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Nummer 110 — 27. Jahrgang itlillicmi «,nm> wöchenll. mit de» lllnür. cürattsseilnyen „Di, »c i' und .Für »nlcre Uetnen Leute', lowte den Lei,lbeIIayc.r ,L>. : enuo-BInU'. .Unterhaltung »nd Wisse»'. »Die Wett der gm.' .Aerzllicher Statgeber'. .Da» gute Buch' .Fllmrnnd- >chau'. Monatlicher Bezugspreis S Ml. einichl. BelteNgeld, riuieltimumer lt» 1. Sonnabend, n. Sonutagnummcr »v 1- HaubllchrMleiter- Tr. G. D«Sc,t>k. Dresden. LüchMhe Dienstag, den 15. Mai 1S28 VerlagSortr Dresden Anzeigenpreise! Die Igelpaltene Petttzetle !t» 4.FamiIien- anzeigen «.Stellengesuche SV1. Die Petitieklomezeil». 8»mm breit, l Für Anzeigen auherhalb des Verbrcitui gSgebietes 1« z.die PelilreNamczeile I.!kt>^. Offerlengeb.lr» Y.Im Falle höherer Gewalt erlischt ,ede Bervllichtung aus Lieferung sowie Crsüllnng v. Anzeigen-Aultrlsgen u. Leistung v. Schadenersatz. GeschSstlicher Teil: Artur Lenz, Dresden. NielchästSftell«, Drucku.Bcrlag! Germania. A.-G. uir Berlag und Dnickcrei. Filiale Dresden. Dresden,«. 1. Polierslraszet?. Feniri»2lvl2. Postichecklonto Dresden 77'" Baussonto Ltodtba»' Dresden Nr «1719 Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen ivolkszritnn« DreSden-Mtstadt l Polierstratze 17. Feriwui 2M1I »ns?IN>a. Religion und Siaal in Rußland Bor neuen Religionsverfolgungen. Angesichts der immer mehr um sich greifenden Verfolg-ungsmaßnahmen der sowjetrussischen Regierung möchten wir es nicht verfehlen, unsere Leser aus be rufener Feder einen klaren Einblick in die nach den eben erst beigelegten Auseinandersetzungen mit der griechisch-orthodoxen Kirche wiederauslebende Religions- lickämpsung auch der römisch-katholischen Geistlichkeit in Russland tun zu lassen. „Neiigon ist Opium für das Volk", steht in grossen Lettern über dem Roten Tor in Moskau. In den ersten Jahren nach der Revolution versuchte die Sowjetregierung mit Zwangsmassnahmen eine „Entziehungskur" am russischen Volke vorzunehmen. Auf keinem anderen Gebiete des Geistes- und Wirtschaftslebens steht jedoch die Sowjet- regienuig vor einem solchen Mißerfolg wie auf dem der Religion Nachdem kommunistische Jugendbündler in den Zähren 1018—1920 mit Gewalt in Kirchen eindrangen, die Gläubigen belästigten, die Geistlichen misshandelten, musste die Sowjetregierung die antireligiöse Kampagne selbst ab blasen. Die Sowjetbehörden und Parteiorgane wurden angewiesen, bei ihrem Kampf gegen die Religion „takt voller" als bisher vorzugehen und die Gefühle der Gläubigen nicht unnötig zu verletzen. Es wurde in ven letzten Jahren, insbesondere nach der äußeren Ver söhnung der griechisch-orthodoxen Kirche mit der Sowjet- regiernng, still um den Kampf gegen die Religion im Sowjetstaat. Das diesjährige Osterfest, das in Sowjetrußland von allen kirchlichen Feiertagen stets mit besonderem Prunk gefeiert wird, hat die antireligiöse Welle in der Partei wieder ansteigen lassen. Die offen- lundige Frömmigkeit großer Massen, darunter auch weiter Arbeiterschichten, ließ in Parteikreisen die Befürchtung ent stehen, daß die Gegenrevolution, die man heute überall sieht, auch in den Kirchen ihr Nest baut. Tatsache ist, daß die religiöse Bewegung in Rußland in letzter Zeit wieder sehr an Stärke ge wonnen hat. Während in der ganzen Sowjetunion der sogenannte Verband der Gottlosen nur 193 000 Mitglieder zählt, entfalten die Religionsgemeinschaften eine immer größere Aktivität. Beispielsweise erschienen 1926 in der Ukraine nur sechs religiöse Zeitschriften,' heute sind es elf mit einer Gesamtauflage von 33 000 Exemplaren. Im letzten Jahr haben die ukrainischen Kirchengemeinden 77 religiöse Bücher und Broschüren