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Sächsische Volkszeitung : 31.08.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192808310
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280831
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280831
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-08
- Tag 1928-08-31
-
Monat
1928-08
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.08.1928
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Partei- oder VerwallungspoZMK? Ernste kommunalpvMtsche Sorgen Dresden. 30. August. Die Vereinigung der bürgerlichen Gemeindeverordneten in der Amtshauptmannschaft Dresden hörte am Dienstagabend einen Vortrag von Syndikus Tögel über kommunal politische Gegenwartsprobleme der Sozial demokratischen Partei. Der Redner bedauerte, daß man in der Gemeinde von der sachlichen neutralen Arbeit ab gekommen sei und daß die ganze Gemeindearbeit politisiert wäre — ein Unfug, gegen den nicht scharf genug Front gemacht werden könnte. Den Sozialdemokraten sei die Partei alles, die Gemeinde und die Gesamtheit nichts. Der Redner unterzog dann die von der Sozialdemokra tischen Partei herausgegebenen Richtlinien für die sächsische Kommunalpolitik einer scharfen Kritik. Diese Richt linien seien Anweisungen, wie trotz der sächsischen Gesetzgebung, vor allem der sächsischen Gcmeindeordnung die parteipoli tischen Ziele verfolgt werden sollen. Betrachte man die Richt linien genau, so finde man darin das Ergebnis von Erfahrungen sozialdemokratischer Verwaltungsbeamter, daneben aber spreche laut und deutlich der Porteiagitator aus den Zeilen. So sei es überaus bezeichnend, daß in diesen Anweisungen die Forderung aufgestellt sei: Das Gleichgewicht im Haushaltplan dürfe nicht erhalten werden auf Kosten der Forderungen, die von der Sozial demokratischen Partei erhoben werden. Auch finde man immer wieder die längst als falsch erkannte Behauptung wieder, daß die Lohnsteuer das Rückgrat der Reichsfinanzen sei. Die Be arbeiter dieser Richtlinien verstünden unter Wirtschaftspolitik in der Hauptsache Kommunalisierungsbestrebun gen, und man finde deutlich alles das aufgeführt, was künftig noch zu kommunalisieren bleibe. Wo private oder gemeinnützige Baugenossenschaften nicht vorhanden seien, möge die Gemeinde bauen. Aber diese gemeindliche Bautätigkeit unter Ausschaltung des privaten Bauunternehmers könne nie das Ziel bürgerlicher Gemeindepolitik sein. Wenn die bürgerliche Gemeindepolitik sich gegen den gemeindeeigenen Wohnungsbau wende, so tue sie das hauptsächlich deswegen, um die Gemeinden vor Konjunk turschwankungen und cvent. Kapitolsverlusten zu schützen. Auch gegen eine Schematisierung der Wohlfahrts pflege, wie sie die Sozialdemokratie erstrebe, müsse man sich wenden und ebenso gegen die Bestrebungen von derselben Seite, die freie Liebestätigkeit zurückzudrängen. Zu», Schluß warnte der Redner nochmals vor einer parteipolitischen Kommunalpolitik und forderte eine objektiv-sachliche Vermal, tungspolitik, Ablehnung jeder Sozialisierungsbestrebungen, Er- Haltung des selbständigen Unternehmers und eine Wohlfahrt?