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Sächsische Volkszeitung : 21.06.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192806215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280621
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280621
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-06
- Tag 1928-06-21
-
Monat
1928-06
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 21.06.1928
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Sächsische Dolkszetkung «. Juni »28 Der JustizelaI im Landtag Um die Anstallsseelsorge Dresden, den 20. Juni. Der Sächsische Landtag I>atte gestern eine umfangreiche Tagesordnung zu erledigen. Zunächst beschäftigte man sich mit dem Etatkapitcl Heil- und Pflegean st alten. Dabei wurden »ch religiöse Fragen mit angeschnitten. Frau Abgeordnete Bült- riann (Dnat ) bezcichnete die christliche Ueberzeugung der Schwe stern für uncnlbchrlich, nmhrcnd Frau Abgeordnete Dr. Uhlig- Beil für die Schwestern Freiheit der religiösen Einstellung ver langte. Die Ausschustmehrheit hatte bekanntlich die Streichung der Stellen für acht A n sta l t s g e ist l i ch e beantragt. Dieser Antrag fand aber im Plenum keine Mehrheit und wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten abgelehnt. Beim Kapitel Arbeitswesen und Arbeiterschutz wurde von den Kommunisten die Anstellung weiterer Baukontrolleure gefordert, während Abg. Groß mann (Wirtschaftspartei) die Tä tigkeit der Baudclcgierten als genügend bezcichnete. Bei der Abstim mung ivurdcn die von den Kommunisten geforderten Bauarbeiter schutzkontrolleure abgelehnt, die Einstellungen genehmigt. Zum Punkt Erziehungsanstalten l>atle der Ausschuß ebenfalls die Streichung von zwei Geistlichen beantragt; der Antrag findet aber im Plenum ebenfalls keine Mehrheit. Ein kommunistischer Antrag auf Aushebung der Zivangsfürsorge verfiel gleichfalls der Ablehnung. — Der Entwurf zur Aenderung des Ziegenbockkörgesetzes wird nach den Vorschlägen des Rcchtsausschusscs angenommen. Mit der Beratung der Kapitel 22 und 23, Ministerium der Justiz und Gerichte, Staatsanwaltschaften und Gefangenen- anstallen, wurden zwei kommunistisch« Anträge auf Erlaß von Reichsamnestie und auf Aufhebung des Verbots der kom munistischen Presse in den Gefängnissen verbunden. Von demokratischer Seite wurde der Amnestieantrag abgelehnt und be tont, daß in der Justizverwaltung noch zuviel Arbeit auf Bagatellen verwendet werde. Abg. Neu (Soz.) begründete mehrere Anträge seiner Partei zum Justizctat, in denen u. a. gefordert wird, die soziale Ge richtshilfe als staatliche Organisation an die Gerichte anzuglie- dcrn und Härten in der Besoldungsordnung zn beseitigen. Der Justizminister habe die erivartetcn Reformen nicht vorgenommen, be günstige rechtsgerichtete Beamte, insbesondere Aufwertler bei der Be förderung. Seine Freunde lehnten das Gehalt des Justizministers ab, Abg. Sievert (Komm ) bezcichnete die Justiz als das bru talste Machtmittel der kapitalistischen Gesellschaft Abg. Dr. Wag ner (Dual.) ivandte sich entschieden gegen die Angriffe des Vor redners und verteidigte die sächsisch« Justiz. Abg. Menke (Soz.) betonte die Notwendigkeit politischer Amnestie», die ein Ausgleich gegen Klassenjustiz und Justzirrtümcr seien. Das Nichtzustandckom- men des Amnestiegcsehes im Reichstage hätten die Kommunisten ver schulde». Justiz,ninister Dr. v- Fumetti