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Sächsische Volkszeitung : 19.08.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192808199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280819
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280819
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-08
- Tag 1928-08-19
-
Monat
1928-08
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.08.1928
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Singeslellkes Verfahren i Dresden, 18. August. DaS gestrige Verfahren gegen den Führer der Postautobusses, tz« am Abend des 3. Juni im Müglitztal verunglückt war, hat auch vte Erinnerung an das Autobusunglück geweckt, das sich kurz zuvor, nur wenige 100 Meter entfernt ereignete. Es handelte sich damals uni einen großen Autobus der Dresdner Straßenbahn, der mit etwa 40 Insassen, Mitgliedern eines Kegelklubs und eines Schietzklubs, sich auf der Fahrt nach dem vorjährigen Unwettergeibiet befand. Der größte Teil der Fahrgäste kam glücklicherweise mit dem Schrecken und mit leichteren Verletzungen davon. Der Führer des Autobusses hatte durch seine Geistesgegenwart und sein rasch entschlossenes Handeln verhindern können, daß der Autobus in die Muglitz stürzte, was sicherlich zahlreich« Todesopfer gefordert haben würde. Wie erst jetzt bekannt wird, hat die Staatsanwaltschaft Dresden das Verfah ren gegen den Autobussührer Hopf hereits vor einiger Zeit ein gestellt, da ihm ein schuldhaftes Verhalten nicht nachzuweisen war. Dieser Beschluß der Staatsanwaltschaft hat auch Rechtskraft erlangt: Es ist demnach kein Verhandlungstermin in dieser Unfall- sache in strafrechtlicher Beziehung zu erwarten. Autobusführer Hops Ist daraufhin sofort wieder zum Fahrdienst herangezogen worden, denn die Direktion der Städtischen Straßenhahn zieht Führer, denen ein Unfall zugestoßcn ist, bis zur gerichtlichen Klärung vom Fahr- dienst zurück. : Ueber griechische Wirtschaftsverhältnisse gibt, nach einer Mitteilung der Reichsnachrichtenstelle für Außenhandel in Dres den, der deutsäze Generalkonsul in Saloniki, Herr Dr. Weber, der sich aus einer Rundreise durch Deutschland befindet, deut schen Interessenten am Mittwoch, den 29. August von 9 bis 13 Uhr in der Handelskammer, Dresden-A., Albrechtstraße 4, persönlich» Auskunft. : Esperanto-Ausstellung. Im großen Lichthofe des Neuen Rathauses veranstaltet der Deutsche Esperanto-Bund e. V., Zweigverein Dresden, in der Zeit vom 2. bis 9. September — der Sächsischen Esperanto-Woche — in Ver bindung mit verschiedenen anderen Esperanto-Organisationen eine Esperanto-Ausstellung. Diese Veranstaltung ver folgt den Zweck, in zusammengefaßter Weise zu zeigen, was Esperanto ist und welche praktisci)en Erfolge mit seiner Hilfe erzielt werden können. Eine Eröffnungsfeier mit an schließender Führung findet Sonn tag. den 2. September vormittags 11 Uhr statt, die Ausstellung ist täglich von 10 bis 21 Uhr bei freiem Eintritte geöffnet. — Mitte September beginnen neue Esperanto-Lehrgänge, Anmeldungen hierzu und Anfragen über Esperanto richte man an die Ge schäftsstelle, Königsbrücker Straße 93, Fernsprecher 54022. : Ein schuldiger Motorradsahrer. Zu der vorgestern gebrachten Notiz „Tödlich verlaufener Unfall" ist noch folgendes nachzutragen: Die Erörterungen der Unfallkommission, die so fort ausgenommen