Volltext Seite (XML)
stummer 141 — 27. Jahrgang »riaetm Sinai wichen«, mit den illustr. «rattibeilage» ,D>e Welt' und .Für „nlere «einen Leut«', sowie de» Teilbeträgen .«t. Venno-BIatt', »Unlerhailung und Wissen'. .Dte Well der Fra»'. „Aerziiicher Ratgeber'. .Da» gute Buch'. .Ftlmrund. ichan'. Monatlicher B«,«g»prrt» 8 Mt. einschl. Bestellgeid. rtnjelnummer L« Z. Sonnabend- u. Sonntagnummer itv Z, Hauvtichristleller! Tr. <S. Lesezyk, Dresden. SachMe Sonnabend, den 23. Juni 1928 »verlagSortr Dresden Anzeigend reise, Die Igeivaitene Petttzetie ^.Familien, anzeigen u. Stellengesuche itNZ. Die PetüreNamezeiie. M mm breit. 1 ^ Für Anzeigen auherhaib de» VerbreiiungSgebieieS ckUZ. die PeiiireNauiezeiie 1 Offerlengeb.S« Z. Im Falle HSHerer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigen-Ausirügeu u. Leistung v. Schadeuersab. Äeschüstlicher Teil: Artur Lenz. Dresden. llolrsseiluna GeschästSftell«, Drucku.Aerlag- Germania.«^«, iür Verlag und Druckerei, Filiale Dresden, DreSden.A.1. Polierstrotze 17. FernnisülMS. Postscheckkonto Dresden L7Ü8. Bankkonto Etadtban» Dresden Nr «171» Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen BolkSzeituna DreSden-Allsiadl 1. Polierstratze t7. Ferurui 2071> und riolL Doch noch grotze Koalition? Äermann Mütter nimmt auf Wunsch -es Reichspräsidenten nochmals die Verhandlungen auf Mn liberal'-emokrallsches Wirtschaftsprogramm? Wir erhalten folgende Ausführungen, die infolge des Themas besonderes Interesse verdienen dürften. Als nach den Wahlen die Fusionsmöglichkeiten zwischen der Deutschen Volkspartei und der Demokratischen Partei wieder lebhafter erörtert wurden, namentlich aber, als Theodor Wolfs mit dem Gedanken einer „Großen Republi kanischen Partei" hervortrat, da waren sich die nichtlibe ralen Kreise des deutschen Volkes sehr bald darüber einig, daß alle diese Pläne nichts anderes seien als rationa- listische Konstruktionen, die nie zu einer macht vollen Massenbewegung, zu einer wirklich leistungsfähigen Partei führen würden. Anscheinend hat diese Skepsis in zwischen auch auf die liberalen Kreise selbst übergegriffen. Vor einigen Tagen hat der bekannte Professor I. M. Bonn im „Berliner Tageblatt" einen bemerkenswerten Artikel veröffentlicht, der von der Annahme ausging, es gäbe in Deutschland viel mehr liberale Menschen als die liberalen Parteien Wähler zählen, und es könne gelingen, diese angeblich vorhandenen liberalen Massen zu gewin nen, wenn ein hinreichend zugkräftiges Mittel gefunden würde. Professor Bonn sieht ein solches Mittel in der Schaffung eines neuen liberal-demokratischen Wirtschaftsprogramms und er meint, wenn man sich dabei der Erfahrungen der englischen Jungliberalen be diene, könnte auch bei den deutschen Massen ein neuer Glaube an die „liberale Demokratie" geweckt werden. Wir unsererseits halten den Hinweis auf den englischen Liberalismus so ohne weiteres nicht für berechtigt. Denn wir sind der Ueberzeugung, das; sich der englische Liberalismus vom deutschen in sehr wesentlichen Punkten beträchtlich unterscheidet. Der deutsche Liberalismus hat sich durch seine enge Verbindung mit der idealistischen Philosophie eines Kant, Fichte und namentlich eines Hegel von seinem ideenmäßigen Ausgangspunkt sehr weit ent fernt. Ec hat den ganz unliberalen Grundsatz der Staatsomnipotenz akzeptiert und sich durch seine allzu ausgeprägte Identifizierung mit dem Standpunkt und den Interessen des Großkapitals und der Großindustrie in einen immer größeren Gegensatz zur Volksmasse hinein- manöveriert. Der englische Liberalismus dagegen hat sich, selbst in seiner größten Ausprägung, im Manchester