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Übertriebene Tuberbulosesurchl Dresden, 18. August. Dem soeben herausgekommenen Tätigkeitsbericht des Fre en Ausschusses zur Bekämpfung der Schindsuchr inDresdcn für die Zeit vom 1. April 1926 bis zum 31. März 1927, der ein ständiges Ab nehmen der Sterblich keit an Lungentuberkulose in Dresden feststellt, ist auch ein sehr beachtenswertes Gutachten von Professor Dr. Be sch or ne r riber die Ansteckungsfähigkeit der Tuberkulose bei gegeben. Das Gutachten behandelt eingehend die Quellen tuber kulöser Ansteckung für den Erwachsenen und vor allem für das Kind, warnt aber vor einer übertriebenen und weist die Nichk- berechtigung einer solchen übertriebenen Tuberkuloscsurcht mit solgenden Schlußsätzen nach: 1. Die Tuberkulose ist zwar an und für sich eine ansteckende Krankheit, sie ist aber nur dann vom Kranken auf Gesunde übertragbar, wenn ein offen Tuberkulöser oder ein mit der Pflege osfen Tuberkulöser Betrauter unvorsichtig mit Ausschei dungen ist, die vom tuberkulösen Erkrankungsherde stammen und daher Tuberkelbazillen enthalten. 2 Die Ansteckungsmöglichkeit ist an eine Anzahl von Voraussetzungen gebunden, von denen mehrere Zusammenwirken müssen, um zu tuberkulöser Erkrankung zu führen. 3. Während dos Zusammensein mit Tiiberkulösen für das Kindesalter unter allen Umständen vermieden werden muß, ist es im späteren Lebensalter bei vernünftigem Verhalten kaum gefahrbringend. 4. Kurze, selbst oft wiederholte Berührungen und Hand reichungen bei offen Tuberkulösen und die mit entsprechender Vorsicht vorgenommene Unschädlichmachung tuberkulöser Aus scheidungen birgt keinerlei Gefahr in sich. 5. Die Uebertragung von Tuberkulose durch Gebrauchs- gegenstände ist zwar möglich, doch ist ihr keine große Bedeutung beizumessen. 6. Uebertriebene Betonung der Ansteckung (ev hervor gerufen auch durch Anordnung regoroser Schutzmaßnahmen, durch allzu weitgehende Verhaltungsvorschriften usw.) ist zu ver meiden uns durch vernünftige, sachgemäße Aufklärung über die Ansteckungsgefahr und über den Selbstschutz durch vernünf tiges Veibalten zu ersetzen. 7. Man schützt sich am sichersten nicht dadurch vor Tuber kulose. daß man den Tuberkulosen flieht, sondern dadurch, daß man ihn anhält, vorsichtig mit seinen Ausscheidungen (vor allem mit seinem Auswurfe) umzugehen. 8. Die übertriebene Tuberkulosefurcht, wie sie heilte weite Kreise beherrscht, ist lächerlich; sie muh ebenso bekämpft werden, wie die Tuberkulose selbst. vtrrelen unel Umgebung Fnternalionale Taschendiebe Dresden, 20. August. Zu der Festnahme internationaler Taschendiebe in Chemnitz, worüber bereits berichtet worden ist, wird vom hiesigen Kriminalamt noch folgendes mitgeteilt: Die bctr. Taschendiebe haben auch in Dresden eine Gastrolle gegeben. Anfang August häuften sich die Fälle, in denen Strasienpassanten die Brieftaschen, Uhren und andere Wertgegenstände gestohlen worden waren. Die Diebe arbeiteten ins besondere an den Straßenbahnhaltestellen am hiesigen Hanptbahnhof und in den belobten Straßen der inneren Stadt. Meist wurden die Diebstähle in den Nachmittags- und zeitigen Abendstunden ausgc- führt. Die große Raffiniertheit und die Arbeitsmethode, die von den Dieben angewandt wurde, ließ den Schluß zu, daß man cs hier mit einer gut organisierten