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Sächsische Volkszeitung
- Erscheinungsdatum
- 1928-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192808116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280811
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280811
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-08
- Tag 1928-08-11
-
Monat
1928-08
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung
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«.mm. « Sächsische Bvlkszeilunq « Turnvater Jahn Zu seinem 1SV. Geburtstag am 11. August Der 11. August, der Ton des 150. Geburtskages des großen Friedrich Ludwig John, gibt Veranlassung, sich mit dem Wollen Jahns, dem Wesen seiner tnrncrischen Bestrebungen, sowie mit der Entwicklung zu befasse», «die das Turnwesen und die Leibes übungen überhaupt genommen haben, seitdem Jahn als erster den Ruf der Sammlung erschallen ließ und das turnerische Werk auSbautc. Jahn ist natürlich nicht etwa der Begründer der Leibesübun gen überhaupt, und er hat auch durchaus nicht das Turnen als etwas vollständig Neues, bis dahin Unerhörtes, ins Löben gerufen, seine Eigenart liegt auch weniger im rein Technischen als in -er Idee, die er mit d-er von ihm geschaffenen turnerischen Ein richtung verband. Es gab eine Zeit, da trieb man die Leibesübun- gcn im wesentlichen aus Frercke a» ihnen, aus einem natürliche» Ncwegungsdrang heraus, oder um dein Triebe der Sekbsterhaliung Genüge zu leisten. Jahns großes und mwcrgängsiches Verdienst ist es, daß er sie zu einem Volkserziehungsmittel inachte und damit der Gesamtheit -es Volkes zugute kommen ließ. In dem Streben, hem da ni oderlieg enden Vaterlands ausivärts zu helfe», will er vor allem hie Jugend begeistern und sie mit dem großen Ziel der Einigung Deutschlands und iw besonderen mit der Notwendigkeit der Befreiung Deutschlands von den napolconischcn Fesseln vertraut machen. Nur ein starkes, hin- gabcsrcudipes, sittlich gesundes und körperlich tüchtiges Geschlecht kann nach seiner Auffassung dieses Ziel erreichen. Der werden ihm denn die Leibesübungen Mittel zum Zweck, und in diesen, Geiste und mit dieser Absicht begann er sie auf dem Turnplatz in der H « s« nheidc. Jahn selbst hat die Namen und die Bezeichnungen der von ihm betriebenen turnerischen Hebungen erfunden und volkstümlich gemacht (die Wortprägung „Volkstum* stammt übrigens auch von ihm). Die Eigenart seines Turnens an den Geräten schuf lieblingcn, die man bis dahin noch nicht kannte. Das Reck und der Narren eroberten sich bald große Anhängcrfcliaft, und sie wurden im Verein mit dem schon Jahrtausende alten Pferd hie Hauptgeräte des deutsche» Turnens. Jahns Turnen ,var aber nicht nur Geräte turnen, sondern vielseitig, und daher pflegte er denn auch das Tunispich die ilcbuugeu des Laufes, Sprunges und Wurfes, das Fechten und das Wandern, und er faßte das Turnen so weit, haß er in ihm de» Inbegriff und die Zusammenfassung aller Lcibes- Übunpen überhaupt sehen wollte, .den» er beabsichtigte, ihm auch das Segeln, Rudern, Reiten und anderes mehr einzuglicdcrn. In seiner Eigenschaft als Begründer des Turnens wird er auch zum Tnrnschrislstellcr. Durch das von ilim im Verein mit seinen, Sckülcr und Freunde Eisclen verfaßte Auch „Di« deutsche Turnkunst" das 1816 erschien, schuf er die Grundlage und den Ausgangspunkt der turnerischen Arbeit. Diese Schrift ist sicherlich diejenige, hie den nachhaltigsten Eindruck hintcrlasscn hat; schom vorher hat!