Volltext Seite (XML)
den Staat bilden und tragen, sondern das Interesse des Geldsacks, der Wille des Kartells und der Wunsch des großen Herrn? Die einzige Wirkung, die ein Erfolg der Sonderparteien haben könnte, wäre die, datz die Mehrheit des Volkes — einem politisch-egoistisch organisierten Be- rnfsstande gegenüber steht immer eine starke Mehrheit der anderen — vor den Kopf gestoßen und zu Abwehr- Handlungen genötigt würde, deren Schwere durch Zorn und Aerger noch vermehrt würde. Was könnte auch eine reine Bauernpartei für ihre Anhänger tun. selbst wenn sie mehr als 15 Mandate erringt, wenn sie das Recht ge winnt, in den maßgebenden Ausschuß einen Vertreter zu senden? Was könnte es der Wirtschaftspartei nützen, wenn ihr selbst zwanzig und dreißig Mandate Zufällen? Sie würde genau so direktionslos sein wie bisher, und das, was eine ihrer Gruppe» wünscht, durch den Wider stand einer anderen ihrer Gruppen genau so illusorisch machen, wie sie es in den vergangenen Jahren so häufig getan hat. Am 20. Mai gehen Millionen von jungen Wäh- lern zum ersten Male zur Urne. Die Jugend ist idea listisch, aber das Alter ist es ebenso In dem Sinne, daß beiden das gleiche Ziel vor Augen schwebt. Der Unter schied liegt im Temperament und in der Erfahrung. Das erfahrene Alter erstrebt das Ziel mit tausend bedächtigen Schritten, die Jugend mit dem kraftvollen Sprunge des Kämpfers. Dieser Temperamentsunterschied darf nicht ausarten in Gegensätzlichkeit oder gar in gegenseitige Verachtung. Jugend und Alter sollen einander ergänzen. Die Jungen sollen in den Alten diejenigen sehen, die kämpfend gelernt haben, wie man dem Ideal im prakti schen Leben am nächsten kommt, und das Alter soll in der Iuaend den tatbereiten Nachwuchs erblicken, der einst seine Plätze einnimmt, der Anerkennung seines guten Willens und Sättigung seines geistigen Hungers ver langt. Solch gegenseitiges Verstehen und Fördern ver hindert. daß der natürliche Radikalismus der Jugend da hin drängt, bei der W"Kl sich dem politischen Radikalis mus anznschließen. Mir haben diese Möglichkeit nur wenig zu fürchten: die Zentrumspartei hat den jungen Menschen, die nach politischer Erkenntnis und politischer Tat verlangen, stets großes Verständnis entgeaengebracht. Das Zentrum sieht in der Jugend nicht das Unausgego rene. das Halbfertige, sondern das hoffnungsvoll Wer dende. Die Zentrumsvartei liebt ihre Jugend, und ihre Jugend möge beute diese Liebe dadurch vergelten, daß sie fortiäbrt in ihrem Eifer und in ihrer Treue. In demokratischen Blättern las man in diesen Tagen..auch die Frau sei mahlmüde geworden, auch der Frau sei es ziemlich gleichgültig, wie die Parlamente aus- seben würden, die beute gewählt worden. Wir glauben nicht, daß dieser Pessimismus auch für unsere Frauen seine Geltung hat. Die christliche, katholische Frau, die Frau, die das politische Geschehen mit Verständnis und Eifer verfolgt, weiß, wieviel in den kommenden Jahren auf dem Spiele steht. Sie hat gesehen, wie Freidenker- tum und Liberalismus gegen die christliche Ehe. gegen den schuft der Jugend vor verderblichen Einflüssen, aeaen die christliche Erhebung der Kinder und aeaen die Würde der Frau ibre Angriffe richtete, und sie hat erkannt, daß der Triumph der atheistischen Front nur verhindert wer den kann, wenn absg. was christl'ch denkt und fühlt, heute bingebt zur Wabl und der Partei seine Stimme gibt, deren Zweck und Ziel die Vorherrschaft des christ lichen Geistes in der Familie, in Wirtschaft und Staat ist. Heute darf es nur eine Parol» geben: Aus deine Stimme kommt es anl Keiner, ob Mann oder Frau, ob jung oder alt, darf seine Wahlpflicht versäumen. Dem Zentrum, der großen christlichen Volkspartei