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Sächsische Volkszeitung : 19.09.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192809195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280919
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280919
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-09
- Tag 1928-09-19
-
Monat
1928-09
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.09.1928
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Iungdeulsche Fansaren Seit einigen Wochen ruft der „I u n g d e u t s ch e O rd e n" seine Mannen zum Angriff. Nachdem die Kampfs um den Bestand der Organisation" überwunden und „die Angriffe der Mächte des Materialismus" abgeschlagen sind, soll die bisher geübte Zurückhaltung oder, frontkämpferisch ausgedrückt, das Borpostengeplänkel mit den Anhängern des „Parteiismus" beendet und die Generalattacke gegen die Front der politischen Parteien begonnen werden. Der „Iungdeutsche Orden" ivill also anscheinend auf die von den anderen Frontkämpferbünden, namentlich vom Stahlhelm, geübte Taktik der Pronunciamentos, der weithin schallenden, aber trotz ihrer Fülle schöner Worie inhaltleeren „Botschaften" verzichten und die „unter den Schlä gen der Angreifer fester denn je zusommengeschlossene „Organi- sation zum Kamps um die Macht einsetzen. Der „Iungdeutsche Orden" will, scheint es, praktisch politisch werden. Der Kampf soll gehen um die Macht. In einem Artikel des stellvertretenden „Kanzlers" Herrmann wird das gesagt: „Jeder Kampf ist ein Ringen um die Macht, Macht an sich aber bedeutet nichts, wenn hinter dem Drängen zur Macht nicht die Idee steht. „Der Satz bietet Anlatz zu fragen: Wie wird der Kampf wohl geführt, was ist sein Ziel, seine Idee, und schlietzlich auf welchem geistigen Urgrund ist die Idee geivachsen. Die erste Frage, die nach den taktischen Mitteln des Kampfes, Iaht sich zunächst so ganz konkret nicht beantworten. In diesen Tagen hat Arthur Mahraun, der Hochmeister des Ordens, den Unterführern einen Rundbrief geschickt, der die Richtlinien ent halt. „auf Grund derer die Organisations- und Werbearbeit beginnen kann". Näheres darüber weitz man noch nicht, lieber die Grenzen des jungdeutschen Lagers sagt Herrmann: „Wir unterscheiden uns bewußt von den Parteien, indem wir den kleinlichen Streit um die Fragen des Tages oblehnen, und in dem wir uns abwenden van der Taktik der Kompromisse und des Kuhhandels, die Im Wesen des Parteiismus liegt. Wir trennen uns bewußt von der Kampfesart des Nationalsozialis mus. weil wir dem fanatischen Aktivismus des Faustrechtes den Aktivismus der Idee entgegenstellen. Wir wissen, daß auf die Tauer nicht die Faust das Ueberzeugende ist, sondern der Geis!. Wir scheiden uns bewußt von den kämpfenden Inter« csseugrupnen der Rechten und der Linken, weil unser Wollen zur Boliisgemcinschaft geht und weil wir nicht eine Garde dieser und jener Gruppe von Parteien, sondern eine solche der Nation sein wollen." In diesen Sätzen ist einiges enthalten, was man wohl unterschreiben kann: aber auch anderes, was nicht zu Ende gedacht ist, was, wenn es zu Ende gedacht wäre, das Illu sorische eines taktischen Hauptzieles -er Iungdeutschen, näm lich der ll e b e r w i n d u n g des Pa r te i w e s e n s, dartun würde. Es wird trotz aller Bemühungen des