verlas ein« Regierungserklärung, in der es u. a. heißt, daß ein Be dürfnis nach Erlaß eines Amncsticgesehes für politische Strafsachen nicht vorlicge. Straftaten von großer Gemeingcfährlichkeit könnten einfach nicht durch Generalamncstie erlaßen werden. In Sachsen bestehe ein Bedürfnis nach politischer Amnestie um so weniger, als anläßlich des 80. Geburtstages Hindenburgs in großem llmsange Begnadigungen ergangen seien. Die Zahl der «vS diewm Anlaß begnadigicn Personen belaufe sich auf 1561, davon t88 politische Verbrecher. Ihre Zahl werde noch steigen. Uebrigens befänden sich an politischen Strafgefangenen in Sachsen nur noch 20 von sächsischen Gerichten abgcurteilte Personen in Strafhaft. Das Jnsiizministerinm halte daran fest, daß für Straftaten, für welche die Landgerichte zuständig seien, nur ans dem Wege einer Aenderung der Rcicbsversassnng eine allgemeine Reichsamnestie erlassen werden könne. Sachsen werde sich aber gemeinsamen Maßnahmen der Län der nicht verschließen, wenn solche vom Reichstag in Anregung ge bracht werden sollten. Es gebe aber nicht an, daß der Landtag be schließe. die Regierung solle einem Gesetze zustimmen, dessen Inhalt und Tragweite überhaupt »och nicht festständen. Zum Schluß der Debatte über den Justizetat machte Abg. Dr. Bänger (D. Vp.) noch Ausführungen über die schlechte Stellung der sächsischen Referendare im Besoldungsctat. Es müsse endlich etwas geschehen, um diese Ungerechtigkeit zu beseitige». In der Abstimmung wurden die Minderheitsanträge abgclehnt. Der Justizetat fand Annahme. Der kommunistische Antrag betr. Reichs- omnestle wurde dem Rechtsausschuß überwiesen. Der Antrag wegen Aushebung des Verbots der kommunistischen Presse in Gefängnissen wurde abgelehnt. In vorgeriickter Stunde trat das Haus noch in die zweit« Be ratung über den Entwurf eines Gesetzes über die Auflösung dtt Jamilienanwarteschafte» ein. Die Abstimmung hierüber wurde auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt, dir am 26. d. M. nach mittags 1 Uhr stattfindet. Thüringische Stimmen gegen die DereinheMichnngs-Bestrebungen Weimar, 20. Juni. Die Deutsch nationale Fraktion des Thüringi schen Landtags veröffentlicht eine Erklärung zu den Bereinheit- lichungsbestrebungen zwischen Sachsen und Thüringen, in der sie nachdrücklich vor unbesonnenen und voreiligen Schritten in die ser Richtung anzusprechen sei. in einem solchen Falle seine Eigenstaatlichkeit trotz aller gegenteiligen Versprechungen mit -er Zeit einbüßen müsse und weil die angeblichen Vorteile einer solchen Verschmelzung in finanzieller, wirtschaftlicher und kul tureller Beziehung stark überschätzt würden. Insbesondere sei durch eine solche Verschmelzung zu falscher Zeit der Kampf Thü ringen um einen gerechten Finanzausgleich gefährdet. In einer Mitgliederversammlung der Ortsgruppe Jena der Deutschen Volkspartei wurde eine Entschlie ßung angenommen, in der ein auf eine Verschmelzung Sach- Dresden, den 20. Juni. Die Vorlage wegen Uebernahme einer weiteren Staats - bürgschaft für die A. - G- Sächsische Werke ist jetzt dem Landtage zugegangen. Tie Vorlage fordert eine Ermächtigung für das Finanzministerium, die selbstschuldnerische Bürgschaft des Staa tes für neue Anleihen der Sächsischen Werke bis zum Betrage von 8b Millionen Reichsmark zu übernehmen, (tzeplant ist die Ausnahme neuer Ausländsanleihen von insgesamt 20 Millionen Golddollars. Die Begründung der Vorlage wurde in einer Pressekonferenz am Mittwoch näher erläutert, in der F i na n z in i n i st e r W e b er, Ministeriadirektor Just und Generaldirektor Wöhrle die finan zielle und technische Lage der A.