Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 21.06.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192806215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280621
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280621
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-06
- Tag 1928-06-21
-
Monat
1928-06
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 21.06.1928
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Models ihre AmtSvormundschast an geeignete Einzelvormünder abzutrelen. Jugendamt wie VormundlchastSgcricht begrüßen unsere Mitarbeit. An uns ist es, die geeigneten Persönlichkeiten zur Ueber- nahme von Vormundschaften zu gewinnen. Es handelt sich dabei „m eine alle Katholiken angehende heilige Gewissenspflicht. — In der sich anschließenden Aussprache wurde aus dem Kreis« der an wesenden Vormünder ausdrücklich betont, daß es in -er Regel durchaus nicht schwierig ist, Vormund zu sein. Im Gegenteil, wenn man nur ein wenig Liebe und Begeisterung für die Rettung unsterb licher Seelen besitze, bereite die Ausübung dieses wohl verantwor tungsvollen, aber zugleich überaus schönen Amtes viel reine, >vahre Freude. Zudem sei das Caritassekretariat stets bereit, mit Rat und Tot zu helfen, etwa erforderliche Schriftsätze auszufertige» und der gleichen. In besonders schwierigen Fällen stehen auch Jugendamt und Vormundschaftsgericht den Vormündern entgegenkommend zur Verfügung. — Zum Schluffe richtete der Vorsitzende, Pfarrer M ü h r, nicht nur an die Anwesenden, sondern an die ganze katho lische Oeffcntlichkeit die dringende Bitte, Vormundschaften zu über nehmen, sowie in Vereinen. Bekanntenkreisen usw- um Vormünder zu werben. Meldungen nimmt das Caritassekretariat, Albertplatz2, jederzeit gern entgegen. : Am kommenden Iahrmarktssonntage, dem 24. Juni 1928, nönnen die Geschäfte für den allgemeinen Handel in der Zeit von 11 Uhr bis 16 Uhr offengehalten werden. Für den Handel mit Material- und Zukostwaren, Milch und Frischobst ist das Offenheiten der Geschäfte von )47 bis Uhr und von 11 bis 17 Uhr gestaltet. , : Neue Regierungsvorlage. Dem Landtage ist eine Regie rungsvorlage Zugegangen über die Uebernahme einer Bürg schaft des Staates mit 600 000 Mark zur Aufnahme einer Hypothek durch den Verein Leipziger Krüppelheim e. V. für die Errichtung eines neuen Krüppelheims. : Statistik der Berkehrsunfälle. Eine Zusammenstellung über Verkehrsunfälle in Dresden im Jahre 1927, die vom Poli zeipräsidium auf Grund der amtlichen Unterlagen bearbeitet wird, weist gegenüber den Vorjahren überall eine Zunahme der Unfälle auf. Dabei wurden 34 Personen, und zwar 23 männ liche und 11 weibliche, getötet und 1862 verletzt. Aus der Sta tistik ergib: sich, daß die Vermehrung der Zahl der Kraftfahr zeuge fast gleichen Schritt mit der Zahl der Unfälle im Kraft- fahrzeugverkehr gehalten hat. : Turnerische Darbietungen aus der Iahresschau. Am heutigen Mittwoch finden abends um 8 Uhr im Vergnügungs park Vorführungen des Turngaues Mittelelbe/Dresden statt. Außer verschiedenen Freiübungen werden von Turnerinnen Hebungen am Hochbarren und ein Tanzreigen gezeigt. : Die Sonnenwcndfeier aus der Iahresschau. Der 21. Juni, der überall in Deutschland durch große Sonnenwendfeiern aus gezeichnet ist, wird auch die