Volltext Seite (XML)
Wahlpflicht lfl Christenpflicht! Im folgenden Artikel finden wir die in den christ- " " " '^ ^ n Auffassungen über Arbeiter scharf her- Die Staatsgewalt geht vom Volke aus! So lautet der zweite Satz im Artikel 1 der Deutschen Reichsverfassung. Und im Artikel 5 heißt es weiter, daß diese Staatsgewalt in Reichsangelegenheiten durch die Organe des Reichs, in Landesangelegenheiten durch die Organe der Länder aus- geübt wird. Der zweite und dritte Abschiritt der Deutschen Reichsverfassung behandeln diese Organe. Zuerst kommt der Reichstag. Der Reichst- besteht aus Abgeordneten des deutschen Volkes. Die Abgeordneten sind nur ihrem Gewissen verantwortlich und an Aufträge nicht gebunden. Sie werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und ge heimer Wahl von den über zwanzig Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Die Wahldauer des Reichstages ist auf vier Satire festgesetzt. Neben dem Reichstag stehen der Reichs präsident und die Reichsregierung. Der Reichspräsident wird vom ganzen deutschen Volke gewählt. Sein Amt dauert sieben Jahre. Wiederwahl ist zulässig. Die Reichsregierung besteht aus dem Reichskanzler und den Reichsministern. Der Reichskanzler und auf seinen Vor schlag die Neichsminister werden von, Reichspräsidenten er nannt und entlassen. Zu ihrer Amtsführung bedürfen sie des Vertrauens des Reichstages, was wiederum bedingt, das; hierauf schon bei der Ernennung der Reichsregierung Rücksicht genommen wird. Die Aufgaben des Reichstages, des Reichspräsidenten und der Ncichsregierung sind in der Deutschen Neichs- uerfassung im einzelnen genauer beschrieben. Diese Aus gabenverteilung zeigt uns, welchen Weg die vom Volke aus gehende Staatsgewalt nehmen mutz. In einem Staats- wesen mit über «lü Millionen Einwohnern kann dieser Weg selbstverständlich nicht direkt sein. Wenn jeder von uns sich direkt an der Reichsgewalt beteiligen wollte, gäbe es bald nur noch Negierende. Seine Staatsgewalt übt das Volk auf indirektem Wege aus. Wir brauchen hier gar nicht zu untersuchen, ob das deutsche Volk von diesem Recht den ge hörigen Gebrauch macht oder nicht, ob es in allen Teilen für die Ausübung dieser indirekten Staatsgewalt reif ist oder nicht. Die einfache Tatsachenfeststellung, datz es so sein könnte, genügt uns. Wenn es aber so ist. dann ergibt sich für jeden von uns, datz wir auf die Zusammensetzung des Reichstages, also jene Stelle, wo Volksmeinung und Volksstimmung bei der staatlichen Gesetzgebung beständig gewogen werden müssen, den größten Einfluß zu nehmen haben. Wenn es so ist. dann können uns als Gewerkschaftler die Reichstags- und Landtagswahlen nicht gleichgültig sein, dann müssen wir uns nicht nur kritisch mit den einzelnen Parteien aus- cinandersetzen, unter deren Namen die Abgeordneten ge wählt werden, wir müssen uns auch die Kandidaten der einzelnen Parteien nnsehen. Drei Wochen trennen uns jetzt von dem Eroßwahltag, der uns nicht nur einen neuen Reichstag, sondern auch eine neue Neichsregierung bringen wird. Wir alle haben Ein slutz auf die Zusammensetzung der Neichsregierung. Daraus ergibt sich unsere Wahlpflicht. Wahlpflicht ist Bürgerpflicht, ist Christenpflicht. Nichts ist verhängnisvoller als die Meinung, es werde sich alles zum Bessern wenden, wenn wir Wahlenthaltnng üben. Treffend bemerkt die Zeitschrift des Deutschnationalen Handlungsgchilfenverbaiides „Deutsche Handelswacht" lNr. 3, 1928) dazu: „Wir halten einen Wahlstreik für eine völlig verfehlte Maßnahme, die unter Umständen zu einem namenlosen Unglück für Volk und Vaterland werden kann. Der Wahlstreik befestigt die Stellung der