in einer Auflage von insgesamt 8,8 Millionen Exemplaren herausgegeben. Aus dem Auslande wurden in wachsender Anzahl kirchliche Schriften, Gebetbücher und dergleichen eingeführt. Auch unter der Arbeiterschaft greift die religiöse Bewe gung um sich. Mit großer Erbitterung teilt die Sowjet preise mit, daß beispielsweise auf der Fabrik mit dem stolzen Namen „Kommunistische Vorhut" im Gouverne ment Wladimir von den 10 000 Arbeitern sich 2000 der Kirchengemeinde angeschlossen hätten. Als Mitglieder des Kirchenvorstandes fungieren mehrere Kommunisten, darunter sogar der Vorsitzende des Bezirksexekutiv- komilees. Auf der Fabrik selbst zählt man nur 20 „Gott lose". In einem anderen Jndustriegouvernement, Iwa- nowo-Wosnessensk, bestehen 660 Ncligionsgemeinden mit 171300 Mitgliedern, während die Zahl der Gottlosen nur M beträgt. Aus zahlreichen Industriezentren kommen Meldungen, daß die Arbeiter sich gegen die Verbreitung der Verbandszeitschxift der Gottlosen wenden. Stark verbreitet ist in der Sowjetunion auch das Sektcnwesen. Die Zahl der Mitglieder der religiösen Sekten ist im starken Steigen begriffen. Vor der Revo- lution betrug die Zahl der religiösen Sektierer im alten Rußland nur etwa eine halbe Million, jetzt gibt es aber mehr als vier Millionen Sektierer. Die Verbreitung des Sekienwesens erklärt sich vor allem durch die Schwä chung der Autorität d e r griechisch-orthodoxen Kirche, die aus Existenzgründen erniedrigende Kom- uromisse mit der Regierung schließen mußte. Sehr be sorgt äußern sich die Sowjetblätter über das organtsato« iijihe Geschick der Religionsgemeinschaften. „Die religiösen Gemeinschaften", so schreiben die „Jswestija,", „entwickeln cine fieberhafte Tätigkeit. Es werden von ihnen reli- giousgeschichiliche Fortbildungskurse veranstaltet, religiös« Literatur herausgegeben, Diskussionsabende organisiert und dergleichen." Besondere Aufmerksamkeit wende di« .Kirche den Frauen und Kindern zu. In einigen Gouverne ments sollen bereits im Gegensatz zum Komsomol, dem kommunistischen Judenbund, „C h r i st o m o l " - V e r- kände, d. h. Vereine der christlichen Jugend, gebildet worden sein. Die „Agiiationszentrale der Popen", wt« sich das Eewerkschaftsblatt „Trub" ausdrückt, ist eifrig am Werk, um „die Errungenschaften der proletarischen Revo- lution" zu vernichten. Diese wachsende Aktivität der Religionsgemeinschaft scheint in Rußland wiederum einer Aera der Relt« »ionsv« rLsül g.» v a «L. he?"k"inr>ts«n. ist alle« Der Marsch aus Peking Tschangtsolin zieh! sich nach -er Mandschurei zurück — Die japanisch-chinesische» Feindsettgkeilen eingestellt Tokio, 11. Mai. Auf Anordnung des japanischen Kriegsministers wird die japanische Offensive in China mit der Besetzung der Tsiansu — Schanluug - Bahn vorläufig eingestellt. Gleichzeitig werden der Nankingreqierung folgende Forderun gen vorgelegt: Voller Ersatz für jeden Materialschaden sowie Bestrafung sämtlicher an diesen Zerstörungen beteiligten Solda ten und Offizieren. Sollten diese Forderungen angenommen werden, wird sich Japan mit der soweit besetzten Zone als Sicherheit für die Erfüllung seiner Ansprüche begnügen. Die von China vorgeschlagene Vermittlung des Völkerbundes wird abgelehnt. Der Premierminister Tauaka erklärte der Presse, daß er den zuständigen Behörden Weisungen erteilt habe, damit die Angelegenheit von Tsinanfu auf diplomatischem Wege geregelt werde, da jede unmittelbare Gefahr nunmehr beseitigt sei. Eine Einmischung Amerikas würde den bestehenden Verträgen widersprechen. Trotz des Eingreisens der Japaner haben dieSüdtrup - pe n inzwischen ihren Vormarsch aus Peking fort gesetzt. Nach Einstellung der