Veranlassung dafür sein, daß an diesem Tage, also am Donnerstag, die Ausstellung im Zeichen einer grpßen Sonnenwendfeier steht. Diese findet auf dem Fistplatz und im Vergnügungspark statt. Von 6 bis 7 Uhr spielt zunächst eine Militärkapelle, deren Darbietungen durch Chor- gcfäiige der Striesener Liedertafel abgelöst werden. Im Mit telpunkt der großen Sonnenwendfeier steht das Abbrenncn des großen Sonnenwendfeuers, das auf dem Festplatz vor sich gehen wird. Zu dieser Zeit werden viele unserer schönen Volkslieder zu Gehör gebracht werden, wobei gewünscht wird, daß sich alle Zuschauer durch Mitsingen an der Verschönerung der Feier be teiligen. Unter Vorantritt der Kapelle wird sich alsdann ein Zug nach dem Vergnügungslurrk in Bewegung setzen, an dem sich die Trachtennerbande der Altenburger, der Bayern, der Erzgcbirg- ler und der Vogtländer beteiligen. Im Vergnügungspark wird "»nächst wiederum die Striesener Liedertafel durch musikalische Darbietungen erfreuen, wonach jeder Trachtenverband volks tümliche Tänze vorführen wird. : Sportfest der Jnsanterie-Schule. Die Infanterieschule Dresden veranstaltet am 7. und 8. Juli d. I. ein großes Sport fest Es finden Schwimmwettkämpfe im Arnholdbad sowie gymnastische Vorführungen. leichtathletische, turnerische und militärische Wettkämpfe auf dem Sportplatz der Infanterieschule in der Marien-Allee statt. : Tagung des Tiesbaugewerbes. Die Vertreter des Reichs- verbandes des deutschen Tiefbaugewerbes traten gestern hier z» ihrer ans drei Tage berechneten 28. Verbaudstogung zu sammen. Nach einer geschlossenen Vorstandssitzung im Hotel Nnschin fand im Belvedere ein Begrüßungsabend statt, bei dem der Vorsitzende und Leiter der Tagung. Tlaumelster Adolf Gruhl, d'e Gäste willkommen hieß. Gleichzeitig mit dem Reichsverband tagt in Dresden auch die Tiesbau-Berufsgenossenschaft. : Bel dem Knnstllugwettbewerb »m den Bnlgaria-Preis am kommenden Sonntag, 16 Uhr, auf dem Flugvlatz Heller hat lm ersten Teil der Teilnehmer ein von der Jurv fest umrissenes Pfsichtpro- graimii in möglichst kurzer Zeit auszuführcn. Für dieses Pflicht- vraoranim sind folgende Kunstflugfiguren vorgeschrieben worden, die fehlerfrei geflogen werbt» müssen, um voll bewertet zu werden: 3 Loopings je 3 Punkte; 1 Rolle gesteuert 5 Punkt«; Abrutschen seitlich 3 Punkte; Rückenflug, mindestens IS Sekunden 7 Punkte; Roll« aus Rückenlage links und rechts je 4 Punkte; Jmmelmann- Turn links und rechts j« 3 Punkte; Vollgaskurve links und rechts je 3 Punkte. Die Teilnehmer müssen die angegebenen Figuren in der angeführten Reihenfolge ausführen. — Im anschließenden Kür flicgen kann sich jeder Konkurrent seine Figuren selbst wählen und kombiniere». Diese w«rdcn von der Jury je nach Art und Schwie rigkeit und der erforderlichen Zeit für die Ausführung bewertet. Figuren mit stehendem Propeller erhalten doppelte Punktzahl- Sie ger ist derjenige, der die meisten Punkte erhält. Nach den oben ouf- gesührlen Punktzahlen und der Bestimmung, daß die Figuren in der angegebenen Reihenfolge auszuführen sind, ist es dem Publi kum ein leichtes, den Wettbewerb in allen seinen einzelnen Phasen genau verfolgen zu können und die Verteilung der Punktzahlen mit vorzunehmen. — Das Schiedsgericht besteht aus den Herren Major a. D. Rosenmüller, Geschäftsführer