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Nummer 192 — 27. Jahrgang krudetni rnial wichen», mit den Musik. Gratisbeilage» .Die Le»' und .Für m»ere kleinen Leute', lowle den Terlbellagen ,E>. Lenno-BIatt'. .llnlerhaltung und Wissen'. .Die Well der Fra»', .«lerzllicher Nalgeber', .Dar gute Ruch' .Fllmrund. jchau'. Monatlicher BezuftSvretS 8 MI, einschl. Veslellgeld. Einzelnummer 1« Sonnabend- u. Sonntagnummer 20 4> s-auvllchrtttlelter! Dr. <S. Tesczhk. Dresden. // Freitag, den 24. August 1928 >UerlagSor» > Dresden Anzeigenpreis«, Die Igehaltene »«titzeile 00 ^.»om>! e„. «»zeigen ».Stellengesuche 30 4- Die Petitreklame?e> ' breit, l ^ Für Anzeige» autzerbalb des Verbrenn 40 Z. die PelilreNamezetl» 4 .00^. Osserl engeb.Si» höherer Gewalt erlischt >ede Verpflichtung auf Lielcr> e Erfüllung v. Anzeigen-Auitrügen ». Leistung v, Schatenermp. Belchüstiicher Teil: Artnr Lenz. Dresden. Gelchastsstellr, Druck».Verlag; Germania. A..G, mr Verlag und Druckerei, Filiale Dresden. DreSden-SI. I. Polierllrahel?. FernrulLIVIS. PostlchecklontoDresden 170z Vantkonto Stadtban« Dresden Nr NI7IN Für christliche Polilik und Kullur Redaktion der Sächsischen VolkSzettung DreSdsn-Altsiadl t. Poliersirahe l?. Fernriu 2Mtl und 21012. Die parlamenlarische Union s -««,,>ch« sch»,° Das Parlament der Parlamente - Deglnn -er Berliner Tagung Berlin, 23. August. Die 25. Konferenz der Interparlamentarischen IInia n hat heute begonnen. Alan wird sich zunächst mit dem Be richt des Generalsekretärs befasse», der den Teilnehmern bereits gedruckt vorlicgt. Als eines der Hauptziele der Union betont der Bericht die Ausgabe, in jedem Parlament der Welt die Ueber- zcugung von der Notwendigkeit der Lösung der internationalen 'Probleme zu schassen. Die beiden wichtigsten Fragen seien die all mähliche Verminderung der »och dem Handel entgegenstchenden Hindernisse und die Ab rüstu n g. Letzterer und der Organisation des internalionalen Friedens ist ein großer Teil des Gerichtes ge widmet. Es wird betont, das» bei dem gegenwärtigen Zustand der Bewgssming trotz der schwer niiszudcnkcnden internationalen Ge- richt-.barieit die Grundlage des internationalen Lebens sehr un gewiß sei, daß auch die Befriedungsmaßnahmen niemals vollstän dig wären, srlangc die Staaten ihre Bewaffnung beibehalte». Kon- siikle selbst seien unvermeidlich, aber ihre Lösung durch Gelvalt und Zwang sei nie in als endgültig, sondern immer nur Pro visorisch. Die einzige Methode, die einen dauernden Frieden garan tiere, sei die der Lösung -er Konflikte auf der Grundlagedes Rechtes. Am gestrigen Mittwoch tagte der Interparlamenta rische Rat. Unter lebl>astem Beifall wurde der bisherige Ge neralsekretär der Interparlamentarischen Union, Dr Christian Lang, Norwegen, auf weitere vier Jahre zum Generalsekretär gewählt. Dem um die Union verdienten Dr. Bo isst er iDchwciz) wurde der Titel eines stellvertretenden Generalsekretärs verliehen. Dcr Glaube an den Parlamentarismus Berlin, 23. August. Die Konferenz wird sich auch grundsätzlich mit der Lage des Parlamentarismus befassen. Das Hauptreferat über diese Frage wird der deutsche Zentrumsabgeorü- neieTr. Wirth halten. Dieser wird im Namen der Kom mission für organisatorische und politische Fragen der Konferenz 'inen RcsoIutionsentwurs vorlegen, in dem es heißt: Die 25. Interparlamentarische Konferenz bekundet hiermit ihren Glauben an das parlamentarische System, das sen Völkern die Möglichkeit gibt, sich selbst zu regieren. Die Konferenz lenkt die Aufmerksamkeit der Gruppen beson ders auf folgende Punkte: 1. Erforodernis einer größeren Sta bilität vonRegierung und Parlament. 