sprachvereins. 15.00 Uhr: Heiteres Konzert. 17.00 Uhr: Liefe! Simon mit ihrem Münchener Kasperltheater., 18.30 -19.15 Uhr. Oberpräsident der Provinz Sachsen Profess sor Dr. Waentig, Magdeburg: „Wirtschaft und Kunst" 19.30 Uhr: Aus bekannten Operetten. 20.30 Uhr: Orchesterkonzert. 22.00 Uhr: Sportfunk. 82.30— 06 30 Uhr. Tanzmusik. Montag, 19. November: 13.05 Uhr: Mitteilungen des Deutschen Landwirtscliostsrates. 14.60 Uhr: Schallplattenkonzert. 14.55 Uhr: Frostmeldungen. 15.60 Uhr: Dr. Arno Schirokauer, Leipzig: Literarische Um« schau: „Theater und Theaterpublikum". 16.30 Uhr: Konzert. 18.20 Uhr: Wettervoraussage, Zeitangabe und Arbeitsnachweis 18.30— 18.55 Uhr: Studienrat Friede!, Lektor Mann: Englisch für Anfänger. (Deutsche Welle, Berlin.) 19.00 Ubr: Dr. Dietzel. Leipzig: „Entdecker der Weltgeschichte; Bartolm. Diaz" 19 36 Uhr: Prof. Dr. Paul Haake, Berlin: „Sachsen zur Zeik August des Starken" III. 26.06 Uhr: Prof. Dr. Eugen Schmitz, Dresden: „Franz Schubert und das deutsche Haus". 86 30 Uhr: Seltene Orchesterwerke Schuberts. 22.00 Uhr: Pressebericht und Sportfunk. 22 15- 24 60 Uhr: Deutsche Tänze. Es folgen die verschiedenen protestantischen Sek« t c n, unter denen die Baptisten den ersten Platz cinnchmen. Die Baptisten des Nordens zählen 1 289 966 Mitglieder, die des Südens 3 524 378, die Neger-Baptisten 3196 623, die „Jünger Christi" 1 377 595, die Vereinigte Lutherische Kirche von Ame rika 1 214 340, die Evangelisch-Lutherische Konferenz 1 292 626, die Evangelisch-Lutherische Synode von Missouri, Ohio usw. 1 040 274, die Methodisten des Nordens 4 680 777. die des Südens 2 487 694, die Presbyterianer 1 894 630, die protestan tische Episkopalkirche 1 895 086. Dazu kommen noch zahlreiche kleinere Körperschaften. Die zahlenmäßig kleinste ist die Theo- sophische Gesellschaft von Neuyork, die nur über eine Kirche und 55 Mitglieder (gegen 72 im Jahre 1916) verfügt. Die 22 verschiedenen lutherischen Sekten zeigen insgesamt einen Scelenzurvachs von ca. 6 Millionen, doch verzeichnen nur die Vereinigte Lutherische Kirche von Amerika, die Evangelisch- Lutherische Konferenz und die Synode von Missouri, Ohio usw. einen Zuwachs von mehr als je einer Million Seelen. Die Zahl der Kirchen, die bei den lutherischen Sekten durchweg eine dem Scelenzuwachs entsprechende Zunahme zeigt, ist bei den Methodistenseklen ungeachtet der Mitglicdersteigerung im Fallen begriffen, und zwar bei den Methodisten des Nordens von 29 315 auf 26136, bei denen des Südens von 19184 auf 18 096, bei den Presbyterianern gleichfalls von 9773 auf 8947. Die jüdischen Kongregationen, für die voll ständige Vergleichsziffern vom Jahre 1916 fehlen, zählen 4 087 357 Mitglieder und verfügen über 2953 Kirchen. 19 in der Statistik von 1916 aufgeführte Sekten fehlen in der neuen Statistik. Sie haben sich teils aufgelöst, sind teils in anderen Sekten ausgcgangcn. Dafür zeigt die gegenwärtige Statistik 32 neue Sekten, von denen einige durch Spal tungen bereits bestehender Sekten entstanden sind. Die Aufwendungen für kirchliche Zweck« erreichten im Jahre 1926 die Ricfensumme von mehr als 814 Millionen Dollar, mehr als drei Milliarden R.