« er ein Buch erscheinen lassen, daß die Aufmerksamkeit der Oefscntlichkeit erregt hatte: „Das deutsche Volkstum", das im Jalre 1810 in Lübeck erschien. Neide Werke tragen in ihrem Wollen und Ziel gleichen Charakter. Das eine wertet das Turnei, aus als Volkserziehunigs- niittcl mit dein Zwecke, daß das Turnen den Weg bereiten soll jür den deutschen CinhellSgcdankcn, das andere gibt Mittel und Wege, wie daS deutsche Volk zu deutscher Gesinnung erzogen werden könne, und welche Acndcrungcn „nid Einrichtungen im Staats wesen und Volksleben notwendig seien, um den, deutschen Volke wieder aufzuhelfen. Der Höhepunkt des Wirkens und auch des Ansehens des Turnvaters liegt in den Jahren 18V7 bis 1818, er umfaßt also nur eine verhältnismäßig kurze Spanne Zeit. Was er vorher getan und erlebt lral, das war Vorbereitung; seine Wirksamkeit aber von 1807 bis 1818 stellt ihn mit Fug und Recht in >die Reihe der Männer, die die Geschichte gls die Befreier Deutschlands und Vorkämpfer einer neuen freiheitlichen Gestaltung Deutschlands nennt. Nach 1818 ist er im wesentlichen ei» Mller Mann, wenn er auch erst 1852 die müden Augen zur ewigen Ruhe schloß. Fünf Jahre kämpfte er als Festuugsgesangener den Kamps um seine Recht fertigung, dann wurde er frcigcfprochen, mußte aber in Frey- burg an der Unstrut und Cöllöda unter Polizeiaufsicht leben. Und wenn ihm mich 1842 Friedrich Wilhelm der Werte durch .Aus hebung der Turnspcrre und durch äußere Anerkennung seiner Ver dienste in jeder Hinsicht wieder in seine Ehrenrechte setzte, so Mob er doch ein gebrochener Mou», der wohl gelegentlich noch schrift- stellcrte, aber doch wohl niemals wicher den großen Schwung seiner Mannesjahre fand; und als ihn das Vertrauen seiner Mit bürger zum Abgeordneten in die Deutsche Naiionalversainmlung 1818 nvch Frankfurt ani Alain beries, da trat er wohl noch einige Male für seine Gcdankengänge ein, im gauzen aber hat er gurk, hier nichts erreichen können. So ist er denn als stiller Mann 1852 in Freyburg an her Unstrut gestorben, wo er auch begrab«,, liegt. Die Deulsche Turnerschost hat ihm dort sein Wohnhaus, das Jahn Haus, erhalten mib ihn, zu Ehren eine Gedacht,nishaKe, ein Jvh nmusc um uiü> eine» Iah »Platz erbaut. Auch werde» dort alljährlich Wettkämpfe abgehalten. Die Turner feiern Iah« Der 150. Geburtstag des Turnvaters F. L. Jahn am 11. August wird in allen deutschen Turnvereinen und auch wett über «die Grenzen Deutschlands hinaus überall da. wo herrische Turn vereine kdstchen, festlich begangen werden. Die größte und ein- drnckvollste Feier war zweifelsohne das 14. Deutsche Turnfest in Köln, das unter der Teilnahme von 200000 Turnern und Turne rinnen aus ganz Deutschland zu einer genxiltigen Kuwdgebung für den deutschen Turngedanken, das deutsche Turnen und den Be gründer des deutschen Turnens Friedrich Ludwig Jahn gestaltet wurde. Es konnte nirbts Gewaltigeres geben, als wenn vor allicr Oeffentlichkcit bargeivn wurde, welche Ausmaße das deutsche Tur- Ergebnisrerche Beratungen Die diesjährige Jahreshauptversammlung des Verbands Katholischer kaufmä nni'scher Vereini gungen Deutschlands lxtt vom 2. bis 