der Sachscngruppe des Deutschen Luftfahrt-Verbandes; von Beguelin, Leipzig, als Ver treter der Junkers-Flugzeugwerke, Dessau; Polizei-Oberleutnant Koerncr, Dresden. — Sieger aus dein Fallschirmwettbewerb ist der Teilnehmer, der am nächsten dem sich auf dem Flugplatz befindlichen Landekreuz aufseht. Der Absprung muß aus einer Höhe von 500 Meter erfolgen, zu dessen Prüfung das Flugzeug einen Höhenschrei ber mitführcn wird. : Der Erdbeerversand aus der Lößnitz. Während in nor malen Jahren bereits in der letzten Maiwoche von den hiesigen Bahnhöfen die ersten Erdbeeren abgingen, konnten in diesem Jahre erst in der ersten Iuniwoche kleinere Mengen zur Ver sendung gelangen. Bis zum 18. Juni 1927 waren bei den Kötzsck-enbrodoer Bahnhöfen rund 26 000 Kilogramm Erdbeeren amgeliefert worden, während in diesem Jahre bis zum gleichen Tage der Gesamtversand seit Beginn der Ernte nur 466 Kilo- gramin betrug. Allerdings muh der immer stärker werdende Versand durch Krastivagen, der statistisch nicht zu erfassen isk mit in Rechnung gezogen werden. Verban-slag der veulschen Zigarrenla-errlnhaber Dresden, 20. Juni. Der Verbandstag der Deutschen Zigarrenladeninhaber nahm am Montag nach Referaten des Reichstagsabgeordneten Büll zwei Entschließungen an, deren eine die Regelung des Tabakwarenhandels nach Ladenschluß und an Feiertagen be trisst, während die zweite eine Regelung der Verhältnisse im Zigarettengewerbe im allgemeinen anstrebt. Ein Festabend im Ausstellungspalast beschloß den gestrigen Tag. Die geschäft lichen Verhandlungen wurden am Dienstag fortgesetzt und zu Ende geführt. Die Tagung schloß mit einem Sommernachts- sest im Konzertgarten der Iahresschau, großem Feuerwerk und eineni Festkonzert unter Mitwirkung des Dresdner „Tann- Hauser". Für den heutigen Mittwoch ist eine Konzertdampser- fahrt der Teilnehmer mit dem Luxusdampser Dresden in die Sächsische Schweiz in Aussicht genommen. d. Abgelehnte Eingemeindung. Am Sonntag wurde In der Gemeinde Hainsberg der Bürgerschostsentscheid über die Frage des Zusammenschlusses der Gemeinde Hainsberg mit der Gemeinde Cossmannsdorf vorgenommen. Die Entscheidung fiel mit 835 Stimmen gegen den Zusammenschluß beider Gemein den' nur 200 Stimmen wünschten ihn. Bemerkenswert ist an diesem Abstimmungsergebnis, daß zivar 608 Bürger die Herbei führung des Bürgerschastsentscheids beantragt, jedoch nur 296 für den Zusammenschluß gestimmt haben. Bedeutsame Tagungen in Leipzig Landesverband -er freien Privaischulen Leipzig» 20. Juni. Zahlreich waren am Sonntag aus allen Teilen Sachsens die Mitglieder des Landesverbandes der Privatschulen in Leipzig versammelt, um an der Jahresversammlung teilzunehmen. Der Vorsitzende, Direktor Dr. Rocsel (Leipzig), begrüßte besonders die auswärtigen Gäste, darunter den Syndikus des Reichsvcrband«s. Er erstattete darauf den Geschäftsbericht, der, in Zusammenhang mit den Darlegungen des Syndikus des Landesverbandes, R. A. Dr. Kaiser (Dresden), die Tätigkeit des Verbandes vorzugsweise auf die Abwehr von Gefahren gerichtet zeigte, die dem Privatschulwesen von verschiedenen Richtungen her drohen. Unter anderem gehört dazu die neuerlich an verschiedenen Orlen erhobene Forderung der Behör den, die Privatschulen sollten Schulärzte einstcllen — eine