tum, konsequenter an seine Jdeengrundlage gehalten, er hat das Prinzip der Liberalität, des Schutzes und der Be freiung der unterdrückten Minderheiten, reiner vertreten und deshalb auch in den Massen des Volkes bis in die jüngste Zeit hinein eine größere Resonanz gefunden, als das beim deutschen Liberalismus der Fall war. Freilich hebt sich das Programm der junglibcralen Kreise Englands, auf das Professor Bonn hinwies, so sehr vom Wesen auch des englischen Alt-Liberalismus ab. daß die Frage berechtigt erscheint, ob man die Forderungen, die diese Kreise aufstellen, überhaupt noch liberal nennen kann. Es ist auch fraglich, ob das englische Programm jetzt noch früh genug kommt, um auf die Massen werbend zu wirken. Wir können uns vorstellen, daß diese Wirkung vor 15 Jahren größer gewesen wäre, und wir meinen, daß dieser Einwand in noch höherem Maße für die deutschen Liberalen seine Be rechtigung hat wenn sie das englische Beispiel nachahmen sollten. Die Masse des arbeitenden Volkes hat entweder in der christlichen Arbeiterbewegung oder im Sozialismus etwas gefunden, was ihr weiter entgegenkommt, als alles, was ein liberal-demokratisches Wirtfchastsprogramm bieten könnte. Wir haben schon erwähnt, daß sich das Programm der Jungliberalen in England sehr weit vom alten Manchester tum entfernt. Das kommt in seinen wesentlichen Punkten ganz deutlich zum Ausdruck. Die Manchesterleute hatten sich beispielsweise mit aller Entschiedenheit gegen den staat lichen Eingriff in das Wirtschaftsleben gewehrt, die Jung liberalen erkennen dagegen ein Eingriffsrecht des Staates dann an, wenn es sich darum handelt, der Mehrzahl der Staatsbürger eine größere wirtschaftliche Selbständigkeit zu geben. Die Jungliberalen wollen letzten Endes die Zahl der Eigentümer vermehren. Sie sind nicht unbedingt, wie das Manchestertum, gegen jede Monopol- oder Trustbildung, wenn sie auch das Prinzip der freien Konkurrenz in den Vordergrund stellen. Allerdings möchten sie die Kartelle und die Trusts einer sehr exakten Kontrolle durch den Staat unterwerfen, deren Wesen nicht in Verboten und Ein griffen, sondern in der Möglichkeit bestehen soll, gegebenen falls die öffentliche Meinung zu mobilisieren. Hinsichtlich der Lohn- und Gewerkschaftsfragen vertreten die Jung- liberalen Enalanks den Standvunkt. dak sowohl die Volks» Die heutige Nummer enthält das St. Benno-Blatt. D»» Sonntagsblat« sür dir Diözese «ritzen. Berlin, 22. Juni. Die Verhandlungen über die Regierungsbildung haben gestern eine neue Wendung genommen. In dem interfraktionellen Ausschuß, der bekanntlich aus 22 Mitgliedern bestand, ivar gestern vormittag keine Einigung über die strit tigen Punkte zu erzielen gewesen. Der Abgeordnete Hermann Müller schloß darauf die Verhandlungen und gab seine Absicht kund, ani Nachmittage dem Reichspräsidenten über die Erfolg losigkeit seiner Bemühungen Bericht zu erstatten. Nach dem Scheitern dieser Verhandlungen hat der Staats sekretär beim Reichspräsidenten, Meißner, den Abgeord neten Müller ausgesucht und mit Ihm eine längere Unterredung gehabt. Man nimmt an, daß Meißner einen Wunsch des Reichs präsidenten in dem Sinne ausgesprochen hat, es möge doch noch einneuerBersuch gemacht werden, ehe Müller seinen Auf trag zurückgibt. Hermann Müller Hai darauf eine Parterführer- besprechung eiuberufen, zu der lediglich die fünf Vorsitzen den der tu Frage kommenden Fraktionen hinzugezogen wurden. In dieser Besprechung ist es zwar nicht möglich gewesen, die vorhandenen Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen, man hat aber zunächst eine formulierte Feststellung der Punkte gefunden, die