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Gew und Geist Nachdenkliche Betrachtungen zum Kölner Danklerkag Die eigentliche Verfassung eines Staates besteht in den realen Machtverhältnissen, nach denen die staatsrecht, lichen Vorschriften ihre jeweilige Deutung und Auslegung. Nutzanwendung und Abänderung erfahren. Will man die Idee des Staates und der Nation als sittliche Gemeinschaft Herausstellen, also in Republik und Demokratie den zeit gemäßen staatsrechtlichen Ausdruck einer öffentlichen Ord nung sehen, in der christliche Kultur und Grundsätze des religiösen Lebens wachsen, blühen und gedeihen können, dann mutz man uneingeschränkt der festen Ueberzeugung sein, datz diese Kultur und ihre Grundsätze gerade in dieser Staatsordnung Machtmöglichkeiten besitzen, und dann mutz man vom Willen zur Entfaltung solcher Macht unbeugsam beherrscht sein. Man mutz also keinen Zweifel darüber haben, datz Machtmöglichkeiten und tatsächliche Macht zwei sehr verschiedene Dinge sind, datz der sittliche Gehalt einer Staatsordnung nicht ihr natürliches Ergebnis ist. sondern nur dann Wirklichkeit wird, wenn sittliche Kräfte sich in ihr behaupten. Der Staat ist weder gut noch schlecht, son dern notwendig, er wirkt sich erst Kultur fördernd oder zerstörend, veredelnd oder verrohend aus, je nachdem die treibenden Kräfte in ihm geartet sind. Bequem ist solche Erkenntnis nicht. Enthält sie doch die Einsicht, datz die Machtmöglichkeiten christ licher Kultur zwar gegeben, aber nicht erreicht find, datz feindliches Machtstreben zur Wachsamkeit und Vorsicht mahnt, datz man also denken, ringen, arbeiten muh, datz die parlamentarische Arithmetik nicht ausreicht, um das Gesetz des Handelns sich von dem Gegner nicht vorschreiben zu lassen. Wenn wir diesen Staat von heute aus innerster Ueberzeugung tragen und schützen wollen, dann mutz er der Ausdruck und das Spiegelbild unseres Geistes und unseres religiösen Lebens sein können, dann müssen wir abwehren, wo ihm Aufgaben und Eigenschaften zugemutet werden, die unseren Zweck vom Staat nicht erfüllen. Nach dieser Präambel, die recht notwendig ist, weil st« die Nutzanwendung aus der staatspolitischen Entschließung des Magdeburger Katholikentages zieht, was immer schwieriger ist, wie die Abfassung und Annahme einer Ent schließung, wollen wir zum Thema kommen. So ein Bank! er tag ist heute eine wichtige An gelegenheit des öffentlichen Lebens. Die Spezialisten und Fachleute der Geldwirtschaft erörtern die Fragen unserer Kreditwürdigkeit und Leistungsfähigkeit nach den Gesichts punkten ihres Eeschüftsinteresses und grenzen die Aufgaben und Pflichten des Staates so ab, als wenn sie Hoheitsrechte gegenüber dem Staat hätten. Kreditgeschäft, Diskont geschäft, Effektenkommission, Emissionshäuser, das sind die Spitzmarken für eine privatwirtschaftliche Beschäftigung mit dem Umlauf, der Ansammlung und Verteilung von Geld und Geldeswert. Es ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht der öffentlichen Meinung, sich mit den Anschauungen kritisch auseinanderzusetzen, die der Stand der Geldmakler von Staat und Wirtschaft hat. Für ihn sind Staat und Wirt schaft eben ein Geldmarkt wie viele andere auch, auf dem freies Wirken weitgehend gesichert sein muß. Die Pflicht zu dieser Sicherung hat der Staat, dessen letzte Instanz in der republikanischen Demokratie die Reichsbürgerschaft ist. Was also auf dem Vankiertag über öffentliches Interesse gesagt wurde, über die Aufgaben des Staates und deren Grenzen richtet sich nicht an irgendein Reichsministerium, sondern an die Reichsbürgerschaft überhaupt. Es wurde uns dort im Gewände der wissenschaftlichen Voraus setzungslosigkeit erzählt, daß die kapitalistische Wirtschaft auf dem individuellen