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Der Cnlwiirs siir den pakleitag Der sozialdemokratische Parteivorstand hatte bekanntlich unlängst einen Ausschuß eingesetzt der ein Wehrprogramm ausarbeiten sollte. Diese Kom mission — bestehend aus Vreitscheid. Crispien, Dittmann, Haubach-Hamburg, Höltermann-Magdeburg. Hünlich, Leber. Kuhnt. Künstler, Mayr-München. Mierendorff- Darmstadt. Moses. Quarrt, Schöpslin, Tony Sender, Stampfer und Strobel — hat nunmehr folgendes Pro gramm fertiggestellt, das der Abg Dittmann dem am 10. März in Magdeburg zusammentretenden sozialdemo kratischen Parteitag vortragen wird. Das Programm hat folgenden Wortlaut: l Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands verwirft den Krieg als Mittel der Politik Sie fordert friedliche Lösung aller internationalen Konflikte durch obligatorische Schiedsgerichte Demokratlsicrung des Völkerbundes und seine Ausgestaltung zu einem wirklichen Instrument des Friedens. Sie ist entschlossen, gemäß den Beschlüssen des Brüsseler Kon gresses der Sozialistischen Arbeiter-Internationale vom August 1028 den stärksten Druck, selbst mit revolutionären Mitteln, gegen jede Regierung auszuübcn. die es ablehnt sich einem Schiedsspruch zu unterwerfen und zum Kriege schreitet. ll. Als Mitglied der Sozialistischen Arbeiter-Internatio nale kämpft die Sozialdemokratische Partei Deutschlands für vollständige Abrüstung durch internationale Ab kommen. Die Abrüstung wird nurdann dem Frieden dienen, wenn sie nicht einseitige Verpflichtung ist. wie sie den Besiegten des Weltkrieges durch die Sieger auferlegt wurde. Nur zwischen gleichberechtigten Nationen ist dauernder Friede zu erreichen Der Deutschen Republik ist die historische Mission zugefallen, Vorkämpfer in der internationalen Abrüstung zu sein. Diese Mission kann sie nur dann erfüllen, wenn sie die ihr auf- gezwungenen einseitige» Rüstungsbeschränkungen nicht über schreitet und nicht durch Versuche, sie zu umgehen oder zu ver letzen. anderen Mächten Grund oder Vorwand zur Ablehnung internationaler Abrüstungsübereinkommen und zu noch stärkeren Rüstungen liefert. Eine Verpflichtung der Deutschen Republik die ihr auserlegten Rüstungsbestimmnngen ohne Rücklicht aus ihre politische und militärische Zweckmäßiokcit aus.zuschöpsen. er kennt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands nicht an. 111 Der wirksamste Schutz der Deutschen Republik beruht auf einer deutschen A » tz e n p o l i t i k. die auf die Ver ständigung der Völker und die Erhaltung des Friedens gerichtet ist. Noch droht aber die Machtpalitik imperialistischer und faschistischer Staaten mit konterrevolutio nären Interventionen und neuen Krieaen Deutschland kann als Aufmarschgebiet mibbraucht und wider Willen in blutige IVerwircklungcn hingerissen werden Solanae diese Gefahren chestehen und solange sie nicht durch sozialistische Regierungen, wenigsten in den michttastcn Ländern zum Verschwinden ge bracht werden können, ist die Deutsche Republik ge nötigt. zum Schutze der Selbstbestimmung ihres Volkes eine W e h r m a chA aufrecht- zuerhalten Die Webrmacht kann ihre Aufgaben nur erfüllen, wen» sie in ihrem Denken und Fühlen mit dem Volke ver bunden ist und sih — im Gegensatz zu allen militaristischen Tendenzen, die auf die Beherrschung des Staates durch das Miiltär hinauslaufen — als dienendes Glied in die v-mokratische Republik cinardnct Um die Reichswehr in diesem Sinne »mzuaestaltcn. stellt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands insbesondere folgende Forderungen' 1. KontroNe des Reichstages über alle Verträge der Heeres verwaltung 2. Keine Subvention an Vrivatfirmen, die mittelbar oder unmittelbar illegalen Rüstungen dient. 