Volltext Seite (XML)
Nummer ISS — 27. Jahrgang Erscheint «mal wichentl.mil den Illustr. Gratisbeilagen .Die «eit' und .Für unsere Neinen Leute', sowie den Lertbetlagen .Et. Benno-BIatt'. .Unterhaltung und Wissen', .Die Welt der grau', .Aerzlltcher Ratgeber'. ,DaS gute Buch'. .Filmrunb- schau'. Monatlicher Bezugspreis 3 Mt. elnschl. Bestellgeld. Etnzelittimmer Iv 4. Sonnabend- u. Sonntagnummer ikä 4- Hauvtschrlstlelter- Tr. G. Desczhk, Dresden. HüchMe Douuerslag. den 21. Juni 1S28 BerlagSort, Dresden Anzeigenpreise, Die Igelvaltene Petitzctle SU 4. gamilien- «nzeigen ».Stellengesuche «1»4. Die Petitrellamezcil«, 89mm breit, l ^ Für Anzeigen außerhalb des VerbreiluugSgebieteS 4» 4. die Pelilreklamezeile I.SU^t. Offeriengeb.iru 4. Im Fall« höherer Gewalt erlischt iede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigen-Auflrügen u. Leistung v. Schadenersatz. Geschäsllicher Teil: Artur Lenz- Dresden. Volrsseitun iSeschüft-stell«, Drucku.Berlag , Germania. R.-G. sür Verlag imd Druckerei, Filiale Dresden, DreSden-A. I- Polierstraße l?. Femn,s2K>l2. Postlcheckkonio Dresden 9703. Bankkonto- Stadtbank Dresden Nr. «l71» Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen VolkSzettuna Dresdeu-Altsiad« 1 Polierstrafle i7. Feniru, 20711 >„,!> 21012. M SeMe Altisvllklei Ol M Die Umbildung -er preußischen Regierung ersk im Kerbst Berlin. 20. Juni. Gestern nachmittag haben fast sämtliche Fraktionen Sitzungen abgehalten, die sich mit der Frage der Regierungs bildung beschäftigten. Die sozialdemokratische Fraktion ist um S Uhr zusammengetreten. Demokraten und Bolkspartei um 4 Uhr, und die Reichstagsfraktion des Zentrum um 5 Uhr. Von den Fraktionen sind indes auch gestern keinerlei Beschlüsse ge- satzt worden, wohl in Hinsicht darauf, datz der Abgeordnete Müller-Franken erst am heutigen Mittwochnachmittag den Par teien eine Art vorläufiges Regierungsprogramm unterbreiten will, das dann erst Gegenstand konkreter Verhand lungen sein kann. In der Frage der Preußen Koalition scheint sich eine Einigung vorzubereiten. Gestern nachmittag 4 Uhr trat auch die Z e n t r u m s f ra lr t i o n des Preußischen Landtags zu einer Sitzung zusammen, um diese Frage zu erörtern. Die Zentrumsfraktion des Landtages stellte in einer Erklärung fest, das; eine Erweiterung der preutzischen Regie- rungskoalition nur in Frage kommen könne, wenn eine nicht zur Koalition gehörende preußische Fraktion den bisherigen Koalitionsparteien gegenüber ihren Wunsch zum Ausdruck bringe, in die Negierung einzutreten. Wie weiter verlautet, soll nunmehr auf Grund dieser Zentrumserklürung ein von der Deutschen Volkspartei des Preußischen Landiags ein gesetzter Ausschuß mit der Führung von Verhandlungen über die Regierungsbildung betraut werden und zunächst an den preußischen Ministerpräsidenten Braun herantreten. Auf diese Weise hofft man die Frage der Großen Koalition in Preußen In Fluß bringen zu können. Es herrscht die Meinung vor. daß Braun bereit sein werde, die Versicherung abzugeben, daß einer Ausnahme der Deutschen Volkspartei in die preußiscl-e Regie rungskoalition im HerbstdiesesIahres nichts im Wege stehen würde. Die Deutsche Bolkspartei soll andererseits bereit fein, sich mit dieser Justierung einer Erweiterung der preußi schen Regierung im Herbst abzusinden und die Forderung auf sofortige Große Koalition in