5. August in K arlsr -u h e stattgesunden. Die Versammlung hat durch die besonders eingehende Behandlung der Not der deutschen Grenzlande ein außergewöhnliches Gepräg« erhalten. Immerhin blieben den be ruflichen und inneren Verbandsangclegenheiten drei halbe Tage Vorbehalten. ErMclwf Dr. Earl Fritz (Frciburg) feierte am Schluß tage der Versammlung, am Sonntag den 5. August in St. Stephan das Pontifikalamt innerhalb des vom rührigen Ortsverein Fidcli- tas vorbereiteten großartige» Rahmens und nahm dann an hem Festakt im großen Saale der Festhalte teil. Der Taguirgsprä'sidcnt Senator Fuchs konnte unter den Ehrengästen auch das Verbandsmitglied Justizminister Dr. Trunk begrüßen, und aus den ungemein zahl reich ei,'gegangenen drahtlichen und brieflichen Stzmprttlrieknndgehnn- gcu sollhc des Nunzius Pacclli (Berlin), Nnuziüs Albert (München), Ministerpräsidenten Dr. Held (München), der Kar- dinäle Schulte (Köln), Bertram (Breslau), des Bischofs von Meißen DDr. Schreiber und vieler Bischöfe u-sw. hcrvorhcben. An den Papst wurde ein ErgebenhcitStclegmmm gesandt. Sodann erweiterte mau den Leitgedanken der diesmaligen Tagung durch eine Kundgebung für die katholisch«,, Ausländsdeutschen- Der verdient« Geschäftsführer des NeickMcrbaiidcs für hie Katho lische» Ausländsdeutschen, Studienrat Dr. Ludwig Schade (Ber lin), sprach Meter gespannter Aufmerksamkeit über Probleme des katholischen AuslaiDsdeulschimms. In der Vorkriegszeit habe auf katholischer Seite der KKV. als einer der ersten Verbände die Für sorge für das Auslandsdeutfchtum in die 'Hand genommen. Zu erinnern sei an seine Gründungen in Paris, London, Brüssel, Antwerpen, Barcelona. Auch in den deutschen Staaten (Sch,reiz und Oesterreich) entfaltete er eine segensreiche Wirksamkeit. Zimr Glück hätten auch noch dem Versailler Vertrag in -ei, abgetretenen Gebieten die KKV-Verein«, wo cs eben möglich ivar, der Heimat die Treue gewahrt. Eine spezifisch katholische Ihn Slaird Ahe trenn ng fei notwendig, zumal sich die interkonfessionellen Verbände der eigentlich seelsorgcrischeii Fragen nicht annähmen und es nicht könnte». Wie in der Heimat die Kulturarbeit auf konsefsioneller uen allgenommen hat, uich welch große Anhängerschaft es besitzt; das war die würdigste und best« Feier und zugleich der Beweis für den sieghaften Aufstieg des deutschen Turnens. Mer darüber hinaus wird auch der Geburtstag selbst, der 11. beziehungsweise 12. August, »och eine große Anzahl turnerischer Veranstaltung«,! bringe», die die Erinnerung an den Turnvater wachrusen. Fast in ollen deutschen Turnvereinen wirb in irgend einer Form des Turnvaters gedacht, und viele Gaue und sogar Kreise der Deutschen Tnrnerschast veranstalten besondere Erinnc- rungsfeiern, in deren Mittelpunkt eine Ehrung Jahns steht. Ganz besonders wird das Auge wieder aus die Jahnstütlen gerichtet sein, die mit dem Lebensschicksal ,hes Alten im iOarte" besonders verknüpft sind So bringt die Deutsche Turncrichaft selbst in Frevburg an der Unstrut, dem langjährige» Anfenthalteort des Turnvaters, wo er auch begraben liegt, ihr alljährliches Jahn wetturnen zum Austrag, an d«»> Vertreter aller deutschen Turn- kreise teilnehmen. Das Jahngrab mit der Jahnturnhalle. daS Jahnmuseum, das Jähnhaus und der Jahnturnplatz werden das Ziel der Wallfahrt von Tausenden