-M. gegenüber rd. 328 Millionen Dollar im Jahre 1916. Darin sind enthalten sämtliche Aufwendungen für Gehälter, Kirchenbauten und -renovierungen, Verzinsungen für Kirchenschulden, Zuwendun gen für innere und äußere Mission. Der Gesamtwert der den amerikanischen Rcligionsgemeinfchasten gehörigen Immobilien wird auf 3.8 Milliarden Dollar gegenüber 1.7 Milliarden Dollar Im Jahre 1918 beziffert. ? Im Moor Novelle von HanS Eschelbach. 23. Fortteyung. Der aber biß die Zähne zusammen, raffte sich auf und taumelte weiter,- da erloschen die Gespensteraugen der Moornacht — die hohlen, phosphorschimmernden Weidenstäuiine lagen hinter ihm. Noch eiumal blickte er um; leuchtende „Fuchlelmänner" führten eine» wilden Neigen auf um den stillen Tolen. Jetzt verkrochen sie sich ins Moor, nur ein flackerndes Irrlicht blieb, stand eine Weile über der Ungkücksstelle und folgte dann Klein, der kraftlos vorwärts taumelte. Jetzt kam es näher, jetzt gaukelte es um ihn herum... er brach ln die Knie, einen Augenblick nur. Es hauchte ihn an mit sengendem Atem, das Fieber trieb ihn empor, und zit ternd, mit entsetzten Augen, taumelte der Unglückliche hinter dem Jrrtichle her... Plötzlich stieß er an etwas; da griff er in die Luft, tat einen gellenden Schrei und brach ohnmächtig zusammen. Noch einmal zog das Irrlicht seine wirren Kreise um den Hilflosen, dann kam ein kalter Windstoß, schwere Regentropfen fielen aus den Ohnmächtigen, und das Irrlicht verschwand. Neuntes Kapitel. Es regnete die ganze Nacht. Eine Wasserlache sammelte sich um den Todkranken; er fühlte es nicht. Der Morgen kam. Ein Rabe setzte sich auf den Wegweiser, an dem Klein zusammengcbrochen, strich die nassen Flügelfedern durch Len Schnabel und krächzte laut Plötzlich macht« er von seinem Sitze einen schwerfälligen Sah in die Lust, krächzte noch einmal mißtönend undZlog davon. Vier Torfgräber kamen mit Brettern und Spaten des Weges, sahen den Verunglückten und eilten in ihren plumpen Holzschuhcn so rasch »ls möglich herbei. Einer der Männer erkannte Klein. „Der Ist ins Moor geraten; aber er ist nicht tot; sein Kopf ist ganz heiß " „Wohin mit ihm?" „Eine Viertelstunde von hier wohnt Schramm." „Ter wirst uns vor die Türe, wenn wir mit dem Zollaufseher kommen." „Unsinn, pack anl Sol Du, Michel, läufst nach Venlo und bringst den Doklor mit. Aber rasch; er stirbt sonst." Der jüngste der Leute nahm die Holzschuhc, die ihn am Lau fen hinderten, in die Hand und eilte auf dem nächsten Pfade nach der Stadt zu, indes die drei anderen Männer Klein aushobcn und mit ihrer Bürde den Weg nach der Hülle Schramms einschlugen. Leise rann der Regen, und fern ries dumpf und plagend die Rohrdommel. Hanne war die Nacht über nicht zu Veit gegangen. Ein dumpfer Druck lag auf ihr, der sie nicht zur Ruhe kommen ließ. Vergebens hatte sie aus die Rückkehr ihres Mannes gewartet; oft Halle sie in die Nach; hinausgelauscht, aber nichts vernommen als den regelmäßigen, schweren Fall der Regentropfen. Gegen Morgen endlich war sie auf einem Stuhle vor dem Tische eingcschlafen. Sie träumte: Ei» großer schwarzer Mann kam über das Moor mit stampfenden Schritten Mit seinem langen Springstock fischte er ein Gewebr aus dem Tümpel und lochte. Dann kam er drohend aus das Haus zu, nahm ein Stück von der zerbrochenen Wiege und schlug damit wütend gegen die Türe. Mit einem Schrei fuhr Hanne aus dem schweren Traume empor; draußen schlug man wirklich ungestüm gegen die Türe. „Jesus!... Richard, bist du