Preußen fallen zu lassen. Falls sich diese Meldungen bestätigen, wäre eine der Hauptschwierigkeiten überwunden, die bisher dem Zustandekommen der großen Koalition im Reiche entgegen standen. In den Einzelsragen gilt es nunmehr, die ausglei chende Linie zu finden, die allein als Basis für ein Regierungs programm in Frage kommt. Die endgültige Formulierung des Regierungsprogrammes und die Regelung der personellen Fra gen dürste dann kaum noch größeren Schmierigkeiten begegnen. Mo H-üMfliui s- Der langjährige Leiter der Presseabteilung des Auswär tigen Amtes. Ministerialdirektor a. D. Dr. Otto Hammann, ist am Montag im Alter von 76 Jahren in Fürstenberg (Mecklenburg) gestorben. * Geboren am 23. Januar 1852 in Blankenhain (Sachsen-Weimar) studierte Otto Hammann auf den Uni versitäten Leipzig, Heidelberg und Jena die Rechte. 1875 Referendar, wandte sich Hammann jedoch bereits 1877 ganz der Journalistik zu. Er wurde ständiger Mitarbeiter der „Schlesischen Zeitnng", des „Hamburger Korrespondenten" und anderer Zeitungen. Reichskanzler von Caprivi berief ihn 1894 als Pressereferenten ins Auswärtige Amt. Bis 1916 hat er dann an der Spitze der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes gestanden. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst schrieb er seine Erinnerungen in Büchern nieder, die, wie „Der neue Kurs", ..Um den Kaiser" und „Der mißverstandene Bismarck" großes Aufsehen erregten. „Ser Mm -eil MMItm" Das Verhältnis zwischen Jugoslawien und Griechenland Merkliche Entspannung? Bukarest, 19. Juni. Die Zeitung „Independenee Roumaine", das Offiziell« Blatt der Regierung, bringt einen Leitartikel unter dem Titel „Jugoslawien und Griechenland". In diesem Artikel stellt das Blatt mit Freude fest, daß nach Athener Meldungen Verhandlungen zwischen Jugoslawien und Griechenland statt finden über die Regelung verschiedener Fragen. Das Blatt stellt fest, daß es Italien und insbesondere der Balkanpolitik, die in den letzten Jahren Mussolini geführt habe, zu danken sei, daß zwischen den Valkanländern im allgemeinen in der letzten Zeit eine Annäherung zu beobachten sei. Nach dem Kriege hätte Jugoslawien gegenüber Griechen land und Bulgarien zum Teil eine imperialistische Politik be trieben und habe zum Beispiel von Griechenland die Linie Monastir—Eewgeli gefordert. Italien habe es verstanden, aus den schlechten Beziehungen, die hieraus zwischen Griechenland und Bulgarien entstanden, gegenüber Jugoslawien Stutzen zu ziehen und Jugoslawien mit einem Netz von Feinden zu umgeben: im Norden mit Ungarn, im Osten mit Bulgarien und im Süden mit Griechenland. Daraufhin habe aber auch Bel grad seine Politik umgestellt. Man habe in letzter Zeit merken können, wie in den bulgarisch-jugoslawischen Beziehungen eine merkliche Entspannung eingetreten sei. Rumänien, bas als erstes Balkanland mit Griechenland schon einen Freund- fchaftsvertrag abgeschlossen hat, kann sich dessen nur freuen, da man dadurch eher zu dem Ziel kommt: der Balkan den Balkan ländern. Der italienische Gesandte Bordrero, der Belgrad noch nicht verlassen hat, hatte Montag nachmittag eine längere Unterredung mit Außenminister Marinkowitsch. Es wur- den die Verträge von Nettuno, die bekanntlich auf die Tages ordnung der Skupschtina gesetzt wurden, besprochen. Nach der Unterredung begab sich Marinkowitsch zum König und