-G- Sächsische Werke im einzelnen darlegte. Der neue Geldbedarf der Sächsischen Werke ist bedingt durch das Steigen des Strombedarsz und der Industrie, der eine Erweiterung der Kraftwerke in Böhlen und Hirschfelde nötig macht. Gegenwärtig ist eine Höchstleistung von 220000 Kilo- lvait vorgesehen, Ende 1928 wird aber eine Leistung von 210000 Kiloivatt notwendig sein. Die Notwendigkeit und der produktive Wert der neuen Anleibe ist von den, Reichsbankpräsidcnten und der Anleihcprüsungskommiffio» grundsätzlich anerkannt worden. Schwie rigkeiten bestehen seitens dieser Kvinmission nur noch wegen der selbstschuldnerischen Bürgschaft, die der Staat für diese Anleihe übernehmen soll Die Bilanzen der S äch s i s ch c n W e r kc geben ein Bild von der raschen Entwickelung, die dieses Unternehmen genommen hat. Die Goldmarkbilanz von 1921 schloß mit 96,9 Millionen ab, die Bi lanz von 1927 mit 339,3 Millionen; das bedeutet eine'Steigerung von 242,3 Millionen binnen drei Jahren. Während dieser Zeit spanne ist u. a. das Grundstückkonto um 9,5 Millionen Mark gestie gen. das Konto des Kohlenuntcrirdischcn um 2,5 Millionen, das der Braunkohlcnwerke um 37,7 Millionen, das der Elcklrizitäisanlagen um 96 Millionen, das der vollendeten Bauten um 35,7 Millionen und der Bestand an Wertpapieren um 8,2 Millionen. Insgesamt haben sich die Aktivwerte um 1 9 0,2 M i ll i o n e n gesteigert. Das Aktienkapital betrug ursprünglich 40 Millionen Goldmark, 1925 wurde seine Erhöhung um 60 Millionen Goldmark sens und Thüringens hinauslaufender Staatsvertrag zwischen den beiden Ländern entschieden abgelehnt wird, da er keinen Fortschritt auf dem Wege zu dem zu erstrebenden Einheits staat darstelle. Die geringen Vorteile, die ein solcher Ver trag zu bringen verspreche, wiegen in keiner Weise die Nach teile aus die der Verzicht auf die Selbständigkeit Thüringens mit sich bringen würde. Da wohl für Thüringen die Frage der Aufgabe seiner Selbständigkeit in Betracht gezogen werden dürste, sei es Pflicht der zuständigen Stetten, alle Möglichkeiten zu erschöpfen, um Thüringen staatlich wie auch finanziell s j ch er z ust e l l e n, » Es ist einigermaßen auffallend, daß sich ausgerechnet die thüringischen Rechtsparteien gegen die Annähcrungsbestrebun- gen zu orientieren scheinen. Denn während die thüringischen Demokraten in einer Erklärung erst kürzlich die Berwaltungs- gemeinscl-asten zwischen Sachsen und Thüringen als einen Fort schritt auf dem Wege zum deutschen Einheitsstaat bezeichneten, behaupten Deutsche Volksparteiler, die doch den liberalen Demo kraten nahestehen, heute das Gegenteil. Wenn die Deutsch nationalen zur Begründung ihrer ablehnenden Haltung den Finanzausgleich anführen, so übersehen sie dabei offenbar, daß gerade in dieser Frage die beiden Länder weitestgehende ge meinsame Interessen haben, die sie als Einheit mit »och mehr Nachdruck als bisher verfechten könnten. Man gewinnt nach alledem den Eindruck, daß sür die Haltung der beiden Rechts parteien wohl parteipolitische Gründe ausschlaggebend sind. Vielleicht fürchtet man von einem Bereinigten Sachsen-Thürin gen eine für die thüringischen