Ertragstreben aufgebaut sei und daß es für dieses Ertragstreben des Kapitals keine Grenzen gebe; das große Interesse Deutschlands bestehe augenblick lick, darin, die Kavitalbildnna in ihrer ersten Quelle zu vermehren, also bei den Unternehmern. Preise und Reallöhne sollten sich möglichst nicht verändern und der Gewinn zu Kapitalbildungen der Unternehmungen verwandt werden. Der Staat solle seine Hand von der Wirtschaft lassen und über ihr stehen, es sei ein Hauptübel unserer Zeit, daß die öffentliche'Hand sich auf dem Gebiete der Privatwirtschaft betätige, geradezu verhängnisvoll sei es, wenn dies auf dem Gebiete des Bank- und Kredit. Wesens geschähe. Die Reichskreditgesellschaft, die Giro- zentralen, die Sparkassen, die Neichsbank, mehr noch als letztere die Staats- und Länderbanken sind eine unerfreu- liche Konkurrenz für den frkien Vankierstand, besonders unter Berücksichtigung ihrer teilweisen Steuerfreiheit und ihres Charakters als gemeinnützige Geldinstitute. Sie be, deuten eben eine Einschränkung des reinen Ertragstrebens in der kapitalistischen Wirtschaft, unter der die Bankiers di« monopolartige Bewirtschaftung und Kontrolle von Kapital und Kapitalbedarf verstehen. Vom Standpunkt des reinen Erwerbsinteresses aus sind solche Auffassungen verständlich und erklärlich. Ein Staat, der diesen Anschauungen beipflichten würde, stünde aber in Wirklichkeit nicht über der Wirtschaft, sondern mit der Wirtschaft unter der Kontrolle von Bank und Börse. In dem Augenblick, wo die öffentlichen Körperschaften die Verwaltung und Verwendung öffentlicher Gelder den privaten Geldinstituten überlassen, sind sie wirtschafts politisch abgerüstet und nicht in der Lage, der nationalen Wirtschaft Stütze und Führung zu geben. Niemand würde es in Deutschland heute verstehen, wenn man auf dem Gebiete des Verkehrs das freie Spiel privatwirtschaftlicher Kräfte wieder einführen wollte, ein Sturm der Entrüstung würde sich erheben, wenn man die öffentlich rechtliche Kontrolle von Kali und Kohle aufheben wollte. Die Macht des privaten Leihkapitals ist aber noch groß genug, um die Anfänge in der öffentlichen Kontrolle des Geldumlaufes als ein verhängnisvolles Uebel zu be- zeichnen, als einen Eingriff in das Dogma von der privatwirtschaftlichen Freiheit. Dasselbe Leihkapital, das solche Forderungen zur Wahrung des eigenen Erwerbs- interesses aufstellt, kommt auf der gleichen Tagung in einer Betrachtung über die Kreditnot der Nährgut. erzeuger zu der Auffassung, datz die Landwirtschaft im weitgehendsten Matze zwangswirtschaftlich organisiert und standartisiert werden müsse, damit man ihr auf dem Wege des Warenkredites, als Ergänzung zum Hypothekarkredit helfen könne. Der Gedanke des organisierten Warenkredites ist an sich gut, aber die Ausschaltung der öffentlichen Hand neferung des inländischen Nährgutmarktes an das private Leihkapital wäre verhängnisvoll. Es würde die Aus. kleidet und die Reichsbüregrschaft ist in ihrem eigenen Leihkapital bedeuten. Wenn aber Geld und Nährgut unter dessen Kontrolle gestellt ist, dann ist der Staat der wesent- lichsten Machtmittel auf dem Gebiete der Wirtschaft ent kleide und die Reichsbiirgerschaft ist in ihrem eigenen Hause rechtlos geworden. Davon kann natürlich gar keine Rede sein. Die hier dargelegten Anschauungen des Kölner Bankiertags über Wirtschaft und Staat sind der alte Wirtschaft- liche Liberalismus mit seinen zersetzenden Tendenzen gegenüber öffentlichem Recht und organischem Volkstum. Man mutz sich wundern, datz diese an und für sich überlebte Vorstellung von Staat und Gesellschaft noch so einflußreich ist und die Macht des mobilen Kapitals in die Wagschale der Staatsführung werfen kann. Dies hängt mit etwas anderem