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HM A Hört. Rantzau war der erste, der die bestehenden 8ch wi er ig k« i t en einer deutsch-russischen Zusammen arbeit offen zugab,' immer und imnier wieder lief die per sönliche Unterhaltung in seinem Arbeitslabinett auf. dem Obuchow auf diesen Punkt hinaus. Aber wer die Türen des Obuchowpalastes hinter sich hatte, der wußte. daß für de» Moskauer Botschafter trotz der immer und immer wieder auftauchenden Schwierig keiten nur eine positive diplomatische Arbeit Sinn hatte, das, nichts seinen politischen Glauben zu er schüttern vermochte. Mit welcher verbissenen Zähigkeit und Geduld dieser Mann an der Beseitigung der „Mißverständ nisse" arbeitete! Und Moskau ist wahrlich weit mehr der Boden politischer Mosaikarbeit, wo mühsam Stückchen um Stückchen zusammengetragen werden muß, als das Feld großzügiger und berauschend r diplomatischer Erfolge! So daß es für den politischen Mitarbeiter des Botschafters nicht verwunderlich ist, daß die breite Oeffentlichkeit oft enug den errungenen, den sogar mühsamst errungenen eilerfolg nicht wahrnehmen und schon gar nicht be urteilen konnte. Daß aber in diesem Zusammenhangs eine gewissenlose Presse mit den angeblichen Erfolglosig keiten des Botschafters eine schamlose Hetze gegen seine Person betrieb, gehört mit zu den üblen Nachkriegs erscheinungen, die Deutschland eine Reihe seiner tüchtigsten Menschen gekostet haben! Wenn aber gegen irgendeinen Politiker solche Presse hetze eine Nichtswürdigkeit und bodenlose Dummheit war, dann die gegen den Verstorbenen! Denn wenn ein Diplo mat es verstand, mit der Presse im besten Sinne zusammcn- -uarbeiten, dann war das Brockdorff-Rantzau. Ihm be deutete Zusammenarbeit nicht die Aufzwingung einer Meinung, für ihn war der Journalist nicht das nun einmal gegebene Sprachrohr zur Oeffentlichkeit, der für die Stimmungsmache leider unumgängliche Zeitungsschreiber. Rantzau, der nur selten und eigentlich nur aus dienstlichen Anlässen sein Haus verließ, konnte trotzdem zu den über innerrussische Angelegenheiten best informierten Politikern gehören, weil er verstand, die aus Beruf und Neigung die Sowjetunion Bereifenden — und neben den Journalisten die Wissenschaftler und Kaufleute — zu sich heranzuziehen und das dann für ihn Wissenswerte aus breiter Erlebniserzählung oder bewußter Berichterstattung heransznhören. Mitten in der Arbeit hat den Botschafter der Tod er eilt. Wenn irgendeiner nicht wahrhaben wollte, daß der Last der Verantwortung und Arbeit ein Maß von Aus spannen und Erholung gegenüberstehen müsse, dann war es der Botschafter selber. Sahen andere mit Besorgnis eine Arbeitserschöpfung, so w e h r t e s i ch der Botschafter selber verzweifelt gegen diese Meinung anderer. Uno dieser Kon stitution traute man schließlich zu, daß sie die körperlichen Uebermüdungen überwinden werde, und zwar für lange Zeit noch. Um so überraschender und darum um so niederschmetternder kam die Nachricht von seinem so plötz lichen Ableben! An dieser noch offenen Bahre schon abmessen zu wollen, was dieser Tod für Deutschland bedeutet und welche Lücke in der Diplomatie gerissen worden ist, wäre vermessen! Der Vermessenheit soll auch nicht die Phrase zur Seite gestellt werden mit der Uebertrieoenheit von der Unersetzlichkeit des Menschen. Jeder Mensch ist nur einmalig, jeder Fol gende ist anders; müßiges Spiel also, entscheiden zu wollen, ob und wie der Vorgänger ersetzt wird. Dem Verstorbenen selbst wäre nichts widerlicher als solche Phraseologie! Die se jenigen, die den verblichenen Botschafter kannten und längere Zeit auf seinem Moskauer Posten beobachten und schützen lernen konnten, wissen, wer nun aus den Reihen der deutschen Politiker und Diplomaten ausgeschieden ist. Ihre Trauer ist darum nicht die der lauten Gasse, sondern die stille Schätzung des Menschen, dem dieArbeitamge« beugten Vaterlande Dien st geworden ist! Wenn Deutschland in diesem einen Jahrzehnt einen so gewaltigen Schritt zum Aufstieg hinter sich bringen