Forde rung, die nach dem Nechisgniachten des Syndikus in den Gesetzen keine Stütze findet und überdies, bei der schematischen Untersuchung von Hunderten von Kindern, keinen erheblichen Wert besitzt, weiter der Versuch, die Privatschulen zu Beiträgen für die Gcwerbekammern heranzuziehen, indes der Aufbau und die Erbaltung einer Schule doch unmöglich als ein Gewerbe betrachtet werden kann, endlich die Zurücksetzung der Privatschulen in Hinsicht des Rechtes der mitt leren Reife. Die mittlere Reife hat allerdings praktisch bisher nur eine ganz geringe Bedeutung erlangt, sie befreit lediglich von der Fortbildungsschulpflicht. Die Privaischulen haben dagegen das höhere Recht, die Reife für Obersckunda anszusprechen. All« diese und die anderen Maßnahmen, gegen die man sich zur Wehr ge setzt hat, entspringen dem Bestreben des Staates oder einzelner ein flußreicher Parteien, entgegen der Rcichsvcrfassung die Freiheit des Unterrichts einzuschrönken oder zu vernichten. Die falsch« Beurteilung der Lage der Privaischulen durch zahlreiche Eltern fügt zu dieser moralischen Bedrohung der Privatschulen die materielle. Ein enger wirtschaftlicher Zusammenschluß aller Privatschulcn tut not. Im Anschluß an diese grundsätzlichen Ausführungen erledigte man Kassenbericht und Neuwahlen. Zum Vorsitzenden wurde auf drei weitere Jahre Dr. Roesel gewählt; neu tritt in den Vorstand Fräulein Rauschenbach (Leipzig) ein. Am Schluffe erörterte man auch die Frage der Altersversorgung der Lebrkräste ausgiebig. Der Svndikns des Reichsverbandes der Privatschulen, Steinstraß, sprach über die Arbeit des Rcichsv«rbandes. Jubtlüumsfttzung -er Baumakeriattenhündler Leipzig, 20. Juni. Am Dienstag fand im Festsaal des Neuen Rathauses in Leip zig die Jubiläumsvcrsammlung des Verbandes vereinigter Bau. Materialienhändler Deutschlands e. V- statt. Der Verbandsvorsitzende Hermann Linnert begrüßte den Vertreter des sächsischen Arbeils- und Wohlfahrtsministeriums, Ministerialrat Dr. Schniewind, dl« Vertreter des Reichspostministcriums, des preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe sowie die Vertreter der sonstigen Behörden, Körperschaften und Verbände und den Rat der Stadt Leipzig, ver treten durch Oberbürgermeister Dr. Rothe. Den Fcstvorirag hielt Wirkt. Geh. Lcgationsrat Prof. Dr. K. W I ed e n f e ld - Leipzig über das Thema „Der deutsche Kavitalmarkt in Nachfrage und An gebot". Ein Bahnposlräuber feslgenommen Leipzig, 20. Juni. In letzter Zelt sind mehrere Beraubungen von Bahnpostwagen, insbesondere des Magens an dem 010 Uhr nachts ab Hanptbahnhos nach Halle nbfahrendcn Zugs vo«gekommen. Als Täter kam in Frage der 31 Jahre alte Gärtner Karl Spieß ans Dieburg, der auch bei einem erneuten Versuch am 19- Juni früh in der ersten Stunde vo» Bahnüberwachnugöbeamten überrascht wurde. Tie Beamten waren dem genannten Zuge zur Beobachtung mitgcgcbcn worden. Zwischen Lützschena und Schkeuditz be merkten sic, wie ein Mann den fahrenden Zug anspraiig, den Wagen öffnete »nd Güter lirrauswars. Als er bemerkte, daß er entdeckt war, versuchte er zu flüchten, worauf nach ihm geschossen und er auch im Rücken verletzt wurde. Vermutlich wagte er sich nun nicht mehr vom fahrenden Zug abzuspringcn. Er wurde sestgenommen und ins Krankenhaus St- Georg cingclicsert. Von