noch strittig sind. Es handelt sich danach nur noch um vier Punkte, nämlich um de» Panzerkreuzer, den Natio nalfeiertag an, 11. August, dte Steuerreform und die Umbildung des Preußischen Kabinetts. Die Fraktionsvorsitzendcn wollen heute vormittag diese vier Punkte ihren Fraktionen vorlegen. Inzwischen soll ein erneuter Versuch gemacht werden, die Verhandlungen in Preußen wieder aufzunehmen. Im Preußischen Landtag sotten nunmehr die Demokraten versuchen, zwischen der preu- wirtschaft, wie, auf lange Sicht, auch dte Unternehmer sich besser stellen, wenn durch höhere Löhne und niedrige Preise die Kaufkraft der Massen gehoben, der Massenkonsum ge fördert und so eine hinreichende Unternehmerrente gewähr leistet wird. Die Gewerkschaften werden als „ein unent behrliches Sicherungsmittel für die anständige Behandlung der Arbeitnehmer" anerkannt und ihnen darüber hinaus die Aufgabe zugewiesen, auch ihrerseits durch eine geeignete Politik auf die Steigerung der Produktionsergebnisse hin zuwirken. Die Vorschläge der englischen Jungliberalen, die wir hier nur ganz knapp skizzieren konnten, bedeuten zweifel los insofern einen Fortschritt, als sie eine Abkehr vom alten, intregalen Liberalismus erkennen lassen. Es ist nur die Frage, ob diese Abkehr einer neuen inneren Haltung oder nur einem parteitaktischen und wirtschastspolitischen Kalkül entsprungen sind. Die Frage ist für die Beurtei lung der Zukunftsaussichten dieses Programms außer ordentlich wesentlich.' Denn für die Masse des Volkes wird ein Programm niemals, wie Bonn es verlangt. Grundlage eines neuen Glaubens werden können, wenn sie die Ueber- zeugung gewinnt, daß es nur einer verstandesmüßigen Er kenntnis entspringt, die nicht Gemeingut aller werden kann. Es ist nicht so, wie es von intellektualistischer Seite gern behauptet wird, daß es allein auf den Erfolg des Handelns ankomme, sondern ebenso wesentlich ist die i n n e r e H a l - tungdes Handelnden. Die Motive geben nun ein mal den Zielen des Handelns ihr besonderes Gepräge, und wer einen neuen Glauben schaffen will, muß gerade auf eine innerlich fundierte, glaubwürdige und volkstümliche Begründung das Hauptgewicht legen. Das, was die Jung liberalen Englands an praktischen Taten verlangen, ist überdies, mag es auch für die Liberalen etwas Neues be deuten, absolut betrachtet, durchaus nicht neu, sondern altes Gemeingut der christlichen Soziallehren. Man lese die im Jahre 1891 erschienene Enzyklika „ksruna novarum" nach, und man denke an die alten Forderungen, die die Zentrumspartei bzgl. der Kartellkontrolle und des Soziallohns gestellt hat. Der Unterschied zwischen dem jung liberalen Programm und unseren Anschauungen liegt eben darin, das letztere aus einem tieferen religiösen Lebensgrunde und einem umfassenderen Sozialbewußtsein entspringen, während das Pro gramm der englischen Liberalen ohne Zweifel nur aus ökonomischen und Humanitären Erwägungen hervorgegan gen ist. Der deutsche Liberalismus würde, wenn er Bonns Anregung folgen würde, in noch viel geringerem Maße als der englische Liberalismus in der Lage sein, ein aktionsfähiges Wirtfchastsprogramm für die Massen zu schaffen. ßisäzen Regierung und der Deutsche» Volkspartei zu vermitteln. Die erste Fühlungnahme zwischen der demokraiischen und der volksparteilichen Preußenfraktion findet heute vormittag statt. Die Aussichten der Verhandlungen werden nunmehr all gemein günstiger beurteilt als bisher. Man glaubt, daß die »och strittigen vier Punkte bei gegenseitigem Entgegenkommen sich verhältnismäßig leicht beseitigen lassen werden. In der Frage des Panzerkreuzers wird die endgültige Entscheidung wahrscheinlich dem Kabinett überlassen werden. — Die Frak tionsvorsitzenden treten heute nachmittag erneut zu einer Sitzung zusammen, um auf Grund der Stellungnahme ihrer Fraktionen den Versuch zu machen, zu einer Einigung über die strittigen vier Punkte zu gelangen. Berlin. 