Deutsch lands. muß seine machtvolle Stellung erhalten bleiben. Darum jede Stimme dem Zentrum (Liste 3)! Wahlsiihrer Wann mahlt man? Am Sonntag, den 20. Mai, von 8 Uhr vorm, bis 5 Uhr nachm. Am besten ist es. frühzeitig zur Wahl zu gehen, da in den Nachmittagsstunden der An drang erfahrungsgemäß größer ist. Wer bis Schlag 5 Uhr nachm, noch nicht das Wahllokal betreten hat, darf sein Wahlrecht nicht mehr ausüben. Wo wählt man? In den durch öffentlichen Aushang bekannt ge gebenen Wahllokalen. Inhaber eines Wahl scheins, also solche Personen, die nicht an ihrem stnndigen-Mohnort das Wahlrecht ausüben, können jedes beliebige Wahllokal benutzen. Was nimmt man mit? Man nimmt ins Wahllokal mit 1. einen Blei stift, für den Fall, daß im Wahllokal keine Stifte ausliegen, 2. einen Personalausweis (Ein wohnerschein oder Reisepaß), um sich für alle Fälle ausweisen zu können. ^ Wie wählt man? Beim Betreten des Wahllokals erhält man den amtlichen Stimmzettel und einen Um schlag dazu. In jedem Wahllokal ist eine Wahl zelle, in der man unbeobachtet sein Kreuz in den Stimmzettel einzeichnen kann. In der Wahlzelle suche man auf den amtlichen Stimmzettel das Feld mit der Nummer3 und zeichne ein Kreuz in den Kreis ein, dersich am rechten Ende des Feldes be findet, so: Aenkrumsparlei Ten angekreuzten Stimmzettel steckt man in den Umschlag und gibt ihn dem Wahlleiter ab, indem man zugleich Name und Wohnung nennt. M WM -es Ml! WslW Eine Rede Dr. Köhlers eoplye «er ovm neuen nenysrag n in« Forderung «urf Fori» ige« Autzenpolittk al, Befreiungspolittk stellte Karlsrohe. 17. Mai. Köhler hielt gestern abenv im einer starken Zuhörerschaft rin« di« Spitz« der dem neuen Reichstag obliegenden großen Aufgaben in« ^ fiihrung der bisheri VerstSndigungs- und und weiter, ausfichrte, auf — inoerPolitischem Gebiet gelte es. die deutsch« Republik, die gesichert- und gefestigt vor uns steche, innerlich weiter »um wirklichen soziale« und demokratischen Volks st nat auszubauen. Die Stelbmvg des Zentrums zur Staatsform und den Farben des neuen Staates fei klar. Eine Neugliederung de« Reiches müsse unter allen Umständen kommen. Das Zen trum stche <ug dem Standpunkt, oatz diese Newgliederrmg aus föderativer Grundlage und nicht mit den Mitteln des Zwanges betrieben werden dürfe. Es sei bereit, am Umber» des Reiches tatkräftig mitznwirken, und sei davon überzeugt, dag gerade Süddeutschland in der Frage des Anschlusses Oester reichs an Deutschland eine geschichtliche Nolle zu spielen habe. Die Reform der Organisation der Reichsfinavtzverwaltung fei bereits ringeleitet, und er hoffe, schon in allernächster Zeit mit entsprechenden Maßnahmen hervortreten zu können. Nach der endgültigen Lösung der Reparationsfrage sei den Ländern und Gemeinden das Zuschlagsrecht zur Einkommensteuer wieder zugeben. Dringend notwendig sei ferner eine Reform des Wahlv e r fa h r e n s. - - Der Reichsminister verteidigte sodann seine Finanzpolitik ^ gegen die Kritik, vornehmlich aus denrokratischein Läger, und ferner seine Haltung in der Frage der Veamtengehälter. Di« Magdeburger Rede, in der er airf Wunsch des Deutschen Beamten- bun.des de-n Umfang der Erhöhungen der Grundgehälter ange- kündigt habe, sei in ihren Grund-ziigen vom Neichskabinett voll ständig Billigt gewesen, und die Vorlage selbst habe sich daran gehalten. Die deutsche Finanzlage sei angespannt, aber nicht ungesund. Es fei ihm gelungen, den Benwaltmigsaufwand des Reiches, der 1913 2,-1 Milliarden und 1926 2,5 Milliarden be trug, im Jahre 1928 <m 1,7 Milliarden herahzumindern. Groß« Schwierigkeiten bereiteten allerdings der außerordentlich« Etat betr« im deutschen Etat! Für die Feftsetzmw einer erträg lichen Reparativ,»»schuh» sei