chinesisch-japanischen Kämpfe rückt die Südarmee nunmehr in überraschender Schnelligkeit gegen Peking vor. Mongolische Kavallerietruppen wurden süd lich Tientsins gesichtet. Der Hauptteil der SUdarmee hat in großem Bogen das von den Japanern besetzte Tsinanfu umgan gen. Die Truppen Tschangtsolins haben neuerdings an verschie denen Stellen Widerstand geleistet. Ein neuer Konflikt wird befürchtet, da japanische Truppenlandungen zum Schutz Pekings bevorstehen. Der Ministerpräsident der Pekingregierung hat tm Namen des Marschalls Tschangtsolin an das Volk einen Ausruf gerichtet, in dem erklärt wird, daß die Regierung die A b s i ch t habe, mit dem Süden Frieden zu schließen. Der Norden habe keine Absichten aus das ber Südregierung unter stellte Gebiet. Tschiangkaischek wird zu einer Besprechung cin- geladen, um die Möglichkeiten des Friedensschlusses zu erwägen. — Der japanische Gesandte erklärte, Japan wäre bereit, die Rolle des Vermittlers zwischen dem Süden und dem Norden zu übernehmen, um den Bürgerkrieg beizulegen. Die Nanking-Regierung hat Verhandlung«» mit d« Peking-Regierung über die Einstellung des Bürgerkrieges a»7 gelehnt. Sie erklärte, Peking unterstütze die Maßnahme« Japans gegen die südchinesische Regierung. Sie werde den Feld zug weiter sortsühren. — Tschangtsolin soll nunmehr die Absicyb habe», Peking auszugeben und den Rückmarsch nach de? Mandschurei anzutreten. Mussolinis Parlamenlsresorm Annahme iin Senat. Rom, 11. Mai. Das Gesetz über die Resorm der Volksoer. tretung wurde am Sonnabend vom Senat angenom- m e Bei der namentliche» Abstimmung stimmten 1K1 Sena toren für und 15 gegen das Gesetz, bei der geheimen Abstimmung hatten 138 dasür und 49 dagegen gestimmt. In der Aussprache erklärte Mussolini, das Gesetz sol eine Folge der Lage, die sich in Italien herausgebildet habe Die große gesetzgeberische Neuerung üer faschistischen Revolutios sei die Anerkennung des Syndikats als Glied des öffentlicher Rechts. Das Syndikat stehe nicht außerhalb des Staates, s« auch nicht gegen ihn gerichtet, sondern stehe im Staate „nt könne ihn deshalb auch vertreten. In einem Parteistaate sek das Volk auch nicht souverän. Dabei mies er auf den Fall, i» dem 35 Parteien das Volk aussorderten, bei der Wahl sein« Souveränität auszuüben. Alle Staaten der Welt litten unte« der gleichen Zersplitterung politischer Kräfte. Das all« g e m e i n e Wa h l r ech t sei e i n H i r n g e s p i n st und zeitig« immer zufällige Ergebnisse. Weiter verwies Mussolini auf dev Artikel 27 der Erklärung der Menschenrechte, nach dem all« Verfassungen änderbar seien, weil kein Geschlecht berechtigt sei nachfolgende Geschlechter seinen Gesetzen zu unterwerfen. Ewig« Gettung hätten nur religiöse Gesetze. Zum Schluß leitete Musso. lini aus einem geschichtlichen und politischen Vergleich zwischen dem Italien von einst und von heute die Rolwendigkeit de« Parlamentsreform ab. vlngs nicht anzunehmen, baß die Verfolgung der Glaubens, gemeinschaften so starke Formen annehmen wird wie in den ersten Jahren nach der Revolution. Aus den Aeuße. rungen der Sowjetblätter ist jedoch zu ersehen, daß der Kampf gegen die „VandeL im Priesterrock" jetzt wieder mit größter Schärfe geführt werden soll. Bereit» während des diesjährigen Osterfestes veranstalteten die Moskauer Gewerkschaften einen Karnevalszug, der als Ver ächtlichmachung der religiösen Gebräuche gedacht war und auf die Arbeiterschaft Eindruck machen sollte. Die Mos kauer Blätter müssen ^ber selbst zugeben, daß weder dieser Karnevalszug noch die Veranstaltungen der Arbeiterklubs in der Osternacht von Erfolg gekrönt worden sind. Mit steigender Besorgnis meldet die