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Nummer 201 — 27. Jahrgang trick>etm «mal wSckientl.«« den Mustr u>rat,«b»,lagen ,D>» >«U' und .Für »nlrr« Nein»» Leute', sowie den reclbetlagen ,>t. Benno-BIaN-, .klnterdallung und Wissen'. .Dt» Welt der grau', .«erztltcher Ratgeber'. Da« gute Buch' .gllmrnnd. schau'. Monatlicher Vez»g«r>ret« S Mt. elnschl. BesteNgeld. Nnjelnummer IV z Sonnabend- u. Sonntagnummer »« «. Haudtschrtslielter- »e.«. L»<e»t»k. Dresden. -SüchMe Dienstag, 4. September 1»2S sve»Iag«»rt, Dresden »lnzelgenprets,, Die igespaltene P«M,etIe »U FamMen- anzetgen ».Stellengesuche Die Petitreklamezetl«. 89mm breit I ^ gllr An,eigen aukerhal» dos Berbrettungigeblete» 4» z di-Betitr-N-mr,e»e I.!»>^.Oller,engeb.LN^.Im Iall« Sicherer Gewalt ersticht iede Bewllichtting auf Lieferung sowie Erfüllung v. An,eigen.Ruttrisgen u. Leistung d. Schadenersatz« Geschäftlicher Teil Artur Leu». Dresden. Dolfsseimno s»efchittt»ft»ll«. Dru«u.Verl-g, Germania. A^G. ,ür B?rl°g.md Druckerei. MIia,.Dre«d-n.DreSde„.«. I. Voiiersiratzelll. Iernru,i!WI2. Vos„cheSton,».Dre«den »aü. «anffonto Gtadtdan' Dre-den Nr «Nt» Für christliche Politik und Kultur Dresden. Redakttan »er «ächftlchrn V,Ik»,ettnna Sden-AItstadl 1 Poiierstrasie 17. llkernr», 2MII „nd »INI7 Zur parkeienkrlse Der Ausgang der letzten Reichstagsrbahlen hat politk, sche Bewegungen hervorgerufen, die weder durch die som- merliche Hitze, noch durch den parlamentarischen Ferien» zustand irgendwie gehemmt werden konnten. Dabei ist die interessante Beobachtung zu machen, daß gerade die beiden grossen Parteien, die als Gewinner und Verlierer dem Wahlausgang in erster Linie das Gepräge gaben, in einer inneren Auseinandersetzung begriffen sind, deren letzte Auswirkungen gegenwärtig noch nicht überblickt werden können. Krisenhafte Erscheinungen in einzelnen Parteien finden in anderen Lagern leider allzuoft ein Interesse, das mehr auf schadenfroher Neugier beruht, als auf Ermägun» gen sachlich-ernster Politik. Diese kurzsichtige Einstellung ist um so weniger angebracht, als keine einzige Partei mit gutem Gewissen von sich behaupten kann, dass die grosse Vertrauenskrise, die seit geraumer Zeit unser parlamen tarisches Leben bedrückt, an ihr spurlos vorübergegangen wäre. Was sich bei den Deutschnationalen und der Sozial demokratie gegenwärtig abspielt, ist doch schliesslich, so sehr auch bestimmte Einzeltatsachen den Anstoß zu den leiden schaftlichen Auseinandersetzungen gegeben haben mögen, nur ein Teilausschnitt aus jener größeren Krise des deutschen Parteiwesens überhaupt. Wer sie überwin den will, hat das Recht und die Pflicht zu aufmerksamer, von Sachlichkeit beherrschter Beobachtung dessen, was in anderen politischen Gruppen vor sich geht. Denn in dieser allgemeinen Krise wirken in allen Parteien neben den zersetzenden auch formende und schöpferische Kräfte, die sich bemühen, durch die Halbheiten und Krankheiten der Gegenwart zum Durchbruch und zur Sta bilisierung zu gelangen. Gerechtes Verständnis sollte daher das Mindeste sein, was sie beanspruchen dürften. Unter diesen Gesichtspunkten verdienen die leidenschaftlichen Auseinandersetzungen, die in der Deutschnationalen und Sozialdemokratischen Partei seit Wochen im Gange sind, sorgfältige Beachtung. . Der Ausgangspunkt der sozialdemokratischen Krise liegt in jener Verwechselung zwischen Agita tion und Politik, deren Opfer vorher auch schon andere Parteien geworden sind. Die Folge solcher Ver wechselung ist immer, dass der Wähler diskutiert, rebelliert und schliesslich die Partei selbst und ihre Führung in eine wenig beneidenswerte Lage bringt. Der Wühler