- pflege, die nur dort eintreten soll, wo die Not unverschuldet ist. Syndikus Tögel machte dann einige konkrete Vorschläge, wie dieser sozialdemokratischen Parteipolitik in den Gemeinde- Parlamenten begegnet werden müsse; geplant sei die Heraus gabe von Richtlinien für die bürgerlichen Kommunal politiker, ferner die Zusammenstellung aller möglichen Rechts mittel, um gegen anfechtbare Beschlüsse Vorgehen zu können. Als ein weiteres Mittel zur erfolgreichen Praimgierung einer bür gerlichen Gemeindepolitik wurde auch der Ausbau der Organi sation der bürgerlichen Gemeindevertreter empfohlen. — Wegen Arbeitsüberlastung legte der seitherige erste Vorsitzende, Direk tor W i t t k e sein Amt, in dem Syndikus Tögel sein Nachfolger sein wird, nieder. Senkung -er Lohnsteuer vom 1. Oktober 1928 ab Dresden, 30. August. Nach dem zweiten Gesetz zur Aenderung des Einkommen- steuergesetzes vom 23. Juli 1928 treten mit Wirkung vom 1. Ok tober 1928 ab beim Steuerabzug zwej, Aenderunge» ein. Es wird zur Vereinfachung der Steuerberechnung der Bruno arbeitslohn abgerundet, und zwar bei Monats- Zahlungen auf volle ö Reichsmark nach unten, bei Wochen- Zählungen auf den nächsten vollen Reichsmarkbetrag nach unten. Im übrige» ist die Steuer wie bisher zu berechnen, jedoch tritt an Stelle des bisherigen Abschlags von 15, v. H, höchstens 2 RM. monatlich bez. 0,60 NM. wöchentlich, ein solcher von 25 v. H.. höchstens 3 R M. monatlich bez. 0,75 NM. wöchentlich. Der Vertrieb der zur Ersparung umständlicher Neuberech nungen herausgegebenen amtlichen Tabellen erfolgt aus schließlich durch den Verlag der Reichsdruckerei Berlin SW. 68, Alte Iakobstraße 106, wohin Bestellungen unter Angabe der Stückzahl und der näheren Bezeichnung sfür monatliche, wöchent- liche, tägliche und zweistündlich«: Lohnzahlung) zu richten sind. gebracht, ob aber dieser Stand den ausgesprochen Monarchist!» schen Anhängern der Deutschnationalen Partei beigebracht werden kann, ist eine sehr kritische Frage. Wenn man die Mitarbeit am neuen Staat zuläßt, dann muß man wähl ober übel von den Gefühlen der politischen Macht und wirtschaftlichen Größe des kaiserlich», Deutschland etwas Wesentliches ob streichen. Es ist sehr anerkennenswert, wenn die Dresdner Nachrichten in diesem Zusammenhänge offen von dem „Radi kal i s m u s" jenes Parteiflügels sprechen, der von dem Primat der monarchistischen Frage nicht lassen will. Wir fürchten nur, daß bei dieser Offenheit auch die Dresdner Nach richten noch vor das Parteigericht zitiert werden, vrerelrn un6 Umgebung Die Para-iesquelle auf -em Weitzen Äirfch Dresden, 30. August. Gestern nachmittag wurde auf dem Weißen Hirsch die von der Kurverwaltung und der Moor- und Kurbad-A.-G. neu er schlossene Mineralquelle mit einer schlichten Feier in Gegenwart geladener Gäste zur öffentlichen Benutzung über geben. Nach Begrüßung und Dankesworten des Vertreters der Moor- und Kurbad-A.-G. Dr. Wegeleben, übernahm Kuvdirektor Bürde die Heilquelle, die den Namen „Paradiesquelle" er hielt in die Obhut der städtischen Kurverwaltung. Die Arbettslosigkeil unter den Frauen und Mädchen Dresden, 30. August. Der Geschäfissührende Ausschuß des La n d e La rl> e it s- amls hielt am 22. August eine Sitzung ab, in der Mitteilungen über die Erweiterung der statistischen Ausgaben des Landcsarbeits- amts gemacht und Richtlinien für den Ausbau der Arbeitsämter be kannt gegeben wurden. Verschiedene Anträge betreffend Verlänge rung der Untcrstützungsdauer für ungelernte Arbeiter und Verkür zung der Wartezeit wurden dem Präsidenten der Reichsanstalt als Material überwiesen. Sodann beschäftigte sich der Ausschuß mit der Frage der Arbeitslosigkeit unter den grauen und Jugendlichen. Der Anteil der in der Arbeitslosenver sicherung unterstützten Frauen an der Gesamtzahl der Hauptunter- stützungsempsnnger ist von Januar bis Juli 19M um 32,5 v. H. gestiegen, wäbrcnd sich der Anteil der