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Sächsische Volkszeitung 18. September «82t 21» Französische Ängste ?i. Paris, 18. September. Weder über den Inhalt der Briand-Erklärungen tm letzten Xabtnettsrat. noch über deren Ausnahme seitens der übrigen Minister, sind bisher Angaben durchgesichert. Man glaubt zu wissen, daß dt« Briandschen Ausführungen anfangs «ine etwas frostige Ausnahme gesunden haben. Dt« weiteren Verhandlungen Briands hatten jevoch zu einer allge meinen Billigung der Methoden und Absichten des Außenministers geführt. Das nationalistische „Echo de Paris" will zu der Er klärung ermächtigt sein, daß zwischen Brtand und den übrigen Kabinettsmitgliedern vollkommene Einigkeit über folgende Punkte besteh«: Die fünf interessierten Großmächte seien sich darüber einig, daß das Rheinlandproblem nur im Zusammen hang mit dem Reparation»- und dem alliierten Schulden problem gelöst werden könne. Bet diesen Erwägungen dürft« der Wunsch maßgebend sein, die endgültig« Festlegung der deutschen Leistungen nach Höh« und Dauer auf di« Zah lungen zu basieren, welche di« früheren Alliierten ins gesamt an Amerika zu leisten haben. Sollt« man hier zu einer Einigung mit Deutschland gelangen, so wäre das nicht minder wichtige Problem zu lösen, die Garantien zu leisten, daß Deutschland die jetzt endgültig festgelegten Jahres leistungen auch bezahlt. Das vorerwähnte Blatt glaubt ferner zu wissen, daß bei den gesamten Verhandlungen Frank reich die Initiative ausschließlich Deutschland zu überlassen hätte. Die Neuaufrollung der Sicherheitsfrage, insbeson dere die Anregungen und der Ausbau der Locarnoverträge so wie der Plan, ein sogenanntes Aussöhnungs- und Fest - stellungskomitee zu bilden, dem die Kontrolle über die entmilitarisierten deutschen Zonen anvertraut werden soll, begegnet von seiten der Rechten heftiger Kritik. Einmal wird geltend gemacht, daß durch das jetzige Hineinwerfen der Eicherheitsfrage in die Genfer Besprechungen Frankreich nun mehr als Bittender, bzw. als Antragsteller dastehe. Eine Position, in welche in den ganzen Rheinlandverhandlungen ausschließlich die Deutschen hineinmanövriert werden sollen. In den bereits gestern mitgeteilten Kritiken über diese neu« Kommission lehnt die Rechte diese Kommission mit der Be gründung ab. daß durch in solches Organ die Handlungs freiheit Frankreichs gegenüber seinen östlichen Ver bündeten noch stärker eingeschränkt würde, als die» bereits die Locarnoverträge getan haben. Heute macht der rechtsstehende „Avenir" geltend, daß es nicht ungesährlich sei, ein sogenanntes Feststellungskomlte« unter Beteiligung Deutschlands zu bilden, da aus diese Weise Deutschland in der Lage wäre, EinblickindieDefensiv- organe Frankreichs an der deutschen Grenze zu ge winnen und man es oorziehen müsse, die entmilitarisiert« Zone auf deutscher Seite ganz ohne Kontrolle zu lasten, als Deutsch- land die Möglichkeit zu gewähren, Einblick in di« srauzösfischen Heeresstellungen zu bekommen. Die Gegensätze auf -er Kriegsteilnehmer-Konferenz Die in der deutschen Presse tionale Brüssel, 18. September, sie verbreiteten Berichte, als sei sie Luxemburger internationale Tagung der Kriegsteilnehmer, organisiert in der FJDAC, in Minne und Harmonie verlaufen, sind irrig. Es ist nach ausführlichen Berichten in der belgischen Presse, wallonisch und flämisch, zu heftigen Ausein andersetzungen gekommen. Von deutscher Seite war eine Resolution unterbreitet worden, in der es hieß: „Die Delegier ten erklären, daß die Völker nur dann in Frieden leben werden, wenn ihre Beziehungen zueinander sich auf di« Gerechtigkeit gründen und.wenn ihre Regierungen die frei von ihnen Unterzeichneten Abkommen einhalten und alle zwischen ihnen auftauchenden Konflikte der Schieds gerichtsbarkeit unterbreiten. Diese Resolution stellt nach Ansicht der Franzosen