wurden, haben ergeben, daß nicht, wie ur sprünglich angenommen, das Kind in das Motorrad hinein- gelaufen ist. sondern dem Kraftradführer der größte Teil der Schuld am Unfall beizumessen ist. Er ist a» der betr, Steile in übermäßig schnellem Tempo gefahren und hat die er forderliche Vorsicht außer Acht gelassen. Obwohl das Kind über die Straße gelaufen ist, war die Entfernung so groß, daß er noch genügend Zeit hatte, seine Maschine zum Stehen zu bringen oder auszuweichen. Außerdem herrschte nur schwacher Verkehr auf der Straße, so daß er das Kind schon von weitem sehen mußte. Ohne aber seine Maschine zu stoppen, ist er direkt auf das Kind zugcfahren. Der Schuldige wurde fe st genommen. Es handelt sich um einen 24 Jahre alten Polizeiwachtmeister der Berittenen Abteilung grün aus Dresden, der sich außer Dienst und in Zivilkleidung befand. : Der Alte Tlrrschutzvrrein in Dresden schreibt unk: Ständig sich mehrende Klagen über ungenügende Beaufsichtigung und Füh rung von Hunden an verkehrsreichen Stellen der Stadt geben dem Verein Veranlassung, all« Hundehalter darauf hinzuweiscn, daß sie ihre Tiere überall da, wo starker Verkehr herrscht, oder die Möglichkeit des raschen Uebersahrens gegeben ist. an die Leine neh men und führen. Es ist dies um so nötiger, als bekanntlich das Seh vermögen der Hunde sehr schlecht ist und sie bei freiem Umherlaufen unter die rasch fahrenden Verkehrsmittel geraten, da sie deren Schnel ligkeit nicht abzuschätzen vermögen. Wer sein Tier lieb hat und nicht seinen Verlust beklagen will, beherzige die Mahnung des Vereins. : Ungarischer Nationalfeiertag. Am Montag, 20. August, am St. Stephanstage, bleiben die Geschäftsräume des Ungarischen Kon sulats wegen des Nationalfeiertages geschlossen. Für die in Dresden weilenden Ungarn wird an diesem Tage in der Katholischen Hofkirche um 10 Uhr ein Gottesdienst abgohalten. istriprig und Umgebung Luftverkehr in Leipzig-Mockau Leipzig, 18. August. Der diesjährige Flugbetrieb auf dem Flughafen Leipzig- Mockau hat sich weiterhin äußerst günstig entwickelt. Es erfolgten bisher insgesamt 4833 Landungen und ebensoviel Start mit 6076 Fluggästen, 2717 Kilogramm Post und 112 795 Kilogramm Fracht. Der Flughafen-Umschlag erfuhr im abgelaufcncn Betriebsmonat Juli gegenüber dem Vormonat eine weitere Steigerung um durchschnitt lich 10 Prozent. Zieht man zum Vergleich di« Freguenzzisfcrn des entsprechenden Monats im vergangenen Jahre herbei, so ergibt sich i» der Zahl der Fluggäste eine Steigerung von 170 Prozent und in der Masse der beförderten Frachten eine solche um 45 Prozent. Während der diesjährigen Leipziger Herbstmefse wird eine wesentliche Verdichtung oer über Leipzig-Mockau führenden Lust verkehrsstrecken herbeigeführt werden. Namentlich werden Sonder flugzeuge zwischen Berlin und Leivzig-Mockau bei einem Fahr preis für die einfache Fahrt von 18 RM. und zwischen Dresden und Leipzig-Mockau bei einem einfachen Fahrpreis von 12 NM. eingelegt werden. Kein Liarl-Marx-Platz kn Leipzig Leipzig, 18. August. Vor längerer Zeit haben die Leipziger Stadtverordneten be schlossen, den Augustusplatz in Karl-Marx-Platz umzubenennen. Der Rat der Stadt hat gegen diesen Beschluß Einspruch erboben. Die Stadtverordneten haben darauf beschlossen, den Paragraphen 50 der Ortsbauordnung abzuändern. der dem Rat das Recht zuspricht, über die