hat in diesem Zwiespalt den Vorzug, die weitaus günstigere Posi tion zu besitzen: denn er beruft sich auf bestimmte Ver sprechungen, die ihm in tausend Reden und auf hundert- laufenden von Flugblättern geghben wurden, während die anderen sich in der peinlichen Verlegenheit befinden, einige Lücken in ihrer Tätigkeit rechtfertigen zu müssen. Wes halb diese Lücken vorhanden sind, weshalb gewisse Ver sprechungen nicht eingehalten wurden, ist dem Wähler nicht leicht begreiflich zu machen. Er ist an dieser Auf klärung auch nicht sonderlich interessiert: aber er begreift mit grosser Begabung, daß gewisse Tatsachen, die seine poli tische Meinungsbildung und damit auch seine Stimmabgabe entscheidend beeinflussten, sich später als trügerisch heraus- nen Partei und damit auch ihre Bewegungsfreiheit erheb lich zu gefährden droht. , Es hat den Anschein, dass di« Sozialdemokratie oder wenigstens ein Teil von ihr diese Gefahren klar erkennt: denn hier und da sind in der Auseinandersetzung, die ja noch nicht abgeschlossen ist, Worte gefallen, die deutlich auf die Fehler Hinweisen, die zu der Krise geführt haben. Der „Vorwärts" hat dieser guten Erkenntnis noch am ver gangenen Sonntag einen treffenden Ausdruck gegeben. Sie ist zwar nicht neu und wurde von anderen Parteien auch vorher schon aus kluger Mäßigung beachtet; aber ihre Fest stellung gerade von dieser Seite, verbunden mit dem Ein geständnis gegen sie gefehlt zu haben, macht sie uns doppelt wertvoll. Der „Vorwärts" sagt nämlich mit knappen Wor ten: „Eine Partei darf sich als Oppositionspartei nicht so verhalten, daß sie als Regierungspartei zwangsläufig im Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten gerät." Man sollte diesen Satz in künftigen Wahlkämpfen an den Red nerpulten aller Wahlkämpfer in grossen Lettern anschla gen: Dem Redner zur weisen Warnung und seinen Hörern zum besseren und kritischeren Verständnis dessen, was ihm vorgetragen wird. Aber wie schon der „Vorwärts" selbst bekennt ist es sehr schwer, sich an diese Lehre zu halten, und zwar deshalb schwer^ weil eine Partei leicht der Versuchung unterliegt, den Radikalismus einer geg nerischen Gruppe durch eigenen Radikalismus zu be kämpfen. Diese Methode, die von der Sozialdemokratie mit Vorliebe nach der Seite der Kommunisten hin befolgt wird, ist zwar aus der Sorge einer um Zuwachs kämpfen den Partei menschlich leicht zu begreifen. Aber sie beruht auf einem Irrtum, der sich noch immer bitter gerächt hat. Radikalismus lässt sich nämlich auf die Dauer nur durck v 0 kittve Arbeit Beginn -er Genfer Tagung Die Ankunft -er -eulfchen Delegation — Gens, 3. September. Als eine der letzten traf am Sonntagabend diedeutsche und die französische Delegation hier ein. Auf der Reise hatte man nochmals einen zweistündigen Aufenthalt in Baden- Baden genommen, wo noch eine Unterredung mit Außenminister Dr. Stresemann stattfand. In Begleitung des Reichskanz lers Müller befinden sich Staatssekretär 0. Pünder, Abg. Breit scheid und Neichspressechef Dr. Zechlin. Auch Reichstagsabgeordneter Prälat Kaas befindet sich in Genf. Im Hotel Metropol, wo die Delegation Wohnsitz genommen hat, fand noch am Abend eine Delegations befprechung statt. Alan rechnet allgemein damit, daß der Reichskanzler nicht länger als eine Woche in Genf bleibt. Es ver lautet. daß er an der Tagung des zum 11. September ein- berufenen Parteiausschusses der S. P. D. teilnehmen will. Ueber den Gang der zu erivarlenden Verhandlungen zwischen dem Reichskanzler und Briand über die Räumung des Rheinlandes sieht man in Genf und Berlin im allgemeinen äußerst schwarz. Auch die Räumung der zweiten Zone