Iungdeutschen Ordens auch in Zukunft stets verschiedene Parteien, verschiedene Zusammenfassungen einheitlich denkender und einheitlich strebender Menschen geben, die darauf angewiesen sind, ihren sne'iellen politischen Zielen im Wege der Verhandlung und des Interessenausgleiches näher zu kommen. Auch der Iungdeutsche Orden wird zur „Partei" werden, wenn er das Gebiet des nur Negativ-Kritischen verläßt und sich anschickt, den Boden der prak tisch-politischen Mitarbeit zu betreten. Im demokratischen Staat sind Parteien eine Selbstverständlichkeit. Deshalb sollte ein modern und realpolitisch denkender Mensch seine Kräfte nicht an dem unnützen Beginnen verschwenden, die Existenz der Par teien hinwegzudiskutieren, sondern er sollte sich ausschließlich darum bemühen, die Schlacken zu tilgen, die unserem Parteiwesen anhaften. Das strategische „Hochziel" des jungdeutschen Ordens ist e<--. ,den Willen zur Macht zu verbinden mit der sittlichen Idee der Volksgemeinschaft". Das ist durchaus nichts Ori ginelles. Die Volksgemeinschaft ist ein Ziel, das die Zen- t r u mspartei schon viel länger anstrebt als der Iungdeutsche O.den. ein Ideal, in dessen Dienst sie, die politische Partei, ihre pan" praktische Arbeit gestellt hat. So hätte denn der Iung- deutühe Orden das gleiche strategische Ziel, wie die Zentrums- pari-n und die Frage wäre nur die. wer von beiden die besseren Aussichten hat, das beiden vorschwebende Ziel zu erreichen. Das rührt an die Frage nach dem geistigen Urgrund auf dem hier und da die Idee gewachsen ist. Der Iungdeutsche Orden Kat seinen Impuls aus dem „Frontgei st" gezogen. Er meint mit diesem „Frontgeilt" die kameradschaftliche Haltung, die selbstlose Hilfsbereitschaft, die bedenkenlose Preisgabe des eigenen Ichs zugunsten eines gemeinsamen Ideals, die im Schützengraben gemeinschaftsbildend gewirkt haben. Wir wollen über den Frontgeist hier nicht diskutieren, sondern ihn als ein Faktum nehmen und uns nur fragen, ob er auch unab hängig vom persönlichen „Fronterlebnis", auf die Dauer eine Bewegung schaffen und lebendig erhalten kann. Wir glauben das nicht. Der „Frontgeist", von dem in allen Wehrverbänden soviel die Rede ist, beruhte unbedingt auf dem persönlichen „Fronterlebnis". Wer das „Fronterlebnis" nicht gehabt hat — und ein sehr grotzer Teil der Mitglieder aller Wehrverbände hat es natürlich nicht gehabt, — in dem kann der von den wirk lichen „Frontkämpfern" mündlich übermittelte „Frontgeist" wohl unklare Wallungen, aber niemals den großen und ausdauern den Willen erzeugen, der zur Schaffung und Erhaltung der Volksgemeinschaft notwendig ist. Die Herbeiführung einer wirk lichen Volksgemeinschaft bedarf überhaupt stärkerer geistiger und seelischer Triebkräfte als der „Frontgeist" auch in seiner höchsten und reinsten Ausprägung sein kann. Die wirkliche Volksgemeinscl>aft kann nur wurzeln in jener Lehr«, die ihren Anhängern gebietet, den Nückflten zu lieben, wie sich selbst und auch im Feinde noch den Nächsten zu sehen. Nur die Verankerung des Gemeinfchaftsbewu Hi sel ns in religiös christlichem Boden bietet die Grundlage jeder wahren Volksgemeinschaft. Dresden, 18. September. Wie dem Telunton-Sachsendienst berichtet wird, bestätigt es sich, daß di« Deutsche Lufthansa als Gegenmatznahme gegen die Einstellung der Lufthansa-Subventionen