konnte, so gebührt auch dem verstorbenen Grafen Brockdorff-Rantzau hierfür der Dank! Und danken soll man im Gedenken um den Menschen, der nun von uns gegangen ist! In memoriam. Deutschlands verbrieftes Recht Senf, 13. September. In den gegenwärtigen Räumungsverhandlungen wird In den Kreisen der Delegation vielfach auf die Urkunde hin- gewlefen, die während der Versailler Friedens konferenz am IS. 6. ISIS von Wilson, Lloyd Georges über die Bedingungen einer vorzeitigen Rheinlandräumung schriftlich festgelegt worden war. Diese Erklärung behandelt in vier Punkten, bis ins Einzelne gehend, die Bedingungen, unter denen eine vorzeitig« Rheinlandräumung stattfinden könnte. Es wird eindeutig festgestellt, daß die Räumung des Rheinlandes vor dem im Versailler Vertrag vorgesehenen Ter mine erfolgen könnte, wenn Deutschland Beweise feine» guten Willens und Garantien für di« Erfüllung der im Versailler Vertrag ihm auserleglen Verpflich tungen geben würde. Diese Urkunde spielt in den gegenwärtigen Räumungs verhandlungen eine große Rolle und wird zweifellos auch in Zu kunft weittragende rechtliche und moralische Bedeutung besitzen, da hierdurch durch die drei alliierten Hauptmächte ein deutig und unumwunden die vorzeitige Räumung des Rheinlandes vorgesehen ist. Die in der Urkunde festgeleg ten Bedingungen werden durch die Annahme des Dawesplanes und des Locarnopaktes unbestreitbar heute von allen Seiten als erfüllt angesehen. Von alliierter Seite wird man die rechtlich bindende Kraft der Erklärung der drei alliierten Hauptmächte in Zweifel ziehen, da die Vereinigten Staaten im Versailler Vertrag nicht unterzeichnet hätten nnd deshalb diese Urkunde keine staatliche Bedeutung habe. Von deutscher Seite ist ln den bisherigen Verhandlungen bereits auf di« recht liche und moralische Verpflichtung der Alli ierten aus dieser Urkunde mit großem Nachdruck hi'Ngewicsen worden. Die Urkunde bedeutet eine neue Stärkung des deutschen Standpunktes in der Räumungsfrage über die bereits bestehen den Verpflichtungen der Alliierten auf Räumung der Rheinland« hinaus. Pole« »uh volle« Schadenersatz leisten Kaust bet unserem Inserenten! > . Haag, 14. September. Bor dem ständigen internationalen Gerichtshof wurde gestern nachmittag das Urteil im Thorzow-^ Streit gefällt. Schon früher war von diesem Gerichtshof die Unrechtmäßigkeit der Beschlagnahme der Chorzow-Werke durch Polen und das Recht Deutschlands auf eine Vergütung festgestellt worden. Diesmal handelt es sich um die Bestim mung der Entschädigung und um die Zahlungs weise. Das Deutsche Reich hat in seiner Klage für die ober- schlesischen Stickstoffwerke als Eigentümerin der Fabrik eine Vergütung von 58,7 Millionen Mark und für die beteiligten bayrische» Stickstoffwerke einen Betrag von 20179 000 Mark gefordert. Das gestrige Urteil erklärt, daß die Haltung der polnischen Regierung gegen dl« bayrische» und ober- schlesischen Stickstoffwerke Im Widerspruch zu Artikel 66 der Genfer Konvention siehe, und daß Polen zur vollen Entschädigung des erlittenen Schadens an das Deutsche Reich verpflichtet sei. Die polnische Forderung auf Auslieferung der 110 Millionen Mark Aktien der oberschlesifchen Stickstoff- werke durch Deutschland, wird vom Gericht abgelehnt. Weiter besagt das Urteil, daß sich das Gericht nicht für zu ständig halte, zu bestimmen, daß Polen, die Zahlung nicht gegen eine eigene Forderung aufrechnen dürfe. Das deutsche Ersuchen, die Ausfuhrder Chorzow-Wer-Ke und die Herstellung von Ammoniak-Hydrat in diesem Werke für eine gewisse Zeit zu verbieten, wird vom Gericht zurückgewiesen, weil es einen Schuh der künftigen deutschen. Werke bedeuten würde und mit dem bereits erlittenen Schoden nichts zu tun habe. Die Feststellung der Entschädigung und der Zahlungsweise bleibt einen, späteren Urteil nach Erhalt des einzuhotenden Sachver- ständigen-Gutachtens und der diessährkgen Stellungnahme der beiden Parteien Vorbehalten. Ein besonderer Ausschuß soll den Wert der Chorzow-Werke am Tage der Beschlagnahme und