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»» Das Iubelsest in Schirgiswalde Eigener Bericht. Es ist erfreulich, daß sich unsere großen Bcrcinsvcranstaltungen allmählich von Len überkommenen, teilweise recht inhaltlosen Formen srci.zumachen versuchen, daß man sich statt dessen bemüht, tiefer in den Geist der Vereinsgründe und der Vercinsgeschichte einzudringen und deren Zielsetzung auf unsere neue Zeit zu übertragen. In dieser Hin sicht war die Feier des goldenen Jubelfestes des Katho lischen Männervereins zu Schirgiswalde vorbildlich. Das religiöse Moment, aus dem der Katholische Männcrverein er wachsen ist, trug in erster Linie auch diese Feier. Eine Männcrwall- fahrt nach Filippsdorf, an der gegen 220 Verein-Mitglieder leilnah- iiien, bildete am 12. August ihren schönen Auftakt. Dann folgten die religiösen Vortröge in der Pfarrkirche Schirgiswalde, die in der gemeinsamen Vcreinskommunion ani Mittwoch ihren AuSklang fan den. Auch der gestrige Festtag selbst stand zunächst im Zeichen der Religio». Am Vormittag zog der Jubelverein, begleitet von den übrigen Orts- und einigen auswärtigen Vereinen, zur Pfarrkirche, uni hier in einem feierlichen Hochamt, das Obcrstudiendircklor Löb - mann zelebrierte, Gott die Ehre zu geben. Prälat Müller, Sibyllenort, hielt die Fcstpredigt. Er wandte die Frage des Evange liums „Was muß ich tun, um das ewige Leben zu erlangen?" auf den Festtag an, er inncrte daran, wie sich auch Adolf Vrendler diese schwerwiegende Frage vorgelegt und in rechter Erkenntnis der Werte der Kirche und der Religion vor 50 Jahren in Schirgisrvalde den Katholischen Münnervcrcin ins Leben gerufen habe. Der Pfarr- Eücilicnverein brachte unter seinem Leiter, Lehrer Renner, die Missa brcvis in C für vierstimmigen gemischten Chor mit Orgel und kleinem Orchester von Mo,zart zu Gehör und gab so der kirchlichen Feier eine besonders festliche Note. Am Nachmittag versammelte sich die Gemeinde zunächst nochmals im Gotteshaus zur Feier der kirch lichen Velper. « Ehrenpforten, Fahnennügel und ähnliche schöne Dinge hatte man sich verbeten. Man wollte auch die F c st v e r sa m m l u n g, die gegen^4 Uhr mittags im großen Saal des Erbgerichls begann, unter höhere Ziele stellen. Ihr Verlauf zeigte, daß das durchaus möglich ist, Knrschncrmeistcr P. Kurze begrüßte als Vorsitzender des Jubclvcreins in schlichten herzlichen Worten die große Festver- sammlnng, an ihrer Spitze die zahlreichen Vertreter der Geistlichkeit, unter ihnen Dechant Bö ekel er aus Hainspach als Festredner, fer ner Obcrstudiendirektor L ö b m a n n - Bautzen, Pater Benno O. S. B.-Grüssau, Pfarrer Bo den st ein als Vertreter der Prote stantischen Pfarrgcmeiude Schirgistvalde, sowie Bürgermeister Vogt als .Haupt der Stadtgemcindc. Pfarrer Mott zeigte an Hand der wichtigsten Taten der Vercinsgeschichte, wie un erläßlich und aktuell auch heute noch die Zielsetzung öes Katholi sch e n M ä n n « r v e r e i » s ist, die Adolf Brendlcr vor 50 Jahren ansstellte. Er erinnerte daran, wie in den siebziger Jahren allent halben in deutschen Landen katholische Männcrvereine ins Leben ge- rusen wurden zum Schutz der Kirche, zur Stütze der Gemeinde und zu gegenseitiger Aneiserung der Mitglieder, und wie sich auch in Schirgiswalde im Jahre 1878 44 katholische Männer zu diesem Zwecke zusammenfandcn, Mehr denn je brauche man heute einen büchenden katholischen Männcrverein. Alle Probleme der modernen Seelsorge fänden durch ihn lebhafte Förderung. Das Gefühl der Zu sammengehörigkeit werde gestärkt und das Glück des katkolischen Mannes durch ihn begründet. Der Männcrverein sei der .Hauptver ein unter allen katholischen Standesvercincn einer Psarrgcmcinde. An die alle