weiblichen Arbeitsuchen den an der Gesamtzahl der Arbeitsuchenden in dem gleichen Zeit raum nicht in demselben Maße, sondern nur um 23,6 v. H. echöht hat. Es liegt die Vermutung nabe, daß stellenweise die Vermittlung weiblicher Arbeitsloser, wenn nötig auch in berufsfremde Arbeit, nicht mit der erforderlichen Energie betrieben und zwischenörtlicher Ausgleich vielfach als aussichtslos unversucht gelassen wird. Bei dem in der Mehrzahl der Arbeitsämter herrschenden Ueberangebot an weiblichen Kräfte», insbesondere in der Textilindustrie, dem wieder um auf der anderen Seite in den Bcrufsgruppen Landwirtschaft, häusliche Dienste, Friseurgewcrbc. eine starke Nachfrage nach Frauen gegenübcrstcht, muß, wie cs in dem im Mitteilungsblatt des Landesarbcitsamics, „Der Arbcitsmarkt in Sachsen", veröffentlich ten Sitzungsbericht heißt, dringend darauf hingewicsen werden, daß die Arbeitsämter sich ständig den Grundsatz vor Augen halte», daß Arbeitslosigkeit in erster Linie durch Vermittlung von Ar beit verhütet und beendigt wird, und daß die Arbeitslosenunter stützung erst da»» helfend in die Lücken eingreift, wenn alle Mittel zur Beschaffung von Arbeit erfolglos geblieben sind. Es ist durch die einzelnen Arbeitsämter umgehend nachzuprüfen, was die Ur sachen der teilweise unverhältnismäßig hohen Arbeitslosigkeit weib licher Personen und der geringen Vermittlung sind. Gegebenenfalls ist eine Umschulung von geeigneten weiblichen Kräften für solche Be rufe cinzulcitc», an denen cs dauernd an geeigneten weiblichen Ar beitskräften fehlt. Ferner wäre zu erwäge», ob für die durch den Konjunkturrückgang bestimmter Zweige der Textilindustrie, insbe sondere der Stickerei- und S P i h c n i n d u st r i e, besonders hart getroffenen Arbeiterinnen sich eine Anlcrnung in bester beschäf tigten Betriebszweigen bewerkstellige» läßt. Wenn auch die oft mit der Umlcrnung verbundene Verpflanzung der Frauen in andere Gegenden, wie nicht verkannt werden darf, Schwierigkeiten mit sich bringt und aus Widerspruch stoßen wird, so ist dennoch die Beschaf fung einer Tätigkeit an fremdem Ort einer jahrelangen nieder drückenden Arbeitslosigkeit sowohl von, wirtschaftlichen als auch vom ethischen Standpunkte aus unter alle» Umständen vorzuzichen. Das letztere trifft insbesondere auf die jugendlichen Arbeitslosen zu, unter denen die weiblichen Personen in den letzten Monaten sich außer ordentlich vermehrt haben. Schließlich vollzog der Ausschuß die Bestellung der Beisitzer -cs landwirtschaftlichen Fachausschusses beim Lan- dcsarbcitsamt gemäß den Vorschlägen der wirtschaftlichen Vereini gungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Grotzfeuer in Dresden Dresden, 30. August. In der Nacht z»m Mittwoch brach in einem am Gütcrhaupt- bahnhof gelegenen und der Reichseisenbahnverwaltung gehörenden Grundstück Feuer aus. Als die Feuerwehr mit zwei Löschzügen cin- traf, stand sic einem ausgedehnten Fabrik- und Dachstuhlbrand gegen über, der bereits beide Flügel des großen Grundstückes ergriffen hotte. Das Feuer wurde schließlich von drei Seiten mit insgesamt 15 Schlauchleitungen unter Anwendung von drei mechani schen Drehleitern, mehreren Steck- und Hakcnleitcrgängen und unter Einsatz von vier Motorspritzen bekämpft. Die Löscharbeiten gestal teten sich sehr schwierig, weil die Zusahrisverhältnisse zur Brand stelle durch das schwer zugängliche Güierbahnhossgelände erschwert waren und weil der Zugang zu dem großen doppclflngcligen Fabrik- und Wohngebäude nur über eine Treppe führie, die