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Nummer 182 — 27. Jahrgang «richemi sniat wSch-nti. mit den Illuslr. Gratisbeilagen .Die «eil' „nd .gllr „»'»re Neinen Leute', iowie den Textbcilagen ,k>. Lenno-Biatt', .lliiterhaliimg und Wissen'. .Dte Welt der grau'. »Aerzttiiver Ratgeber'. .Das gute Buch' .Mmrund. ichau». Monatlicher BezngSvreis 8 Mk. elnschl. Bestellgeld. ktn,»lnimimer I» ,s. Sonnabend, u. Sonnlagnnmmei SV ^s. .r>m,vtlchr>ltlelter: D«. w. DeSezvk, Dresden. Sonnabend» den 11. August 192« >ve»lagSorti DrrSd«,, «««eigenpretse, Dte igeivaltene Petitzeile »0 Fmnilien» anzelgen u.Stellengesuche 20 Dte Petitrellamezcil«. 89mm, breit. I Für Anzeigen mitzerhalb de» Verbreitungsgebiete« so ^ dtePelttreklamezetle t.NOX. Offertengeb.20 4. Im Fall», HSHerer Gewalt erlischt iede Verpflichtung auf Lieferung ioww Erfüllung v. Anzeigen.AustrSgen ». Leistung v. Schadenersatzes Geschäftlicher Teil Art«« Lenz. Dresden «SeschliftSftelle, Druck «.Verlag > Germania, A.^A. ilir Verlag und Druckerei. Filiale Dresden, Dresden-«, t. Polierstraszelll. FernriiiSIVlS. Postlcheckkonto Dresden 2708. Banlkonto Etabtbaur DreSbe» Rr. 91719 Für chrtsNiche Poltkik und Kultur »tedaktton der Lüchstscheu Volks,ettnna DreSden-Mtstadi 1 Polierstratze I?. Fernru« 2Mtt »nd 21019. M MUMM illl W In Berlin Formen der Demokratie Gedanken zum Versassungstag. Von Dr. Heinrich Vockel, Berlin. Die Verfassung von Weimar ist geschichtliche Wirklichkeit, sie ist das Ergebnis eines politischen Eniwicklungsprozesses. der durch das tragische Geschick des Krieges und des Zusammenbruches im Jahre 1918 19 beschleunigt zum Abschluss gebracht worden ist. Die Formulierung der Verfassung ist deshalb im Grunde nur ein Festhalten des geschichtlich Gewordenen. Diese Erkenntnis wird tun so klarer, wenn man sick in das E n t st e h u n g s j a h r der Verfassung zu- riiu.denkt. Die Statuierung der Verfassung war von den politischen Kräften der in die politische Vergangen heit versunkenen Verfassungsform kaum umkrampft, Gegner der Statuierung waren diejenigen politischen Kräfte, die die Weimarer Verfassungsform übersprin gen und eine neue „revolutionäre" Form anstrebten. Dah, die Verfassung von Weimar einen geschicht lichen Abschluß einer politischen Entwickluugsperiode .--erstellt, beweist auch die Tatsache, daß die Anläufe gegen die Weimarer Verfassungsform fKapp-Putsch,' Hölz-Auf- ruhr, Hittler-Putscbs nur der Ausdruck eines durch natio nale und materielle Bedrängnis geschaffenen Augen- blicksIustandes, nicht aber einer tieferen politischen Wei terentwicklung der Nation waren. Darum haben diese Anläufe die Weimarer Verfassungsform nicht ernsthaft bedrängen können. Wenn man von den Einzelheiten des Verfassungs werkes absieht, so ist das Merkmal der Befassung die Errichtung der vollen politischen Demo kratie. Die Demokratie ist ohne Zweifel die ent wickeltste politische Form eines Kulturvolkes. Höhere Formen sind weder in Rußland, noch in Italien, wo man die Form der Demokratie abgelegt hat, erreicht worden. Tie Weimarer Verfassung legt im einzelnen die Formen der Demokratie fest, insbesondere legt sie die parlamentarische Demokratie fest. Während der Gedanke der Demokratie, des „Volksstaates" nicht ernsthaft umstritten ist, sind die Formen der Demokratie Gegenstand des lebendigsten Kampfes. Man hat das Gesüh!. daß in der Weimarer Verfassung die Formen