Fahne solle man heute einen goldenen Fahnennagel hef ten, ans dem als Motto einer neuen großen Aufgabe das Wort cin- graviert sei: „Männcravostolat! " Unsere Zeit brauche nicht nur Männer, sondern Apostel. Die 220 Männer, die am Sonntag hinausgezogen seien nach Filippsdorf, hätten es gekündet, daß der Gedenke des Katholischen Männervereins noch, lebe. Adolf Aren dl er sei einer der weitschaucndstcn Seelsorger der Pfarr- Zu Admürrl Stifters Heinrak Von Johannes Ordulus. Ob es wohl für viele, wie für Peter Rosegger, der 1898 in Obcrplan war, ein Lebcnswunfch ist, die Eeburtsstadt Adalbert Lüsters, und das sie umgebende Land zu besuchen? Das am östlichen Ufer der Moldau, hoch am Berg gelegene Städtchen sagt, trotz der Sommer- und Reisezeit: Nein! als wir, zur späten Abendzeit, über die Moldaubrücke am Bahnhof gehen und, auf einem ansteigenden Weg, nach einer halben Stunde in die Siadt kommen. Eingeborene sitzen vor den Haustüren und plaudern, aus den Gärten dringt heimischer Gesang, und das Laudesinstrument, die Zither, will bis in den Schlaf hinein nicht verklingen und verstummen. Morgens hatten wir irgendwo in den böhmischen Bergen einen Zug versäumt: erwünschte Ge legenheit. um auch, auf den Füßen, die engere Heimat des Dichters näher und eingehender sehen und kennen zu lernen, nachdem wir vorher, auf wochenlangen Wegen, bis au die Grenzsteine seiner Landschaften gekommen waren. . . . Sehen und kennen zu lernen? Mir wußten schon lauge, wie hier die Berge wachsen, die Flüsse und Bäche tal wärts rauschen, die Wälder ihre blauen Rücken heben und aus ihren dunklen Dämmcrnissen tiefe Seen die Augen aufschlagen, wußten, wie hier die Tage und die Nächte sind, kannten den Hütejungen, der auf der Alm im Wald am Stamm eines mächtigen Baumes steht, mit seinem zarten, dunklen Gesicht und seinem runden Hütchen über den Ohren. Er verbirgt sich im Schatten des Baumes, er trägt Sorge, unbemerkt zu bleiben, er regt sich nicht, er kümmert sich nicht um die Wanderer. Ich, der eine, der ihn sieht, denke: so wird vor etwa hundert Jahren der Knabe Stifter gestairden und gedacht haben: „Es tönt ein Echo in meiner Brust, das muß seine Quelle hier in den Bergen und Wäldern haben; wie mach ich es widerklingen? Wie werde ich sein Mund und seine Stimme?" Später sagt er es mit Worten voll Leuchtkraft, Einmaligkeit, Einfachheit; die Formen und der Glan- der Dinge sind so an ihnen, um st« herum, daß sie gemeinde gewesen: bevor man an staatliche Maßnahmen gedacht habe, habe Brendlcr dem Verein auch soziale Aufgaben gewiesen durch Schaffung einer Sterbefürsorg«, die noch heute Segen stifte. Eine Zeitlang habe dann nach dem Weggang Brendlcrs dem Verein der mcitschaucnde Führer gefehlt, der erst mit dem Einzug des Pfarrers Keil ihm wieder zuteil wurde. Unter Pfarrer Keil übernahm Lehrer Rohde die Führung des Vereins, dem später Pfarrer Kr et sch ul c r lange Jahre als geistlicher Beirat treu zur Seite stand. Diesen beiden Männern gelte heute ganz bejonderer Dank. Die Zukunft müsse das vertiefen und verinnerlichen, lvas jene großen Männer ge wollt und begonnen haben. Ein prächtiges Programm für den katholischen Mann ent wickelte auch der Festredner, Dechant P. Böckeler, Kainspach i. D. Er übcrbrachle zunächst die Grüße feiner Pfarrgcmeinde und gedachte der engen geschichtliche» Beziehungen, die das katholische Niederlanü in der Geschichte eng mit Schirgiswalde und Bautzen verbunden haben. Einleitend betonte der Redner, wieviel Mut und Selbstver leugnung es in unserer Zeit verlange, für Christus zu leben. Die Zeiten seien vorbei, wo der Unglaube noch als Staatsverbrechen gegolten habe. Heute spanne man den Gläubigen auf die Folter des Spottes. Und doch