wurde von diesem in längerer Audienz empfange». Paris, 19. Juni. Der „Matin" veröffentlicht eine Unterhaltung seines Sonderberichterstatters mit König Alexander von Jugoslawien. Der serbische König betonte, es sei ein Irrtum, zu glauben, Jugoslawien sei ein vollkommen geeinter Staat von geringer Widerstandskraft. Jugoslawien sei friedlich gestimmt, da es genug zu tun habe, sein Land auf die Stufe moderner Zivilisation zu führen. Das jugoslawische Volk sei mit seinem Schicksal zufrieden. Jugoslawien verlange nichts anderes, als sich uneingeschränkt dem Werke des Friedens widmen zu können. Zum Schluß betonte der König Alexander die un veränderliche Freundschaft Jugoslawiens gegenüber Frankreich, das es ermöglicht habe, das serbische Gebiet bis zu seinen Volkstumgrenzcn auszudehnen. RMclll der ägyptischen Regierung London, 19. Juni. In politischen Kreise» Kairos ist man der Ansicht, daß die durch den Rücktritt des Finanzministers Mohamed Mahmud Pascha hervorgerufene Zuspitzung der Lage zu einem Rück- trit des Eesamtkabinetts führen wird. Wie der „Times"-Korrespondent ans Kairo meldet, ist das Rücktritts gesuch des Finanzministers gestern angenommen worden. Wegen der ernsten inneniolitischen Lage hat Ministerpräsident Nahas Pascha seine Europareise auf unbestimmte Zeit vertagt und erklärt, daß sich die Kammer nicht sür die Sommcrferien vertagen werde. Voischewifilsches Eherechk in Mexiko Havana, 19. Juni. Im mexikanischen Parlament ist der Gesetzentwurf zur Ein führung der Zeit ehe auf 1, 2 oder 3 Jahre eingebracht worden, dessen Annahme sicher erscheint. Es stünde demnach den Ehepartnern frei, eine Ehe auf unbegrenzte Zeit zu schließen, die nur durch eine richterliche Entscheidung geschieden werden kann, oder eine Zeitehe, die nach dem abgelaufenen Termin in «iue ständige Ehe verwandelt werden kan«. Stalins Sammlungsru? O. 2. Moskau, Mitte Juni. Wieder einmal drängt in Moskau das Thema Partei und Opposition sich in den Vordergrund politischer Unterhaltungen und Diskussionen im engeren Parteikreise. In einem andern Sinne allerdings als bisher: die Partei vor die Entscheidung stellend: unter welchen Voraus setzungen und Bedingungen ist die Wiederauf nahme Oppositioneller möglich oder gar wünschenswert. Läuft doch Ende dieses Monats die vom 15. Partei kongreß beschlossene sechsmonatige S p e r r f r i st ab. die der Zentralkontrollkommijsion für irgendwelche Entscheidungen über Wiederausnahmegesuche seinerzeit ausgeschlossener Oppositioneller gesetzt war. Mit dem scharfen Kampf gegen die Opposition war in Europa die Meinung verknüpft, daß Stalin als Gegenspieler die Partei in eine reformistische Richtung hin einlenke: daß Stalins Bestreben, zwischen seiner Politik und den oppositionellen Forderungen eine den Volksinassen unschwer sichtbare und breite Kluft zu bilden. Aber die innen- und beinahe noch mehr die außenpolitische Lage des Sowjetstaates waren seit Mitte vergangenen Jahres nicht danach, taktische Erfolge erzielen oder gar auch nur Vortäuschen zu können. Denn das war ja die Stärke oppo sitionellen öffentlichen Wirkens, daß die schon mehr als unbefriedigenden Verhältnisse im Sowjetstaat von den Arbeitermassen beachtete Auseinandersetzung überhaupt zuließen. War doch darüber hinaus die Opposition mit jedem Zuwachs ein in ihrem Wollen mehr uneinheitlicher denn geschlossener