einer wesenhaft deutschen Demokratie nicht gesun den sind, daß vielmehr Geist iwd Begriffe liberaler Ge- sellschastsausfassungen. die auch anderen Nationen eigen sind, den formalen Verfassungsbestimmungen zugrunde liegen. An der ernsthaften Klärung dieser Erkenntnis sind vorwärts strebende Kräfte verschiedenster politischer Richtungen am Werke. Forma'demokraten glauben diese Bestrebungen mit dem Wort „reaktionär" abtun zu können. Dieser Kamps isr kem Kampf einer politischen Reaktion. Es ist ja bezeichnend, daß es im Deutschen Reichstag keine geschlossene Partei der Reaktion gibt, wenn nicht Hugenbergs dreißig Getreuen eine solche Partei oder Fraktion aufmachen. Die Festigkeit eines lebensvollen Volksstaates hat zwei Voraussetzungen: einmal ein gesundes Volk, das die Rechte der Demokratie mit den ordnenden Pflichten in Einklang zu bringen weiß, zum anderen chne politische F ü h r e r s ch i ch t, das ist die. von diesem Volke gewählte politische Vertretung, die d'e Pflichten der Demokratie in idealer Form vertritt. Ja, ' n Ideal müssen beide, Volk und Führer eine Ei ri ll e i i sein. Hier klafft eine Lücke in der deutschen Demo kratie, eine Lücke, die die letzten Wahlen stark aufgezeigt haben Diese Lücke zu schließen, bedeutet die politische Ausgabe, eine Arbeit im Sinne des Weimarer Werkes. Die Erkenntnis dieser Spannung führt uns aber wieder zu den obigen Ueberlegungen über die Formen der Wei marer Demokratie. Auch d'ese Formen können Ursache der bestehenden Spannung sein. Die Zentrumspartei hat das Weimarer Verfassungswerk miterrichtet. Sie steht mit dem Herzen bei diesem Werk. Doch das Leben der Nation schreitet fort, und dieses Leben schreitet hinweg über Formen, die kein Leben haben. Wir haben Weimar heiß verteidigt und werden es auch in Zukunft tun, aber wenn einer gesunden politi schen Entwicklung Formen hemmend im Wege stehen, werden andere Formen, die einen wirklichen Volksstaat ermöglichen, mit dem Herzen, noch mehr aber mit dem Verstände gesucht und gefunden werden müssen. So ist uns Weimar nicht nur eine Historie des Jahres 1919, sondern ein Heute, das wir lieben, das mir, weil mir es lieben, entwickeln wollen zu einem ' besseren Morgen. Dte heutige Nummer enthält Vas St. Lennv-Bia««. das Sonniagsblatt für die Diözese Meißen. Berlin. 10. August. Am Sonnabend, den 11. August finde» im ganzen Reiche Feiern statt zur Erinnerung an die Unterzeichnung der in Weimar beschlossenen Berfa ssung, die vor neun Jahren i» Schwarzburg durch den oa»,öligen Reichspräsidenten Viert voll zogen worden ist. In Berlin beginnt die R e i ch s re g i e r u n g die offiziellen Veranstaltungen mit einer Feier im Reichstage. Um 11 Uhr 55 Minuten erfolgt die Abfahrt des Reichspräsiden ten von seinem Palais zum Reichstag. Der Reichspräsident wird begleitet sein vom Reichskanzler, den Staatssekretären Meißner und Pünder und seinem Sohne. Am Hauptportal des Reichstags wird er vom stellvertretenden Reichstagsprüsidenien von Kardoff und den Ministern Grüner und Severing empfan gen werden. Der Reichspräsident nimmt in der Diplomaten- loge des Plenarsaales Platz, unmittelbar nach seinem Erschei nen beginnt die eigentliche Feier. Sie wird eingeleitet durch den „Festgesang" von Max Kaibcck, der vom Staats- und Doin- chor unter Leitung von Professor Rudel vorgetragen wird. Dann hält namens der Reichsrcgierung der frühere Reichs