internationalen Bande zu tun hatte. Obwohl sofort die erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden, gelang es lei der nicht, die Diebe zu fassen. Schließlich wurden von der Dresdner Kriminalpolizei zwei junge Frauenspersonen aufgegrifsen, die völlig mittellos und erst seit einigen Tagen ans Schlesien zugereist waren. Cs konnte ermittelt werden, daß sie gemeinsam mit den Taschen diebe» unter falschen Namen in einem hiesigen Frcmdenhof gewohnt hatten. An Hand von Lichtbildern erkannten die Festgenommenen die Diebe auch mit Bestimmtheit wieder. Obwohl sie bei der Aus führung der Diebstähle selbst nicht zugegen gewesen sei» wollen, so waren sic doch, nach den näheren Umstünden zu schließen, in das Tun der Taschendiebe cingewciht. Von dein betr. Frcmdenhof ans unter nahmen die Täter zu dreien ihre Strcifzüge und kehrten meist mit Ciechmittcln versehen zurück. Nachdem bezahlten die sonst mittellosen Diebe ibre Logisschulden oder lösten von ibncn in Pfand gegebene Sachen wieder ein. Sie arbeiteten in fast allen Fällen nach der be kannten Methode der Taschendiebe, indem zwei von ihnen ei» künst liches Gedränge verursachten, während der Dritte die Wertgcgen. stände zog und einem seiner Komplizen zusteckte. Auf diese Weise er langten sie 2 wertvolle goldene Uhren, 1 goldene Uhrkette, mehrere Brieftaschen und Geldtäschchen. Als ihnen der Boden unter den Füßen in Dresden zu heiß wurde, verlegten sie ihr Arbeitsfeld nach Chemnitz. Um die Spur zu verwischen, hatten sie erklärt, nach Berlin und Frankfurt zu fahren, um dort geschäftlich tätig zu sein. In Chemnitz gelang es dann endlich, zwei der Diebe auf frischer Tat zu ertappen und festzuneh men, während einer der Diebe und eine Frauensperson, die von Schweidnitz aus der Bande gefolgt war, in einem dortigen Hotel dingfest gemacht werden konnten. Es handelt sich um die den Kri- minalbehördcn als Taschendiebe hinreichend bekannten polnischen Staatsangehörigen Raymund Kolodzicj, am 30. 5. 05 in Roß berg geboren, Robert Wieczorck, am 6. 6. 04 in Bobrek geboren, und den Kaufmann Nikodemus Lcdwon, am 16. 11. 03 in Csiasnau geboren. Alle drei Personen sind wegen gleicher Straf taten erheblich vorbestraft. Nach Verbüßung ihrer letzten Strafe hatten sie sich in Schweidnitz in Schlesien wieder zusammeiigcfuudcn und machten seitdem die Städte des Reiches unsicher. Bei ihrer Ver nehmung durch einen Dresdner Kriminalbeamte» versuchten sie zu nächst die Diebstähle in Abrede zu stellen bzw. belasteten sich gegen seitig. Schließlich gestanden sie ein, in Dresden gemeinsam gearbeitet zu haben. Genehmigte Anleihe Dresden, 20. August. Die Ministerien des Innern und der Finanzen genehmigten, daß die Stadtgemeinde Dresden für eine Anleihe von 15 Millionen Reichsmark auf den Inhaber lautende a) zu 8 Prozent verzinsliche Schuldverschreibungen im Gesamtbeträge von 11370 000 RM., b) mit 6 Prozent verzins liche Schatzanweisungen im Gesamtbetrag von 3 630 000 RM. auf Feingoldbasis nach Maßgabe der Anleihebedingungen ausgiüt. Belohnung für Aufdeckung von Vrandslifkungen Dresden, 20- August. Nach Aburteilung der zahlreichen BrondstiftungSsälle im Bautzner Bezirk (Barulh und Umgegend) durch Schöffen- und Schwurgerichtsverhandlungcn, wobei äußerst empfindliche Strafen verhängt werden mußten, hat die