durch die sächsisch« Regierung bereits in dieser Woche und zwar am Mitt- woch. ihren Flugdienst über den Freistaat Sachsen einstellt bezw. entsprechende Streckenänderungen oornimmt. Völlig eingestellt werden die Linien Dresden—Berlin, Chemnitz —Berlin und Dresden—Chemnitz—Plauen—Fürth. Auf der so genannten „Baumwollinie" Bremen—Halle/Leipzig (Schkeuditz —Chemnitz—Prag wird Chemnitz und aus der Strecke Görlitz- Dresden—Halle/Leipzig (Schkeuditz) wird Dresden nicht mehr angcslogen. Aus der Strecke Essen—Dortmund—Erfurt—Chem nitz wird statt Chemnitz Halle/Leipzig (Schkeuditz) angeslogen. Ohne Aenderung durchgeführt wird die internationale Linie Malmä—Berlin—Dresden—Prag—Wien und die Strecke Bres lau—Halle/Leipzig (Schkeuditz)—Köln. Zu dieser Maßnahme der deutsck>en Lufthansa, die den sächsischen Luftverkehrsinteressenten bereits mitgeteilt worden ist, erklärt die sächsische Regierung folgendes: „Die sächsische Regierung hat von diesem Schritt m i t Bedauern Kenntnis genommen und der Lufthansa mitgeteilt, daß sie vor Verwirklichung ihrer Drohungen der Einstellung des Luftverkehrs erwartet hätte, daß die Luft hansa in eine Prüfung der sächsischen Luftverkehrswünsche namentlich hinsichtlich des Abbaues der Subventionen durch Einberufung ihres Arbeitsausschusses eingetreten wäre und hat erneut gebeten, nunmehr dieser Anregung statt zugeben. Die beteiligten Wirtschaftskreise wissen der säch sischen Regierung Dank, daß sie auch diesem neuen Schritt gegenüber fest bleibt und nehmen die teilweise Einstellung des Luftverkehrs, die mit Tlblauf des Sommersahrplanes dem nächst sowieso hätte erfolgen müssen, in der Erwartung in Kauf, daß das Ziel einer wirtschaftlichen Gestal- tung des Luftverkehrs doch noch erreicht wird." Ferner wird aus Nürnberg gemeldet, das Reichsver kehrsministerium habe dem bayrischen Handelsministerium die Mitteilung gemacht, daß erwogen werde, der Nordbaqerlschen Luftverkehrsgesellschaft die generelle Flugkonzession zu entziehen. Diese Maßnahme wird mit der Tatsache begründet, datz die Nordbayerische Luftverkehrsgesellschaft in Iungmänner, aus nach Freilalk Bezirkstag am 23. September. Wie auch schon im Rundschreiben mitgeteilt, halten wir am 23. September unfern Bezirkstag im Pfarrhaus Freital. Deuben, Iohannisstraße 2. Wir erwarten, datz jeder Verein und jede Gruppe Vertreter entsendet. Wir brauchen euch allel Auch auf die Präsides, hoffen wir. Ganz wichtige Dinge unseres letzten Verbandstages in Neisse stehen zur Besprechung, so daß möglichst viele kommen sollen. Der endgültige Tagungsplan ist so: Vormittag» 7.45 Uhr Gemeinschaftsmesse mit Kommunion, hinterher Kasfeetrinken. S Uhr Hochamt und Predigt des Be zirkspräses. 10.30 Uhr Bezirkstag. Kaplan Pfeiffer: „Der Auftrag von Neisse". Nachmittags 12.30 Uhr Mittagessen. 1.38—2.30 Uhr Hand- batlspiel. 3 Uhr Nachmittagsandacht, danach Fortsetzung der Besprechungen: Johannes Henke: „Der neue Weg". 