justizminister Dr. Nabbruch die Festrede. Daran schließt sich der Gesang „An Deutschland" von Max Kalbeck, wiederum vom Staatschor vorgetrogen. Es folgt eine Ansprache des Reichs kanzlers Hermann Müller, die in ein Hoch auf die deutsche Republik ansklingt. Den Abschluß bildet der gen,einsame Ge sang des Deutschlandliedes. Hierauf begibt sich der Reichspräsi dent mit dem Reichskanzler und dein stellvertretenden Reichs tagspräsidenten auf die Freitreppe vor dem Reichstagsgebäudr. Dort ist die Ehrenkompanie ausgestellt, deren Front der Reichs wehrminister abschreitet. Von 12 bis 1 Uhr wird vor dem Reichstagsgebände das seit Jahren übliche Platzkonzert der Reichswehr stattfinden. Abends 8.30 Uhr findet die V e r f a s s u n g s fe i e r der Reichsregierung, der preußischen Staatsregierung und der Stadt Berlin in der Staatsoper am Platz der Republik statt. Hier gelangen das Concerto grosso von Haendel und der 150. Psalm von Bruckner zum Bortrag. Anschließend daran hält Beerdigung, auf Skaakskofken abgelehnl Agram, 10. August. Gestern früh ivurd« das von Stephan Raditsch hinter- lassene politische Testament eröffnet. Danach hat Raditsch den Führer des kroatischen Blockes Dr. Trumbie zu seinem Nachfolger in der Führung der kroatischen Bauernpartei bestellt. Das Testament enthält ferner einen Appell an das kroatische Bolk, nach seinem Tode die Ruhe zu bewahren. Emissäre der bäurischen demokratischen Koalition bereisen in Automobilen das ganze Land, um die Bevölkerung im Sinne des Vermächtnisses zur Ruhe zu mahnen. Raditsch' Leiche wurde in dem Heim der Bauern partei auf dem Zryni-Platz ö f f e n t l i ch a u s g eb a h r t. Alle öffentlichen und privaten Gebäude trogen Trauerschmuck. Die Eisenbahnarbeiter veranstalteten zum Zeichen der Trauer eine dreistündige Arbeitspause und zogen vor die Villa des Partei führers. Auch sämtliche Läden in Agram waren von 8 bis 11 Uhr vormittags geschlossen. Der bäuerlich-demokratische Block legte den ersten Kranz am Sarge Raditsch' nieder. Der Bor stand des bäuerlich-demokratischen Blockes hat beschlossen, die am Sonntag stattsindende Beerdigung aus Kosten der Partei und der Stadt Agram vorzunehmen. Damit ist der Wunsch der Regierung, Raditsch aus Staatskosten zu beerdigen, zurückgewiesen. Die Kroatisäie Bauernpartei erließ einen Aufruf an das Volk. Darin wird u. a. gesagt, Raditsch sei von Ver brechern ermordet wo,-den. um die festgefügten Reihen des kroatischen Volkes zu lockern und seinen Kamps um Freiheit und Gleichberechtigung zu brechen. Dian Hobe sich aber getäuscht. Raditsch lebe unter seinem Volke fort. Der Kampf werde bis z,un Siege weitergehe». Der Aufruf fordert schließlich die Be völkerung auf, Ruhe zu bewahre» und der Parteileitung voll zu vertrauen Oberbürgermeister Dr. Böß die Festrede. Es folgt der „Hym nus zur Bersassungsseier" von W. von Baussueru unter Leitung des Komponisten. Nach der Feier findet der Vorbeimarsch des Fackelzuges statt. Dieser formiert sich u», 9 Uhr im Lustgarten. Tort hält der preußische Innenminister eine Ansprache. An schließend erfolgt der Abmarsch. Tagsüber finden Berfassniigsfeiern in den verschiedenen Stadtbezirken statt. In Dresden Dres-er, lO. August Am V e r fa s su n fl s ta g e, dem tl. August. werden die städtischen Perwaltviigsgebä-ubc und Schulen Fla»p.e»'ch„«uck I vagen. Einem Ersuchen des Rates entsprechend, erseht hiermit a» die Be völkerung die Aufforderung, auch ihre Häuser "u be flaggen. Die städtischen Körperschaften und die stickü-coen Be amten, Angestellten und Arbeiter wecken den Ta., der ReickSvcr- fassun'fl durch die gemeinsame Berl-.usiinflsscicr sännt über Reicks-, Staats- und städtische» Behörde:! in, AnSstclliiilgsp.'