Len heutigen Wert, wenn sie unter Leitung des früheren Eigentümers sich normal entwickelt hätte. In der Begriindung wird gesagt, baß di, Beschlag, nähme nicht einfach eine Enteignung sei. die durch eine Entschä. digung gutgemacht werden könne. Es sei vielmehr ein ungesetz. ttches Vorgehen Polens, im Widerspruch zu Artikel 6 und den folgenden Artikeln der Genfer Konvention, di« den Wirtschaft, lichen Status qu« in Oberfchlesien aufrecht erhalten wollt« und di« Beschlagnahme des Eigentums deutscher Untertanen aus drücklich verboten hat. Die polnische Entschädigung dürfe sich nicht auf den Werl der Fabrik, und die Zinsen seit der Beschlag nahme beschränken, sondern müsse jeden Schaden umfassen, der sich in der Folge für di« beiden beteiligten Fabriken hieraus ergeben hat. Das Urteil wurde mit neun gegen drei Stimmen gefällt. Ende der bulgarischen Krise Sofia, 13. September. Ministerpräsident Liaptscheff erhielt am Mittwoch zum dritte» Make »o« König de« Auftrag zur vildnng «ine» Ka binett». Ein« Lerstnnmlnng der Mehrheitopartei, die von 146 Abgeordneten besucht war, gab Liaptfchess die Vollmacht, das Kabinett nach feine mGutdünten zusammcnzusetzen. Dar aus legte der Ministerpräsident um 19 Uhr dem König di« Liste des neue« Kabinetts »or. Dies« List« stimmt mit dem alten Kabinett völlig überein, nur ist Raschko Magyarosf als Eisenbahnminifter neu hinzugekomme». Magyarosf ist «in vertrauter Freund des Kriegsministers Wolkoss. Die politische Polizei hat das Zentralkomitee der kommu nistischen Organisation in Bulgarien aufgehoben, das meist aus bulgarischen Emigranten bestand, die mit falschen Pässen nach Sofia gekommen waren. Aus beschlagnahmten Schriftstücken soll die enge Verbindung mit Moskau, Wien und Berlin hervorgehen, woher innerhalb kurzer Zeit Unterstützungen im Betrage von einer Million Lewa gekommen seien. Einer der Verhafteten beging im Treppenhaus der Polizei direktion Selbstmorg. Die Vorgänge in Spanien Das vereitelte Komplott Madrid, 13. September. Ein in letzter Stund« den Zeitungen zugegangenes Lom« mu »iqub besagt: Für heute Nacht war ein von verschiedene« Elementen üud Personen angezetteltes Komplott ge plant, das dank dem Eifer des Leiters und des Personals der Sicherheitspolizei zur Stunde als gescheitert angesehen werden kann. Die notwendigen Verhaftungen find vorge nommen und eine eingehende Untersuchung eingeleitet worden» um das von den Verschwörern verfolgte Ziel, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und den Umfang ihrer Verant wortung genau festznstellen. Das . Komplott sollte den Stolz und Ehrgeiz von Leute» befriedigen, die nicht an den Schaden dachten, den sie Spanien gerade in diesem Augenblick zusügen konnten, wo diese, in Eens einen neuen Beweis für die Achtung der Welt erhalte» hat. Vielleicht war die Ursache de» Komplott» der Verdruß »nd der Neid, die die dieser Tage ftattsindenden gewaltigen Kundgebungen der Anhänglichkeit an di« Regierung hervorgerufen haben. Das Land kann beruhigt sein. Die für letzte Rächt vorbereitete Durchführung des Kom plotts ist dank den polizeilichen Maßnahmen gescheitert. Es wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen. Eine eingehend« Untersuchung ist eingeleitet. Paris, 13. September. „Journal" berichtet aus San Sebastian, daß di« vier baskifchen Provinzen Visraya, Alava, Navarra und Enipuzcoa, die feit langem eine autonome Verwaltung »nd Steuergerechtsam« besitzen, in großer Erregung seien, weil die spanisch« Regierung ein« Verordnung betreffend den öffentlichen Unterricht und di« soziale Fürsorge erlassen habe, die dem auto nomen Regime zuwiderlause. Daher hätten sämtliche Provin zial- und Semeindrriite der Provinz Navarra ,« demon strieren beschlossen. Die Maßnahmen der Regierung hätten die Geister in Navarra in Wallung gebracht. Die Regiernng halte, um Unruhen Vorbeuge« zu können, in den angrenzenden Provinzen Truppen zu« Eingreifen bereit. Die in Bordeaux erscheinende „Petite Gironde" ver öffentlicht über die Vorgänge in Spanien folgende