und Bel gier nichts mehr und nichts weniger als einen Prote st gegen den Vertrag von Versailles dar. Die mißtrauischen Gallier haben nämlich herausgefunden, daß die deutschen und österreichischen Kriegsteilnehmer mit dem Passus zum Ausdruck bringen wollten, der Vertrag von Versailles sei „nicht frei" von Deutschland unterzeichnet, sondern „aufgezwun- ge n" worden. Cs waren denn auch sofort di« wallonischen Belgier, die verlangten, daß der Passus „frei" gestrichen werde, um die Unantastbarkeit des Vertrages von Versailles darzutun. Der französische Delegierte HLraud bemerkte dazu, da» Wort „frei" habe entweder keinen Sinn, weil jeder Friedens vertrag dem Unterlegenen in gewisser Hinsicht ausgenötiat werde, oder die Deutschen hätten die Absicht, sich ibr Rütteln am Vertrag von Versailles auch noch naiv « rw «ise von den Kriegsteilnehmern der Siegerstaaten bestätigen zu lassen. Gleichzeitig formulierten die Belgier eine Erklärung, die von den deutschen Delegierten bezüglich Belgien» unterzeichnet wer den sollte und die so schroff gehalten war, daß sie abgelehnt werden mußte. Die ersterwähnte deutsche Resolution wurde zurückgezogen. Bezüglich der belgischen Forderung erklärten di« deutschen Delegierten, das Verhalten Belgiens vor Kriegsaus- nicht geklärt genug, um die Erklo Die welsche ungezogen. : ts.chen Delea «sei noch des Bedauerns unterschreiben zu können. "Die welsche Presse is! schließlich noch erbittert darüber, daß die österreichischen Dele> gierten für ihr Land den Anschluß an Deutschland verlangten die Anschluß Flämische Berichterstattung über verlangten. teilnehmerkonferenz besagt, daß" Polenund°Deu?sche ihren Standpunkt bezüglich der Ostgrenze „ruhig und deutlich" als unüberbrückbaren Gegensatz darlegten. Ein« Stellungnahme des Kongresses fand nicht statt. vie vsnlscheu Wahlergebnisse Kopenhagen, 18. September. Die nunmehr vollzählig vorliegenden Freitag-Wahlergeb nisse zeigen folgendes Bild: Liberale: 643 Wahlmänner (minus 83), Sozialdemokraten: 614 Wahlmänner (plus 263), Konser- »ative: 268 Wahlmänner (plus 6), Demokraten: 188 Wahlmän- «er (plu» 8). Deutsch«: 27 (plus 3). KonlrvNe -es Rheinlan-s bis nach 1935 -urch Kommission ohne -eukschen Einfiutz Genf, 17. September. Die dritte gemeinsame Besprechung über die Frage der Rheinlandräumung wurde gestern nachmit tag nach mehr als dreistündiger Dauer gegen 1^ Uhr beendet. Deutschland war wieder durch Reichskanzler Müller und Staatssekretär v. Schubert vertreten. Für England nahm Lord Cushendun teil, für Frankreich Briand, für Belgien Hymans, für Italien Seialoja und für Japan Adatckt. Die gemeinsam vereinbarte Verlautbarung über die Besprechung hat in der amt lichen deutschen Uebersetzung folgenden Wortlaut: „Am Schluß der dritten Besprechung, die die Vertreter Deutschlands, Belgiens, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Japans abhielten, haben sie mit Befriedigung die freund schaftlichen Bedingungen sestgestellt, unter denen die wichtigen Fragen erörtert worden sind, die Gegenstand ihres Mei nungsaustausches waren. Eine Einig.» ng ist in folgen den Punkten zwischen ihnen zustande gekommen: 1. Ueber die Eröffnung einer offiziellen Bee tz a n d l u n g über die vom deutschen Reichskanzler vorgebrachte Forderung nach vorfristiger RheinlandrSumung. 2. Neber die Notwendigkeit, das Reparations problem vollständig und endgültig zu regeln und zu diesem Zweck eine Kommission von Finanzsachverständigen der sechs Regierungen etnzusetzen. 