bei Ankunft der Fencrwchr nicht mehr passierbar war. Vom Feuer ergriffen wurden das erste und zweite Obergeschoß sowie der Dachstnhl der in dem grö ßerem Gebändcslngel gelegenen Bcegschen Metallwarenfabrik und im anderen Seitenflügel der Dachstnhl des Wohngebäudes. Die Auf räumungsarbeiten danertcn bis zum späte» Nachmittag. Wäbrcnd der Löscharbeiten wurde der Wachvorstcbcr der Haupt- senerwachc, Brandmeister Wolf, von plötzlich hcrabstürzcnden Gc- simssteincn getroffen, die seinen Helm und die Schädcldcckc durch schlugen. Wolf mußte mit einem doppelten schweren Schädelbrnch sofort ins Krankenhaus geschafft und operiert werden. Noch am Mittwochabend ist Brandmeister Wolf seinen schweren Verletzungen erlegen. Die Flucht aus -em Leben Dresden, 30. August. Die Zahl der Selbstmorde nimmt immer stärker überband. Nur ein kleiner Auszug ans den immerwährenden Selbstmordbcrichicn sei hier wicdcrgegcben: Eine 1892 in Schlesien geborene, im Stadt teil Dresden-Löbtau wohnhafie Händlerin liatte infolge entstande ner Differenzen ihren Bekannten brieflich mitgcteilt, man würde sic am Mittwoch 3 Ilhr morgens oberhalb der Augnsinsbrückc erhängt anffinden. Dieses entsprach auch den Tatsachen. Die Lebensmüde hatte sich an der Einfriedigung des neuen Sportplatzes tatsächlich aufgehängt. — In Flur Wildbcrg wurde am Mittwoch gegen Abend der Leichnam eines in der Mitte der vierziger Jahre stehenden, und der Kleidung nach dem Arbeiierstande angclwrcndcn Mannes ans der Elbe geborgen. Der Tote, der nur kurze Zeit im Wasser ockegen haben dürfte, wurde nach dem Friedhof in Wcistropp übcrgcführt, — Bei Begehung der Reichsbahnstrccke Dresden-Chemnitz wurde am Mittwoch in Flur Coßmannsdorf der Leichnam eines jüngere», etwa 25 Jahre alten Kaufmanns aufgesundc». Unzweifelhaft liegt Selbstmord vor. Die Personalien des Toten, der sich von einem Zuge hatte überfahren lassen, konnten noch nicht fcstgcstelli werden. — Unweit der Landcsgrenze, zwischen Schöna und Hirschmühlc. bat sich ein jüngerer Mann von einem Schnellzuge überfahren lasse». Er stand im Anfänge der zwanziger Jahre und hatte eine Karte ein« stecken, auf der vermerkt war, daß er „gute Gründe" gehabt, diesen Schritt zur Ausführung zu bringen, man solle nicht »ach seinem Namen und seinen Personalien forschen. : Früherer Hallenschluß in der Jahresschau. Wegen -er vorgeschrittenen Jahreszeit werden die Hallen in der Iahres- fchau „Die Technische Stadt" vom 1. September ab n m 6 Uhr geschlossen. Aus diesem Grunde sind auch die regelmäßigen täg lichen Führungen durch die Iahresschau statt um L!17 Uhr nach mittags aus 16 Uhr verlegt. Die diesjährige Iahresschau wird bestimmt am 80. September geschlossen werden. : Hygiene-Akademie Dresden. Am Dienstag, den 18. Sep tember beginnt ein neuer Lehrgang über Säuglings- und Klein- Kinderpflege sowie Gesundheitspflege der Frau sverbunden mit praktischen Hebungen). Vortragende: Prof. Dr. Vahrdi. Frau Fui'ke-Peisker, Prof. Dr. Weisbach. Der Kursus ist aus acht mal zwei Stunden berechnet. Die Teilnehmergebühr beträgt 10 RM. Vortragszeiten: Dienstags »nd Freitags von bis 6L- Uhr. Anmeldungen werden an das Sekretariat der Hygiene- Mademie, Zirkusstraße 38, erbeten. Kerbskzeillofe Pünktlich mit dem September erscheint die Herbst zeitlose auf dem Plane, dem Landwirt verhaßt, dem Natur freund lieb und wert. Nur wenige Blumen bieten noch ihre Reize — da kommt so ganz außer der Zeit die „Zeitlose". M i cha e l i sb l n m e heißt sie mancherorts, denn um St. Sichael s20. September) webt