dürfe man nicht matt weiden. Es gcke zwar heute eine Freiheit im Unglauben, aber nach der Freiheit für die, die nach ihrem Glauben leben wollen, reife man vielfach vergebens. Die Sittenlosigkeit mache sich heute ans der Straße breit. Es habe eine Zeit gegeben, da umstürzlerischc Ideen als Hochverrat galten. Heute möchte man den Herrgott selber vom Throne stürzen und schon in die Kindcrseclen den Zweifel tragen. Wer heute für Glauben und Sit ten eintrcten wolle, müsse Heldenmut sein eigen nennen, der oft über dem Bekcnnermut der Märtyrer stehe. Und doch sei Christus nicht toi. Er wirke in seinem mystischen Leibe der Kirche, im katholischen Glauben, den der Katholische Männerverein durch 50 Jahre zu seiner Grundlage gemacht habe. In herrlichen Ausführungen zeichnete der Festredner die Größe und Schönheit unseres katholischen Glaubens, zu gleicher Zeit aber auch die hohen Verpflichtungen, die er dem katkolischen Mann von heute auferlegt. Er nannte die Kirche unsere Mutter, die uns Lehrerin ist, wie sich eine bessere nirgends fände, die uns auf jede Frage eine bestimmte Antwort gibt, die uns z. B. durch Leo XIII. in der sozialen Frage die einzig mögliche Lösung gekündet habe, noch che sich die Staatsmänner über das Problem selbst klar geworden sind. Er zeichnete die Mutter Kirche weiter als unsere Führerin, der wir heule weniger denn je enlratcn könnten, und endlich als Helfe rin, die sich stets der Armen und Bedrückten angenommen habe. Und die Schlußfolgerung daraus: Wen» unsere Kirche unsere Mutter sei, dann schulden wir ihr als Kinder Dank und Liebe. 50 Jahre Män- nervercin seien 50 Jahre Glaubensbekenntnis. Die Schulungsarbeit ves Katkolischen Männervereins sei heute ganz besonders vonnöten, um die Verteidigung und bas offene Bekenntnis unseres Glaubens in allen Stürmen zu ermöglichen. Darum gelte es, die Begeisterung dieses Festes hinauszntragen ins Alltagsleben, das für den katholi schen Mann stets ein feierliches Credo sein soll. Von den 44 Gründungsmitgliedern des Vereins lebt nur noch eines, der 78jährige Herr Franz Sie'bert, dessen Ehrung ein besonderes Stück der Vereinsgeschichte lebendig werden ließ. Pfarrer Mott nahm die Ehrung vor. indem er zunächst der Toten gedachte, des ersten Vorstandes des Vereins Peter Hauptmann, auf dessen Grabe man einen Eichen kranz niedergelegt hatte, des seligen Adolph Brendler, der auf dem Inneren katholischen Friedhof in Dresden begraben liegt und all der anderen, die dahingegangen sind. Pfarrer Mott gedachte in herzlichen Worten der 50jährigen Treue des einzigen noch lebenden Gründungsmitgliedes. Man überreichte ihm ein goldenes Myrtensträußchen und eine ebenso sinnige, wie prak tische Ehrengabe. Tief ergriffen dankte der Geehrte. Dem Vereine selbst wurden nicht minder herzliche Glück wünsche dargcbracht. Von allen Seiten kamen die Gratu lanten. Auch sie brachten praktische Festgaben, Spenden für Sächsischer Jenlrumsparteilag Am Sonntag,den 18. September findet l» Chemnitz ein außerordentlicher Parteitag der Sächsi» fischen Zentrumspartei statt. Das Hauptreserat hat der Vorsitzende der Deutschen Zentrumspartei, Reichs kanzler«. D. Dr. WilhelmMarx übernommen. — Die Verhandlungen des Parteitags beginnen 11 Uhr vor mittags im Saale des Meistereck, Rathenaustratze. Tagesordnung: 1. Die politische Lage im Reich. Res.: Reichskanzler a. D. Dr. Marx. 2. Zentrum und Katholizismus. Res.: Pfarrer Wilhelm Beier, Leipzig, 3. Aussprache zu Punkt 1 und 2. 4. Die Lage der Partei in Sachsen. Res.: Regierungsrat a. D. Dr. Flügler» Dresden. 5. Aussprache zu Punkt 4. 