3. Verbot der Bestrafung von Veröffentlichungen Uber ille gale Rüstungen. 4. Gesetzliche Bestimmungen zur Sicherung einer unpartei ischen Rekrutierung. 5. Beseitigung des Bildungsprivilegs für das Offizierskorps und gesetzliche Festlegung eines Mindeiikonlinaents für den aus dem Mannschaftsstande zu entnehmenden Offiziersersatz 8. Sicherung der staatsbürgerlichen Rechte der Soldaten. 7. Schutz der Rechte der Soldaten durch eine von ihnen ge wählte Personalvertrctnng. 8. Demokratisierung des Disziplinarrechts und des Militär ltrakrechts. S. Republikanische Lehrkräfte und Lehrbücher beim Unter richt. 10. Verbot der Verwendung militärischer Kräfte bei Kon flikten zwischen Kapital und Arbeit. IV. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands bekämpft die immer stärker hervortretende Absicht führender Militärs aller Länder völkerrechtliche Hemmungen der Kriegsfiihrung, die in iahrtausendlanger Entwicklung Gemeingut geworden sind, gänzlich zu beseitigen und den Zukunftskrieg rücksichtslos über die Heeresfronten hinweg gegen die Zivilbevölkerung zu kehren. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands brandmarkt diese barbarische Absicht und fordert die Neufestigung des Völkerrechts im Sinne der Humanität. Insbeson dere fortert sie Verbot des Gaskrieges und der Ve»> Wendung von Bakterien zur Kriegführung. V. Die sozialistischen Forderungen können nur verwirklicht werden durch die gemeinsamen und energischen Bestrebungen -er organisierten Arbeiter durch die unablässige Ausklärung der Arbeiter über diese Ursachen und Gefahren der Rüstungen, durch Erziehung und Unterricht im Geiste des Friedens, um auch die moralische Abrüstung vorzubereiten, und durch den gesteigerten politischen und wirtschaftlichen Kampf des Proletariats gegen die herrschenden Klassen bis zur Ver wirklichung des Sozialismus. Das sozialistische Endziel bildet eine Gesellschaft ohne Aus beutung und Unterdrückung, also ohne Klassen und ohne Klasscn- kämpfe. eine Gesellschaft ohne Streben nach Ausdehnung von Ansbeutnngsgebieten, also ohne Rüstungen und ohne Kriege. Der Sozialismus ist die Macht, die der Welt den dauernden Frieden bringen wird. ch Als die Sozialdemokratie im verflossenen Sommer ihre Panzerkrenzerkrise erlebte, gab es bei ihr eine sehr ernste Auseinandersetzung darüber, wie sich die Partei grundsätz lich gegenüber der Wehrfrage verhalten solle. Die Mei nungen hierüber gingen und gehen weit auseinander. Ein Teil der Partei ist bereit, im Nahmen des Versailler Ver trages — ioweit es sich um zweck mäkiae Aufwendun gen handelt — eine pofitlve Wehrpolittl za treiben: der andere Teil steht dagegen in jeder militärischen Aufwendung einen Verstoß, „eine Sünde wider den Geist des Sozialismus". Dieser Zwiespalt in der grund sätzlichen Einstellung zur Wehrpolitik wurde von der sozial demokratischen Partei um so unangenehmer empfunden, als sie im Sommer die Regierung und damit auch die Verant wortung für die Reichswehr und die deutsche Wehrpolitik übernahm. Unter dem Druck dieser Tatsache machte sich das Bedürfnis nach einer einheitlichen Meinung besonders stark bemerkbar, und man ist seit Monaten bemüht, Klarheit über die Stellung der Partei zum Wehr problem zu schassen. Eine vom Parteivorstand einge setzte Kommission erhielt den Auftrag, dar Pro gramm einer sozialdemokratischen Wehrpolitik zu formu lieren, das dann später den Erörterungen des Parteitages zugrunde liegen sollte. Die vorstehenden Grundsätze sind das Ergebnis dieser Kommissionsarbeit. Man sieht ihr an. daß es nicht leicht war, die beiden verschiedenen Strömungen der Partei zu einem Kompromiß zusammenzufllhren. In jedem Falle aber hat sich die Kommission über ein grundsätz liches Bekenntnis zur