2. Sicke rung der Unabhängigkeit des Parlaments und der Negierung von den großen Wirtschaftsorganisationen.:;. Rei chere Ausstattung der parlamentarischen Einrichtungen mit sach lichen Unterlagen. 4. Notwendigkeit der Mitwirkung einer ihrer Aufgabe bewußten und aufgeklärten V o l k s m e i n u n g. 5. Notwendigkeit der Entlastung des Parlaments durch Uebertragung gewisser Befugnisse an lokale Behörden oder nationale Organisationen, die neben dem Parlament funktionieren. 6. Technische Verbesserung des parlamentarischen Verfahrens, um die schlverfällige Beschlußfassung zu beschleu nigen und eine bessere Ausarbeitung der Gesetzestexte zu ermöglichen. Empfang im Reichstag Berlin, 23. August. Zu Ehren der Teilnehmer an der 25. Tagung der Inter parlamentarischen Union veranstaltete die deutsche Gruppeder Union am Mittwochabend in den Festräumen des Reichstages einen Empsangsabend, zu dem Parlamen tarier aller bei der Interparlamentarischen Union vertretenen Länder und zahlreiche Ehrengäste aus Berlin und dem Reiche, zusammen über 1000 Personen, erschienen waren. Reichstags präsident Löbe begrüßte in einer kurzen, mit großem Beifall aufgenomenen Ansprache die Erschienenen, indem er darauf hin wies, daß cs ihm zur besonderen Freude und Ehre gereiche, so zahlreiche Festgäste im Namen der Interparlamentarischen Union und gleichzeitig als Hausherr in Deutschland, in Berlin und in diesem Hause der deutschen Volksvertreter begrüßen zu können. Besonders wies er auf die Veteranen der interparla mentarischen Bewegung, den Senator Lafontaine und den nordamerikanischen Politiker Bartholdt, den Italiener Stesano Napolitani, den Ungarn Berzeviczy und den Kanadier Dandurant, hin. Er bedauerte besonders die Ab wesenheit des Vorsitzenden Baron Adelsivärd, des ungarischen Grafen Apponyi und des deutsck-cn Mitgliedes der Interparla mentarischen Union Eyckhoss sowie des 80jährigen amerika nischen Mitgliedes Burton, Ohio, der sich trotz seines hohen Alters am amerikanischen Wahlkampf beteilige. Löbe regte an, dem Vorsitzenden Adelswärdein Begrußungstelegramm zu schicken. Nach einer kurzen Vorschau auf die Aufgaben der morgen beginnenden Tagung und einen kurzen Rückblick auf die Enlwichlungsgeschichte der Interparlamentarischen Union rief Reichstagspräsident Löbe den Anwesenden nochmals ein herzliches Willkommen entgegen. Die Thüringer Regierungskrise Das Ge-amlkabinell zurückgelrelen Weimar, 23. August. In einer Sitzung des thüringischen Kabinetts, die zur tzrö terung der Regierungskrise einberusen worden war. gab gestern das demokratische Regierungsmitglied Staatsrat Glöckner die Erklärung ab, daß er von seinem Staatsrats- poß n zurücktrete. Am Nachmittag traten die Koaiitions- par eien mit Ausnahme der Demokraten zu einer interfraktio nellen Besprechung zusammen. Es wurde beschlossen, die Demission des Gesamtkabinetts einzureichen. Die amtliche Mitteilung dieses Rücktritts ist dem Landtags- prä identen sofort zugegangen. In der heutigen Landtagssitzung wird sofort zu Beginn der Antrag auf Vertagung des Hauses gestellt werden, um den Verhandlungen für die Neu bildung des Kabinetts unbeschränkt Raum zu geben. Die offi zielle Verlautbarung spricht offen davon, daß sich die Bildung des Kabinetts unter den schwierigen Verhältnissen „einige Monat e" hinziehen dürste. Damit ist also doch das thüringische Kabinett über den Fall Frieders, dessen Nichtbegnadigung nicht nur bei den Sozialdemokraten, sondern auch bei den Linksdemokraten aus den schärfsten Widerspruch stieß, zu Fall