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Nummer 23L — 27. Jahrgang Lrlchenn »ma» wSchentt. ml» den »Unstr. «rat»»beitafl»n .D>e Well» »nd »Für unsere kleinen Leute', towie den rertbeilagen .«t. Venno-BIatt'. .Unterhaltung und Willen'. .Die Welt der grau» .Aer,tli»er Ratgeber' Da» gute Du»' .Mlmrund- lchau-. Monatllcher «ezugsvrei« » Ml. elnlck,!. Bellellgeld. »»„einummer I« 4 Sonnabend- ». Sonntagnummer »« Hanvll-brlltlelter^ De. G. D«»e,dk. Dresden. // Donnerstag, tt. O.Uoder I92L iveelagSorl, Dresse» Sl»,einenvrei«ei Die >gel»altene Pe,-lj,-Ue »«» ^ NamUlen- anieige» u.Stellengeluckie Die Pelllreuame-ell» >il>mn> breli I l^llr Anzeigen aukerbald de» Verbreit,nlgSgedtele» ^ die Velilreklame,eile I.ltO^.O'ieriengeb.'rk» <1 Im »all» böberer lNewalt erliichl ,eke Verftlllchliina aul Lleleruna »owte Erllllluna ». Antielgeu-Aullrllqe» u. Lelllung n Dgmdenerlatz. Aetckillllllche, Tel! Artur Len,. Dr-»den (i,-,mi>ttsft-lle. Druck ».Verlag: «ermanta.«..«. !br Verlag »nd Dnickerel, Filiale Dresden. Dresden.«. >. I a,i-rl,raliel7. Iernru,2l0l2. Volt,checkkonlo Dresden W Vankkonta Stadtbank Dresden Vr n,7,-> Für christliche Politik unü Kultur Dre^-u""'^»^" Skandal um ein Dokument Frankreich weist den amerikanischen Journalisten aus, der das Flotken-Abkommen vervsfentlichte hat Washington prolestiert Paris, 9. Oktober. Wie die Blätter berichte», wurde ein Korrespondent des „New Sjork American", Harold Horan, gestern fest- genoinmen und einem polizeilichen Verhör» unterworsen, als dann aber wieder freigelassen. Horan soll seinem Blatt das Rundschreiben des Quai d'Orsay über das Flottenkompromiß übersandt haben. „New York Herald" berichtet hierzu: „Horan ist ^bereits vor einigen Tagen ersucht worden, sich zum Quai 'Orsay zu begeben, wo man ihm riet, Frankreich zu verlassen. Da er diesem Rat nicht Folge leistete, wurde er gestern sestgenommen. Auf der Polizei bedeutete man ihm, daß er sich rechtlich verpflichten müsse, Frankreich vor kommenden Donnerstag zu verlassen, wenn er keinen Hast, befehl erhalten wolle. Unter diesen Umständen zog Horan es vor, den Ausweisungsbefehl zu unterzeichnen. „Echo de Paris" bringt eine Schilderung, die von Harold Horan selbst herrührt. Danach hat man auf der Polizei von ihm gefordert, entweder anzugeben, wer ihm das vertrauliche Schreiben mitgeteilt habe, oder den sofort in Kraft tretenden Ausweisungsbefehl zu unterschreiben. Er habe es vorgezogen, zu unterzeichnen. Daraufhin fei er wieder freigelassen worden. Der Vorsitzende der Vereinigung amerikanischer Pressevertreter in Paris hat sich übrigens, wie das „Echo de Paris" Mit teln, zum Quai d'Orsay begeben, um gegen die gegen Horan er griffene Maßnahme Einspruch zu erheben. Man habe ge- anwortet, daß Horan nicht verhaftet, sondern länglich fest genommen worden sei. Dem im „Echo de Paris" veröffentlichten Bericht des Korrespondenten des „New Port American", Horan, über seine Verhaftung durch die französische Polizei ist weiter folgendes zu entnehmen: Als Horan gestern mittag sein Büro verließ und ein Auto bestieg, wurde er plötzlich von sieben radfahrendcn an die französischen Botschafter zu beschaffen. Er teilte mit, was er für notwendig hielt, und erhielt darauf die Antwort, seine Erklärungen seien unvoll st ändig, er werde der B e - amtenbestechung beschuldigt und habe, wenn er seine Quelle nicht angebe, ein Verfahren zu