Depesche ihres Madrider Korrespondenten: Die Reise des Königs nach Stockholm benutzend, hatten liberale, republikanische und selbst kommuni st ische Elemente ein Komplott geschmiedet, mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen. In der Nacht auf Dienstag erhielt der Minister des Innern Martincz Anido Kenntnis von der Verschwörung, die einen General streik für den 14. September plant«. Nach einer Besprechung mit den leitenden Persönlichkeiten der Polizei ordnete der Minister die erforderlichen Maßnahmen an. Entsprechend der ausgestellten Liste der zu verhaftenden Person- lichkett« n wurden kestgenommen u. a. in Madrid der Führer der Liberalen Republikanischen Partei Alexander Lerroux, in Barcelona die Würdenträger der Katalanischen Liga für Menschenrechte, mehrere republikanische Journalisten sowie der ehemalige republikanische Deputierte Barrio Verro, in Valencia der Direktor der Zeitung „Pueblo de Valencia", Azzati. Die Verhaftungen erfolgten in ven verschiedensten Landesteilen und betrafen Mitglieder der Armee, Journalisten und sonstige Persönlichkeiten. Der Erzbischof von Sara- gossa, Vidal P. Peruaner, wurde aufgesordert, sich in ein Kloster zu begeben, um der Strafverfolgung zu entgehen. Vergangene Nacht hat im Verlaufe eines Ministerrats die Regierung die Verhaftung des früheren Ministerpräsidenten Sanchcz Euerro, der gegenwärtig im freiwilligen Ex,' in Frankreich lebt, und des katalanischen Führer Tambo beschlossen. Die Regierung ist Herrin der Lage: sie wird alsbald ein offizielles Eommuniquö über die Lage veröffentlichen. Die Ausemandersetzvug in THSrlngea Weimar, 12. September. Dem Landtag von Thüringen geht demnächst eine Vorlage über die Auseinandersetzung mit den ehemaligen Fürstenhäusern von Altenburg und Schwarzburg zu. Es sind ähnliche Verträge ausgearbeitet worden, wie der mit dem Herzog von Gotha bereits abgeschlossene. * In der letzten Zeit haben in Weimar wichtig« Be sprechungen mit Vertretern des Reiches zwecks lieber- nähme der thüringischen Rechnungskammer durch das Reich stattgefunden. Eie haben, wie die Telegraphen- Union erfährt, bereits ein positives Ergebnis gezeigt. Genehmigt das Landiagsplenum die entsprechende Vorlage, so würde di« Rechnungskammer am ersten April 1920 vom Reiche übernommen werden. Das Staatsministerium wird sich mit der Anarleaenheit in diesen Tagen befallen üiefenbrau- in der SIMM Prag, 18. September. Am Dienstag nachmittag brach in Trebisov in der Slowakei «in Brand aus. der sich bei dem starken Wind schnell aus die mit Slp-s> -">>--«>-> c-öuker de« Ortickakt auobreitete. D-« Nettungsarbetten wurden dazu durch Wassermangel beein trächtigt. Der Feuersbrnnst sielen 40 Wohnhäuser und 3» Wirt schaftsgebäude samt dem Anbau und zahlreiche» Bieh zum O»s«r. Auch da» berühmt« Andrassy-Schloß wurde durch den Brand zerstört. Der Schade» wird ans zwei «Mionen geschätzt. Die Lnlerrednng Loolidge-Kellogg Neuyork» 13. September. Wie aus Washington gemeldet wird, hat di« Unterredung zwischen Toolidg« und Kellogg nahezu «in« Stund« gedauert. Die Unterredung bezog sich insbesondere «uf di« Rückwirkungen der Briand-Rede auf de» Kelloggvertrag. Kellogg hat »war jede Auskunft über den Inhalt der Be sprechung verweigert, doch wird in de« Washingtoner Meldun gen «nterstrichen. daß man in unterrichteten Kreise« Brtand fürschlecht beraten hielt, als er in diesem Augenblick ein« solche Rede hielt. Die Rede des französischen Außen ministers habe in Washington «inen sehr Ungünstigen Einbruch gemacht. Die chinesische Aordnrmee ans dem LSchus Paris» 18. September. Rach einer Schanghai«, Meldnng find dt« Rest« »er chinesischen Rorda,««« von Tschili und Schantnng unter dem »«sehl der Generäl« Tschangtsnntschang und Schupup« von de» südchinefische» Trupp«, geschlagen worden und befinde» sich i« «ückpig. Wie au» Tokio gemeldet wird, umfaßt da» japanisch» Klottenbauprogramm »inen Schlachtkreuzer von 16 000 Tonnen sowie zwei Kanonenboote und zwei Torpedo- bootszerstörer von je 1766 To««». »Mt Fr