5.30—7 Uhr Heimgarten. Zur Gemeinschaftsmesse und am ganzen Tag braucht ihr das „Kirchengebet" und „Das Singeschiss": beides zu je 25 Pf. im Iugendhaus zu beziehen. Dies braucht ihr unbedingt! An- Meldungen zum Tag und für Kaffee und Mittagtisch schnell stens dis Freitag, 14. September an Johannes Henke, Dres den 5, Friedrichstratze 27. richten! der letzten Zeit die Linie Leipzig-Mockou/Berlin bedarssmätzig beflogen habe. Tatsächlich sind vorher auch an nicht bestimmten Tagen und zu nicht vorherbestimmten Zeiten, aber nicht mehp als dreimal in der Woche, solche Flüge von Mockau nach Berlin ausgeführt worden, wenn sie besonders gefordert wurden. Nach einem Schreiben, das das Reichsverkehrsministcrium au di« Nordbayerische Fluggesellschaft gerichtet hat, sollte diese Gesell, schaft mit dem 26. August den Verkehr Mockau-Berlin in der Form einstellen. wie er durch die bedarfsmäßige Beflieguug bis dahin sich gestaltet hatte. Er ist vor dem 25. August wegen tag-' lichen Bedarfs auch täglich geflogen worden. Zu der Forde«' rung auf Einstellung des b e da r f s m ä ß i g e n Befllegens wie es nach dem 25. August geschehen ist, steht dem Reichsverkehrsministerium auf Grund des Lustfahrtgesetzes das Recht zu. Es wird mitgeteilt, daß die bayerische Regie rung im Einvernehmen mit der sächsischen Regierung angesichts dieser nicht vorherzusehenden Verschärfung der Lage jetzt sich mit allen Mitteln gegen die unverständige Stellungnahme des Reichsverkehrsministeriums in Luftverkehrsfragen wenden wird, zumal das Reichsverkehrsministerium gedroht Hai. die in Berlin landenden Maschinen der Nordbayeriscl-en Luftfahrtgesellsckaft zu beschlagnahmen. Auch der Reichstag wird sich schon bei seiner nächsten Zusammenkunft mit der Subventionsfrage im Luftfahrtwesen zu befassen haben. «- Diese Verschärfung der Lage ist außerordentlich bedauerlich. Man greift sich allmählich an den Kopf, weil man schließlich nicht einsehen kann, daß Kampf und Vergeltungsmethodcn, wie sie schon im internationalen Verkehr verpönt sein sollten, hier im Verkehr zwischen Reich und Ländern eine Auferstehung erleben. Gibt es keine Richter mehr in Leipzig? Oder wo liegt hier der Organisationsfehler? Das Land Sachsen als olches wird die Vergeltungsmaßnahmen der Lufthansa kaum pürcn, umsomehr aber der deutsche Luftverkehr. Wir wollen kein Hehl daraus machen, datz auch der erste Schritt Sachsens, die Verweigerung der Subventionen eine Kampfmaßnahme war. Es ist auch müßig, sür Sachsen oder für die deutsche Lufthansa Stellung zu nehmen. Wenn aber zwei Meinungen, wie in diesem Falle, so hart aufeinanderplatzen, daß auf dem Wege gegenseitigen Meinungsaustausches eine Einigung nicht mehr erzielt werden kann, dann müßte schließlich noch eine unnb« Unangebrachte Methoden Die Lufthansa stellt den Flugdienst über Sachsen ein Der Mchlelberg Sachsens höchste Erhebung Der Fichtelberg hatte mich schon lange gelockt. Wir La isitzcr sind in eine wundervolle Bergwelt eingebettet, die immer neue Reize zeigt. Nicht, daß man ihrer überdrüssig werden könnte. Schöneres, Intimeres vermag kaum «in anderes Gebirge zu bieten. Ticje Erkenntnis ringt sich immer mehr durch, wie ja die steigende Vesuchszisser des Lausitzer uird namentlich de» lieblichen Zittauer Gebirges zeigt. Das ist eine stille Genugtuung für jeden Hei- in- »liebenden. Bet klarer Sicht sieht man auch von unseren höchsten Höhen den Erzgebirgskamm Geheimnisvolles Duster hüllt aber ans dem Zittauer Winkel die Berge jenseits des Mückentürmchens ein. Es lockt, den Schleier zu lüsten, und vorzudringen in sorg sam gehütete Bergwunder. So fand der Wunsch, den ErzgebirgS- kam», durchzuwandern, immer mehr Nahrung, und endlich erfüllte