8. Ueber den Grundsatz der Einsetzung einer Feststel- lungs. und Vergleichskommission. Die Zusam mensetzung, das Funktionieren, das Arbeitsgebiet und die Dauer dieser Kommission werden Gegenstand weiterer Verhandlungen zwischen den Regierungen bilden. « Klarere Auskunft über das Ergebnis der gestrigen Ver handlungen gibt ein Interview, das Lord Tushen-un.der Leiter der Besprechung, unmittelbar nach Beendigung der Sitzung einigen englischen Journalisten gegeben hat. Lord Cushenduns Antworten auf die von den Journalisten gestellten Fragen lassen sich folgendermaßen zufammenfassen: 1. Die Initiative für die weiteren Verhand lungen über die Rheinlandräumung, insbesondere über die Bedingungen, unter denen die Verhandlungen jetzt weiter sort- geführt werden können, liegt ausdrücklich bei der deut sch e n R e g i e r u n g. Es ist jetzt Ausgabe der deutschen Re gierung, Vorschläge über die Regelung der Reparationsfrag« den Alliierten vorzulegen. 2. In der Reparatlonssrage sucht die englisch« Regierung bei der Mobilisierung der deutschen Reparations schuld die gleiche Summe zu erhalten, dieEngland den ver einigten Staaten zu zahlen hat. 3. Es ist in den Verhandlungen festgestellt worden, daß die Feststellungs- und Vergleichskommission nicht einen militärischen, sondern einen rein zivilen Charakter tragen soll. Jedoch ist nicht entschieden, ob Deutschland in dieser Kommission vertreten sein soll. Don französisci)«r und belgi scher Seite wird gegen eine Vertretung Deutschlands in dieser Kommission Einspruch erhoben. 4. Es ist festgestellt worden, daß die Kontrolle dieser Kom mission sich auf die deutsche entmilitarisiert« Rheinlandzone beschränken soll, nicht jedoch aus andere Gebiete des Rheinlandes und nicht auf französische» Gebiet. Es ist bisher nicht entschieden, ob die Dauer dieser Vergleichskommission mit dem Jahre 1S35 ihren Abschluß finden, oder ob die Kommission darüber hinaus bestehen soll, von alliierter Seite wird gefordert, daß die Dauer dieser Kommission nicht begrenzt wird, jedenfalls über 1988 hinaus andauern soll. 5. Die Kommission der Finanzsachverständigen für die Regelung der Reparationsfrage soll sobald wie möglich ein gesetzt werden. Die Verhandlungen über die Einsetzung der Vergleichskommission und über di« Räumung des Rheinland«» sollen gleichzeitig geführt werden. Die Verhandlungen würden jedoch erst eröffnet werden, wenn Deutschland Vorschläge in dieser Hinsicht den Alliierten vorlegt. Kabinett und Delegalion einig Die -rutsche Kalkung Berlin, 16. September. Das Reichskabtnett trat gestern mittag und gestern nachmittag zusammen, um sich an Hand der Be richte der deutschen Delegation über die Lage in Genf zu beraten: nach Schluß der Verhandlungen wurde folgen des Kommunique ausgegeben: „Das Reichskabtnett trat unter Vorsitz des Retcha- ministers Eroenerz« einer Sitzung zusammen, an der di« Reichsminifter Lurttus, Dietrich, von Enörard, Hilferding, Severing, Schätze! und Wisse» teilnahmen. Gegenstand der eingehenden Beratung bildet« di« Lage in Genf, wie sie sich ans Grund der Berichte der Delegation darsteklt. Di« Haltung der Delegation in Genf fand ein mütig« Billigung. Die Stellungnahme des Reichs kabinetts zu den in Frage stehenden Problemen wurde der Delegation telegraphisch übermittelt." Wenn auch über den sachlichen Inhalt der Besprechun gen im Kabinett — denen zwei schriftliche Berichte der deutschen Delegation aus Genf zugrundelagen — in der amtlichen Meldung nichts gesagt wird, ko dürfte doch un zweifelhaft seststehen, daß die vom Kabinett und von der Delegation eingenommene Haltung sich in nichts von der bisherigen deutschen Auffassung unterscheidet. Was die von den Franzosen angeregte sog. Feststellungskom- miss ton angeht, so wird Reichskanzler Müller in den Sonntagbesprechungen nichts anderes vorzuschlagen haben als das, was man bisher in Deutschland zu dieser Frage meinte; und das hat Reichsminister Stresemann am 31. Januar d. I. schon in einer Rede Umrissen, die er im Reichstag hielt: damals führte er aus: „Wir werden eine Diskussion über Fragen, die eine Be obachtung der Verhältnisse im Grenzgebiet bis zur Be endigung der für die Besetzung des Rheinlan des in