Notwendigkeit einer Wehrmacht für die deutsche Republik einigen können. Die zeitliche Beschränkung, mit der diese Anerkennung ausgesprochen wird, bleibt belanglos. Der Forderung, daß die Wehrmacht, um ihre Aufgabe ersüllen zu können, in ihrem Denken und Fühlen mit dem Volke verbunden und als dienendes Glied in die demokratische Republik eingeordnet sein muß, wird man ohne weiteres zustimmen können. Starke Bedenken bestehen jedoch gegen über einzelnen Vorschlägen, die der Erfüllung dieser wesent lichen Forderung dienen sollen und die in den zehn Punk ten formuliert sind. Das gilt vor allem für die Punkte 6, 7 und 8, die eine von uns abgelehnte Politisierung des Heeres bedeuten. Der im März stattsindende Partei tag, der sich mit dem Programm-Entwurf zu befassen hat, wird über alle dort berührten Fragen eine interessante Aus einandersetzung bringen, von deren Ergebnis die wehr politische Haltung der Sozialdemokratie stark beeinflußt werden wird. Moskauer Weihnacht Wie die Vo!schewislen in Ausland ein christliches Kochfest ausrolten woNen Zer Kamps gegen den Christbaum (Von unserem Vertreter.) Kn. Moskau, 83. Dezember. Es hat in der christlichen Bevölkerung Rußlands und Mos kaus einest arke Unruhe hervorgerufen, als bekannt wurde, daß der „Rat der Gottlosen" bei den zuständigen Venvaltungs- behörden es durchgesetzt hat, daß keine Weihnachtsbäume auf den Markt gebracht werden dürfen. Nunmehr ist der Weih nacht s gedanke ganz aus dem Lande herausgcdrängt. Kein Weihnachtsmarkt, keine Weihnachtsschaufenster, keine Weih nachtsgeschenke, keine Weihnachtsmänner sind mehr ausgestellt und das vielgerühmte Weihnachtsgeschäft bleibt ganz aus. Nunmehr aber geht der Kampf noch weiter. Unter dem Einfluß des Rates der Besboschniki werden jetzt in zahlreichen Betrieben der Stadt Unterschriften der Arbeiter gesammelt und darin verlangt, daß an Weihnachten in diesem Jahre nicht gefeiert werden darf, sondern daß die Betriebe auch an den beiden christlichen Feiertagen ungestört weitergehen müssen. Hierher gehört vor allem das große Elektrizitätswerk Eet, das in einer Mastenpetition fordert, den 2b. und 26. Dezember als Arbeitstage anzuerkcnnen, dafür aber den 31. Dezember bis 2. Januar als Arbeilerfeiertoge zu feiern. Auch Arbeiter gruppen der Di'namowzi und der Eeophysica stellen ähnliche Forderungen aus und andere schlagen wieder andere Gegen maßnahmen gegen das Fest vor. So sollen an den Vorabenden des Festes überall Konzerte und Schauspiele mit den besten künstlerischen Kräften gegeben werden, die der Weihnachl»- stimmung Abbruch tun sollen. Andere, sogenannte „W a l d f r e u n d e", weisen hin auf den „unermeßlichen" Schaden, den Weihnachten in den Wäl dern anrichtet und wie widersinnig es sei, einmal im Jahre die Kinder hinauszuschicken ins Freie, um dort Bäumchen von ihnen anpflanzen zu lasten, und sie dann wieder an Weihnacht aus die Tanuenbäuine loszulassen, um den Wald zu plündern. Es wäre viel vernünftiger, den Kindern an Weihnachten die Natur zu erschließen und sie im Wintersport (im Schlitten fahren, Rodel» und Skiläufen) sich ausspannen zu lassen. Ilm noch endlich von einem letzten Vorschlag zu reden, wie das Weihnachtsfest am zweckentsprechendsten unterbunden wer den könnte, so soll man das Schaufenster, in dem jede Weih nachtsausstellung vereitelt worden ist, jetzt sogar dazu be nützen, um durch allerhand Engelsfiguren und Lhristtindleins und Knecht Rupprechts und allerhand entsprechende Sprüche und Verse den Festgedanken zu verhöhnen. So ist nichts unversucht geblieben, um Rußland Weihnach ten zu nehmen, aber der Erfolg solcher Maßnahmen wird be weisen, wie tief noch die religiöse Idee im Volke wurzelt. Das offizielle Rußland, d. h. die