sie am dichtesten ihren rosa farbenen Teppich über den senchien Wiesengrund. „Nackte Jungfer" nennt man sie anderswo, und die Poesie, die in dem schlanken, iveißleibigen Blütenschafte mit der anmutigen, von H-rbsisonnc überhauchten Lilienblüte liegt, rechtfertigt die volkstümlich Bezeichnung, In der Sprach der Liebenden be deutet die Zeitlose Erinnerung an glückliche Tage! Als Col- chic um auciumnale reiht sie der Botaniker in die wissen schaftliche Pflanzenkunde ein und leitet den Namen her von Kolchis, der Landschaft am Schwarzen Meer, wohin einst Pelias in Arglist den hellenischen Helden Jason sandte, den Händen des Königs Aeeins das Goldene Vlies zu entreißen und von dem lateinischen Autumnus — Herbst. Vergeblich sucht man die Blätter in dieser Jahreszeit. Ihre Geschwister im hohen Norden freilich tragen Blüte und Laub zugleich, wie Aschsrson und Wiesner längst beobachtet hatten. Die Erscheinung der Verschiebung wie der Zusammen- drängung der einzelnen Entwicklungspliasen ist auf klimatische Verhältnisse zurückzuführen. Sie nimmt nicht mehr wunder als die Talsah, daß unser Pfirsichbaum in den Oasen Nordasrikas immergrün ist, daß — wie schon Alexander v. Humboldt berich tet — in Cumana die Rebe zu ollen Jahreszeiten Blüten und Früchte hrvoibringt und die Robinie, bei uns fälschlich meist Akazie genannt, nach dem Bericht Kerners in Unterttolien zuerst die Blüten und später die Blätter treibt, während sie hi uns in der Belaubung blüht. Tie Herbstzeitlose hatte bereits im Frühjahre ihre Blüten entfaltet. Sie haben ihre Arbeit getan und die neue Knolle unter der Erde reichlich mit Neservestoffen versehen. Von diesen in der Knollenvorralskammer ausgespeicherten Stoffen verbraucht die Iungser nur soviel, um als schmucke Braut be gehrenswert zu ershinen. Das schneeweiße Kinderkleidchen, das sie trägt, wenn sie kaum über die Erde sehen kann, wird in ein zartes Rosa verwandelt. Kunstvolle Nektars«» werden angelegt und locken die Hochzeitsgäste. Nun beginnt ein Recken und Strecken: bald dehnt sich das eine, bald das andere der sechs Blumenbiüttchen — stundenlang, tagelang überbieien sie sich in heißem Bemühen, — bis ihr Hochzeitstag gekommen ist. Wer über die Wiesen wandert, wird bald wahrnehmen, wie unter schiedlich die Blütenblattzipscl bei jungen und alten Zeitlosen sind. Was bedeutet diese Verlängerung der Perigon» zipscl? Lange haben sich ernsthafte Forscher um das Geheimnis bemüht: die Zeitlose hat lang-, mittel- und kurzgrisfelige Blü ten. auch wenn die Pflanzen auf derselben« Wiese wachsen. Während nun die Griffel bestimmungsgemäß durch den langen Schaft bis aus den Fruchtboden führen, sind die männlichen Samenträger, die Staubgefäße, an den Blütenblättern fest- gewachsen. Deshalb dehnt und streckt sich das Blumenblatt, um die reisen Staubgefäße au die Narbe des Griffels zu bringen, um also im äußersten Notfälle Selbstbefruchtung herbeizuführen, die sonst mit raffinierten Mitteln vermieden wird. Ist Gefahr im Anzuge, komipt Regen oder fährt rauher Herbstwind unwirsch über die Gräser, dann schließt die Zeitlose ihre Blüten. Wiesner hat sestgestelli, daß bei der aus- gewachseneen Blüte der durch Verdunstung hervorgerufene Wasserverlust zum Oeffnen der Blume führen kann und sie außerstande setzt, die Blume wieder zu schließen. Nach der Blü tezeit zieht sich, wie Sck-meil treffend sogt, die Zeitlose gleichsam wieder in den Schoß der Erde zurück. Dort allein sind die zarten Samenanlagen vor dem tödlichen Froste geschützt. So