gekommen. Nach dem Rücktritt des demokratischen Staatsrates Glöckner und der Mandatsniederlegung der demokratischen Abgeordneten Fräu lein Dr. S 6) olz -Gera, blieb dem Rumpfkabinett nur noch der Ausweg der Demission, falls man nicht die demokratischen Ab geordneten im Landtag ganz an die Seite der Linken treiben und dadurch einer Linksregierung in den Sattel verhelfen wollte. Trotzdem ist in Zukunft mit einer Annäherung der Demo kraten an die Sozialdemokraten zu rechnen. In Thüringen liegen die politischen Verhältnisse infolge der ziemlich gleich mäßigen Kräfteverteilung zwischen rechts und links ähnlich wie in Sachsen. Die Rolle der Altsozialisten spielen hier in Thüringen die Demokraten, die zwischen der gleichstarken Rechten und Linken eingekeilt sind. Es ist sehr fraglich, ob unter diesen Umstünden die Bildung einer Großen Koalition von der SPD. bis zur Deutschen Volkspartet möglich sein wird. Gerade die letzten Vorgänge in der Reichspolitik dürsten den Mut der Thüringer Sozialdemokratie zur Großen Koalition nicht besonders gesteigert haben. Ebensowenig wird die Deutsche Volkspartei in Thüringen geneigt sein, sich unter eine starke sozialistische Führung zu beugen. Die näch sten Atonale werden also voraussichtlich neue Lehren dafür erteilen, daß es gerade in den mitteldeutscl>en Industriestaaten außerordentlich schwierig ist. eine vernünftige parlamentarische Grundlage für die Regierungsbildung zu schaffen. Augenblick lich ist ein Ausweg aus der Krise noch nicht abzusehen. Man ist auch in Weimar der Meinung, daß nunmehr die Parteien die Initative zur Regierungsbildung ergreifen müssen, die bisher nicht an der Koalition beteiligt waren, in erster Linie also die Sozialdemokraten. Das bisherige Kabinett wird vorläufig ohne Verantwortung die Geschäfte wettersühren. Es kann dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen, daß seit einiger Zeit bei den Bemühungen, die zeitweilig stark ins Stocken geratene Bewegung für die sog. „weltliche Schule" neu in Fluß zu bringen, wieder einmal so etwas wie eine behördliche Stützungsaktion in Erscheinung tritt, — oder vielmehr zunächst möglichst im Verborgenen wirkte. Es ist bekannt, daß die weltliche Schule eine Lehrer krise von einschneidenster Bedeutung erlebt hat und noch durchmacht. Dafür erzeugt der empfindliche Mangel an Lehrern, die bereit sind, zur weltlichen Schule zu gehen — vor allein der Mangel an nicht mehr ganz jung und uner fahrenen Lehrkräften: davon zeugen die zahlreichen Ver suche von Lehrern der weltlichen Schule, wieder an die Be kenntnisschule zurückzukommen. Es war dies zweifellos mit die natürliche Folge der in dem ungesetzlichen und ver fassungswidrigen Bestand der weltlichen Schule begründe ten rechtlichen Unsicherheit der persönlichen Stellung der Lehrer an den Sammelklassen. Nach dem Bolksschulunter- haltungsgesetz vom 28. 7. 1906 — und dieses Gesetz allein kommt rechtlich hier in Betracht — gibt es in Preußen nur Lehrkräfte bestimmter Konfession an Schulen mit ent sprechendem Bekenntnischarakter und Lehrkräfte der beiden christlichen Konfessionen an den christlichen Simultanschulen. Seit einiger Zeit nun hört man von der Anstellung dissi - dentis ch er Lehrer an den Sammelklassen und ihrer Bestätigung durch die Schulaufsichtsbehörde. Daß diese zu nächst nur unbestimmt auftretende Nachricht Tatsache ist, kann nicht mehr bezweifelt werden. D a s M i n i st e r i u m bestätigt unter Vermeidung eines unbe quemen allgemeinen Erlasses die Anstel lung di s s identischer Lehrer an den Sum me lk l a s s e n. Damit ist ein höchst