Sozialdemokratie. Mir vom DHV. machen den Wahlstreik nicht mit." Diesen Aorten können wir uns aus voller Ueberzeugung an- schlietzen. Ein christlicher Gewerkschaftler hat es sich sehr wohl zu überlegen, ob er dur-b Wahlenthaltung indirekt die Position der marxistischen Parteien stärken will, jener Parteien, die nicht nur geschworene Feinde seiner christlichen Weltanschauung, sondern auch Feinde seiner gewerkschaft lichen Kampfziele sind. Die christlichen Gewerkschaften sind parteipolitisch neutral. Daraus geht hervor, daß sie sich nicht einseitig für eine bestimmte Partei einsetzen, sondern daß sie ihren Mit gliedern gestatten, in all jenen Parteien ihre politische Heimat zu suchen, deren Programm und Ziel mit dem Pro gramm der christlichen Arbeiterbewegung zu vereinbaren ist. Daß zu diesen Parteien nie und nimmer die marxistischen Parteien in Deutschland zu zählen sind, ist klar. Die Sozialdemokratie versucht jetzt zwar, die christ lichen Arbeiter zu sich herüberzuziehen. Gelingen wird es ihr nicht. Auch nicht am 2V. Mai. Treffend formulierte Joos Pfingsten 1927 auf dem Kongreß der Katholischen Arbeitervereine den Gegensatz unserer Weltanschauung gegenüber dem Sozialismus. Er sagte: 1. A u s g a n g u n d E n d p u n k t unseres Denkens ist ">ott. der Schöpfer aller Dinae. Von ihm erhält alles Wohin soll das führen? Erhöhung -er Kohlenpreise — Der Antrag aus Erhöhung -er Reichsbahnlarife beim Reichsverkehrsminisler eingereichl Berlin, 3. Mai. Der Neichskohlenverband und der große Ausschuß des Reichsbohlcnrates haben heute folgenden Beschluß gefaßt: Das Rhelnisch-Westsälischs Kohlensyndikat darf seine Kohlenpreise ab 1. Mai in den, Grade erhöhen, daß der Durchschnittserlös je Tonne des gesamte,, Syndikatsabsatzes sich um eine Mark erhöht. Das Syndikat wird die innerhalb dieser Grenze festzu- setzenden Preise unverzüglich dem Vorstand des Neichskohlen- verbandes uorlegen. der sie nach Prüfung im „Reichsanzeiger" veröffentlicht. Das Rheinlsch-Westfälisclie Kohlensyndikat wird den Organen der Kohlenivirlschast aen monatlichen Durch schnittserlös jeweils Mitteilen. Rach der Lage des Marktes wird das Rheinisch Westfälische Kohlensyndikat Preiserhöhun gen für Koks und Briketts zurzeit nicht vornehmen. Für den unbestrittene» Absatz wird eine Erhöhung des Fettförderkoh- lcnpreises um etwa zwei Mark je Tanne eintreten. Der gesamte deutsche Iulaudsabsatz des Syndikats wird dadurch um etwa eine Mark durchschnittlich je Tanne im Preise erhöht. Die gleiche Regelung hinsichtlich der Preiserhöhung wurde für den niedersächsische» Kohlenbergbau getroffen. Die Preise des Sächsische» Stcinkohlsnsyndikats wurden um 1,10 Mark je Tonne herausgesetzt. Wie das ,.B. T." mitieilt, hat die Deutsche Reichs bahn g e s e l l s ch a s t a», gestrigen Tage den sormellen An trag aus Erhöhung der Reichsbahntarife dem Reichsverkehrs, minister eingereicht. Begründet wird der Antrag in einer um fangreichen Denkschrifl. Nach den Informationen des Blattes enthält diese Denkschrist auch einen Eveutuasvarschlag über die Ei n f ü h r u n g des Z w eik ! assens y st e m s im Per sonenverkehr. » Die Bewegung, die darauf abzielt, in allen lebenswich tigen Industrien und Verkehrseinrichtungen die Preise herauf zusetzen, kann man nur mit Bedauern und Besargnis beobach ten. Jede Erhöhung des Erzeuger-Preises hat eine doppelte Steigerung des Verbraucherpreises zur Folge. Wenn in dieser Richtung fortgefahren wird, dann wird binnen kurzer Zeit alles, was in den letzten Monaten an Lohn- und Gehaltsver- besserungen geschossen worden ist, durch die allgemeine Er höhung des Preisniveaus wieder ausgeglichen