weit der Blütenstengel über die Scholle ragt, so tief reicht er auch in das Erdinnere hinein. Ja, statt den Maulwurf zu fragen, ob ein strenger Winter vor der Tür steht, können wir unsere Zeitlose um Auskunft angehen. Just so tief der Frost in die Erde eindringen wird, zieht sich die Knolle zurück! Und doch wäre der Zweck der Samenbildung verfehlt, wenn die Frucht in dieser Erdentiese bleiben müßte. Deshalb streckt der kurze Stengel !m Frühjahr sich gewaltig in die Länge, bis er den sckpveilenden Fruchtknoten, sein säuberlich zwischen die Laub blätter gebettet, zum Lichte emporgehoben hat. Die Blätter- zellen erarbeiten nun in ihren Hexenküchen unter Mithilfe der ausgesangenen Sonnenstrahlen so viele Nährstoff«, als der Samen zur Reife braucht und lagern den Ueberschuß ihrer Kraft stoffe zwischen dem ersten und zweiten Laubblatte immer mehr an. So entsteht allmählich'eine neue Knolle, die im nächsten Herbste die neue Blüte treibt und ernährt, indessen die alte Zwiebel ousgesogen. Kraft- und saftlos zugrunde geht. Im Juni öffnet sich die aufgeblasene dreisächerige Kapsel- frucht und streut ihre braunen Samen aus. Sie heften sich mit ihrem in der Feuchtigkeit klebenden, weißen, zuckerigen Anhang an die Hufe der Weideiiere und werden so leicht auf Neuland getragen Die Samen haben eine außerordentlich lange und zähe Keimkraft. Auch dauernde Feuchtigkeit bringt sie nicht ohne weiteres zum Keimen. Selbst nach Jahresfrist wollen sie oft noch nicht quellen, ohne ihre Lebenskraft eingebüßt zu haben. So kann die Entstehung einer neuen Pflanze aus Jahre hinaus verschoben werden. Um eine frühere Keimung zu erzielen, müßte man, wie Nobbe und Hänlein nachgewicsen haben. -!e harischaligen Samen schon ausschneiden, schälen und derart bearbeiten, daß der Zutritt des Wassers zum Samenkarn direkt erfolgen könnte. Wir haben hier also ein Gegenstück zu den Samen der Pappeln und Weiden, die kaum länger als fünf Tage keimfähig bleiben! So schön die Herbstzeitlose ist — man hat sic desweaen sogar zur Gartenblume „kultiviert" — so gefährlich ist sie. Sie enthält ein furchtbares Gift, das CoIchiein, das in der Medizin zu einem wichtigen Heilmittel geworden ist. Die be sonders stark gifthaltige Knolle kommt als Tuber Colchici in den Handel: auch der Samen ist offiziell. Die Tiere meiden die Zeitlose, nur Schafe fressen in der Not dos Kraut ohne Schaden. — Ein alter Glaube sagt, daß Kühe, die Kraut oder Blüten fressen, blutige Milch geben. Die Giftwirkung der Knolle war schon Dioskorides bekannt: Aber erst 1763 zog sie Siörck erstmals in arzneiliche Anwendung. Der scharf-bittere Samen, der giftigste Teil, enthält neben 6 Prozent Fett und Gallus säure 0,2 bis 0,3 Prozent Eolchicin. Bekanntlich werd°n die aus dem Gifte gefertigten Präparate gegen Gicht und Rheuma angewandt. Ihrer Zählebigkeit verdankt die Herbstzeitlose die außer ordentliche Verbreitung. Nicht nur in Mitteleuropa, auch in den südlichen und ostkaukasischen Ländern wie im Norden ist sie daheim. Ueberall erscheint sie als letzter floristischer Wiesenschmu ck. Ihre violetten Bänder in den kurz- grasigen Wiesen wirken um so malerischer, als schon Busch und Baum beginnen, ihr Laub zu bräunen und mit der Grummet mahd alle anderen Wiesenblumen unter der klingenden Sense darniedersielen. Sie beschließt das Blumenjahr in einer Form, in der es der Krokus im ersten Lenze wieder eröffnet. Dieser Blüienähnlichkelt mag sie den Namen „Wiesensasran" ver danken.
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