.iast best' c». Das Reichsbanner Schnxirz-Rot-Golb, Orisvcrciu Dres den, veranstaltet auf dem Thcaterplah eine Bersassungsseier. Die Feier, an der sich die revubiiiauischen Parteien >m>"> Gcwcrtsch.üicn beteiligen, und au weicher weiter der Dresdner Bolksmännerchor, die Kapelle der Laudcsposizei und niedrere Reichsbanner,!,pellen und Spiclmannszüg« Mitwirken, schließt mit eine», Fackelzuz durch die Sophienstraste — Postplatz — Gr. Zwingerstraße — Anncnstraße — Stcrnplatz — Materiüstraße — Frcäberger Straße — Fr-übevger Platz — Slifisstraße — WeHinensta'i — Gräne Sirene — Am Schicßlmus — Schützenplatz. — Das P o i ie, v r ä s i d i » m hält seine diesjährige Versäsinnasseier am II. August, vormit tags 9 11h r, ebenfalls aus dem Theaterpl-ahe ab. Bei iiiiaünstlfler Wittereuig findet die Feier zu derselben Stunde in, Kristall- Palast e statt. Der musikalische Teil der Feier wird von der Musik- Vereinigung des Polizeipr'isid umS unter Lei'.une, des Polizei-Ober» Wachtmeisters Schlenker auKgeführt. Die Massencköre wecke» von den vereinigten Gesangvereinen des Rei'sc', räsidittins unter Leitung des Liedermeisters Schiller vorgeiragen. Am Mittwoch nachmittag so.„d die Beisetzung des i« Agram ermordeten Redakteurs Biada Nisiowitsch satt. Es wurden mehrere Reden gehalten, in denen P.ikiischewitsch heftig-angegriffen wurde. Da inan Biwschrciru -reu befürchtete, wurden größere Abteilungen von Eeudaemerte bereit-gehalten, doch kam es zu keinerlei Zwischenfällen. In Berliner politischen Kr.'»'u hat d>» Nachricht von dem Tode Raditschs, obwohl sie nicht unerwartet kam, über rascht und allgemeines Bedauern ausgclöst, Obw.chl die ehrlichen Bemühungen der Belgrader Negierung, die Mei nungsverschiedenheiten mit Agram unter allen Umständen beizulcgen, anerkannt werden, wird doch der Entwicklung der Dinge mit einiger Besorgnis entgegengesehen. Immerhin hat die Nachricht, daß auch nach Raditschs Tod ein Mitglied der gemäßigten Richtung der kroatischen Bauern die Führung übernimmt, einigermaßen beruhigt. Dos Echo der Acsse Belgrad, 9. August. Die „Politika" bringt am Donnerswg an i.üe- vcr Stelle einen warmen Nachruf für Stesan Raditsch. Di« Bauern, so heißt es darin u. a., hätten unumschränktes Neriranen in Raditsch gesetzt und seien ihm ohne Zögern gefolgt. Nabstsch habe eine Theorie vom dreieinigcn Bolk verfolgt. Im Rahmen der serbischen Monarchie habe er eine kroaisiche Vauernrepublik gründen wollen. Die jugoslawische Idee, die von Priüitschemitsch so hartnäckig vertreten werde, sei von Raditsch als Lüge hingestellt worden. In dem Kampf gegen den Staat sei Stefan Raditsch schließlich unterlegen, er sei jedoch in der Hoffnung gefallen, seinem Ziel nahezu sein. Dem grogen Gegner solle jetzt die Anerkennung ausgesprochen werde» Das Blatt „Breme" widmet Raditsch ebenfalls anerkennende Warte. Das serbische Volk bedaure den Tod ebenso wie das kroatische, weil der Einfluß Raditschs und sein Eintreten sür die Bauern schaft auch bei dem serbischen Volk Verständnis gesunden habe. Sein pvlittsches Testament: Mahnung zur Nuhs