von Turnern und Turnerinnen werden. Auch im Geburtsorte Jahns wird man in würdiger Weise des großen Turnvaters gedenken. ZoUreiche Wettkämpfe sind den, Gedächtnisse Jabns geweiht. Biel« Jahndenkmälcr und Jahnsteine »»erden errichtet, Jahngedüchtiiisläufc kommen zum Austrag, ernste Feiern, in deren Mittelpunkt ein Bortrag Mer die Persönlichkeit n»d das Wirken von Iah» steht, kommen zur Durch führung. Viel« Vereine veranstalten auch Schauturnen, Umzüge, Jahnschwimmen. Auch werden von inaneben Vereinen Jahneichen gepflanzt, oder Jahnplätze uikd Jalmlurnhallen geweiht. So steht dien» die Jahnfeier im Zeichen tätiger turnerischer Arbeit, im Geiste des Turnvaters, und überall legen damit viele Tauende das Bekenntnis zu dem Wolle» und Wirken des Turnvaters ab. Das ist die schönste und würdigste Ehrung, die ihm zuteil werden kann. Grundlage ausgebaui ist, so müsse es u», io mehr der Fall sein in den schwierigen und sch trank enden Vcrlxiltuissen des Auslandes; das wurde an einer Reihe von Mißgriffe» begrüidet. Als zwei tes Problem behandelte der Redner das Verhältnis des deutschen Gxistvolkcs zu», fremde» Wirlstaat rud legt dar, wie verderblich z» nnscrn, Unglück die heute noch vielfach bochbewertcte Hcgelsche Theorie vom Staat sich auswirke. Zum Völkerbund übergehend, führte er aus, daß von ihm »ach der bisherigen Erfahrung die bedrängten Deutschen nichts zu erwarten hätten. Das werde erst anders werden, wenn in ihm der Kirche und ihren ewigen sittlichen Normen Hausrccht ei,'geräumt werde. Im Anschluß hieran streifte er das Problem Kirche und Minderheiten. Die Kirche gehe seit Anbeginn als solche den geraden Weg des Rechtes; dies werde immer so bleibe», wie der Heilige Vater noch vor keinem — auf Südtirol anspiclcnd — deutschen Kirchcnftirsten gegenüber geäußert hat. Ferner behandelte der Redner die in den Oftstaate» akute Studcntcnfragc.. Mit einem Appell an die einzelnen Mitglieder und Lolalvereine des KKV-, den Reichsverbiand nach Kräften zu unterstützen und ihm beizutreten (Anschrift: Berlin TW- 11, Königgrätzcr Straße 61), schloß der Redner seinen mit lebhaftem Beifall aufgenommcncii Vortrag. Erzbischof Dr. Earl Fritz gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß der Verband KKV. seit der Mannbeimcr Tagung vor sieben Jahren nach innen und außen gewachsen sei. Ins besondere habe die Jugend den bobcn Wert seiner Ideale erkannt, di« sich mit de» Worte,, „christliche Dürgertugeiid" zuf.'.mmensasscn ließen. Dem Bürger im christlichen, katholischen Geiste sei der Staat die Lebens gern einschast, deren Wohlergehen ihn angeht, deren Ansehen und Ruhm einen Teil seiner Ehre ausmacbt und deren Leid eigenes Leid darstellt. Dann erläuterte der hochwürdigste Redner den Berufsgedanke„ des christlichen Kauf mannes für sein Wirken in der Familie und im Geschästsleben. Tie Ausübung des Berufs betrachte er als Dienst am Volke, dem er die zum Leben notwendigen Güter preiswert vermittelt. Ihm gelte als Gewinn nur der Preis redlicher Mibe und Arbeit. Warten lönnen, ober dann die gute Gelegenheit nicht durch Ge- nuichlichkeit verpassen! DaS sei ei» Vorbild und ein großer Nutzen für das ganze Volk. » Aus d«r auf dem Verba,ckslag erledigten reichen Fach- arbeit kann hier mir weniges angedcutet werden, lieber Wirtschaft?