Brandversichcrungskammer Veran lassung genommen, aus Mitteln der Landcsbrandkasse namhafte Sondcrbelohnungen gemäß ihren Bekanntmachungen in Nr. 30 und 245 der Sächsischen Staatszeiiimg vom 5. Februar bzw. 19. Oktober 1927 an vier um die Aufdeckung der Brandstifter besonders verdiente Personen in Höhe von 3000 M-, 2000 M., 500 M. und 300 M. aus- zuzahlcn. Es ist zu hoffen, daß derartige Belohnungen auch ander- weit anspornend zur Unterdrückung der volkswirtschaftlich äußerst schädlichen Brandstiftungsscuche wirken werden. : Bolksbad Louisenstratze. Nachdem die Vorrichtungsarbei ten beendet sind, wird die Schwimmhalle im Volksbad Louisenstraße 48 am Montag, den 20. August 1926, wieder in Beirieb genommen. : Vom Stenographischen Landesamte. Die nächste staat liche Kurzschriftlehrerprüfung findet am 22. Oktober und nötigenfalls an den folgenden Tagen statt. Meldungen sind bis zum 25. September einzureichen. : Eine blutige Eifersuchtstat spielte sich am Sonntag in der zweiten Morgenstunde im Ostragehege ab. Als der Fleischer Hanisch in Begleitung eines Dienstmädchens auf dem Wirtschafts wege von Onkel-Toms-Hütte nach der Magdeburger Straße zu ging, wurde er von dem Wagenlackierer Klemm von hinten überfallen und durch zwei Stiche in Hass und Kopf verletzt. : Massenklindigungen. Beim Bau der hydroelektri schen Sveich er-Anlage in Oberwartha kam es am Sonnabend zu M a s s e n e n t l a s s u n g e n. Am Freitag hatte sich eine größere Zahl Arbeiter während der Schicht an einer wilden Versammlung beteiligt. Von der Betriebsleitung wurden daraufhin, wie die Blätter berichten, gegen 150 Arbeiter fristlos entlassen. Schubcrtfeicr der Sächsischen Staatstheaier. Der Erinnerung an den 100. Todestag von Franz Schubert wird noch in diesem Herbst ein Opern- und Tanzabend und ein Sinsonickonzert (das 2. Konzert der Reihe A am 16. November) gewidmet sein. Von Schuberts dramatischen Werken würbe die Spielopcr „Die Wci- berverschwörung" („Der bänsliche Krieg") in der Bearbei tung von Rolf Lanckncr, Fritz Busch und D. F. Toveh gewählt, die in Verbindung mit Ballettszcnen zu Schuberts Tanzmusik ihre Dresdner Erstaufführung erleben wird. Die „Wcibervcrschwörung" wird von Otto Erhardt in Szene gesetzt, die Ballcltszencn von Ellen von Clevc-Pctz cinstudiert werden. In dem Sinsonickonzert wird S« Jahre Elbverkehrsregelung Dresden. 20. August. Die Elbe erforderte mit dem zunehmenden Schiffahrt«, verkehr den Ausbau der Verkehrsregelung. Jetzt sind die Ver. Kehrszeichen für die Fahrtrinne, die Ufer- und Btthnenbauten zur Selbstverständlichkeit geworden. Vor 50 Jahren begann man mit diesen Einrichtungen. Bis dahin konnte man aus der Elbe einfach drauflvsfahren, da der Verkehr noch ziemlich mit. telmähig war. Heute wo jährlich über 10 000 Fahrzeuge auf den, Strome verkehren, kann man ohne genaue Verkehrsregelung nicht mehr nuskommen. Die Arbeit der eigentlichen Strom aussicht ist sehr mannigfaltig. Die Verwaltung der Elbe wird aber setzt besonders schwierig, weil sie international geworden ist. Oberste Instanz ist die Internationale Elbekommission. Für Deutschland kommt als besondere Verwaltungsschwierigkeit noch hinzu, daß die Elbe durch 5 Uferstaaten fließt. ^ « Schuberts selten aufgeführtes „Stabat mater" für Soli, gemischlen Chor und Orchester unter Fritz Busch zu