es?" „Rasch, macht aus; es ist ein Unglück geschehen!" Mit bebenden Händen riß Hanne den Riegel von der Türe; sie kannte einen der Torfgräber an der Stimme. Keuchend und regentrlefend traten die Männer mit ihrer Bürde herein. „Ruhig; dein Mann ist's nicht. Es ist ein Zollbeamter, der ins Moor geriet." Entsetzt schrie Hanne auf; sie hatte den Ver unglückten erkannt. „Rasch, wickelt ihn i» Decken! Er lebt noch." Aber das Weib konnte nicht vorwärts, stumm sank sie auf eine» Stuhl; die Sinne vergingen ihr. Die Männer kümmerten sich nicht weiter um sie. ,Sie ent kleideten den Bewußtlosen, wuschen ihn. zogen Bettzeug aus den Schlafkammer», wickelten ihn in wollene Decken und legten ihn aus das mitten in der Stube rasch zurcchtgcmachte Lager nieder. Dann standen sie ratlos da, rüttelten die Ohnmächtige recht unsanft, gaben ihr Wasser zu trinken und fragten, ob sie nicht Fieberklee im Hause habe. Hanne erhob sich, sah nach dem Kranken und fühlte an seinen heftig fliegenden Pulsen, daß er noch zu retten sei. Sie war so blaß, daß eS selbst den rauhen Torfgräbern auffiel, sagte aber kein Wort, sondern rückte den Wasserkessel über die Feuerstclle und stellte ein Gefäß mit den zerriebenen Blättern des Ficbcrkleez zurecht, die man sonst gegen'das Sumpfsiebcr gebrauchte. Immer noch lag der Kranke bewußtlos. „Halt! Ich hob ja Genever bei mir!" rief plötzlich einer der Männer. „Ein Schluck Branntwein ist gut gegen Schwäche." Er schüttete einen Guß des starken Branntweins in eine Tasse, und indes Hanne dem Bewußtlosen damit die Schläfen rieb, flöhte er dem Kranken aus der Flasche einen Schluck ein. Der Genever tot endlich seine Wirkung. Klein schlug die Augen ans. Einen Augenblick blickte er starr auf Hanne, dann be sann er sich, versuchte sich aufzurichten und lallte abgebrochene, unver ständliche Worte. Die Männer sahen seine vergeblichen Bemühungen, zu spre chen, rieben ihm die steifgewordcnen Glieder, flößten ihm noch einen Schluck Branntwein ein und stützten ihm Kücken und Kopf. „Hanne! Schramm hat..." — sie starrte ihn entsetzt an — „mich... gerettet. Er ist... selbst verunglückt!" Hanne schrie auf und sprang vom Boden, an dem sie gekmetz „Wo ist Schramm verunglückt? Wo?" riesen die Männer. „Im..." lallte Klein nur noch — „lm... Eu..."" „Eulenbruch?" Der Kranke nickte, dann siel er ohnmächtig zurück. „Rasch! Rasch! Kommt mitl" ries Hanne und zerrte an den betroffenen Männern. „Du bleibst hier, Franz!" rief einer derselben. „So! Und nun Stricke und Bretter. Vorwärts in Gottes Namen!" Hanne war schon fort, sie eilte durch Wind und Regen, daß die Männer sich genötigt sahen, ihre Holzschuhc unter einem Wach- hokderbusch zu setzen, um der atemlos Vorancilcndcn folgen zu können. ..Links nicht! Mehr rechts! Rechts geht es znm Eulenbruch!" riefen sie der Frau nach, die ihren Wink befolgte und bald hinter den Büschen verschwand. Richtig fand sie den kürzesten Weg, die Spuren im nassen Torfmoos und dadurch die Richtung, die die Männer genommen haben mußten. Sie achtete nicht die Gefährlichkeit des OrtcS, sie hörte nicht das Schülpcrn des schwarzen Wassers, sie hatte nur ein Ziel und jetzt — sie schrie auf: dort lag ihr Mann in seinem Mute! Sie kniete nieder, sie nahm seine» Kops in ihren Schoß und: „NichardI" schrie sie verzweifelt. „Richard!" (Schluß folgt.)