zusammen. Der animalische Instinkt der herz losen Selbstsucht hat eine Zwillingsschwester, nämlich die häßliche Usberheblichkeit einer atheistischen Philosophie und in diese Modedame ist jeder vergafft, der sich für einen modernen, fortschrittlichen Menschen hält. Die Zwillings- Meine Wallfahr« zu Anlvn Brnrkner Von Otto Seifert, Hainitz. Durch Sommerglut und Sonnenhclligkeit brauste der Zug in die österreichische Landschaft hinaus. Noä) einmal winkte der „Stef- scl" aus lustiger Höh«, als wollte er rufen: „Gelt, 's woar doch hoalt schön im lieben Wian?" ES grinste der dunkle Wiener Wald. Tann schwanden Türme und Dächer der Stadt. Welliges Hügelland dehnte sich aus- Liebliche Dorschen sind in ihm ausgestreut, dazwi- schc viel gelbe Aehrenfeldcr, Felder mit Putzigen Puppen, Wiesen und Gärten und rieselnde Wasser. Kein Fibrikschlot vcrunschönt das reizvolle Bild. Dafür besitzt fast jedes Dörfchen sein schmuckes Gotteshaus. Glaubenstreue ist ja des österreichischen Landvolks heiligstes Vätererbe. Kruzifixe und Mutkergotteskapellchen an Wcgesrändern laden den Erdenpilgcr zu frommer Rast oder lenken doch unsere Gedanken für einige Augenblicke himmelwärts. Wir käme,, noch Melk. Auf hohem Felsen an der „schönen — — Donau", — „blauen" Donau wollte ich schreiben, kann es aber nicht, denn sie war gar nicht blau — thront das berühmte Benedik- tinerstist. Weit ins Land hinaus schaut die -wcitürmige Kirche. Viel hundert Jahre schlafen in Gangen, Zimmern und Sälen. Fleißige Mönche haben hier allzeit gearbeitet und pflegen auch heut »och emsig die Wissenschaft. Kulturträger alter und »euer Zeit! Wie singt Fr. W. Weber? „Preis den braven schwarzen Mönchen, Preis de» wackern Kuttenträgern, alles menschlich schönen Wissens stammen Hüter», treuen Pflegern!" — An der Donau ging es entlang. Durch Pöchlarn, des „vielgetreuen" Markgrafen Rüdigers Sitz. Auf- rauschcn die Fluten. Und mir war's, als hört ich des alten Nibe lungen Liedes wundersame Weisen. „Uns ist in alten macrcn Wun ders vil gefeit, von helcden lobcbaercn, von grozer arebcit." Vor LO Fohren wohl las ich den Sang. Damals waren es Worte. Zum Leben erwachten sie jetzt. In eiliger Fahrt nahen wir uns Linz. Zuvor überqueren wir Enns und Traun. Ihre schnellen Fluten werden sehr bald in die Donau sich ergießen. ObcrösterreichS Haupt stadt lag nun vor uns, Oesterreichs drittgrößte Stadt. Ich betrat „gelobtes Land", Brucknererde. In Schaufenstern siehst du sein Bild und Karten vom Stifte St. Florian. An der .Landstraße", der verkehrsreichsten Straße der Stadt, l>at er gewohnt, zusammen mit den Herren des Stiftes. Nicht weit davon, im alten zweiarmigen Dome, hat er die Orgel gespielt. Seit 1922 ist an der Fassade deS Hauses eine Dcnktafel angebracht. Des Tonkünstlers Bildnis, sein Name und die Jahreszahlen 1858-68 deuten an, daß er hier ein Dezennium Domorganist gewesen. Enge» Gassengewirr umgibt den ehrwürdigen Barockbau. Die Domgasse öffnet sich im Westen nach dem „Platze des 12. November", in dessen Mitte sich die in fast keiner österreichischen Stadt fehlende Dreifaltigkeitssäuse 26 Meter hoch erhebt. Hinter der westlichen Häuserfront ragt der schlanke Turm des neuen „Maria-EmpfängniS-Domes" empor, ein Meister werk gotischer Baukunst. Der heiligmüßige Bischof Rudigier ist sein Begründer. In der Krypta der Votivkapellr ist er zur letzten Ruhe bestattet. Der Dom birgt reiche Sehenswürdigkeiten, von denen ich nur di« hochinteressanten Glasgemäldesenster erwähne, die ein glän zendes Zeugnis ablegen von der Alarienliebe des oberösterretchischen Volkes. Der „Platz des 12- November" endet an der Donau. Eine schmal« Brücke führt über den 250 Meter breiten Strom. Am jen seitigen Ufer liegt das seit 1919 nach Linz eingemeindete