wird all gemein-als wenig wahrscheinlich erachtet. Auch bestehen in Genfer Kreisen vielfach Zweifel, wieweit Briand von Poincars zu weitgehenden Verhandlungen in Genf tatsächlich ermächtigt ist. Deukfchlan-s wichtigstes Problem Bor seiner Ausreise nach Genf hat der Herr Reichskanzler Herrn Tolischus. dem Berliner Vertreter des „Internatio nal News Service", auf seine Frage, welches zur Zeit das wichtigste politische Problem für Deutschland sei. geantwortet: Das ganze deutsch« Volk ist sich ohne Rücksicht auf Partei zugehörigkeit im gegenwärtigen Zeitpunkt in nationaler Hinsicht Reichskanzler Müller fordert die Räumung in einem Wunsche einig. Es ist dies die Zurückziehung der auf deutschem Gebiet stehenden französischen, englischen und belgischen Besatzungsarmeen in Stärke von rund 67VVS Mann. Man versteht nicht mehr in Deutschland, weshalb diese Truppen auf deutschem Boden belassen werden, nachdem sowohl auf dem Gebiete der Reparationszahlungen als auch auf dem Gebiete der militärischen Abrüstung Beweis über Beweis erbracht worden ist, daß man deutscherseits gewillt ist, den den früheren Gegnern gegenüber übernommenen Verpflichtungen voll und ganz nachzukommen. Ich darf an die Annahme des Dawesplans, an die Londoner Abmachungen von 1924 er innern. Das Reparationsprobleyr wurde seines politischen Charakters entkleidet, es ist zu einer Materie rein wirtschaft licher und finanzieller Natur geworden, die als solche die Ge wißheit zu natürlicher und organischer Entwicklung in sich trägt, wie die jetzt vierjährige reibungslose Durch führung des Dawesplans beweist. Kein Staat hat mehr für allgemeine Sicherheit getan als Deutschland. Es beweisen dies die Verträge von Locarno, die zahlreich abgeschlossenen Schiedsverträgc, die An nahme der Fakultivllause-l des Weltgerichtshofs, die aktive Mit arbeit im Genfer Sicherheitsausschuß und letzthin die sofortige und vorbehaltlose Bereitwilligkeit zur Annahme des Kellogg- paktes. Deutschland hat mehr als irgend ein anderes Land ab- gerüstet. Doch noch darüber hinaus sind wir bereit, mit unserer ganzen nationalen Kraft an der Verwirklichung wei terer Vorschläge zur Sicherung und Organisation ves Welt friedens mitzuarbeiten. Das in der Vergangenheit von uns Geleistete, das sür die Zukunft von uns Gewollte gibt uns das Rccht zu sordern, daß die Vesatzungstruppen unser Land verlassen; ihr Verbleib würde von allen Kreisen in Deutschland als unge rechtfertigt und dem Geiste des Friedens zuwider einpjundcn. Flugzeug-Katastrophe bei Paris Der französische Kandelsministee Bokanowski löblich abgeslürzl Paris, 3. September. Das Verkehrsflugzeug, das den Handelsminister B 0 Ka li 0 w s k i, der zugleich Leiter der Handelsluftschisfahrt ist, vom Flugplatz LeBourgetzu einer Flugveranstaltung nach Cler- mont-Ferrand führen sollte, Ist um S.15 Uhr, zwei Minuten, nachdem es den Flugplatz verlassen hatte, in 150 Meter Höhe über dem Croix de Neige abgestürzt und In Brand geraten. Beim Aufschlagen auf die Erde explodierte der Benzinbehälter. Sämt liche Insassen fanden den Tod und zwar Handelsminister Bokanowski. der Direktor der Internationalen Luftschiff fahrtsgesellschaft de France, Willys, der Pilot Henin. der Mechaniker und Funkentelegraphist. Die Hitze, die durch die 700 Liter brennenden Benzins verursacht wurde, war so stark, daß sich die Rettungsmannschaften dem Flugzeug nicht nähern konnten. Die Leickfe Bokanowskis konnte nur an seiner Uhr erkannt werden. Der Minister hatte an einem Kabinettsrat auf dem Sommersitz Poincarös teilgenommen. Er war bereits nach Paris zurückgekehrt und hatte in Le Bourget den Doppeldecker Spad der Firma Blerriot bestiegen, der am Sonnabend zu Ehren Pofncarös über dessen Wohnhaus in Sompignn Blumen abgeworfen hatte. Bokanowski wollte am Sonntag. 