sein. Als bei Beratung der Beamtenbesoldungsrefarm das Be denken ausgesprochen wurde, die Besoldungsreform könne zu einer Erhöhung der Preise führen, gab die Regierung die Er klärung ab. daß sie sich gegen eine solche Bewegung mit allen Mitteln wenden werde. Trotzdem hat die Teuerungswelle längst spürbar eingesetzt. Bei dem Antrag auf Erhöhung des Eisenbahntariss hat die Regierung nun ein starkes Mittel in willen Sinn, durch ihn und in der Verbundenheit mit ihm wachsen wir über uns selbst hinaus. Die Sozialdemokratie will bewußt'von dieser Welt sein. Der Mensch ist das Matz der Dinge für sie. Vom Irdischen her soll alles seinen Sinn erhalten. Wir wissen, welch großer Irrtum da ge geben ist. Die moderne Arbeiterschaft leidet gerade an der Sinnlosigkeit d-'s Daseins. Das Warum und Wozu quält sie. Der Verl an Lebenssiun zersetzt ihr Denken und ent wurzelt sie. Die sozialistische Idee der Befreiung ist dem gegenüber nicht stark genug. Sie ist es nicht aus dem Wege zum Ziel. Am Ziel selber aber müßte die Enttäuschung ent stehen. 2. Der Sozialismus vergißt völlig die Natur des Mensche». Er lebt nicht nur aus wirtschaftlichen Interessen, er lebt aus Glaube, Heimat, aus Familie, Stand, Nation. Aus diesem psychologischen Irrtum heraus kommt der Sozialismus nicht zum wahren Begriff der Persönlichkeit, er löst sie auf in der M a s s e. Die Eigenarten, die Gliederung des organischen, gesellschaft lichen Lebens in Familie. Stand ist ihm fremd. 3. Er schwächt das Gefühl für S e l b st Verant wortung, das Sichverantwortlichfühlen für das eigene Leben, das der Familie, des Standes. Er wird getrieben zur Verneinung des Lebens aus Schwächlichkeit und Be quemlichkeit. Er vermag zur Klassensolidarität vorzu dringen, aber kein über die Klasse hinausgehendes soziales Empfinden zu begründen. Er sieht sich in der Erarbeitung einer wahren Gemeinschaft selbst im Wege. 4. Demokratie von unten her, selbst- schöpferisches und s e l b st v e r a n w o r t l i ch e s Handeln aus den Missen heraus wird durch die Ueber- betonung des Staates zerstört, der Staat selbst bleibt der Hand, um ein weiteres Ansteigen der Preise zu verhindern. Eine Erhöhung der Neichsbahntarife würde eine Verteuerung aller mit diesem Transportmittel dem Konsum zugeführten Waren bedeuten. Sie muß daher unter allen Umständen ver hindert werden. ö§S Die Ablehmmst >VZrhsles erlegt. Reichsgericht erklärt nur Einzelverboie als zulässig. Leipzig, 3. Mai. Dem Reichsinuenminifter ist vom 4. Strassenat des Reichs gerichts gestern folgendes Telegramm zugegangen: „In Sachsen Rotsroittkämpfer-Buud hat das Reichsgericht 4. Strafsenat heute beschlossen: 1. Die Weigerung der Landeszentralbehör- den, dem Ersuchen des Reichsiniienministers vom 10. April 1028 aus Verbot und Auflösung des gesamte» Rotsrontkämpser- Bunbes, der Roten Marine und der Roten Iungsronl mit sämt lichen Ortsgruppe» nachzukommen, ist begründet. 2 Die Kosten des Verfahrens werden dem Reielxe aus ser Senat hält die Voraussetzungen des § 129 des Reicys- strasgesetzbuches für den ganzen Rotsrwittkümpser-Bund und sämtliche Ortsgruppen nicht für erwiesen. In Frage komme,, nur Einzelverbote für bestimmte Ortsgruppen, bei denen jener Beweis vorliegt. Solche Verbote stehen heute nicht zur Ent scheidung des Gerichts. Nähere Begründung folgt. sgez.j Reichsgericht," Rach 8 129 StGB, wird die Teilnahme an einer Verbin dung. zu deren Zwecken gehört. Maßregel» der Verwaltung oder die Bollziehung von Gesetzen durch ungesetzliche Mittel zu verhindern oder zu entkräften, mit Gefängnis bestraft. Das Reichsgericht hat sich damit aus den gleichen Stand punkt gestellt wie die