auffälliges schulrecht liches Novum geschaffen. Die sich aufdrüngende Frage, wie sich diese Maßnahme verträgt mit dem doch vom Ministe rium formaljuristisch streng festgehaltenen Charakter der Sammelklassen als „Bekenntnisschulen ohne Religions unterricht" bleibt allerdings unbeantwortet. Diese Frage kann auch nicht erledigt werden durch den Hinweis, diese Lehrkräfte würden nicht für eine bestimmte Stelle, sondern für den Schulverband angestellt. Denn nach den Grund sätzen der geltenden preußischen Schulgesetze verfügt der Schulverband nur über Stellen für katholische und evan- aeliicke levtl. jüdische) Lebrkräite. Daß hier ernsteste Dinge im Werden sind, konnte end lich niemandem mehr entgehen, der die grundsätzlichen Aeußerungen des Min.-Dir. Kaestner, des verant wortlichen Leiters des preußischen Bolksschulwesens, bei den letzten Verhandlungen zum preußischen Kultusetnt las. Ministerialdirektor Kaestner machte dort in der Plenar sitzung des preußischen Landtags vom 15. 3. 1928 ssten. Ber. S. 25427 f.) eingehende Angaben über den Anteil der be kenntnisfreien Minderheiten an der Kinderzahl, den be kenntnisfreien Lehrkräften und den Schulen. In bezeich nender Weise behandelte der Vertreter der preußischen Unterrichtsverwaltung die weltliche Schule als einen eigenen, delt anderen gesetzlich bestehen den Schularten gleichberechtigten Schul typ. Er erklärte u. a. folgendes: „Ich meine, unabhängig von der Frage, ob ein Reichsschul gesetz später kommen wird, müssen wir doch bei der schwierigen Frage der Sammelschulen in der preußischen klnterrichtsverwal- tung grundsätzlich immer den Standpunkt vertreten: die Parität, die wir für konfessionelle Minderheiten verlangen und durchsetzen, müssen wir genau mit dem gleichen Rechte, der bekenntnisjreien Minderheit geben. Was — um irgendwelche Beispiele zu nennen — die evan gelische Minderheit im Regierungsbezirk Aachen mit Recht ver langt und mit Recht auch erreicht hat. was eine katholische Minderheit, z. V. in der Provinz Schleswig-Holstein mit Recht verlangt und mit Recht auch erreicht bat, genau das gleiche müssen wir den bekenntnissreien Minderheiten in anderen Be zirken Preußens geben, und es ist noch viel zu wenig bekannt, wie außerordentlich unbefriedigend in der Beziehung, wenn man von derartigen sachlichen Gesichtspunkten berechtigten Paritätsverlangens ausgeht, die Verhältnisse der bekenntnis freien Bevölkerung geregelt sind. Wir halten uns für verpflichtet, diesen bekenntnissreien Minderheiten, wie gesagt, zu dem gleichen Rechte zu verhetzen, das wir konfessionellen Minderheiten unter allen Umständen geben und das konfessionelle Minderheiten mit dem gleichen Rechte selbstverständlich verlangen. Dabei muß natürlich vermieden werden, daß die bekenntnis freien Minderheiten vor den konfessionellen Minderheiten irgendwie bevorzugt werden. (!) Es muß für sie genau das gleiche Recht gelten. Sie dürfen es nicht besser haben, und sie dürfen es nicht schlechter haben. Das muß in sachlicher Beziehung gelten, das muß in persönlicher Beziehung gelten. — auch für die Schnlamtsbewerber. Tie be kenntnisfreien Schulamtsbewerber dürfen nicht früher angcstellt werden als andere Schulamtsbewerber nur deswegen, weil sie Dissidenten sind und für Sammelschulen in Frage kommen, und es müssen auch — ich glaube, daß man sehr wohl daran denken kann — die Bestimmungen des 8 39 des Bolksschulunterhal- tungsgesetzes, in denen die Verhältnisse der konfessionellen Minderheiten eingehend geregelt sind, analog angewendet wer den. Lick alaube. man könnte lebr wobl dazu kommen, zu.sagen.