Benennung von Straßen und Plätzen allein zu befinden. Der Rat lehnte es ab. diesem Beschlüsse beizutreten. Von beiden Par teien wurde die Gemeindckammer angerufen. Diese hat dahin ent schieden, daß gemäß Paragraph 97, Abs. 1 der Gcmeindcordnnng ausschließlich der Rat zuständig für die Handhabung der Gemeinde polizei und für die Straßenbenennung sei. Damit bleibt die Benen nung des Augustusplatzes bestehen. ) Osfenhaltcn der Läden am ersten Mcsscsonntag. Am Messe sonntag, dem 26. August, dürfen die Zigarren- »nd Schokoladcn- Verkaussstellen, Konditoreien und Bäckereien im ganzen Stadtbezirk Leipzig in der Zeit von 1 bis 6 Ilhr nachmittags für den geschäft lichen Verkehr ossengehalten werden. Der Verlaus von Backwaren in Bäckereien ist außerdem lm ganzen Stadtbezirke Leipzig in der Zeit Die SPD. Ostsachsen fordert einen Parteitag Dresden, 17. August. Auch der Bezirksvorstand der SPD. für Ostsachsen hat nunmehr zu der durch den Panzerkreuzerbeschlutz des Reichskabinetts geschossenen Lage einen B eschluß gefaßt, in dem es am Schlüsse heißt: „Die Versammlung erwartet von der Reichstagssrakiion eine klare Stellungnahme, die eine Mit verantwortung der Partei für die Bewilligung der ersten Rate zum Panzerkreuzer A ausschließt, gleichzeilig aber die Be willigung der weiteren Raten für den Kreuzer A und die Kreu zer B, C, D, verhindert. Die Reichstagsfraktion hat sofort die Einberufung des Reichstages zu verlangen, damit eine Entscheidung des Reichstages über den Bau des Panzer kreuzers hcrbeigeführt werden kann. Hält die Mehrheit an dem Vau des Panzerkreuzers fest, so hat die Sozialdemokratie ihre Vertreter aus der Negierung zurückzuziehc». Wir fordern, daß eventuell ein außerordentlicher Parteitag zur schnel leren Klärung des Falles einberufen wird." In der Funktionärversammlung, der dieser Beschluß vor lag, führte Reichstagsabg. A u f h ä u s e r - Berlin u. a. aus: „Kampflos haben die sozialdemokratischen Minister wichtigste Forderungen der Arbeiterschaft preisgegebcn" . . . und dann weiter nach einem Hinweis darauf, daß man bei dieser Negie rung die Ernennung von Sozialisten zu Beamten vermißt, so wie es umgekehrt die Deulschnationalen gemacht hätten. . . : „Unsere Minister haben vergessen, das Wahlergebnis vom 20. Mai in unserem Sinne auszuwerten. Dafür muß die Partei von ihnen Rechenschaft fordern." Dieser Stimme wird man es in Berlin ohne weiteres an merken, daß sie aus Sachsen kommt. Es dürste sich wohl hier um eine der schärfsten Entschließungen handeln, die in diesen Tagen von sozialdemokratischen Organisationen gefaßt worden sind. An den Entschließungen des Partciausschusses. der heute in Berlin Zusammentritt, dürfte auch sie wenig ändern. von 1^8 bis -^9 Uhr morgens erlaubt. Alle anderen ossenen Ver kaufsstellen müssen, soweit nicht allgemeine Ausnahmen vom Verbote des Sonntagshandels, wie z. V. des Handels mit Milch, Nohei- usw. bestehen, geschlossen sein. ) Der Zeiitralverband der Arbeitnehmer öffentlicher Betriebe und Verwaltungen Leipzig, Dittrichring 3e, l>ält am Tonncrslag, den 23. August, abends 7X- Uhr im Gesellschaftsbaus „Kbsshäu'er*» Turncrstraße 2, eine letzte wichtige M i t g l i e d e r v c r so mm< lung vor dem Vcrbandstag ab. In der Versammlung werden die Teilnehmerkarten zu de» Veranstaltungen dcS Vcrbandstagcs, wel cher vom 2. bis 5. September