21. Juni. Der Aeltestenrat des Reichstages beschäftigte sich heute mit der Zusammensetzung der Ausschüsse. Er konnte jedoch nicht zu einem Beschluß kommen, weil man noch keine Möglichkeit hat, die Mehrheitsverträge in den Ausschüssen so zu regeln, daß sie denen im Plenum entsprechen. Da 35 Mandate der Splitterparteien in den Ausschüssen keine Vertretung finden können, so würden in mehreren Ausschüssen bei der bisherigen schlüsselmüßigen Aufteilung der Sitze nach der Fraktionsstärke Sozialdemokraten und Kommunisten zusammen zwar keine absolute Mehrheit haben, aber doch jede Annahme eines Antrages verhindern können. Der Aeltestenrat wird sich am Freitag mit dieser Angelegenheit noch einmal beschäf tigen. Oberbürgermeister Dr. Adenauer, Köln, hat den Reichs tag zum Besuch der Pressa eingeladen. Der Aeltestenrat beschloß, daß der Reichstag dieser Einladung Folge leisten wird, sobald er in die Sommerferien aebe Säuberung Chinas von den Kommunisten Peking, 21. Juni. Wie aus Nanking gemeldet wird, erklärte der Minister präsident Tanschentschi der chinesische» Presse, daß die Re gierung beschlossen habe, eine Säuberung Chinas von allen Kommunisten vorzunehmen. Alle ausländischen Kommunisten sollen ausgewiese» werden. Die chinesischen Kom munisten werden schärfsten Verfolgungen aus-gesetzt, lieber den Russen Vorodin äußerte Tanschentschi. daß dieser sich außer halb des Nankinggebietes befinde. Die chinesische Botschaft in Moskau hat gestern die Fahne der südchiiresrschcn Negierung gehißt. General T sch i a n g k a i s ch e k hat sich nach Meldungen aus Schanghai nunmehr nach Peking begeben, um am Grabe Sunyatsens einen Kranz niederzulegen. Während seiner An wesenheit in Peking hofft er Gelegenheit zu haben, noch vor Zu sammentritt des nationalistischen Parteitages in Nanking die zwischen den Generalen Feng und Pen bestehenden Mei nungsverschiedenheiten zu schlichten. Tschiangkaischek hat von der Nankinger Regierung gleichzeitig den Auftrag erhalten, Sunyatsens Leiche nach Nanking zu bringen, wo sie feierlich beigesetzt werden soll. „Times" meldet: In Schanghai trat gestern eine von dem füdch ine fischen Finanzminister Svorig einberufene Kon ferenz zusammen, um die Möglichkeiten der finanziellen Sanierung zu erörtern. Außer den Vertreten! der Be hörden nahmen daran teil Bankiers. Fabrikbesitzer, Kauflcute und Inhaber von großen Warenhäusern. Eine solche Konferenz ist in China noch nieinals abgehalten worden, und ihre Aufgabe ist tatsächlich, sin Budget nach praktischen, kaufmännischen Grund sätzen zu entwerfen. Das japanische Kabinett hat beschlossen, 10 Millionen Pen für die japanischen Truppen in China zu bewilligen. Damit steigen die Kosten der chinesischen Expedition für Japan auf 16 Millionen Pen. Der Aufenthalt der japani schen Truppen in China ist brs zum ersten September dieses Jahres berechnet. Das Außeuministerinm erklärte, daß zur Bei legung des KonMtes in Tsinanfu nicht weniger als drei Monate benötigt werden. Das Kabinett beschloß, zunächst die japanische Gesandtschaft aus Peking nicht nach Nan-king zu über führen. Die Zeitung „Japan Advertisor" schreibt in einem vom Ministerium beeinflußten Artikel, daß Nanking noch eine zu schwache Organisation sei. um den Staat auszubauen und die Verantwortung für das Leben und den Befitz japanischer Bürger tragen.