Aussicht genommenen Zeit vorsehen, nicht grundsätzlich ablehnen, aber wir können nicht der Auffassung Raum lassen, als wenn Deutschland bereit wäre, die Ver kürzung der Rheinlandbesetzung mit dauernden Maß nahmen zu erkaufen, die über den Vertrag von Ver sailles hinausgehe n." Diese hier ausgesprochene These, auf keinen Fall irgend welche über die Bestimmungen des Versailler Vertrages hinausgehenden Bindungen einzugehen, auf keinen Fall eine über das natürliche Ende der Besatzung im Jahre 1935 kinausreichende Institution mitzumachen, gilt auch heute noch! Bis hierher und nicht weiter! Für die deutsche Delegation ist genau die Grenze gesteckt, wie weit sie am Sonntag gehen kann: höchstens Vereinbarung von Maßnahmen und Einrichtungen, die 1935 und keine Stunde später aufhören. — In Frankreich selbst steht man dem Vorschlag einer Feststellungskommission mit gemischten Ge fühlen gegenüber: dem „Avenir" z. B. paßt es — wie an anderer Stelle ausgeführt wird — durchaus nicht, daß Deutschland durch seinen Sitz in dieser Kommission „Ein blick in die Defensivorgane Frankreichs an der deutschen Grenze gewinnen" könne! (Uebrigens ein gewiß inter essanter Beitrag zu Frankreichs „gutem Gewissen" in der Rüstungsfrage!) — Weiterhin geben wir einer schweize rischen Stimme Raum, die die geplante Kommission sehr stark und mit nicht zu übersehenden Argumenten ablehnt. Daß Deutschland keine prinzipiellen Bedenken gegen die Erörterung des Reparationsproblems hat. ist nichts Neues; jüngst erst hat Reichswirtschaftsminister Eurtius auf der Kölner Bankierstagung der deutschen Meinung in diesem Sinn Ausdruck gegeben. Deutscherseits bestehen keine Schwierigkeiten, die Reparationsbesprechungen auf zunehmen. Konservative und Liberal« werden also über 46 Sitze ver fügen, während Sozialdemokraten, Demokraten und Färöer mit 36 Sitzen in der Minderheit bleiben. Zn der Zeitung „Sozialdemokraten" erklärt der Parteiführer Stauning, daß für die liberale Regierung 444 082 und gegen die Regie rung 483186 Stimmen abgegeben worden seien. Die Wähler hätten somit über das Kabinett Madsen Mygdal ihr Urteil ge sprochen. Das Ministerium könne nichts anderes tun, als Neuwahlen für das Folketing auszuschreiben, um dadurch parlamentarisch« Klarheit zu schaffen. Hierauf hat der Ministerpräsident durch das liberale Pressebüro erwidert, daß er die Forderung der Sozialdemokraten als unbillig abweisen müsse. Das Ergebnis habe im ganzen den Wahlausgang vom Jahre 1926 erneut bestätigt» Sie Zulassung de» „Gras Zeppelin" Zu der Meldung au» dem Luftschiffbau Zeppelin, daß „Graf Zeppelin" am Sonnabend nicht auslaufen könne, well da» Reichsverkehrsministerium di« Zulas sung nicht rechtzeitig ausgesprochen habe, obgleich die Deutsch« Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berltn-Adlershok technijche Bedenken nicht erhoben habe, wird von zuständiger Stelle m»i- geteilt, daß di« Zulassung nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht erteilt werden durfte, weil die technische lln- bedenklichkeitserklärung der zuständigen Prüfstelle, der Deut schen Versuchsanstalt für Luftfahrt, noch ausstand. Diese konnte jedoch nicht gegeben werden, weil der Luftschiffbau Zeppelin mit gewissen technischen Aufklärungen noch im Rückstand ist. Auch die im Lujtverkehrsgesetz vorgeschriebene Haftpflicht- Versicherung hat die Firma noch nicht nachgcwiesen. Die zuständigen Stellen arbeiten ihrerseits mit jeder möglichen Be schleunigung. Zur weiteren Erleichterung ist dem Luftschiffbau Zeppelin mitgeteilt worden, daß das Reichsverkehrsministerium dazu be reit sei, den Luftraum über dem deutschen Teil des Bodensecs als Flughafenzone anzusehen, in der bekanntlich nach dem Luftverkehrsgejetz auch Flüge und Fahrten von Lustschiffe» ohne Zulajsung unter gewissen Voraussetzun gen erlaubt sind. Kauft bei unseren Inserenten!