Urfahr, das im Hintergründe vom Pöstlingberge überragt wird. Von seiner Höhe soll man eine wunderbare Fernsicht haben. Ich selbst bin nicht droben gewesen. Mich zog es nach anderer Richtung. Mit der Straßenbahn ging es hinaus nach Ebelsberg. Dieser Ort — halb Dorf, halb Landstädtchen — bildet die Anfangsstation der Lokalbahn nach St. Florian. Das Wasser der Traun rauscht an ihm vorüber. Gegenwärtig baut man an einer großen Sleinbrücke, deren Fertigstellung nicht mehr lange auf sich warten lassen dürfte. Der kleine Markt ist mit einem alten Denkmal geziert, das von bösen Zeiten erzählt: von Krankheit und Krieg. Am Kirchlein fanden wir eine schlichte Tafel aus Stein. „Ruhestätte der Frau Theresia Bruckner, Schullehrers-Witwe von Auefelden", so stand daran ge schrieben. Also dos Grab von Bruckners Mutter. In GräflingerS Buch ist das Bild davon: Hügel und Stein von dichtem Efeu um rankt. Ich sa>ü> es anders. Kein Hügel mehr und von grünem Vlätterschmuck keine Spur. Schade! Liehe sich nicht wieder in Pie« lätvoller Weise irgend ein Schmuck anbringen? Denn ehren wir den großen Sohn, so wollen wir auch sein« Mutter nicht vergessen! Heiß brannte die Sonne nieder, als die aus zwei Wagen bestehend« elektrische Kleinbahn sich in Bewegung setzte. Schattiger Wald nahm uns auf. Geheimnisvoll rauschten die Bäum«. ES sangen die Vögel. St. Florianweisen! Hornklänge und lieblich« Flötentöne der großen Waldsinfont«, der romantischen Vierten! Ein halbes Stündchen Fahrt. Dann machte di« Bahn ein« Kurv«, und unfern suchende» Blicken zeigt sich «u«f mäßiger Höhe das llösterlich« Stift „Graf Zeppelin" slarlberetl Am Sonnabend WerlrstSilensahrl Friedrichshafen. 14. September Die Wetterlage wird hier so günstig beurteilt, daß der „Graf Zeppelin" voraussichtlich noch im Laufe des Sonn abendvormittag die Halle verlassen und seine erste Werkstättenfahrt «»treten wird. Nach den bislwrigen Dispositionen wird die Fahrt bis in die Nachmittagsstunüen dauern und rund um den Bodensee führen. Außer der Be satzung wird sich dabei an Bord nur die Werstleitung unter Füh rung des Direktors Dürr befinden. Wie weiter verlautet, wird an der Amerikafahrt des Gras Zeppelin" als Vertreter des Reichsverkehrsministeriums Ministerialdirektor Brandenburg teilnehmen. Für die verfüg baren Plätze für zahlende Passagiere sollen in Friedrichshofen zahlreiche Bewerbungen eingegangen sein. Die Liste der zah lenden Passagiere steht noch nicht fest. Der Luftschiffbau Zeppe lin ist bereits von den amerikanischen Behörden über die iw Lakehurst getrosfenen Empfangsvorbereitungen und Hilfsmaß nahmen in Kenntnis gesetzt worden. Die Deutsche Reichspost hat für die Amerikareise des „Graf Zeppelin" bei der bekannt lich Briefe bis zu 29 Gramm und einfache Postkarten nach den Vereinigten Staaten befördert werden, besondere Luft marken zu 4 und 2 Mark herausgegeben, die demnächst bei den größeren Postämtern des Reiches zum Verkauf gelangen. Die längliche Marke von großem Format zeigt das Luftschiff Uber der nördlichen Hälfte der Weltkugel schweben, auf der Europa und die Westküste Nordamerikas zu erkennen sind. An den schmalen Seiten trägt die Marke die Aufschrift Europa und Amerika. Die 4-Mark-Marke für Briefe ist braun, die 2-Mark- Marke blau. Es ist das erstemal, daß für die Luftpost nach Amerika besondere Marken ausgegeben werden. schwester des brutalen Erwerbsstrebens nimmt einem wesentlichen Teil der Reichsbürgerschaft den Sinn dafür, daß in einer solchen kapitalistischen Einstellung zum Staat eine geistige Unterernährung und eine sittliche Entartung des Staatszweckes liegt, datz wir es hier nicht mit einem Wettbewerb im Ertrag der Arbeit zu tun haben, sondern ein materielles Machtstreben, das nie die