Rechtsparteien ungünstigere parlamentarische Lage. Sollte diese Annahme zutreffen, so wäre das allerdings eine furchtbar kleinliche und kurzsichtige Behandlung einer für die Reichsreform außerordentlich wich tigen Frage. Hoffen wir, daß von dieser Seite das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. * beschlossen, die sämtlich der Sächsische Staat übernehmen soll, davon sind 30 Millionen bisher eingezahlt. Für 1928 ist die Einzahlung einer neuen Rate von 15 Millionen vorgesehen; es ist wahrscheinlich, daß für 1929 die restliche Einzahlung von 15 Millionen Mark auf das neue Aktienkapital gefordert werden muß. — Im übrigen ist der Geldbedarf durch Anleihen bei der National-City-Bank, Neu- york, gedeckt worden, die nominell 126 Millionen betragen, infolge des Disagios sind tatsächlich 108 Millionen Mark eingekommen. Das Disagio, das insgesamt 18 Millionen betrug, ist jetzt bis auf sechs Millionen abgeschrieben. Die Leistungen der ASW. sind in den letzten Jahren ec- heblich gestiegen. An Braunkohlen wurden 1924 1,3 Millionen To., 1927 2.4 Millionen Tonnen gefördert. Diese Förderung kann noch sehr gesteigert werden, das Werk Böhlen allein ist zu einer Leistung von 3 Millionen Tonnen jährlich fähig. Die Brikettherstcllung ist von 110000 Tonnen 1923 auf 230 000 Tonnen 1927 gestiegen, die Stromerzeugung von 207 Millionen KiloNwtt-Sinnden auf 533 Mill. Kilowatt-Stunden 1927. Der Strombedarf der sächsischen Industrie ist unansbait- sam im Steigen begriffen, cS ist mit einer jährlichen Znnadme von 30 000 Kilowatt zu rechnen. Um die für Ende 1928 notwendige Spannung von 210000 Kilmvatt zu erreichen, sollen zunächst in Böhlen 2 Tnrbo-Aggrcgate ausgestellt werden, die je 35 000 Kilowatt leisten. 1929 soll in gleicher Weise das Werk in Hirschsclde verstärkt werden. Gleichzeitig ist ein weiterer Ausbau des Leitungsnetzes ge plant. um die Stromversorgung in allen Teile» Sachsens völlig sicher zu gestalten. Zunächst soll eine 100 000-VolI-Leitung von Böhlen nach Hcrlasgrün gebaut werden und von Herlasgrün nach Hof, wo der Anschluß an das Stroinversorgungsnetz der Bavcrnwerke erreicht wird. Projektiert ist weiter eins direkte Leitung Hirschfeldc—Dres den-Nord. Auf diese Weise soll cs ermöglicbt werden, alle großen Zentren auf doppeltem Wege mit Strom versorgen zu können. "?!c von den Umschaliungswerken ausgehenden Kabclnetzc werden gleich zeitig einen Ausbau erfahren. Von Böhlen wivd eine direkte 30 000- Volt-Leitung nach Leipzig gelegt werde», durch die das Stadtinnere von Leipzig direkt von dem Großkraftwerk aus mit Strom versorgt werden kann. Für diesen Ausbau sind rund 85 Millionen Mark er- Ausbau -er Sächsischen Werke Eine neue Anleihe von 83 Millionen Mark zur Erweiterung -er Großkraftwerke Böhlen und Kirschfel-e beantragt Neidhardl von Gneisen«« Erstaufführung im Dresdner Schauspielhaus. Die preußische Staatsgeschichtsschreibuug diktiert den Deutschen Blüchers Persönlichkeit ungefähr so: Hervorragendes Ehr- und Pflichtgefühl, Popularität infolge bedeutender Menschenkenntnis und Mcnschensreiindlichkcit. Eigentliche Seele der Erhebung gegen Napoleon. Starker Draufgänger, der sich stets auf sein Glück ver ließ, aber in seinem Uebereifer durch seinen Stabschef Gneisenau ge. zügelt werde» mußte. Und Gneisenau ist der Netter Kolbcrgs und später der Helfer bei Waterloo, der Blüchers geniale Pläne durch den Rückzug