in Leipzig stattsindet, ausgegeben. Außerdem wichtige Tagesordnung. Das Ersännen aller Mitglieder ist Pflicht. ) Umstellung vom Wechselstrom aus Drehstrom. Die städtischen Elekrtizitätswcrke sind, wie sie sagen aus betriebs technischen und wirtschaftlichen Gründen gezwungen, nach und nach zum Drehstrom übcrzugehen. Das Stromversorgungsnetz wird zu diesem Zweck in Distrikte eingeteiit, deren einer nach dem anderen zu dieser Umstellung herangezogen werden. Ein Auswechseln der bisher betriebenen Motoren und elektrischen Einrichtungen ist dann notwendig, die aber durchaus auf Kosten der Stromverbraucher geht. s Landesuniversität. Dem Assistenten am Seminar für mittlere und neuere Geschichte der Universiläl. Tr. Hcrman Wendorf, ist die Lehrberechtiguug für das Buch der Ge- 4 Oer berükmle, soeben aus Asien rurilckgekebrtsl'ibetkorscbor vr. Wilkslm knlckner schreibt uns wie kolgt: Von Srinagar aus, dem Endpunkt meiner 2'/e lasivs wäkrenden innerasiatisdien Expedition, dark idi Itinen mitteiien, dali ick mit dem von Ibnen bergsstellten Lblorodont wiederum ssbr günstige Lrialirungsn mactzte. kleine 2skne sinct gesund geblieben unck baden Immer nocki blenclencl iveiüs k^arbe. Vis erkriscksnds Wirkung wurde von mir besonders in beiöen 2onen angenebm empfunden. Idi werde das genannte Eitel audi kernerbin in Qebraudi bestatten und empkestle es besonders k^orscstungsreiseriden sngelegentlick ?um 6ebraucst. Lrinagar, den 16. April 1928. vr. Wüsteim vilcstner. — (Orlginalbriek bei unserem Notar kmieriegt.) — vberreugen Lie sicst Zuerst durcst Kauk einer lubs ru 60 ?k., groös lube 1 lVlk. LKIorodont-^astnbürsten 1.25 /Vlk., kür Kinder 70 ?k. Lstlorodont-lVlundwasser kZascste 1.25 Ust. 2u staben in allen Lstlorodont- Verkauksstellen. ^lan verlange nur eckt Cstlorodont und weise jeden vrsatr dakllr Zurück. 261 mm Sie Laridfchafk Franz Schuberks Von Friedrich Schreyvogl. Hundertfünfziatausend Sänger waren in diesem Juli in Oesterreich. Man stand auf dem Höhepunkt des Schubertjahres. Und nichts hinderte die Gewißheit, jetzt sei auch hunderttausend- mal die in vielen noch unklar schwankende Vorstellung Schuberts wirklich brauchbar und lebendig geworden, müßte man nickst befürchten, auch eine arge Fälschung habe diesen erfreulichen Prozeß erleichtert — und damit zugleich entwertet. Ganz Wien fieberte im Eifer, dem Besuch alles möglichst bequem zu machen. Das war sehr richtig, soweit die Straßenbahn-Fahrpläne, der Zugang zu den Museen, Ausflüge in die Umgebung in Betracht kamen. War er auch vor dem Denken der Gäste am Platz? Daß man den äußeren Verkehr „normalisierte" kann nicht genug gelobt werden. Aber daß man auch alle seelischen Wege zu Franz Schubert verbreiterte, seine Umwege und Abgründe zur Hebung eines geistigen Touristenverkehrs verschleierte, kurz eine populäre Ausgabe Schuberts veranstaltete, die alle Härten verloren hatte und so sehr geglättet war, daß jedermann sein „Wissen um Schubert" ohne Schwierigkeit in die Tasche stecken und nach Hause nehmen konnte? Gewiß, das „bearbeitete" Lebensbild hat viele neue Vorzüge für unbegrenzte Volkstüm lichkeit. Aber stellt es noch Franz Schubert dar? Wir denken hierbei gar nicht an die Ueberschreitungen die sich die Industrie verschiedenster Zweige aus begreiflicher Gewinnsucht hat zuschulden kommen lagen. Nicht an das Schubert-Eis, die