8. Verschiedenes. Aufgabe des Parteitages soll es sein, die Erfahrun gen der letzten Wahl auszutauschen und praktische Folge rungen zu ziehen. Es wird erwartet» daß alle Ortsgruppe» Delegierte entsenden. Der Saal des Meistereck liegt 10 Minuten vom Haupt, bahichof Chemnitz entfernt; er ist bequem zu Fuß zu erreichen: Carolastraße, Königstraße, Rathenaustrabe. Oder mit der Straßen bahnlinie 10, die Rathenaustraße hält. das Altersheim, das der Iubelverein seit 192« unterhält. Es ivar eine Freude, zu hören, wie die verschiedensten Vereine durch die Förderung dieser großen sozialen Aufgabe ihrer Glück, wünsche sich entledigten. Wohl alle Ortsvereine waren vertreten: die freiwillige Feuerwehr Wunsches Erben, der Turnverein, die Schützcngesellschaft. der Rad fahrverein, der Männergesangverein Harmonie, der katholisäze Gesellenverein, der Iünglingsverein, der katholische Frauenverein und Iungfrauenverein. brieflich die Freiwillige Sanitätskolonne, der Militärverein, der Verein ehe maliger Oesterreicher und der Männergesangverein. Von aus wärtigen Vereinen sprachen ihre Glückwünsche aus der Män nerverein Dresden-Löbtau, Katholischer Dolksverein Pirna. St. Bennogemeinde Meißen, die katholischen Kasinos von Königshain, Ostritz, Bischofswerda und Zittau, der Katholische Verein von Wilthen, Katholischer Männerverein Hainitz: brief lich Katholisches Kasino Kamenz, kotholisäze Männeroereine Freiberg und Dresden-Cotta, Katholisches Kasino Seitendorf. Vom hochwurdigsten .Herrn Bischof war ein Glückwunsch telegramm eingelaufen. Ebenso vom Katholischen Arbeiter verein Dresden-Ost, vom Katholischen Männerverein Greiz, vom VolkÄbund Schiuckenau und vom Katholischen Männerverein Reichenau. Auch die Stadtgemeinde Schirgiswalde sprach durch Bürgermeister Vogt herzliche Glückwünsche aus, der ebenfalls eine Gabe kür das Altersheim überreichte. Besonders beifällig wurden die Glückwünsche und eine Festgabe des evangelischen Männervereins ausgenommen, die Pfarrer Bodenstein über brachte und die Zeugnis von dem aufrichtigen Freundickzafts- verhältnis der beiden Konfessionen am Ort ablegten. Pfarrer Bodenstein wies auf das schöne Vorbild des Katholischen Männervcreins hin, das erst in der protestantischen Gemeinde die Eckzosfung eines ähnlichen Vereins angeregt habe. Dem Altersheim wurden insgesamt rund 500 Mark zugewendet. Bliebe noch der künstlerische Rahmen der Festver sammlung zu erwähnen, der außerordentlich befriedigte. Den .Hauptteil der musikalischen Darbietungen bestritt die Stadt- Kapelle Schirgiswalde unter Lehrer Töppels Leitung, di« mit Werken von Bellini, Strauß. Osfenbach, Kretschmer, Wagner und Waldteufel Zeugnis von hohem künstlerischen Können ab legte. Nicht minder aber trug auch der P fa r r c ä c i lien verein unter Lehrer Renner zum Verlauf der Festversamm- lung bei. Erwähnt sei nur die hervorragende Darbietung von W. Sturms „Festgesang" und von Niels Gades „Wasserrose", Die Veranstalter dürfen sich dieses würdigen Festes, an dem die ganze Stadtgemeinde Anteil nahm, von Herzen freuen. Es ivar ein schöner Auftakt für die neue Arbeit des Iubelvereins im zweiten halben Jahrhundert seines Bestehens. sich von ihnen nicht mehr unterscheiden. So müssen wir jeden Fels wiedererkennc», den Grashalm, Len Schalten, jedes Tier und jeden Menschen. Wir kennen ihre Herkunst, ihre Ge schichte; die zieht sich nicht an einem langen Faden dahin, sie lebt in den Menschen fort. Wie sie im „Witiko" waren, leibhaft, seelbast, menschlich spürbar, so gehen sie jetzt, Slawen und Deutsche. Bei jedem Schritt wird uns klar, wieviel stchantasie der wahre Dichter entbehren kann; jeder Autor von utopischen Romanen würde ihm den Rang ablaufen. Von Wilhelm Scherer stammt der Satz: „Alle Poesie ist Stümperei, welche nicht das umgebende, augenfällige, greifliche, fühlbare Leben zu gestalten weiß." Man ist zur Erholung ran Arbeit und Krank heit hier uird man erlebt solche Wahrheiten! * Der Wirt im Erünwebcrhause bedient in Hemdsärmeln die Gäste. Wenn alle versorgt sind, setzt er sich in eine Ecke der ge täfelten Wände und zupft die Zither. Karren fahren durch das gewölbte Tor des alten Easthoss. 