er sich. Von Annaberg her kam ich dem Hauptkamine näher. Die alte Bcrgstadt, dieses köstliche Kleinod des oberen Erzgebirges, wollte mich nicht gleich sreigeben. Es kostete mich wirklich einen kleinen Kampf, aber ich bereute es später nicht. Freilich sah ich mir die Stadt der heiligen Anna eingehend an. Sie hat ja so außer ordentlich viel z» bieten. Auf der Karte hatte ich mir die Entfer nung sorgsam ausgemesscn und hatte mich schon auf einen Zustän digen Marsch gewappnet. Al» aber dann auf dem Annaberger Marktplätze der Niescuomnibu» der Krastwagengesellschaft vorfuhr, da änderte ich schnell meinen ersten Plan. Ich hatte ja noch genug zu laufen in Gegenden, die reizvoller waren, und außerdem ist cs eine alte Erkenntnis, daß Fahren meist besser ist als Laufen. Ich muß aber doch sagen, daß da» Vorwärtskommen im Autobus sehr angenehm war. Lediglich ein paar aus dem „starken Geschlecht" opponierten, weil ihnen die Geschwindigkeit zu groß >var, außerdem aber der Führer eine anfänglich« Verspätung wieder einholcn wollte. A» manchen Kurven, da könnt» selbst storknervtgen Menschen ein Gefühl der Bangigkeit beikomm». In Bären st ein wollt« hch die Fahrt unterbrechen. Daran war Sachsen« höchstgelegene kecholische Kirche schuld- Klein und bescheiden, aber würdig lehnt sic sich an den H<mg und zeigt in un« vergänglicher Steinschrift den NAnen des Apostel» für Deutschland, des heiligen Bonifatius, allen Vorübergehenden. Sie dankt ihr Entstehen einem eifrigen, tatkräftigen Pfarrer, der durch feine Bitt briefe weithin für sein Bergkirchlein warb und dem kaum viele Ab sagen zugekommen sein wecken. Die Not deS oberen Erzgebirges ,var zu groß, als daß gebefreudige Katholiken ihr Scherflein nicht gern und bereitwillig geopfert hätten. Nun strömt reicher Segen göttlichen Gnadenbeistandes in diese Gegend. Wäre nicht die Abendstunde nahe gewesen, dann hätte ich die Fahrt unterbrochen. In Bärenstein wiicket sich die Straße inS Tal, das die W e i« perter Dekanalkirche beherrscht. Hart an der Grenze führt der Weg entlang, die unnatürlich gleicht Sprache, gleiches Blut, gleiche Seelen trennt. Wie schwer das werden kann, das hat die Inflation gelehrt, die böse Zeit nach dem Kriege. Wer selbst von der Grenze kommt, weiß das zu erwägen »n- zu würdigen. Unterwiesenthal ist bald erreicht. Hier taucht »un der hohe Kamm auf, der bisher verdeckt blieb durch die Höhen um Bären stein, das ja selbst Hüter eines herrlichen Bergrückens von erstaun licher Ebenmäßigkeit ist, deS Bärensteins. Ich IM« ihn zwei Tage früher erklommen, und erinnerte mich gern der schönen Fernsicht. Die Kleinbahn entließ viele Sommerfrischler, die von hier aus ihre Gaststätten aufsuchten. Bald verschwindet der Kamm wieder. Das hochgelegene Oberwiescnthal hütet hartherzig seine Reize. Mächtig arbeitete der 80 PS. starke Motor des schweren Büssingivagens, um die steilausteigeude Straße zu überwinden. Ein biederes Weiblein wollte schon aussteigen, weil sie sich die Schrecknisse eines Versagens der Bremse gar z» deutlich ausmalt« und darin von einem pensio nierten Professor treulich unterstützt mucke, da gab es einen er schreckenden Knall — und der LLagen hielt auf dem Marktplatze in Oberwiesenthal. Wie ein treuer Eckel-ack blickt der Kirchturm über die höchst- gelegene Stadt Deutschlands. Heute