Regierung, soll nur eine Idee verfolgen, die Weihnachtstage durch das Leninsest (am 20. Januar) zu ersetzen und in dieser Form, die obengenannten Bemühungen unterstützen. Abseits Eine Weihnachtserzählung von Theodor Storni. (Schluß.) Auf dem Markt vor dem stattlichen Hause des Senators hielt her Wagen. Die Frau Senatorin empfing ihre alle Freundin an der Tür. „Nicht wahr, Meta," sagte sie, indem sie auf die große Außendicle traten, „weniger tat es nicht, um dich zu deinen Freun den in die Stadt zu bringen?" Meta war zu bewegt, um zu antworten. Während die Magd ihr die Ncisckleider abnahm, bückte sic zur Linken in de» geräumigen Kaufladen, wo sie einst mit Ehrcnfricd in mancher Morgenfrühe vergebliche Pläne sür ei» bescheidenes Lcbensglück entworfen hatte. Aus der Wohnstube an der andern Seite des Flurs Hörle sie zwei Männerstimmen in lautem Gespräch; die eine kannte sie, die andere war ihr fremd geworden. Die Sprechenden mochten beide die An kunft des Wagens überhört habe». Als Meta mit ihrem Neffen hcrcintrat, sah sie neben dein Senator einen kräftigen älteren Mann mit lcblmst gerötetem Antlitz am Ofen stehen; ö«S volle buschige Haupthaar war schnecwc.ß, Mitte» in seiner lauten Rede brach er ab und sah sic wie zweifelnd mit seinen dunkeln Augen an. aber in demselben Augenblick hielt er die alte Schwester in de» Armen. „Da hast du ihn, Meta", ries der Senator, „es ist noch immer -er alte Hofsegut. Wo der keine Rajen sieht, da werden »icmaks welche wachse»!" Da kam die Freude des Wiedersehens; ein langes inniges Ge spräch, ein stilles gegenseitiges Betrachten. Aber der Erzähler war meist der Bruder; während er vor ihr sichen blieb, hatte sic sich, wie von den, Uebcimaß der Freude niedergedrückt, auf einen Stuhl ge setzt Ihre Hände «ns die Knie gclcgl, sah sic zu ihm empor und lauschte seinen Worlen. Fast blieb die Taffe dampfenden Tees un berührt in ihrer Hand, welche die Senatorin ihr gereicht halte. „Ja, ja, Ehristian", sagte sic, „dein Gesicht ist noch das alle; cs läßt sich »nr anders bei den weißen Haaren." „Nieinst ou", ries er lachend,- „aber sic lassen sich auch noch jetzt von keinem Schulmeister niedcrslreichcn. Versuch cz nur!" lind er lcg-c die Hana der Schwester ans sein Haupt. „Und nun genug von c<r Vergangenheit, wir wollen den Weihnachtsabend nicht ver gessen!" Dan», seinem Sohne nnd dem Senator einen Wink gebend. suhlte er sic in das gleichfalls erhellte, hinter der Wohnstube ge legne Zimmer; die andern folgten nach. — Es brannte hier kern WcibnachtSl'anm; in diesem Hanse haue seit vielen Jahre» keiner mehr gebrannt; denn der Senator war kinderlos. Aber ans dem mit einem grünen Teppich bedeckten Tische standen, jeder mit drei bren nende» Kerze», die sonst nur für die Festtafel bestimmten Armleuch ter; zwischen den Lcnchtcrn vor dcS Senators emailliertem Schrcib- gcschirr lag ein beschriebenes Blatt Papier, daneben eine frisch ge schnittene Feder. Dieta sab ihren Bruder fragend an. „Schwester", sagic er, „du bist es, die bescheren soll; noch ein mal sollst du deine gesegnete Hand anftnn und diesmal, denke ich, dir zur Freude." Und seine Hand ans den beschriebenen Bogen legend, fuhr er fort. „Wir haben die Pimktalionen eines Kanskontrakts über den Hcidchos aufgesetzt: Vertäuter ist unser Freund Albrecht hier, als Käufer sind ansgesülirt die Geschwister Meta und Ehristian Hanse» Die Vollziehung einer andern Pnnktalion über den Eichenbn'ch — denn der, wie die Sachverständigen nnd dein alter Marten sagen, gehört »vtwcndig mit dazu — wartet nur aus den Abschluß dieses Handels." „Allo du", sagte Mc;a, „ivarst der Käufer?" „Ich nicht allein, Schwester; du mußt allerwegen mit dabei sein; denn meine Kräfte reichen hier nicht