- und Steuerpolitik referierte der Vorsitzende des für diese Gebiete eingesetzten Aus schusses, Eidmaiin (Berlin). Er ging dabei von den Wahlen Der Derbandslag -es KÄB. Ludwig Jahn über die Dolkserziehung Der .Demant wird nur durch den Demant geschliffen, ebenso nur durch Volkserziöhung das Volk erzogen. Unter den Völkern sind jetzt erbliche Ueböl, sieraren es nicht von Anbeginn, so können sie einst aushören. Ein ,Höilu>rgSvcrstchren von Grund aus ist «in der Volkscrzichung gegeben. Cie inrpft nnt Schutzstoff den alten Stamm, läßt ihn fonder Gefahr die Keime aller künftigen Seuchen verlieren, zieht im Volk eine neues veredeltes Volk auf. Volks erziehung soll das Vorbild eines vollkommenen Menschen, Bür gers und Volksgsicdcs in jedem Einzelwesen verwirklichen. Auf alle natürlichen, geistigen und sittkichen Bedürfnisse.»ruß sie Rücksicht nehme», mit ihnen sich zu einem rechten, rvahren und schönen Lolkstumsgcist erheben und so als ein freies selbständiges Werk in die Ewigkeit hin gebaut sortdanern. » Erziehung ist der Menschheit Edelstein, nur de» AuScrwählten wand sie zuteil, allgemein war sie »och niemals. Sie, die jeden, Menschen am nächsten siegt, von der jeden,«,,», spricht, in die jeder mann pfrfchcrt, ist das Allcriinbekannteste. Wenige Menschen sind wirklich erzogen, noch wenigere können erziehen. Bloße Versuch« aufs Geratewohl stich in der Erziehung ge fährlicher als in der Hcillimst. Hier geht im schlimmsten Urlle nur das Dasein verloren, dort das Leben. Der ungeschickte Arzt begräbt seine Schande, cs wächst Gras darauf, nmn vergißt sie und ihn. Ten gewissenlos«» Erzielter- klagen die Raben steine an und die Zuchthäuser und Erbsünden, .für welche bi« Weltgeschichte Mn« Vergebung Hai. Unerläßlich bleibt die Erziehung zum ivahrcn Menschen, zu einem vernünftig denkende», menschlich fühlcickcn und selbsthan- delndcn Wese». Nur die einträchtig»: Ausbildung des gesamten Mensch,e» bewahrt vor aller und jeder leiblichen und geistigen Ver krüppelung und Verzerrung. Wehe der Erziehung, die sich zu Ab- richiuugshandgriffcn erniedrigt und mit Pfuschergewalt in die Nainr greift, statt vermittelnd oinzugroifc». Es ist koine Menschen- bildnng. wenn das Einzelwesen auf Kosten geistiger Bedürfnisse staatsbürgerliche Fortschritte macht, der Geist z,mi Schaden und Nachteil der Kraft und Gcflundhoit hochflisgt, und eiidlich der Kör per nur auf Unkosten des Geschumcks piid der Menschlichkeit auf gut tierisch besteht. Der Bann, wächst von unten hinauf, der Staat vom soge nannten Volk oder großen Haus«» in die Höhe. Veredelte Stürm«e pflanzen sich nicht wieder veredelt fort, man nmß bei ihren Ab kömmlingen ebensogut wicher in der Baumschule anstmgen. Im Volk oder gemeinen Mann artet die Urkraft des Volkes nach; so hat jedes Feuer imm«r unterwärts seinen Herd. Politur ist nicht Kultur und Uebcrbildnng ein Sodomsopscl von lieblicher Äußerlicher Gestalt mH innerer Asche, so iu die Augen fliegt. » Kunstgefühl, Goschrimck, frühe Bildung des Schönheitssinnes, Achtung für Werke der Kunst und des Fleißes müssen schon aus den Schulen hervorgehen. Das Gute, Wahre, Rechte .und 'Schöne kann man nie früh genug lernen — ja nichts übcrtoifft die Mftcht des Bcisftelks und d«r Gewohnheit. Nie dürfen .die Schulen Mistbeete »es Ungefchmackes bleiben, denn Schrchzeit ist das Vor- derlcben. Der