werdender Kreis, zu dem auch Elemente sich drängten, deren Motive schon stark außerhalb sach'icher Ueberlegung zu finden waren. Die wirkliche Tiefenwirkung der Oppositions- bewegrmg in Partei und Arbeiterschaft ist nur schwer zu loten. Die Abgeschlossenheit und Disziplin der Partei ge statten nur unter besonderen Umständen ein Verfolgen irgendwelcher innerparteilicher Vorgänge, während der harte und schnelle Zugriff gegen die Oppositionsführer die Agitationsauswirkungen bald erstickte. Daß aber Tiefen wirkungen, wenn vielleicht noch nicht vorhanden, so doch aber sehr befürchtet wurden, zeigen zwei mit ziemlicher Konseguenz durchgeführte Unternehmungen Stalins: die Abschreckungsmanöver einiger tausend Aus schlüsse mit ihren katastrophalen materiellen Folge erscheinungen für die übergroße Mehrzahl der Betroffenen und das gar n i ch t za g h a ft e Au f g r e i s e n opposi tioneller Forderungen bei der Durchführung ins besondere innenpolitischer Aufgaben. Die parteigericht lichen Verfahren gegen die rund 6009 Oppositionsverdächti- gen — an 3250 sind damit mit Ausschluß bestraft worden — und die scharfen Parteiresolutionen und Regierungs- beschlllsse gegen den Nep-Mann in Stadt und Dorf haben schließlich Stalin in der Partei und bei den Arbeitermassen den „Sieg auf der ganzen Linie" davontragen lassen. Was es heißt, von der Partei ausgeschlossen zu ftin, ist für den Fernstehenden kaum ermeßbar und bleibt unver ständlich demjenigen, der sich vom Wesen der bolschewistischen Parteiordnung und -gewalt keine Vorstellung zn bilden vermag. Die vielleicht bester erkennbare materielle und ideelle Lage des kleinen Gremiums oppositioneller In telligenzler kommt für eine Beurteilung der allgemeinen Sachlage ganz und gar nicht in Frage. Denn die Partei- Politik gegenüber dieser und als Parteiarbeiter gewisser maßen „zur Disposition" gestellten Führcrschicht ist eine völlig anders geartete als gegenüber der namenlosen Oppo sitionsmaste, die als Einzelindividuen bisher in die Ma schinerie eingefpannt waren und nun mit ihrer Ausschiffung mehr oder minder schroff der Existenzlosigkeit ausgeliofert wurden. Kein Wunder also, daß aus dieser Maste heraus, schon im Berfolg des Parteistrafgerichtes zahlreiche Widerrufe an die Parteiinstanzen gelangten, was dev Partei genügend Vorwände zu einer überlegt taktischen Behandlung der Opposition überhaupt und ihrer Rückkehr zur Partei im besonderen in die Hand gab. Den Widerruf der Namenlosen krönten nur zu bald die W i e d e r a u f n a h m e b i t t e n einer ansehnlichen Reihe bekannter und bekanntester Namen aus der Führer garnitur: wovon es besonders eilig hatten Sinowjew und Kamenew. Mit Pjatakow und anderen kamen später und mit der Zeit nicht wenige Trotzkisten zu der großen Rückkehrerschar hinzu. Sogar Nadek hat in Sibirien die Möglichkeit erspäht, in Moskau seine Bereit willigkeit zu einer Ortsveränderung auf den Moskauer Kreml hin anzudeuten. Nur Trotzki mit ganz wenigen ihm Folgenden schweigt sich aus und zeigt nicht die Spur Unterwe'rfungslust. Und ob es zutrifft, daß Trotzki vor dem nächsten Kominternkongreß erscheinen und über diese Ver sammlung die Rückkehr in die Partei vornehmen werde, muß sich wirklich erst noch zeigen. Zentralkontrollkommission und andere Parteikörper. Die heutig« Nummer enthält die Beilage „Unterhal tung und Wissen".