die Wlchrung der Kreditwürdigkeit riLkhaMo, ««schließen. Da» Reich und di« Lände« würden M daran tun, auch weiterhin von der Aufnah«« von Ausland» »en Anleihepol«,j, imleihen abzustb«. Die Führung in der «»ss« in den Händen de» Reiche» liegen. Zum Schluß wandte sich der Redner den kulturpolitische« Frage» zu. Das Reichsschulgesetz ßei fit« dad Zentrum ßz, kulturpolitische Aufgabe, die der Lösung entzogen««führt werde, müsse. Das Zentrum sei frei und unabhängig in den Wchi. kämpf gogaimen und halbe auch für die kommend« R«. aierungsbildung kein« Bindungen, von d«, Soqtaldeinolratte hoff« er. daß sie bei den Aufbauarbeiten d» nächsten Jahre ihre Kräfte positiv zur Verfügung stelle Am die Aeichsbahniarife - Die Reichsregierung stellt Rückfragen. Berlin, 19. Mal Z» dem Antrag der Reichseisenbahngesellschaft auf E,. Höhung der Tarife wird weiter berichtet, daß sich die an der Angelegenheit besonders interessierten Reichsministerien mit Zustimmung des Kanzlers dahin verständigt haben, daß dn Reichsverkehrsminister der Reichseisenbahngesellschaft vorläufig eine Zwischenantwort erteilen soll, in der weder eh, Zustimmung, noch eine Ablehnung ausgesprochen wird, sonder« lediglich einige Rückfragen gestellt werden. Di« Reichselsen, bahngesellschaft soll genauere Angaben über ihre Bilanz, über ihren Vermögensstand und vor allem auch darüber machen, ch die von der Reichseisenbahngesellschaft benötigten Mittel vor. läufig nicht durch Kredite statt durch ein« Tariferhöhung beschafft werden können. Skrefemamrs Befinden gebessert Berlin. 19. Mai. Ueber das Befinden des Relchsministers des Auswärtigen, Dr. Stresemann, ist gestern abend von den behandelnden Aerz, ten folgende Mitteilung ergangen: Das Befinden des Reichs, außenministers Dr. Stresemann hat Nch zurzeit so erheblich g«, bessert, datz voraussichtlich von weiteren Mitteilungen Abstan» genommen werden kann. In einer Versammlung der DBP. in München wurde bekanntgegeben, datz Dr. Stresemann in einem an v. Kardorss gerichteten Telegramm mitteilt, daß er nach seiner Wieöerhe«, stellung bestimmt noch in München «ine Rede halten werde. Der Krieg in China Mlklrill Tschangkaischeks? London, 18. Mal. Wie ans Peking gemeldet wird, hat Marschall Tschangtsolin den Befehl gegeben, di« Südtruppen auf beiden Fronten der Peking-Hanlau- und Tientfin-Pukau-Eisen- bahn anzugreisen. Der Entschluß zum Gegenangriff soll eine Folge der Ablehnung der von Tschangtsolin gemachten Friedeusvorschliige durch die Führer der Südtruppen sein. Di« Nordtruppen befinden sich zur Zeit in einer stärkeren Stellung, da die vorrüikenden Süd-Streitlräfte zahlenmützig schwach und da-aus eingestellt find, daß die Nordtrnppen weiter znrückgehen. Frühere Berichte über den schnellen Vormarsch drs Generals Feng aus Tientsin sollen unrichtig sein. Aus Nanking wird gemeldet, datz der in Nanking ein getroffene Marschall Tschiangkaischek der Regierung er klärt habe, er werde von dem Posten des Vorsitzenden der Kuo mintang zurlliktreten und auch den Oberbefehl über die be waffneten Strcitkräfte Südchinas niederlegen. Er habe seinen Rücktritt damit begründet, daß zwischen ihm und General Feng Meinungsverschiedenheiten beständen, wobei sich die Regierung auf die Seite des Generals Feng gestellt habe. Mar schall Tschiangkaischek habe gebeten, ihm di« Möglichkeit zur Ausreise nach Europa zu geben. Die Regierung hat dem Gesuch noch nicht stattgegeben. Tschangtsolin hat eine Erklärung veröffentlicht, in der es heitzt, er sei bereit, mit den Generalen der Eüdchinesen z» verhandeln, jedoch nicht mit Fengjusiang, weil dieser «in Verbündeter der Kommunisten sei. Nach einer Meldung aus Tokio sind in Tfinanfu etwa 199 EA-schäftsläden