Staat muß Einrichtungen machen, daß seine Staats bürger sich ,,,'b ihn kenne» .lernen, und gesetzlich bestimm«,,, daß sie es solle». Kein Kind darf die Schule verlassen, ohne dos Not wendigste, das Unentbehrlichste von seinem Vaterlande zu wissen — «in« Art Stautskatcchismus. Gehen. Lausen, Springe», Werfen und Tragen sind kosten freie Hebungen, überall anwendbor. umsonst »ne die Luft. Diese kann der Staat von jedem verlange», von Armen, Mltebcgütexten ,»rd Reichen, denn jeder hat sie nötig. Meilern, Steigen, sich im Gleichgewicht Hallen sind äußerst wohlfeil, daß sie mit gcrin - ja unbedeutender Ausgabe des Staates überall in Gang gebracht wer den könnte». Berge »nd Felsen zu erklimmen ist freilich nur in Gebirgsgegenden zu üben, aber da sollte es dann auch nicht unter bleiben. Schwimmen müßte «ine Hauplkunft des flußreichen Deutsch, laud sein. * Jed« Turnonstakt ist cün Tunnnclplatz leiblicher Kraft, «ine HnverSschulc männsiche, Rin»fertigk-it. -in Weitplan d«r Ritter. lichkeit, Erziehungsimchhilfe, Gesimdcheitspftege und öffentliche Wohltat, sie ist Lehr- und LernanMt zugleich, in einem steten Wechsel getrieben. «- Die Turnkunst soll hie verloren gegangene Gleichmäßigkeit der menschlichen Bildu,»g wiederhc«stellen, der bloß einseidiDtn Vergeistigung di« wahre Leibhaftigkeit zuordnen, der Uebcrseine- ruug in der wiodergewonnenen Männlichkeit das notwendige Gegen gewicht gehen, uiid im jugendlichen Austmimenlvben den gonze« Menschen umfassen und ergreifen. Ringen um Zeitprobleme Walter Bloem, vor dem Kriege bekannt als Verfasser t-mperamentvoller, vielgelesener Romane, im Kriege unerschrockener Frontsokdai, hat kurz vor Vollendung seines sechsten Lebensjahr- zchnts eine Weltreise unternommen Durch Rußland, Sibirien, China, Japan, Austmlien und Amerika. Die geistige Ernte dieser Reise legt er jetzt vor in einem Bande mit dem Titel „Welt- g e sich t" (Grethlein u. Co., Leipzig; geb. 9 M). Kein Reisebericht im gewöhnlichen Sinne. Keine crnnidcnd« Aufzählung von Einzel heiten. Sondern rin Versuch, von der Oberfläche aus tiefer zu drin gen. Zrmr Wesentlichen. (Än Versuch, den Sinn, der linier den Dingen steckt, zu erfassen. Das schwer zu enträtselnde Gesicht zu er kennen, das die Welt heute angenommcn hat. „Die Schicksalsftraße der Menschheit" — so nennt Bloem den Wog, den seine Reise äbg«schritten Hot. Von Rußland aus, mit sei nem gigantisch«» Versuch einer völligen Nvufchöpsting von WirtsäM! und Gesellschaft. Durch den senken Osten, in dein unter »»säglicheii Wehen eines langen Bürgerkrieges öin starker Nationalismus sich durchsetzt. Hinüber ,«ach Amerika ,mt seiner überwältigenden Fülle industrieller Leistung, seinem Optimismus, seinem Wille», eine geord net« Gesellschaft glücklicher Menschen zu schaffen. Dieser ganze Weg aber ist im Grunde nur ein Umwog: durch den Vergleich mit den großen Bildern anderer Killturen gewinnt der Weltreisende Worin ein klares Bild der eigenen Kultur. Er bejaht seine Nation als eine Gemeinsamkeit der Ideale, und er sieht diese Ideale inünden in einem Bekenntnis zur Menschheit. „Die kommeiide Kultur wird Mcnfchhcilskultur sein." Vlocms letzt« Schlüsse erscheinen uns u,H«mein kühn. Den noch sr«u«n wir uns de» Buch«S, da« an vtelen Stellen wesenlltch«
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