würde man keine gotische Kirche wieder dorthin sehen, die inmitten der kleinen Häu ser in modernem oder im Bergstil wie ein Fremdling anmutet. Die Kirche soll sich doch der Umgebung anpassen und soll von gleichem Geiste wie die Nachbarschaft sein. Heute denkt die Baukunst anders als in damaliger Zeit, die gewaltsam in unpassender Landschaft eine neue Epoche der Gotik begründen wollte. Wie ganz anders da so manche Kirchen in -er AlpenweltI Ganz entzückend jedoch wirkte die alte Postsäule auf mich ein, die in Meilen die Entfernung für ,/mno dazumal" angab. Das ist ein dentltch sprechende» UeVrrbletb. sei au» der Zeit der Postkutsche. Es ivar schon spät, als ich in der Abendämmeruug auf dem Marktplatze stand. Jm-Kreishcim der Deutschen Turncrschast fand ich ein ansprechendes Quartier, das mich durch seine Zweckmäßigkeit und die moderne Einrichtung überraschte. Es ist aus heimischem Gestein ausgebaut und macht einen angenehmen Eindruck. Man fühlt sich wie in einer Truhburg. Da mag Wind und Wetter tobcnsi Zerschellen kraftlos an dem festen Gemäuer. Dos Haus scheint für die Ewigkeit gebaut, so festgefügt erscheinen die Umsassungsmauerm Ich wollte daS Gastzimmer „Zittau" oder „Löbau" bewohnen, fand sie aber besetzt und fand dann in einem Führerzimmcr eine gastlich» Raststätte. Schlaf wollt« sich nicht einstellen. Daran u»r ein Kon zert deS Dresdner Jrigeickorchesiers schuld. Potz tausend! haben di» JungenS Lungen! Nichtige Lautfprecher! Ich werde mich aber hüten, etwa ein kritisches Wort zu sagen über die Blasmusik oder eitva Vergleiche anzustcllen mit Streichmusik. Mag jeder selbst hören und dann urteilen. An jenem Abend stellte sich noch ein Bergregen ei», der unbarmherzig an die Fenster trommelte wie -er Wirbel auf der Ochsenhaut. Am nächsten Morgen hatte sich daS Wetter verzogen. Wohlig« Kühle strömte ins Zimmer und lockte zum Aufbruch. Man machte mich auf die Schwebebahn aufmerksam, die den Weg in zehn Minu ten zurücklegt, während ein Fußgänger eine Stunde braucht. Ich wollte aber nicht drei Stunden Zeit opfern, zudem hasse ich in den Bergen solche Beförderungsmittel. Wirklich, ich hasse sie, weil ich mir sage, daß die Berge nicht für solche Leute da sind, die dann sage» können, daß sie auch dagewesen sind, jeder Unannehmlichkeit, wenn man das Bergsteigen dazu rechnen will, aber aus dem Wege gehen. Wer auf die Berge will, der sollte eine kleine Anstrengung, die zudem sehr gesund ist, nicht scheuen. Mso, ich wanderte stillvergnügt ob des herrlichen Morgen» am Hange entlang, vorüber an der Sprungschanze, de» „Jungfcrn- sticg" hoch. Ein lustiges Bergivasser markiert den Pfad und singt eine wunderschöne Melodie von Jugcndkraft und -Schönheit. Hohe Fichten überschatten den Weg und beherbergen ein sangcSsrohe» Völkchen, das mit dem ersten Sonnenstrahl de,, Hymnus aus Gotte» Wunderwelt anstimmt: „Pleni sunt coeli". Dann stand ich plötzlich vor der Baude, nein, vor dem Berghotel. Die Fichtelbergbaude verkündet deutlich in ihrer mas sigen Wucht den riesigen Verkehr, der hier oben herrschen muß. Eine Großstadt brauchte sich der Räumlichkeiten nicht zu schämen Für alle Bequemlichkeiten ist gesorgt, hei Bergpreisen natürlich. TogS- iw«r spielt ein» K-ünstlerlgpellr flott« Weisen auf uick abends hat
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