Schubert-Zahnbürste, die Schubert-Taschen tücher und Schubert-Bleistifte. Das alles zählt so offensichtlich zu der Nachhut, die nun einmal hinter jedem großen Erlebnis der Welt herzieht, um billige Nachlese zu halten, daß auch das ungeschärfte Auge kaum getäuscht werden kann. Auch der Naivste merkt, daß hier Schubert zwar zu Unrecht »schworen, aber doch in keiner Weise ernsthast mit im Spiele ist. Gefährlich wird erst jener verborgenere Betrug, in dem sich die Unfähig keit, einen einmaligen Charakter für alle Zeit zu deuten, hinter der Schubert auf der Creme-Torte bedroht die Erkenntnis seines Wesens, denn eine Viertelstunde, nachdem er aufgetischt worden ist, hat ihn schon das Dessertmesser der Schmausenden zerschnitten, sondern jener wein- und rührselige Schubert, den sie dicknackig und stumpfnasig vor uns Hinmalen. Mit den breitgeränderten Brillengläsern, hinter denen kurzsichtige Auaen in merkwürdigem Rhythmus zwischen dem lieben Gott und frischen Wiener Back hendeln hin und her pendeln. Jener Zeiierlwagen-. jener Drei- mäderlhaus-Schubert, der uns als Ausgeburt kraftloser Epigonen-Phantasie gerade in jenem Jahre mit neuer Geschäftigkeit aufgedrängt wird, in dem wir, an schwärmerische Erinnerung hingegeben, die kurze Spanne seines Lebens als eines der seltensten Geschenke an die Menschheit feiern. Diese Feststellung wird kaum ernste Gegnerschaft finden. Das Operettenbild Schuberts zerfließt ja auch dem Leicht gläubigen von selbst vor nur zwei oder drei seiner Lieder, die er wirklich verstanden hat. Er trennt sich gern von der Fäl schung; womit freilich eine neue Schwierigkeit erst anhebt. Wo finden wir, der falschen aber doch brauchbaren, der verkleinerten aber doch gefälligen Deutung beraubt, die wirkliche, ohne die »ns Schubert jetzt ganz ins Wesenlose entschwindet? Wir brauchen nicht lange suchen; gerade das Jahr 1928 mit seinem Sängcrfcst hat nicht nur wenigen Spintisicrcrn, sondern hundert tausend lehr praktischen und vernünftigen Deutschen die aller nächste Gelegenheit geboten, Schubert zwar nicht aus Buch, Manuskript und gastlicher Anekdote, aber dafür aus eigenem Erlebnis zu begreifen. »Aus dem Nach - Erlebnts des wich tigsten Teiles der Schubertschen Biographie, aus dem Erlebnis der österreichischen Landschaft, aus der er als der wesentlichen Quelle das dämonische Leben seiner Musik geschöpft hat. Wie man zu diesem Nach-Erlebnis finden konnte? Ach, man mußte nur einmal die Fremdenführer und Rundfahrten ein paar Stunden ketzerisch verlassen. Selbst ans die Gefahr hin, auch ein richtiggehendes „Schuberthaus" mit Gedenktafel und einem Stern im Baedeker zu versäumen. Man mußte Schubert nicht in seinen Denkmälern suchen, sondern dort, wo er zu einem Denkmal der Musik geworben ist: auf seinen Wiener Spazierwegen. Im Süden nach Rodaun zu nach Verchtoldsdorf oder Mödling. Oder westlich gegen Klosterneu burg. Oder nur bei Neuwäldegg, bei Pötzleinsoorf oder Sal- mansdorf, auf einem raschen Hügelweg über Sievering oder Grinzing. Da kam gewiß mancher zuletzt zum Ziel: auf den Kahlenberg. Konnte er aber an einem klaren Sommerabend von dieser Höhe aus die österreichische Offenbarung empfangen, die nur dort zu ernten ist, hatte er auch den magischen Punkt jenes Kreises gefunden, den Franz Schubert nachbildend in hun oerten von Liedern und im titanischen Ansturm seiner