gewärtigen, bei dem ihm eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren drohe. Diese Drohung schüchterte ihn nicht ein. Erst nach siebenstündi- ger Hast, während der er sich mit seinen Mitarbeitern nicht in Verbindung setzen konnte — nach dem „Matin" verweigerte man ihm auch einen Advokaten — ließ man ihn frei, nachdem er den Ausweisungsbefehl anerkannt hatte. „Matin" und „Chicago Tribüne" berichten, daß Horan zu gegeben habe, das Dokument von Randolph He ar st selb st in Paris erhalten zu haben mit der Anweisung, es nach Neu- york zu drahten. „Matin" berichtete außerdem, daß Hearst vor einer Woche, als man Horan am Quai d'Orsay zu verstehen gab, daß es besser für ihn wäre, Frankreich zu verlassen, eilig nach Washington gereist sei und Kellogg um seine Intervention er sucht habe. Hearst habe erklärt, er nehme die volle Verant- zu dem geschilderten Zwischenfall gekommen. Der amerikanische Geschäftsträger habe sich sofort zum Qua d'Orsay begeben, um Aufklärung zu erbitten. Der französische Außenminister habe ihm erwidert, Horan sei nicht verhaftet, sondern nur verhört worden und habe selbst eingewilligt, Frankreich vor Donners tag zu verlassen. Die unselige englisch-französische Geheimniskrämerei zeitigt immer neue peinliche Zwischenfälle. Noch ist die Er regung über die Veröffentlichung der drei Flottennoten im „Echo de Paris" nicht verebbt, so sorgt dieser neue Vorfall dafür, die Spannung zwischen Washington und Paris auf rechtzuerhalten. Wie auch immer der amerikanische Repor ter zu dem in der Hearft-Presse veröffentlichten Dokument gekommen sein mag, es bleibt eine unverzeihliche Unge schicklichkeit des Quai d'Orsay und des Foreign Office, im Zeitalter der demokratisierten Diplomatie ein wichtiges Do kument Wochen hindurch der Oeffentlichkeit vorzuenthalten, nachdem man unvorsichtig genug war, alarmierende Indis kretion darüber selber in die Presse zu lancieren. Die Einsturz-Katastrophe in Prag Ivo Tole? Prag, 10. Oktober. Gestern nachmittag hat sich hier «in furchtbares Bau- Unglück ereignet. Um 3 Uhr stürzte an der Ecke der Poric- Straße und der Bischofsgasse der große neunstückige Neubau des Geschäftshauses der Firma Iaschek samt dem großen davor errichteten Baugerüst aus bisher noch ungeklärter Ursache ein. Das Gebäude war bereits unterdacht. Aus dem Bau waren 87 Arbeiter beschäftigt, von denen der größte Teil verschüttet wurde. Ungeklärt ist die Frag«, ob die herabstürzenden Schutt. Massen, die zum größten Teil in die Poric-Straße gefallen sind, nicht auch noch eine Anzahl Straßenpassanten und zwei Wagen mit ihren Kutschern verschüttet haben. Die Stromzuführungs- kabel in der Poric-Straße sind durch das Unglück unter brochen worden. Di« Unglücksftell« ist sofort durch ein« starke Truppenabteilung abgesperrt worden. Sämtliche Feuerwehren sind alarmiert. Tos eingestürzte Haus war ein Eisenbetonhaus und halte sieben Stockwerke oberirdisch und zwei Stockwerke unter irdisch. Von der bauausführenden Firma wird erklärt, daß die Bauberechnunge» ganz genau waren, die Herstellung des Beton normal mit amerikanischen Maschinen geschah und daß die Vanackeiten nicht in Akkord vergeben waren. Die Katastrophe wird der schlechten Qualität des Zementes zugeschrieben, der wohl nicht in der vorgeschrlebenen Zelt trocknete und verbraucht wurde. Es handelt sich um die grüßte Baukatastrophe der letzten Jahre in Prag. — Wie