1828 kaufte von dessen Liegenschaften der Scifeiisieocr Franz Stifter fünf Grundstücke. Jetzt lebt ein Viehhändler des gleichen Namens am Ort, dann noch eine ältere Dome, die Nichte des Dichters. Wir hören den Gesprächen, den Gesängen, dem Gelächter der kommenden und gehenden Gäste zu, hören ihre Niste, ihre Freuden. In den Ein- lsitungsrapiteln des „Witiko" und der „Narrenburg" stehen solche Wirtshausszene». mit ihren Derbheiten uird Lustigkeiten, ihren Freund- und Feindschaften, Fragen, Auskünften, Spöttereien: Worte gehen von Tisch zu Tisch, aus denen sich, morgen, übermorgen, Leben herauswickeln wird, wie aus jenen die heiteren oder düsteren Tatsachen der Erzählungen. Am Morgen fahren Hcuwagen über den stillen, rechteckigen Marktplatz. Auf seiner ansteigenden Fläche stehen regellos Ulmen Kastanien, Linden. Drei Brunnen giessen ihr Wasser aus. Der untere ist der größte, ein hohes, achteckiges Becken, der mittlere, kleinere hat würflige Form, der obere ist nur ein langgestreckter Trog. Uebcr den Brunnen steht die Steinfigur eines Heiligen. Die Kirche begrenzt die obere Schmalseite des Marktes. Eigentümlicherweise zeigt sie nicht die Fassade, sondern di« Wand des südlichen Längsschiffcs. keine Krönun»dc, steigenden Platzes, aber ein Abschluß voll eindrücklicher, be scheidener Ruhe. Stifters Geburtshaus liegt in einer Seitengasse, nach hinten gerückt, verborgen. Es ist einstöckig, die Tünche ist irisch aufgetragen und blendend weiß, die Schindeln auf dem Dach haben die schlichte graue Moosfarbe des Alters. Die Dachrinne ist ein langer, halb ausgehöhlter Fichtenstamm, wie überall im Böhmerwold. Das Haus gehört der Gemeinde, es ist bewohnt, Erinnerungsstücke an den Dichter birgt es: aber die Lokalitäten, die Zimmer, der Hof mit der Holzgalerie, der Vorplatz mit Stein, Trog und der Pumpe aus Holz sind die selben seiner liebevollen, warmen, ergreifenden Schilderungen. Erinnerimgsstücke gibt es im Böhmerwald-Museum, das oberhalb der Kirche vor einem Park liegt. In einem Zimmer sind sie aufgestellt und hingelegt: Stifters Bett, sein Spinett, die Staffelei und die Palette, und außer diesen, an solchen Orten üblichen Dingen, auch der blarike Zylinderhut, den der Herr Schulrat auf seinem mächtigen Bauernschädel trug, wenn er auf Inspektionen ging. Handschriften sind zu sehen und Konterfeis von ihm, die mir neu und überraschend sind; denn die Titelbilder der meisten Ausgaben zeigen ein behäbig breites, biedermännisch griesgrämiges Gesicht, den Schulrat, wie er leibt und lebt. Hier stehen Augen unter der hohen Stirn, die scharf sehen, fernsichrig und ein wenig verachtend; festgeschlossene Lippen gehen streng, in einem nach unten offenen Bogen, in die Mundwinkel. Nach der Totenmaske zu urteilen, ist später auch von der Breite und Fülle des Gesichts nichts mehr ge blieben; cs ist nur noch Geist und Härte, jene asketische Härte des Künstlers Stifter, die cs ihm gebot, mit Arbeit das Leben zu bezahlen und nicht mit dem Ruhm. Neben den Hand schriften und Briefen liegen Erst- und andere Ausgaben der Werke, z. T. mit Kupfern von Richter. Auch die sechs blauen Bände der Insel find da, die verdienstlichste und wichtigjre Buchpublikation in den expressionistischen Wirren nach dem Kriege. Hier war festes Land. Im Park steht, am höchsten Punkt der Stadt, das Stand- bild Stifters. Er lehnt an seinem geliebten Granit und schaut