Sym di phonien in die erschütterte Ahnung Seltsame Kreuzung der Lan sich die Ebene nicht, wie der erste anftem Abstieg. iWe si' ' er Zeit zu ziehen wußte, ist! Dem Osten zu öffnet lick zu entdecken glaubt, in sich das Donautal, bis dahin von Bergen ' " am Unendlichkeit, die das amkeit nachfü^lt, daß die Begier na der Schmi »nd Himmel, »in dünner schaft zur Weite, eine astsbild mit so wissen- ... —„ ... Grenze zwischen Ebene überstreif, kaum je ganz genau zu erschauen, noch weniger festzuhalten ist. Boden und Himmel nähern sich zu zitternder Verschmelzung. Eine erdgebundene Seele wirft sich der Unendlichkeit ans Herz. Nun 'eine Wendung um einen Viertelkreis. Jetzt verwan delt sich die Ebene zögernd in die Hügel des Lcithagebirges. der Semmering schließt, ein sanfter Riegel, von der Steiermark ab, dann steigen die Berge plötzlich zur Schneehöhe an. Weiße Gipfel: Schneeberg und Rax. Noch weiter westlich und süd westlich zeigen sich als Silhouette, sehr ferne, aber doch auch in der ahnenden Andeutung großartig, die Öberösterreichischen und die Salzburger Alpen. Im Norden zuletzt die spätesten »Aus läufer der Sudeten, davon das Marchseld. Eine böhmische Land schaft. unverkennbar in ihren Urzügcn, die das Nebeneinander bäuerlichen Friedens und bürgerlichen Fleißes geprägt hat, beide von der magischen Schweigsamkeit des Böhmerwaldes durchschattet. Es ist ein unverfälschtes Spiegclbud, das die böhmische Landschaft gleichsam über ihren »Rand zur Wiener Kreuzung herunterneigt, sicher spricht cs ihr innerstes »Wesen mit nur wenigen Strichen aus, die Waldrand und Hügel in den Wiener Himmel zeichnen. Gewiß, das steht man in solcher Eindringlichkeit nur vom Kahlenberg aus. aber die erlösende Inschrift in die österreichi sche Erde ergreift, nur unklarer in Ahnung und Gefühl gebettet, auch sonst ringsum tausendfach den Wanderer. Der ganze Wienerwald gibt Quinten. Oktaven, Dominanten zu diesem ersten, dem Erundton. Hat man ihn im Ohr, versieht man überall, welche Weisheit die österreichische Landschaft dem wissenden Herzen des Beschauers verschenkt. Vermag inan ihr« Zwiegespräche auszunehmen, ebenso ungewöhnlich in dem, wi« weit, wie darin, was sie enthüllt. Warum diese feierliche Bevorzugung Oesterreichs? Haken nicht auch fast alle andere,, Landschaften Europas eine Ge» sprachigkeit dieser Art, haben nicht eigentlich alle Landschaften etwas mitmtcilcn? Gewiß, aber es steht damit ungefähr so. wie mit den Menschen, die ja im Grunde auch alle die gleiche Seele und den gleichen dämonischen Drang haben sich in der Mitteilung an einen verwandten Geist aus ihrer Vereinsamung zu retten. Dennoch haben nur wenige von ihnen dann auch d:e Macht, sich wirklich mitzuteilen. Nicht umsonst gilt, gerade weil der Trieb allgemein ist, erst die weit seltenere Gabe, zu sagen, was die Seele leidet, als das erhöhende Zeichen des begnad. !en Geistes. Nun, Oesterreich ist gleichsam der Dichtcr unter den Landschaften. Neben schweigsamen, harten und bitteren, die nur manchmal fühlen lassen können, daß sie sonst stumm beschwert, kann Oesterreich seine Sendung wirklich Mit teilen,. Diese Beredsamkeit der Natur zieht sehr begreiflich oll« jenen scheinbaren Schweiger unter den Menschen an, die in ihrer Stummheit ja nur eine Art höherer, ungewöhnlich geartet«
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