Prager Blätter im. Gegensatz dazu melden, erklärte der Präsident der staatlichen Negulie. rungslwmission, daß sich die Bauunternehmung, die den ein- gestürzten Neubau ausgeführt hat, n i ch t ä n d i e b e st e h e n - den Vorschriften gehalten habe, und daß die Bau- bewilligung nur auf fünf Stockwerke über und einen unter der Erde lautet, während in Wirklichkeit sieben über und zwei unter der Erde ausgesührt worden seien. Nach den letzten Feststellungen ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß die Zahl der bei dem großen Bauunglück ums Leben gekommenen Personen etwa hundert betragen dürste. Um 2 Uhr nachmittags waren insgesamt 87 Arbeiter zur Arbeit angetreten: davon haben sich nur 16 als gerettet gemeldet. Außerdem arbeitete auf dem Neubau eine große Anzahl Mon teure und Installateure. Davon scheinen die meisten verloren zu sein, da der ganze neunstöckige Bau in sich zusammen gebrochen ist. Da zur Zeit des Unglücks reger Straßenver kehr herrschte, der Gehsteig aber ebenfalls verschüttet wurde, besteht kein Zweifel mehr, daßvielePassanten, darunter mehrere Frauen, verschüttet wurden. Gegen 8 Uhr abends wurde unter einer Betonsäule hervor die plattge-rückte Leiche einer jüngeren Frau geborgen. Es geben, wie gewöhnlich bei solchen Katastrophen, viele Gerüchte um, welche sich nicht sp leicht nachprüfen lassen. So hieß es, ein Architekt und ein Ingenieur halten Selbstmord verübt und der Inhaber der Bausirma sei verhaftet worden. Weiter heißt es, daß ein Lastauto und ein Lastwagen mit Pfer den von den herabstürzenden Massen begraben worden sind. An den Ausräumungsarbeiten, die unter Zu- hilsenahme von Reflektoren die ganze Nacht durchgeführt worden sind, sind 500 Feuerwehrleute beteiligt. Um den Welsenjchatz Zu der Nachricht, daß der frühere Herzog von Vraunschweig »neu Teil des Welfenschatzes nach Amerika verkaufen will, erfahren wir, daß die preußischen Regierungsstellen und auch der Oberpräsident der Provinz Sachsen sich bald nach Bekannt werden dieser Mitteilung bemüht haben, solche Absichten nicht Tatsache werden zu lassen. Das Landesdirektorium hat sich bereit erklärt,^inen Teil des Betrage» aufzubringen, um den Schatz im Lande zu halten. . : - ras neue Reich Die Vorschläge des Erneuerungs-Bundes. Was uns der „Bund zur Erneuerung des Reiches" nach zehnmonatiger, sorgfältiger Vorbereitung als Er- gebnis der staatspolitischen Arbeit „von Männern aus ganz verschiedenen politischen Ausgangspunkten und wirt schaftlichen, wissenschaftlichen und beamtlichen Lebens ricktungen" nunmehr vorlegt, ist unter allen Vorschlägen und Lösungsversuchen, die uns bisher als Mittel zum Staatsaufbau empfohlen worden sind, sowohl nach dem Gewicht der hinter dem Plan stehenden Persönlichkeiten, als auch wegen der Einfachheit und Klarheit des Aufbaues als ein sehr ernsthafter Beitrag zur Dis kussion um die Zukunftsgestaltung unseres Staates zu werten und anzusehen. Der Bund, dem wir bei Arbeitsbeginn im Januar dieses Jahres mit größter Zurückhaltung, wenn auch angespannter Aufmerksamkeit, begegnet sind, hat durch die von ihm vorgelegte Arbeit den Nachweis er bracht, daß er von bestem und festem Willen beseelt ist, eine Frage durch die Weisung eines sorgfältig überdachten Weges vorwärts zu treiben, die bestimmt nichH mehr zur Ruhe kommt. Es gibt doch heute niemanden mehr, der sich nach der Staatsumwälzung und de« Schaffung