zu. — Ich selber kann nicht bleiben", fuhr er fort, indem er mit begeisterter Zärtlichkeit auf seinen Sohn blickte, „ich muß zurück an meinen Herd, aber ich schicke einen Jüngeren. Ser die Sache aus dem Fundament gelernt hak. Schon im Februar »rag der Friedrich seinen Einzug bei dir balicn. und dann könnt ihr bauen unü Mergel graben und Heide brennen nach Herzenslust, damit, wen» sich nach ein paar Jahre» wicderkehrc, aus der braune» Steppe ein grünes Hcimwcscn mir entgegenlenchtc. — Wir wollen eine» jungen festen Fuß ans unsere kcimatiiclie Erde setzen; denn trotz alledem", nnd seine Stimme sank bei diesem Worte, „ich laste eS mir nicht nehmen, die Herrlichkeit- dcr deutschen Nation ist im Beginne»; und wir von de» äußersten deutschen Marken, wir Markomannen, zu Leid und Kampf geboren, wie einst cm alter Herzog »ns geheißen — wir gehören auch dazu!" Der Senator hatte still daneben gestanden. „Du irrst dich, Ehristian", sagte er jetzt; „cs rührt sich keine Hand in» uns; oder" — und er nahm ein Zcitnngsblatt neben sich von der Kommode — „wie cs hier geschrieben sicht: Die fremde Sprache schleicht vo» Hans z» Haus lind deutsches Wort und deutsches Lied löscht aus; Trvtz alledem — es muß beim allen bleiben: Tie Feinde bandeln, und die Freunde schreiben." Aber der alte Freischärler legte die Faust vor sich auf den Tisch, und die tiefe Narbe über der Stirn begann zu leuchten. „Mögen,sie schreiben!" rief er, „das rechte Wort wandert landaus und -ein, rastlos und unantastbar, bis cs sein Fleisch und Bei» ge funden hat. Langsam geht cs, langsamer als anderswo; aber" — und die breite gcrmauische Mäunergcstalt richtete sich in ihrer gan zen Höhe auf — „Das Wachstum der Eiche zählt nur »ach Jahr hunderten. Laß dich nicht irren von dein, Schwester! Lies nur die Bedingungen; der Verkäufer hat uns nirgends übcrvorteüt." Sie hatte teilnehmend diesen Reden zugcbört. Nun, während der Senator schweigend seine Zeitung zusammenfallete, »ahm sie das Schriftstück uns begann es aufmerksam zu lesen. Die Hand, welche das Blatt hielt, zitterte; aber ihr Anttitz verklärte sich wir vo» junger aufstrebender Hoffnung, da doch das Leben sich schon ab. wärts neigte. Der Bruder stand ihr gegenüber; die Arme untcrgcschlagen, gcfvannt zu ihr hinüberblickond. — Sic hatte ihn wohl verstanden; er wollte ihr nach Kräften einen Ersatz der LcbcnSgnter bieten, auf die sic einst durch jenes schwesterliche Opscr hatte verzichten müsse». Sie blickte empor, und die Augen der Geschwister begegnete» sich. „Du willst mir gar nichts schuldig bleiben!" sagte sie schüchtern; „aber Ehristian, du zahlst dich arm dabei!" Der leblmste Mann schüttelte sei» buschiges Hanpibaar, als wolle er das Gefühl abschütteln, Vas Um überlam. „Nein, nein!" rief er, die Hand wie abwehrcnd vor sich hmstrcckend; „aber ich dächte, Schwester, du hülsest gern deinem VrnderSsohn zu Haus und Hos!" Sic sab ihn an »uv lächelte; aber noch einmal verschnumd da? Lächeln für kurze Zeit von ihrem Antlitz, »ud sie^ blickte mit fast schmerzliche»; Ausdruck auf das vor ihr liegende Schriftstück. Sie mochte des Toten gedenken, über dessen kleinen Schatz sic jetzt auch verfüge» sollte. — Dan», nach einer Weile, tauchte sie die Feder ein und schrieb. „Für mich — und Ehrcnfricd!" sagte sic. Der Senator ergriff die Hände dcS jungen Mannes, der schwei gend das Ende der Verhandlungen abgewartet hatte. Sei» etwas finsteres Auge ruhte mit Wohlgefallen aus der festen, ausgeprägten Stirn des Jünglings. „Weit du cs denn gewollt", sagte er. zu sei nem Freunde Angewandt, „dein Sohn soll uns willkommen sein. — lind morgen Wcinkauf aus dem HeidehosI Nein, Meia, sorge nur nicht; wir kannten dich ja — die Braten sind schon alle hier ge macht"