Grundlage des Gemeinwohles sein kann. Es ist nicht zufällig, sondern es gehört zum System dieses Machtstrebens, daß die gleichen Leute, die auf dem Bankier'ag solche Anschauungen ver treten haben, auf dem Gebiete der Schule, der Erziehung und der Presse den Staat dazu benützen wollen, um die Masse des Volkes von Schutz und Wehr aller moralischen und sittlichen Leidenschaft zu entwaffnen. Gegenüber dem monopolartigen Recht auf kapitalistische Ausbeutung von Staat und Wirtschaft gibt es im demokratischen Staat nur ein Machmittel, nämlich die geistige und sittliche Er tüchtigung der Masse. Solange die sozialistische Arbeiter schaft das nicht begriffen hat, wird sie immer der Schritt macher liberalistischer Staatszersetzung sein. wieder öchissskollisnm aus der Elbe Hamburg. 13. September. Der nach Ostasten ausgehende Dampfer „Claus Rick- mers" hatte am Mittwoch abend auf der Unterelb« beim Pagensand einen Zusammenstoß mit dem von Montreal kom menden italienischen Dampfer „Clara Tavour". Der Dampfer Claus Rickmers wurde dabei so schwer beschädigt, daß er in sinkendem Zustand an der Einfahrt der Krückau auf den Strand geschoben werden mußte. Der italienische Dampser ist mit eingedrücktem Bug in den Hamburger Hasen einge- lausen. Die Besatzung des Hamburger Dampfers wurde gerettet. St. Florian. Breit hingelagert, beherrscht es das ganze Tal. Wie Küchlein schuhsuchcnd um die Henne, so scharen sich die kleinen Häuser des Marktes um den „hehren, herrlichen Bau". Ein langes, dunkles Torgewölbe führt zum Stift empor. An seinem Ansgang« grüßt uns in Tageshclligkeit der Herr am Kreuz. Er grüßt dich in Oesterreich überall, auch von Häuserwänden, in Gaststuben und Ladengeschäften. Und immer hat liebende Hand dem Kruzifix Blu men oder Kränzlein gebracht. „Ganz plötzlich, breit die Arme dehnend. Das Haupt in Todesnot bereits Schlafmüde auf die Achsel lehnend, Hing da im Abendgold am Kreuz Ein Heiland. — Einsam in der Rund«, Einsam und nackt der Menschensohn — Kein Schmuck, als an der Seitenwunde Ein festgebund'ner Strauß von Mohn." Nun stehn wir vor dem Hauptportal. Ein Herr de« Stifte» übernimmt die Führung. — Uralt ist daS Kloster. Reicht zurück bi» auf Karl den Großen, vielleicht noch weiter. ES trägt den Name» St- Florian, den Schuhhelligen gegen FcuerSgesahr, der hier u« 304 den Martcrtod in der EnnS fand. Viel Interessantes weiß di« Chronik zu berichten. Glück und Unglück, Freud« und Leid wcch, sein, wie im Menschenleben, auch hier miteinander ab. Auf hoh« kulturelle Wellenberge folgte manch Wellental. Eins aber hat man nie oder doch selten auS dem Auge verloren: die Pflege von Kunst! und Wissenschaft. Das Stift in seiner heutigen Gestalt stammt au»' dem 17- und 18. Jahrhundert, aus einer Zeit also, di« einen neuen Baustil gebar: den Barock. Man begreift heute nicht, wie cS möglich war, Barock „als irr- oder gar unreligiös" zu bezeichnen. In« Gegenteil, dieser Stil entspricht ganz und gar dem Gefühl eines tief»' religiösen Menschen, nicht ztvar eines pessimistischen Grüblers, son-, dein eines freudig bejahenden, sieghaft bewußten Glaubensbcken- ners- Drum ist diese Art deS Bauens auch nicht im schwerblütige« Norden Deutschlands und Europas zu finden. Nein, nur in de» sonnigen, warmen, freudejubelnden Luft des Südens kann sie ge» deihen, dort, wo der Glaube auch äußeren Ausdruck — von „Ver äußerlichung" ist deswegen noch gar nicht die Rede — findet i« Kreuzen und Marterln, in Bildern und Bildstöcken und Heiligen^ siguren an Wiesen und Feldern, Wegen, Häusern und Brücken. Barock ist Ausdruck, Expressionismus, ist Bezwingung des Unend lichen in endliche Form. Strebt die Gotik nach oben, lenkt sic den Blick himmelwärts, s» zieht der Barock umgekehrt den Himnici zur