ganz neuer rechtlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Verhältnisse, sei es verstandesmäßig oder ses es auch nur gefühlsmäßig, nicht die Frage vorlegte, wie unser Reich zu einer lebensvollen, vom Leben durchfluteten, von seinen einzelnen Teilen sich immer wieder befruchtenden, einheitlichen und einigen Gemeinschaft geführt und gestaltet werden kann. Man mag über Wegs und Methoden streiten, das eine steht fest, das Ziel und dis Sehnsucht ist bereits tief in das Herz und die Seele de» deutschen Menschen eingedrungen. Der „Bund zur Erneuerung des Reiches" überreicht uns erst den ersten Teil seiner Arbeit. Das ist der Vor schlag der territorialen Neugliederung des Reiches und der gesetzestechnischen Maß nah m e n, die er für nötig hält. Das Problem aber, wenn man es als Ganzes sieht, hat zwei Seiten: zur Reichsgliederung gehört ebenso die große und wichtige Frage der organischen Neugestaltung der Zu ständigkeiten, d. i. die lebendige Verbindung der Teile mit der Reichsgewalt. Nach der im Vorwort der Broschüre niedergelegten ^rundüberzeugung des Bundes kann diese organische Neugestaltung „nicht anders als im Sinne einer lebendigen Dezentralisation, einer Stärkung der heimatlichen Kräfte in Ländern und Pro vinzen, der Städte, der Kreise und der Gemeinden Mit de« notwendigen Korrelat der Selbstverwaltung" geschehen. Wir lassen unsererseits keinen Zweifel daran, daß gerade dieser noch ausstehende Teil der Vundesarbeit unser er höhtes Interesse beansprucht, daß wir auf diesen Teil besonderes Eeuicht legen und daß erst seine Lösung uns ein endgültiges Urteil ermöglichen wird, da die Jnbezugsetzung des Organischen zum Technischen, d. h. des Lebens zur Form das Wesentliche ist. Die Er haltung der Eigenkraft der Teile, die Stärkung der Ver antwortung durch Dezentralisation sind Voraussetzung für jeden deutschen Staatsaufbau. Was wir für einen Fehler halten würden, wäre, wenn man jetzt um Worte und Begriffe stritte. Es kommt nicht darauf an. mit Vokabeln zu operieren, um dem Ding, was werden soll, den Namen zu geben. Es kommt lediglich darauf an, daß wir in Verbindung mit <er Notwendigkeit der Reform den Inhalt sehen. Der „Bund zur Erneuerung des Reiches" schlägt den Weg über das „Reichs! and Preußen" vor. Die politische Gewalt geht mii der Auflösung des Staats. Ministeriums an das Reich, die gesetzgeberische Arbeit mit dem Ende des Landtages an den Reichstag. Die preußi schen Verwaltungsorgane werden Reichsorgane; als Regu lativ der Gesetzgebung, die das Reichsland betrifft, bleibt der Staatsrat mit der Eigenschaft eines Eutachers. Die Finanzwirtschaft wird Unterteil des Reichsetats. Das ist kurz der wesentliche Inhalt des Bundesplans. Vorschläge über die kleinen Länder, die im Neichsland aufgehen sollen, ergänzen das Gesamtbild. Mit Recht wird in der Begründung, die den Leitsätzen beigegeben ist, darauf hin gewiesen, daß dieser Plan weder eine Zerschlagung noch eine Schwächung Preußens ist. Es ist lediglich die praktische Folgerung aus der Tatsache, daß das gröstte Land und das Reich, wenn nicht unheilvoller Schaden für das ganze ent stehen soll, die großen wegweisenden politischen Aufgaben auch heute schon gemeinsam lösen müssen. Täuschen wir uns nichts vor. Die Länder verfügen über einen guten und tückltiaen Verwaltunasavvarat. aus dem Leraus Die heutige Nummer enthält die Beilage „Unter- Haltung und Wissen".