dort erfolgte seine Uebersiihrung an die Kriminakabteilung Leipzig, da er anscheinend nicht schwer verletzt war. Infolge ein- getretener Verschlimmerung seines Zustandes mußte er jedoch wieder !n das Krankenhaus cingclicsert werden. Ausschluß darüber, zu welchen, insbesondere auch auswärtigen Vorgängen der Balmvost- ränbcr als Täler in Franc kommt, werden die kriminalpolizcilichcn Ermittelungen ergebe». Spieß bat. wie seststcbi, Komplizen, die noch nicht ermittelt werden konnten. Auch waren die Nachforschungen Die Elsenmönner Roman. Von Stefan Rudolf Utsch. (43. Fortsetzung) „Er haßt den Schulzen . . . Zeder weiß ja auch wes- halb!" sagte der bärtige Hüttenmann. „Sein Eerede glaubt ihm niemand!" „Sein Eerede glaubt man ihm nicht? — Das sagt man so!" Des Köhlers Grimm verflog, als ihm der Wirt einen „Großen" mit den Worten reichte: „Das für deinen guten Schlag!" Doch bevor er trank, sagte er noch: „Wenn ihr bloß immer sagt, ihr glaubtet ihm seinen Quatsch nicht, so genügt das keinesfalls. — Man muß ihm die Schlangen zunge kaputt schlagen. Der weiß ganz genau, daß immer etwas von seinem Eerede hängen bleibt! Der Köhler blieb noch etwa eine Stunde in dem Gast zimmer, dann machte er sich auf den Heimweg. — Als Franz auf die Straße trat, war es sehr dunkel. Nur noch in wenigen Häusern sah man durch die Fenster Lichtschimmer, ein Zeichen, daß die meisten Dörfler schon ihre Ruhestätte ausgesucht hatten. Ruhig und friedlich lagen die breiten Bauernhäuser, und in den mächtigen Linden- und Birnbäumen neben ihnen rauschte leise plau dernd der Wind. Franz ging in Gedanken durch die holperige Dorf straße. Er dachte über die Begebenheit in der Wirtschaft und die Worte Ranzonis nach. Weshalb haßte dieser Mensch den Schulzen so? Eigentlich konnte man es sich denken. Das Dunkel kann kein Licht vertragen; das Böse nicht das Gute. Außerdem war der Schulze dem habgieri gen Fremden ein Hindernis. Solange er die Geschicke des Dorfes in der Hand hatte, so lange er seine vielen Posten und sein Ansehen behielt, war es für Nanzoni unmöglich, eine maßgebende und wichtige Persönlichkeit zu werden. „Bor langen Jahren mußte ich dran glauben," mur melte der Köhler vor sich hin, „jetzt ist der Schulze der Mann, den er mit seinem Geifer besudeln will. Ranzoni soll sich hüten!" Und Franz erinnerte sich einer glücklichen und unglück lichen Zeit. Als junger Bursche hatte auch er um ein Mädchen, ein liebes und gutes Geschöpf — dazu noch sehr wohlhabend —, gefreit. Herrliche, unvergeßliche Stunden hatte er mit ihr verlebt, und überall, wo er sich mit ihr hatte sehen lassen, war er beneidet worden. Da war Ranzoni mit einer Anzahl Kameraden ins Dorf gekommen und hatte auf einer Grube Arbeit genom men. Franzens Braut war plötzlich wie umgcwandelt ge wesen. Sie hatte ihn nicht mehr gegrüßt — ja, fast nicht mehr angesehen. Wenn er sie gefragt hatte, war sie stets böse geworden und hatte ihm den Rücken gezeigt. Da hatte auch er den Kopf aufgesetzt und sie nicht mehr be achtet, obwohl ihm dies einen schweren Kampf gekostet hatte. Bald war nun Ranzoni mit ihr auf dem Tanzboden erschienen, und er hatte die Geliebte des Franz auch kurz darauf geheiratet. Der Köhler hatte sich darauf vollständig zurückgezogen, er war in mancher Beziehung ein