nach Wawre erst zur volle» Entfaltung brachte. Aber er war immerhin nur der Generalstabschcf und rangmäßig eben nicht so zu behandeln wie Vater Blücher. Nach dem Zusammenbruch mußte es einen Dichter vom Schlage Wolfgang Goetz' reizen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Was nützt es einem Helden, wenn man vielleicht 100 Jahre später einen Dampfer nach ihm benennt? Seine Taten müssen der Nach welt erhalten bleiben, seine Seele bloßgelegt werden. Und damit ergibt sich dann von selbst die Umwelt, die Welt des Schranzcntnms, die Welt der Widerstände. Was Goetz glänzend gelungen ist, ist das: einen Helden ohne Pathos z» zeichnen, ihm ins Innerste zu blicken. Er verfährt damit nicht mit jener Schonung oder Beschönigung, die man einstmals dem dramatischen Dichter ohne weiteres zubilligtc. Er zeigt auch seine Kanten und Scharten. Dieser Gneisenau ist in Wirklichkeit das Genie, Blücher nur mehr die populäre Attrappe, der Mann des Glückes, dem cs auch darum leicht wurde, einen Gneisenau zu er kennen und zu halten. .Hamlets Gemüt hat dieser Offizier, dessen Dämon das Genie Peinigt, dessen Genie ober selbst ein Dämon ist. Die Herrschaft der Schranzen, die den schwachen König dirigieren, gilt cs zu breche». Wenn die strategischen Maßnahmen GnciscnanS schlgeschlagen hätten, wie die der Berliner Herrschaften, da»» wäre der Hcld ein Hochverräter. Davor bewahrt ihn der Prcußengeist, der wirkliche, der der Geist der Deutschen sein sollte. Und wenn die Quelle dieses Prcußengeistcs nicht so oft getrübt worden wäre, hätte man längst das einige Deutschland, auf das allein es von jeher (und auch jetzt wieder) besonders ankonimt. Und Gneisenau hat die trüben Quellen trinken müsse». Clausewitz sagt einmal: „So lange er lebt: rin in den Kot, nachher da bauen sie sich in ihm Denkmal über Dcnk- nal. Cs war einmal einer, der hieß General Hoche und wechselt« seinen Name» sehr rasch um in Napoleon Bonaparte. Es ist einer, der heißt Gneisenau und wird in alle Ewigkeit Blücher heißen. Amen", fällt Gneisenau sarkastisch ein. Hier bat Goetz das Motiv deutlich gekennzeichnet, das ihn zur Wahl dieses Stoffes veranlaßte. Was Goetz aber nicht so recht gelang: das Technische, .Hand werksmäßige. Die ganze Handlung ist eine Unsumme von Episoden, viele davon ins Anekdotische, ja sogar allzu theatralisch Anekdotische abirrend. Trotz mancher Striche noch 17 Verivandlungen! Das zer splittert. Die Gegenspieler Gneiscnans sind dazu nur angedcntet. Porck z. B. gerät in falsche Bedeutung, Knesebeck wird zum üblen Höfling. Der Dichter wollte bei weitem zu viel geben. Der Rahmen, den er braucht, mußte ja weit gespannt sein. Aber er hätte i 'cbt über spannt werden sollen. Die Regie KiesauS war aufs Herausstellen der feineren Züge, aufs Psychologische angelegt. Im Anfang schien das Tempo zu sehr beschleunigt. Di« großen Szenen erhielten aber Plastik und fanden starken Beifall. Die Bühnenbilder sind vorzüglich gelungen. Der Zettel nennt 35 Personen. Begnügen wir uns »ii> der Ernwh- nung der Hauptdarsteller. Lind »er war der Titelheld. Etivas zu jugendlich für den Fünfziger, ober der überlegene Geist mit Ham lets Profil, Meyer weiß, mit welchen Mitteln man Vater Blücher lebendig macht. Sein Platt war wirksam. Deearli gab den Scharnhorst mit überzeugender Gradheit. Kottenkamps Uorck, Müllers alter Möllendorf, Wohlbrück als Clausewitz, Hoff