9 Uhr vor mittags. nach Elermont-Ferrand weiterfsiegen, wo der Minister einer Tagung beiwohnen wollte. Der Unfall ist. wie die Staatsanwaltschaft fcstgestellt hat. auf Geschwindlgkeitsverlust zurückzuführen. Erst nach dem Aufschlagen auf den Boden geriet das Flugzeug in Brand Es ist anzunehmen, daß die fünf Insassen bereits vor dem Ausbruch des Feuers gestorben sind. Sämtliche Zeugen aussagen stimmen darin überein, daß das Flugzeug noch gestern nachmittag in Le Bourget besonders eingehend geprüft worden war. Es führte 700 Liter Brennstoff mit sich, die auf zwei Be hälter verteilt waren. Es flog gegen den Wind in östlicher Richtung an und stieg schnell 150 Meter hoch. In diesem Augen blick befand es sich nicht mehr über dem Flugplatzgclüiide, sondern über einem Getreidefeld: wahrscheinlich wurde dann die Schwenkung ausgeführt, um südlichen Kurs einzuschlagen. In diesem Augenblick setzte der Motor aus, und das Flugzeug stürzte senkrecht auf das Getreidefeld ab. Der Apparat legte sich vollkommen über die Insassen. Der Leichnam des Handelsministers Bokanowski wird im Laufe der Nacht von Toul nach Paris übergeführt.und im Han delsministerium aufgebahrt werden. Die Beisetzung erfolgt nach einer, Angabe vom Innenminister Sarraut höchstivahrscheinlich am kommenden Mittwoch. Maurice Bokanowski stand im 60. Lebensjahre. 1N14 wurde er ?lbgeordneter des Seine-Departements. In der Kammer gehörte er zur republikanischen Linken. Nach Kriegs ende war Bokanowski Präsident der Zollkommission: später eine kurze Zeit Marincminister, seit 1926 Handelsminister. und staatsbürgerliche Erziehung bekämpfen. Und positive Arbeit ist um so leichter möglich, wenn die Parteien im Wahlkampf der Wirklichkeit und dem in ihr Erreichbaren möglichst fern von agitatorischen Ueberirei- bunyen und mit einer möglichst nüchternen Einschätzung der in der Politik wirkenden Kräfte gegenüberstehen. Der vom „Vorwärts" ausgestellte Grundsatz verrät, wie schon gesagt, das Bekenntnis, dass der sozialdemokrati sche Wahlkampf, gelinde gesagt, falsch war. Reichs tagspräsident Löbe, der nicht geneigt ist, dieses Zuge ständnis zu machen, fordert gestern im „Vorwärts" eine andere. Konseaiienz. Er, sagt nämlich, daß sich die.sozial- s demokrätische Partei an ihre Wahlversprechun gen für absolut gebunden hält. Bei nähe- rem Zusehen entdeckt man, dass dieser Gedanke mit der These des „Vorwärts" sehr nahe verwandt ist: denn auch , er versucht- eine Harmonie zwischen Agitation und verant wortlicher Arbeit berzustellen und verdient daher gleich falls, tn den Sprachschatz des Wahlkampfes Eingang zu finden. Man wird ihm aber zuvor eine Erweiterung da hin geben müssen, dass dem Wahlversprechen eine sehr sorg fältige und gewissenhafte Prüfung vorauszugehen hat. wie die Möglichkeiten seiner Erfüllung zu bewerten sind. Diese Sorgen rühren an den Lebensnerv des parlamentarischen Systems. Denn es kann sich in seiner Funktion nur stütze» auf innerlich gefestigte Parteien, die einen möglichst reibungslosen Uebergang vo». der Opposition zur Verantwortung ver bürgen. Die Vorgänge in der Sozialdemokratie sindj eine ernste Lehre für alle Parteien, vor allem für diejeni gen, denen die Festigung und der weitere ruhige Ausbau der deutschen Demokratie am Herzen liegt. Es gilt. Einst und Aufgabe einer echten Opposition ganz anders als bis her zu erfassen. Opposition ist so wichtig wie die Regie- rijna selbst, ste -...7 hsg si» ^ erkämpfen sucht, um sich in ihr schöpferisch auszuivicken.