Mehrzahl der Länderregierungen, die ein atzgenieiiies Verbat des Roifrontknmpfer-Bundes nicht für zu löst 4Z gehalten haben. In de» Fällen, ln denen ttebergrifse der raten Frontkämpfer im Wahlkamps stattsiii'-en. kan» mtt Eiiizclverbotrii eingeschritten werden, tt>i einem Teil de»- Presse taucht im Zusammenhang mit dww,' Mcldung die Behauptung aus. der Reichsinnenmiinster plane, nach dieser Entscheidung des Reichsgerichts zurückzu- trctei: Das würde völlig der bisher geübten Praxis wwer- iprechen. Auch Kanu es sich bei diesen Blattermieldung n, nur um BenN'ittungen handeln, denn v. Keudell kehrt erst heute van einer Wahlreise aus dem Ruhrgebiet nach Berlin zurück nu ' hat zu der Frage überhaupt noch nicht Stellung aeiiam- men In Krebsen des Reichsinnenministeriums wird auch ver sichert. daß anci » e » R ü ck t r i t t v. Keudells nl cht z u denk e n ist formal 'und unlebendig. Hier liegen die offenbaren Schwächen der sozialistischen Auffassung auch gegenüber dem Volksstaat. si. Der Sozialismus hat noch keinri ch tige s V e r - h äl t n i s z u r N a t i o n , zu ihrem Kamps um die Selbst- erhaltung und um die Genugtuung des Lebensraumes für ein wachsendes Volk. Der Sozialismus rechnet immer mit der Entwicklung. Die Geschichte entwickelt sich nicht. Sie wird gemacht. Sie wird geschaffen von handelnden Menschen. 6. Die sozialistische Methode der Wahrung der Arbeiter interessen ist spru » ghaftund fals ch. Sie schafft und verstärkt sich selbst die Hindernisse, an deren Abtragung sich wieder ihre Kraft verzehren mutz. Der Klassen- kampf verhärtet, er öffnet nicht die Poren zum inneren Verständnis sozialer Erfordernisse. Die sozia- l i st i s ch e M e 1 h o d e kann ertrotze n , a b er nicht innerlich gewinn e n. 7. Wenn wir das Ganze überschauen, so können wir der sozialdemokratischen Parole weder heute noch morgen folgen. Die ch r i st l i ch e n A r b e i t e r haben ihr eigenes Ziel, ihre eigene Methode, ihren eigenen Weg, g e i st i g. g e w e r k s ch a s t l i ch und politisch. Sie haben nicht die geringste Veranlassung, das Eigene aufzugeben zugunsten des Fremden. Einhetts- organisationen und Einheitspartei können für sie nicht in Frage kommen. Wenn jetzt der Allgemeine Deutsche Eewerkschastsbund in dem Aufruf zum 1. Mai seine Mitglieder aussordert, ihre Stimme für „die einzige deutsche Arbeiterpartei, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands" abzugeben, so mallen wir darin nickt nur einen neuen Beweis der oer« 27. Jahrgang Nummer 10t kvcheini smai wöchenli. mit den tllustr. Gratisbeilage» „Die Neil' und »Für Misere kleinen Leute', sowie den rezibeilagen > enno-Biait', „Unterhaltung und Wissen'. „Die Well der ärM,'. „Aerztlicher Ratgeber'. «»Das gute Buch" „Filmrund schau'. Monatlicher Bezugspreis S MI. einlchl. Bestellgeld, liuzelnmnmer lU 4. Sonnabend- ». Sonntagnummer SU 4» Hliupl'chriitleiter! Tr. «S. Desczhk, Dresden. Für christliche Politik und Kultur iNeLaktio» der Sächsische» Vollszeitiing DreSdeii-Altiladi l, PoUeritratze 17. Fernrm Mit und?WI2. Freilag, -en 4. Mai 1928 Verlagsort! Dresden Anzeigenpreise, Die Igeihaitene Petttzeiie NN -I. Familien, anzeigen und Stellengesuche SN Z. Die Pctitrestaniezeile, ftg Millimeter breit, t .ir, Offcricngebichr SN g In, Falle höherer Gewalt erlischt icde BerpfUchtung aus Lieseruug iowis Erilillung v. Anzeigen-AnilrUgen u. Leistung o, Schadenersatz, Geichäsilicher Teil, Artur Lenz, Dresden. Geschäftsstelle, Druck » Verlag: Germania. A.-G. nir Verlag und Druckerei,Filiale Dresden.DreSden-A. 1. Polieriirake >7. Fernr»s2wl2. Bosticheckionto Dresden ,701 Baniionto Liadtbane Dresden Nr i»7I!>