geplündert worden. Die japanis^n und chinesischen Behörden gehen bei der Unterdrückung der Ge waltakte gemeinsam vor. Nach einer Agenturmeldung aus Schanghai ist man über das Schicksal der deutschen Franzis kanermönche und Klosterschwcstern, die sich in Tfinanfu befinden, äußerst beunruhigt, da von ihnen seit einigen Taaen keine Nach richt mehr vorliegt. Das tschechische StaatsZubilüum Prag, 18. Mai. Unter starker Beteiligung fand in Prag aus Anlaß des 1ü Jahrestages des Kongresses der unterdrückten Nationen und der Maifeiern, die vor zehn Jahren in Prag stattgefunden haben, eine unter dem Protektorat des tschechoslowakischen National rates veranstaltete Fe st Versammlung statt. Zunächst sprach Abgeordneter Dr. Kramarsch über die Ereignisse vor zehn Jahren, während des Weltkrieges und über die tschechische Erhebung gegen Oesterreich Dann sprach der tschechoslowakische Gesandt« in Paris, Dr. Stephan Osuski. Er betont« di« Be deutung des Kongresses der unterdrückten Nationen im Jahre 1918 in Rom. Damals seien die Tschechen und die Slowaken völlig einig gewesen und hätten gemeinsam ihren Entschluß be kannt gemacht, daß st« für immer zusammen!« ben und auf den Trümmern der Monarcki« ein Staatssystem aufbauen wollten, das für den Frieden Mitteleuropas ein Vollmerk dar- stell«. Deshalb seien die Maifeiern 1618 in Prag zu einem Er eignis geworden. Dann wandte sich der Redner den Erenzfragen in Mitteleuropa zu und führte u. a. aus, datz vom wirt schaftlichen, ferner vom verkehrstechnischen und vom straic-MM Standpunkt aus die tschechoslowakische Donaugrenze eine Existenzfrage des Staates sei. Die Friedenskonferenz hebe anerkannt, datz die Tschechoslowakei auf der Donau basiere» müsse. Damit sei auch die Zugehörigkeit von Pretzburg ent schieden, Er sei davon überzeugt, daß der Feldzug gegen di« Donaugrenze, namentlich der Schüttinsel gelte und somit der Slowakei selbst. Di« Grenzen der Tschechoslowakei seien ans der Friedenskonferenz bestimmt worden und sie hielt« die Wacht an der Donau. Unter den Anwesenden bemerkte ma« neben mehreren Ministern auch Dr. Krofta, ferner den fran zösischen, den südslawischen und de» polnische» Gesandten und einen Vertreter der italienischen Gesandtschaft. vegma des Schachty-Ikozesses Kowno, 18. Mai. Aus Moskau wird gemeldet, daß heute vor Beginn dn Prozesses die Abteilungen der E. P. U. den Prozeßsaal besetzten. Um 8 Uhr vormittag» wurden die Gefangenen in den Prozeß- saal gebracht. Der Borfitzende Wischin ski wies in seiner Ansprache auf die politisch« Bedeutung des Prozesses hin. Der Saal ist überfüllt. S» find das Diplomatische Korps und di« ausländische Presse besonder» zahlreich vertreten. Moskau, 18. Mai. Der Angeklagte Brqtanowski, der behauptet hat, deutsche Firmen hätten Bestechungsgelder gegeben, wodurch be- sonders die Firma Knapp belastet wurde, und der Ange klagte Matow, der den Werdegang der Verschworerorgani- sation mit allen Einzelheiten zugegeben hat, haben darum er sucht, datz der ihnen zugeteilte Offizialverteidiger Muraw jew durch einen anderen ersetzt werde, da sie befürchteten, Murawjew könnte ihre Geständnisse abschwächen. Der Vertei diger habe nämlich wiederholt darauf hingewiesen, daß den An- geklagten die Todesstrafe drohe, und versucht, sie im Interesse der anderen Angeklagten zu einer Milderung der ge machten Aussagen zu bewegen. Der Oberste Gerichts. Hof hat in einer Sondersitzung beschlossen, den Verteidiger Murawjew durch einen anderen zu ersehen. Ausdrücklich sei be merkt, datz sich die Anklage im wesentlichen auf die Aussagen Vratanowskis und Matows stützt. Äeuker Die Welt (Illustrierte Wochenbeilage) Unterhaltung und Wissen Turnen. Sport und Spiel Jilmrundschau