Gehör gebracht werben, s«. ner die H-Moll-Sinfonic (Unvollendete) und die Rosamundcn. Ouvertüre. Die große C-Dur-Sinfonie, die im letzten Sinfonie, konzert gespielt wird, bildet dann den Abschluß der Gedenkfeier. Sächsischer Kuiistverrin, Brühlsche Terrasse. Die Verbindung zur Förderung deutscher Kunst (vormals Verbindung für historische Kunst) hielt neulich unter dem Vorsitz des Staatsministers a. D. D,. F. Schmidt-Ott ihre 40. Hauptversammlung bei ihrem kni» jährigen Mitglied, dem Sächsischen Kunstverein zu Dresden, ab. wurde beschlossen, ein bedeutendes Mappenwerk zur Verteil»,iz an die Mitglieder herauszugeben, und zwar die Holzschnitte, sie MaxSlevogt zu einem Zyklus „Die Nibelungen" geschaffen bol. — Aus einer Ausstellung von Handzeichnungen deutscher Kunst!«, die auf Anregung des Münchner Kunstvereins für die Tagung zu. sammengestellt worden tvar, wurden 29 Werke angekauft, darunter 9 Werke Dresdner Künstler. Außerdem erwarb die Verbindung vier Kunstwerke ans der Jubiläumsausstellung des Sächsischen Knnit- vcrcins „Sächsische Kunst unserer Zeit", und zwar die drei Oel. bilder „Felsblock mit Polinik" von Walther Jacob, „Schncedächcr" von Arthur Krauß und „Parklandschaft" von R. O. Voigt und die Bronze „Weiblicher Akt" von Richard Scheibe. Die von der Verbin dung angekauften Werke werden satzungsgrmäß auf der nächste» Hauptversammlung verlost werden. — Kunstfreunde, die an den kunstfördernden Bestrebungen der Verbindung Interesse haben, werden gebeten, sich an den Schriftführer, Herrn Major a. D- Alexis Klee, Oranicnburg-Derlin, An der Hasenheide 10, oder an den Säch sischen Kunstverein, Dresden, Brühlsche Terrasse, zu wenden. Der Jahresbeitrag beläuft sich auf nur 75 Mark. Leipziger Sender Dienstag, LI. August: , 14.16 Uhr: Leseproben aus den Neuerscheinungen aus dem Büchermarkt. 15.00 Uhr: Konzert der Dresdner Rundfunkkapelle. - 16.30 Uhr: Konzert des Leipziger Sinfonie-Orchesters. 18.05 Uhr: Frauenfunk. 18.80—18.55 Uhr: Lektor Claude Grander und Gertrud Eyseren: Französisch für Anfänger. (Deutsche Welle, Berlin.) 19.00 Uhr: Dr. Seifert, Leipzig: „Kitsch und Kunst" V. 19.30 Uhr: Dr. W. Rammner, Leipzig: „Spaziergänge mit einem Naturforscher". Erster Vortrag. 20.00 Uhr: Wetterbericht und Zeitangabe. 20.15 Uhr: Musik für zwei Geigen. 21.15 Uhr: I. Die Sommernacht. 22.15 Uhr: Pressebericht und Sportfunk. 22,30—24.00 Uhr: Nachtmusik der Dresdner Rundfunkkapelle. Die Postbezieher der „Sächsischen Volkszeitung- seien nochmals dara«) hingewiesen, datz die Bezugserneuerung für September setz allerschnellstens erfolgen mutz, wenn LleferungsunLer- brechungen vermieden werden sollen. Uebrigens erhebt die Post bei Bestellungen, die nach dem 25. eingehen und bei denen Nachlieferung erforderlich, eine Sondergebühr von 3V Pf. Darum: Sofort erledigen. über das Moldantal weg zu der hohen, dunklen Wälderwand des Dreisessels und des Plöckenstcin hinüber, auf den das ganze Land beherrschenden Berg, dessen Geheimnisse ihn lockten und anzogcn. Er blickt über das Land wie ein junger, starker, reicher Bauer; den flachen Gebirgshut trägt er in der Hand. Er wirbt, aber er will nichts; denn er ist reich, und das Land ist arm. Er beschenkte es mit einem Reichtum ohnegleichen, mit seiner Stimme, mit seiner Sprache. Ich hörte sie als Kind; da halten meine