man» als junger Scharnhorst seien noch rühmend genannt. Die anderen mögen sich mit dem ehrlich verdienten Gesamtlos begnügen. Das Publikum ging freudig mit und rief endlich stürmisch Regisseur und Hauptdarsteller. Zck. Die Rebe blühl Verehrter Leser! Holde Leserin! Ueberhaupt alle ihr Verehrer eines edlen rassigen Tropfens, der goldig im grünen Römer funkelt, Ihr, die ihr in fröhlichen Liedern dem köst lichen Sorgenbrecher des dreifach gesegneten Wcingottes Diony sius Lob uno Preis singet, haltet einen Augenblick zur Samm lung inne, damit unsere Wünsche sich in Inbrunst auf ein neues gutes Weinjahr vereinigen! Die meinspendenden Reben haben sich festlich angetan, es bereiten sich große Dinge vor: Die Rebe blüht. Laßt uns ihr ein« Epistel weihen! Und auf ein gutes AVblühen rin Glas zuvor! > Vom Weine selbst singen uns die Dichter, die echten wie die schlechten, aber über der herbstlichen Herrlichkeit der reifen den Beeren und Trauben vergessen die Poeten die Köstlichkei» der jungfräulichen Blütezeit, und doch ist es göttlich, oie Ge heimnisse des Liebeslebens der Reben ein wenig zu studieren. Wenn der Rebstock in seinem Blätterlaboratorium, das in Millionen von Zellkammern eingeteilt ist, mit wundersamem Geschick genug der lebendigen Sonnenstrahlen eingefangen hat, um die aus dem Erdboden hevbeigesäwflten Rohmaterialien — Wasser. Magnesia, Kalk, Kali, Schwefelsäure. Ammoniak. Phos phor- und Salpetersäure — und die aus der Luft aufgenom mene Kohlensäure in den fein grün tapezierten Chlorophyll- zellcn in Bau- und Lebensstofse, in Stärke, Eiweiß, Kohle hydrate und Protoplasma zu verivandeln. und wenn er in den Lenzmonaten eine genügende Menge dieser Lebensstofse an gesammelt hat, dann ist in normalen Fällen die Zeit erfüllt, da er sein Hochzeitskleid anlegt. Im Juni blüht die Rebe und verbreitet ihren würzigen ambrosigen Duft. In Weinbergen kann er, so behaupten zarte Frauen, bei starker Enl'altung und sonnenheißer Luit eine leichte Betäubung verursachen. Das sind die blumigen Geister, die aus den Blüten über den Winger! schwirren und mit den Trauben im Herbste in die Kelter fahren, sich dem Moste vermählen, im Fasse wilde Tänze aufsühren, dann aber ihr Icidenscl>aftliches Ungestüm bannen und klären, um schließlich als Fermente edelster 2R'geisternng die Mensch heit zu adeln. Hütet euch vor de» Geistern des Weines und den betäubenden Kobolden der Blüte! Hütet euch vor allen, ihr lieblichen Jungfrauen! .... Die wenigsten Menschen gönnen der kleinen unscheinbaren Einzelvlüle einen Augenblick! Aufmerksamkeit, und doch wie interessant ist ihre Minnezeit! Ganz anders als sonst pochen beim Wcinstock die Staub gefäße auf ihre männliche Wichtigkeit. Sie heben die fünf- blättrige Krone der Blüte, die wie eine Tarnkappe die kleine» Männchen unsichtbar macht, mit jugendlicher Kraft in die Höhe wie der bettlerische Bursch sein Dirndl im Tanz, und iversen sie über Bord. Was hat das zu bedeuten? Andere Pflanzen künden mit dem Verderben ihrer Blumenblätter das Ende der Hochzcitsfeierlichkeit an; die Traubenblüte mochts anders. Sie zeigt ohne sinnwidrige Verschämtheit ihre Reize frei und offen, owohl die zarten Staubfäden wie den jnngsräulichen slaschen- örmigen Stempel inmitten des Kclchbiättchens, und beide machen keinen Hehl aus ihrer Sehnsucht noch Befruchtung, nach
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