Sowjetpresse, über die „religiöse Propaganda" der Glaubensgemein schaften. Besonders bemerkenswert ist, daß Meldungen über die Erfolge der religiösen Propaganda auch aus dem Leningrad«! Gebiet, einer überwiegend industriellen Ge gend, kommen. Beispielsweise sind im Bezirke Now gorod in allerletzter Zeit sechs neue Kirchen erbaut worden. Die Religionsgemeinden entsenden sogar junge Geistliche nach dem Auslande zu Studienzwecken. Aus vielen Gebieten werden zahlreiche Austritte aus der Kommunistischen Jugendorganisation (Komsomol) un ter dem Einfluß der Geistlichen gemeldet. Als Kurisorium wäre zu erwähnen, daß beispielsweise im Bezirk Gdow in Nordwestrußland in einem der Dörfer von den zwölf kom munistischen Jugendbündler« sechs im Kirchenchor mit fingen. Die Sowjetpresse behauptet, daß die Tätigkeit der Neligionsgemeinden sehr oft einen gegenrevolutionären Charakter trage. Es seien bereits Fälle von Brandstif tungen von Sowjetschulen zu verzeichnen. Scharf ange griffen werden in der Sowjetpresse auch die Klöster, die unter dem Deckmantel von hausindustriellen Arbeits gemeinschaften weiter bestehen. Mit Entrüstung weisen die „Jswestija'' darauf hin. daß in den Klöstern noch immer Bilder der Zaren und Großfürsten hängen. Di« Gewerkschaften, sowie die Parteiorgane haben Richtlinien erlassen, wonach die antireligiöse Pro paganda, auch auf dem flachen Lande. verstärkt werden loll. Rebe» diel« «ovaoandtUsche» Aktie»» lebt die S-owjetregierung ihre Bemühungen fort, die Geistlich keit der einzelnen Bekenntnisse in sich zu spalten. Neue «j dings hört man aus Charkow, daß sich innerhalb der römisch-katholischen Geistlichkeit in der S o w j e t u k r äi n e eine sowjetfreundliche Gruppe ge bildet hat, die in der ukrainischen Presse eine Erklärung veröffentlichte, daß angesichts der von der Eowjetregierung gewährten vollen Freiheit des religiösen Bekenntnisses eine sowjetfeindliche Haltung der Geistlichkeit nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Einen bedeuienden Teil der römisch-katholischen Geistlichkeit müsse aber, so heißt er in der Erklärung, der Borwurf gemacht werden, daß sie nicht nur auf ihre Gemeinden im sowjetfeindlichen Sinne einwirkten, sondern auch mit der polnischen Negierung Ber. btndungen unterhielten. Die Unterzeichner dieser Erklä rung sind ihrer Nationalität nach sämtlich Polen. Der Hinweis auf die Verbindung mit der polnischen Regierung zeigt mit größter Deutlichkeit, daß zur Be- kämpfung der Religion auch die Anklage wegen Landes.« verrat eventuell Verwendung finden könnte. Tatsächlich befinden sich bereits 6 0 katholische Geistliche, zu meist polnischer Nationalität, in Sowjetgefäng, nissen. Zwölf von ihnen sind auf den berüchtigten Sole- wetzki-Jnseln im Nördlichen Eismeer untergebracht, wo sich in einem Konzentrationslager außerdem noch gegen 10 »00 Gefangene befinden sollen. Die Zustände in dem Kon zentrationslager sollen sehr schlimm sein. Bor einiger Zeit fand vor dem Obersten Gerichtshof der Sowjetunion ein Prozeß gegen den katholi > chen E e i st l i ch e n Skalski, einem Polen, statt, der einer systematischen Un terstützung der polnischen Spionage in der Sowsetukraine beschuldigt wurde. Skalski gehörte zu den führenden Per sönlichkeiten der katholischen Kirche in der Ukraine. Er soll auch gegen die antireligiöse Propaganda der Sowjetregie- rung in seinen Predigten Protest erhoben haben. Der Prozeß endete mit einer schweren Gefängnisstrafe, und nach wenigenWochen meldete die Sowjetpresse, daß Skalski „in einem ukrainischen Gefängnis verstorben" sei. — Sehr bezeichnend ist, daß die Sowjetpresse in letzter -eit fast Eich Meldunaen über den wachsende»