Augen noch keinen Granit, keinen Berg, keinen Wald, nur Bäume, keine Stein trümmer in verfilzten Dickichten, keine Rosenhäuser auf offenen Beigen gesehen. Jetzt, nach zwanzig Jahren, wo ich si» sehen tonn, wundert es mich nicht, daß ich sie doch gekannt habe. Sie waren in den „Studien", in den „Bunten Steinen", im »Nachsommer" und im „Witiko". Ein Reallerikon der Assyriologie. — Zur Geschichte und Kultur Vorderasiens hat sich im Besitz der Alten und Neuen Welt ein so ungeheures Material ängcsammelt, daß dessen Beherrschung kaum mehr dem Fachgelehrten, keinesfalls aber den zahlreichen Vertretern der allgemeinen Religions- und Kultuwelchichte, der alttepamentlichcn Wissenschaft, der Rechts- und Medizingeschichie usw., deren Arbeiten sie damit in Berührung bringen, möglich fft. Eine Zusammenfassung des Stoffes in kurzer und zuverlässiger Form wird jetzt in einem .von den Berliner Universitätsprosessoren Erich Ebeling und Bruno Meißner unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter bei W. de Eruyter herausgegebenen Reallexikon der Assyriologie erfolgen Das zweibändige Werk, das in Lieferungen erscheint, behandelt alle Gebiete der assyrisch-babylonischen Kultur und berücksichtigt auch die Beziehungen zu den Nachbarvölkern. Reussische» Ttseater Ser». — Das Reussische Theater, Im nächsten Spiel- fahr wieder selliständin. wird unter Leitung non Intendant Karl Rasen Sihau- «iel, Oper und Operette pslegen. Als Spielleiter find neu perpslichtet worden: Marlin Dien (Hannover) für Schauspiel, Oskar Fritz Schuh (München) sllr Oper und Rudolf Welsker (Basel) siir Operette. Auperdem werden oastwetse -tätig sein: Robert George (Dresden). Helmut- Ebb, (Weimar), Melchior Bischer (Berlin) und üerbert Wantek (Zürich). Als Kapellmeister sind neu eingetretcn: Bruno Bo'ndenhoss (Danzig) und Georg Wlnkler (Leipzig). Als Ausstattungsleiter wurde Gurt Flciner vom Stadttbealer Erfurt verpflichtet. Auch tm darstellenden Personal find wesentlich« Veränderungen zu verzeichnen. Als neue Einrichtung sind ein« Reihe von Eondervoistestungen geplant, die sich besonders mit den längsten Lrschcinunacn des Schauspiels, der Oper und der dem Theater benachbarten Gebiete befallen sollen. Für diesen besonderen Rah men find «ine Reihe von Uraufführungen, mustkalisch« Beranstaltungc» auf dem Gebiete der Kammcroper und Kammermusik und Vorträge geplant. Sie HeMW der Einigung Südamerikas Das große Gebiet von Südamerika wird oft als ein ge schlossenes Ganzes betrachtet; diese Auffassung kann nur unter großen Einschränkungen gelten. Die Lateinamerikaner eint zwar dieselbe Sprache (mit Ausnahme Brasiliens, wo portu giesisch gesprochen wird), dieselbe Religion und Tradition, vielleicht auch dasselbe Bestreben, sich von einer allznaufdring- lichen Bevormundung der Vereinigten Staaten von Nord amerika zu befreien, aber dennoch haben manche Staaten in hef tiger Fehde unter einander gelebt, haben Kriege geführt, und auch heute sind die trennenden Gegensätze nicht aus geglichen. So waren z. V. die diplomatischen Beziehungen zwischen Chile und Peru durch lange Jahre wegen des Streites umTacna und Arica abgebrochen, ab und zu tauchten sogar Kriegsgerüchte auf. Im Krieg vom Jahre 1879 trug Chile den Sieg über Peru und Bolivien davon und eroberte die peruanische Provinz von