Sonderling geworden und trank auch seitdem. Einige Jahre später hatte ihm dann Ranzonis Frau, seine ehemalige Geliebte, erzählt, daß Ranzoni ihn damals verleumdet habe. „O Franz, hätte ich doch seinen Worten nicht ge glaubt!" Jawohl, das hatte sie gesagt. Der Köhler ver gaß diese Aussage nicht. Dann weiter: „Er sagte, du habest es nur auf meine Mitgift abgesehen. Du liebtest mich nicht, sondern poussierst auch noch mit andern. Auch solltest du Schlechtes über mich gesagt haben... Du triebest allerlei mit mir, ich sei dumm . . . Franz, ich glaubte ihm, aber schon in den ersten Monaten nach der Hochzeit wußte ich, daß er gelogen hatte. Dann hatte sie geweint und ihm ihr Leid geklagt. „Er ist roh — unglaublich roh. Bel den geringsten Vergehen schlägt er die Kinder furchtbar — und auch mich! Ich darf ihm nichts sagen . . . Wenn er betrunken nach Hause kommt, laufe ich mit den Kindern fort . . . Denn sonst mißhandelt er uns . . . Daß ich ihm geglaubt habe, rächt sich furchtbar an mir, Franzi" Ihre Worte gingen nun dem Köhler durch den Sinn. Unwillkürlich ballten sich seine Fäuste. „Wenn mich doch die andern nicht von ihm wegge« zogen hätten!" Er näherte sich jetzt dem letzten Hause des Dorfes. Das Gebäude lag direkt an der Sieg. Ein kleiner Steg führte hier über den Fluß. Franz mußte über diesen, denn seine Köhlerhütte lag auf der andern Seite der Sieg. Weiß schimmerte der Fluß und Schatten von ziehen den Wolken zogen durch ihn- Rechts vom Wege stand eine lange Scheune. Zn ihrer Mitte befand sich ein Schuppen, in dem Magen und allerlei Gerät untergebracht waren. Als sich Franz dem Schuppen näherte, vernahm er ein leises Knacken darin. Doch er gab nicht darauf acht, denn er kannte keine Furcht. Mit festem Schritt ging er vorbei. Da vernahm er hinter sich Schritte. Unwillkürlich sprang er beiseite. Es war sein Glück, denn im selben Augenblick sauste etwas an seinem Kopf vorbei, traf seine Schulter und riß auf dem Rücken seinen Rock weit auf. Schnell drehte er sich um —und er erkannte im Scheine des Mondlichts seinen hinterlistigen Angreifer. „Ranzoni!" kam es gurgelnd aus Franzens Munde. Der Südländer batte einen langen Kartosielkarst in den Händen und hob ihn von neuem empor, um die spitze Zinken dem Franz in den Kopf zu schlagen. Doch nur eine Sekunde stand der Köhler da, dann kam Bewegung in ihn. Mit einem Fluch sprang er ans Ranzoni und stieß ihm die Faust unter das Kinn. Der Karst siel auf den Boden und Ranzoni wankte zurück. Franz wollte ihn ixrcken, doch er konnte seinen linken Arm fast nicht mehr bewegen — und er sühlie. wie es ihm warm den Rücken herunterfloß. Das ist Blut! dachte Franz. Hier geht? auf Tod »nd Leben. Das war sein letzter Gedanke. Run wirbelte es in seinem Kopf toll durcheinander. Er sah keine Häuser mehr — nicht das nahe Wasser — nicht den Steg, der über das selbe hinwegführte. Nichts sah er als seinen zähnefletschen den Gegner. Sie schlugen mit den Fäusten aufeinander. Franz hieb mit dem rechten Arm um sich wie ein Rasender. Ob er Ranzoni an den Kopf traf — gegen die Brust oder in die Seite — er beachtete das nicht. Zornige Flüche gellten durch die stille, schlafende Umgebung. „Schuft — gemeiner!!" brüllte der Franz. (Fortsetzung folgt)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)