Taracaza. Nachdem im Frieden von Ancon festgesetzt worden war, daß über die Zugehörigkeit von Tacna und Arica ein späterer Volksentscheid bestimmen sollte, besetzte Chile auch diese Gebiete. Vor Arica war eine der blutigsten Schlachten geschlagen worden. Die Peruaner hatten tapfer gekämpft, erlagen aber schließlich der Uebermacht und die chilenische Flagge wurde auf dem Arica vorgelagertem Berge „El Moro" gehißt. Peru konnte den Verlust nicht ver schmerzen, und will das verlorene Gebiet durch die im Friedens vertrage vorgesehene Volksabstimmung zurückgewinnen. Bekannt sind die Bemühungen der nordamerikanischen Schiedsgerichts kommission, die auf Veranlassung von Präsident Loolidge 1924 gebildet wurde, und unter der Führung von General Lassitter in Santiago eintraf. Die Volksabstimmung kam nicht zu Stande, und der General mußte völlig unverrichteter Dinge nach Washington zurückkehren. Auch der Kompromiß vorschlag Tacna an 'Bolivien abzutreten blieb erfolglos. Erst jetzt, nach langen Bemühungen, ist es gelungen inso fern eine Einigung herbeizuführen, daß Chile und Peru die avgevrocyenen otplomatijchen Beziehungen wieder aufnahmen und sich in direkten Verhandlungen zu einigen versuchen werden. Da auf beiden Seiten der gute Wille vorhanden ist, so darf man mit einem Erfolg der Verhandlungen rechnen. Es gibt untrügliche Beweise für den guten Willen der beiden Länder. So prangte z. B. kürzlich am Nationalfeiertag Perus Santiago im Schmuck peruanischer Fahnen, die von der Menge mit Beifall begrüßt wurden. Es war das ein ritterlicher Akt, der in Lima großen Eindruck machte. Peru erklärte darauf seine Bereitschaft wieder in den Völkerbund einzutreten, den es seinerzeit wegen Differenzen mit Chile verließ. So ist denn dem Konflikt zwischen Chile und Peru, der mit den schlimmsten Verwicklungen drohte, seine Schärfe genommen. Ein anderer noch offener Konflikt besteht zwischen Boli vien und Paraguay. Bolivianische Truppen hatten vor einiger Zeit im Chaco paraguaysches Gebiet besetzt. Ein paraguayscher Offizier war in einem Scharmützel getötet wor den. Die Grenzlinien im Chaco, der zum Teil noch aus wenig erschlossenem Urwalde besteht, sind recht vage, aber immerhin scheint es, daß die Bolivianer hier wissentlich in fremdes Ge biet vorgedrungen sind, weil sie dort Petroleumquellen vermuteten. In Asuncion entstand eine begreifliche Erregung und auch zwischen Bolivien und Paraguay wurden die diplo matischen Beziehungen abgebrochen. Kriegsgerüchte schwirrten durch Südamerika, bis sich Argentinien in den Streit einmischts und seine Vermittlung anbot. Nun tagte durch einige Monate eine Schlichtungskommission in Buenos Aires, deren Erfolge aber recht magere sind. Bolivien verlangt, ehe es sich der Schlichtungskommisfion fügt, von Paraguay im voraus die Abtretung von Puerto Pacheco am Paraguaystrom. Auf diese Forderung will man in Asuncion nicht eingehen, und so mußte sich denn die Kommission mit der Empfehlung an beide Staaten begnügen, den Streitfall friedlich in direkten Bespre chungen beizulegcn. Man darf nun hoffen, daß der Frieden zwischen Paraguay und Bolivien, ebenso wie der zwischen Chile und Peru bald wieder hergestellt sein wird. Für die Entwicklung der fortschreitenden Einigung Südamerikas sind diese Voraänae von nicht zu unterschätzenden Bedeutuna