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Das ruhelose Mazedonien t O. !. W,rn. 10. Juli. Das Jahr 1878 kann als Geburtsdatum des maze donischen Freiheitstampfes bezeichnet werden, als Rußland im Vertrag von San Stefano die Grenzen des bulgarischen Nationalgebietes zog, während Mazedonien durch den darauffolgenden Berliner Kongreß im Staatsverband des osmanischen Reiches verblieb, dem der Kampf von 1878 bis 1912 galt. Dieser Zeitraum ist seinerseits in zwei Teile zu gliedern: dem der Organisierung bis 1898 und dem der „Propaganda der Tcn". 1895 brach der große Aufstand los, der 1896 zu „Verträgen" führte, die durch die Zusammen arbeit Oesterreichs und Nußlands im Mürzsteger Abkom men ihre Weihe erhielten. Es ist nicht zu leugnen, daß dieser Pakt „Beruhigung" brachte; der Hauptsache nach wohl den beiden rivalisierenden Großmächten und damit der europäischen Lage, nicht aber Mazedonien selbst, wie der Jllinden-Aufstand 1908 bewies. Denn die beiden Mächte grenzten lediglich ihre Einflußzonen ab, stellten sich dadurch aus den Boden des status guo, garantierten sonach den Bestand der türkischen Frcmdherrsck-aft, wobei sowohl als schüizenhilsc für diese, wie als Brosamen für die Beherrsch ten „Reformen" beschlossen wurden. Refor m e n waren aber nicht das Ziel der Maze donier, die nach Freiheit verlangten: so kam es, daß trotz Eroßmcrchts.akt und internationaler Gendarmerie, trotz Türkei und Paschaobrigkeit c i n Machtfaktor die ausschlag gebendste Bedeutung inne hatte — der „mazedonische oberste Rat" in Sofia, der von Boris Sarafow, Pro fessor Michailowski, Oberst Nikolow und Oberst Jankow ge gründet worden war. Sein Programm war die Beseitigung der Berliner Kongreßakte bzw. die Wiederherstellung der einschlägigen Bestimmungen des Friedens von San Stefano. Die Mittel zur Erreichung dieses Programms waren lan desüblich; es waren die gleichen, denen die Griechen, Ser ben, Wallachen und Bulgaren ihre Freiheit und staatliche Selbständigkeit verdankten: Terror und Mord an den Behörden und gegen alle jene, welche dieser Fremdherrschaft zu Diensten waren und dadurch Verrat an der heiligen Sache Mazedoniens übten! Diese Methoden waren sonach weder neu noch unlogisch: denn so, wie sich die Brächte schließlich der Befreiung der übrigen christlichen Stämme angenommen hatten, die mit gleichen Anfängen fochten, so hofften auch die Mazedonier derselben Hilfe teilhaftig zu werden, wenn die Osmanen zur Abwehr griffe», deren Be gleiterscheinung Massen-Iustisizierungcn waren. Im Kampfe gilt kein Gesetz — diesen altrömischen Grundsatz präsentierten auch die Mazedonier den Mächten; nur über sahen sie hierbei zwei Dinge: das gesteigerte Ruhebcdürfnis der Großmächte, die ihre gegenseitige recht mühsame Freundschaft „wegen Mazedonien" nicht gefährden wollten, sowie den Umstand, daß man von einer mazedonischen Nation in dem Sinn wie bei Griechen und Rumänen überhaupt nicht sprechen konnte, während im Vergleich zu Serben und Vulgaren den Mazedoniern höchstens die Rolle eines dritten slawischen Balkanstammes zufällt: denn tat sächlich lwherbergt das Siedlungsgebiet der Mazedonier ein nationales Stainmesdurcheinander aus allen Balkanstaaten, was z. D. gerade anläßlich der Ermordung Todor Arnau- iovll-PaniMS im Wiener Burgtheater deutlich zu Tage irrre,- ^--Nizzas Begleiter wurde bald serbisch Dogdanovic, bald bulgarisch Bogatinow benannt und besteht darüber kaum ein Zweifel, daß er sich in Griechisch-Mazedonien einer griechischen Namensendung bediente. Dieses Namens-Konglomerat kennzeichnet aber in des Wortes wahrster Bedeutung den Begriff Mazedonien und verursachte bereits 1906 Scheidungen, die sich zuerst in tak- t scheu Differenzen offenbarten, als die mazedonische Be wegung die Morgenluft kommender Balkancreignisse witterte. In diesem Jahre spaltete sich nämlich die „innere mazedonische revolutionäre Organisation" (abgekürzt Zmro) vom „Obersten Rat" (Wrchowist) in Sofia ab und verurteilte dessen Führer Boris Sarafow und Garwanow zum Tode. Ein Urteil, das bald darauf unter Zugrunde legung der „Gerichtsbarkeit der Imro", d. h. durch Feme und Auslosung von Sadanski, Pantzza, Bojnow und Kan- tmdijeio vollzogen wurde; sämtliche Genannten, die sich später in die verschiedenen Gruppen spalteten, fanden seit her den Tod der politischen Blutrache; Sadanski wurde während des Weltkrieges gefällt. Bojnow und Kandardisew fielen im Herbst 1924 durch die Anhänger Todor Alexan- drows, während Panizza sein Schicksal 1926 ereilte. In den Krisen des Jahres 1908 und 1912/13 arbeite ten wohl die Organisationen gegen die Türken Hand in Hand, doch als der Bukarester Friede 1913 Mazedonien „endgültig" aufteilte, flammte der Bruderkrieg von neuem auf, der durch den Friedensschluß von Ncuillq 1919 und durch das Rischer Abkommen Stambulijski 1923 erneute Nahrung und geradezu zügellose Freiheit erhielt. Von da ab teilten sich die Mazedonier endgültig in „Autono misten", d. h. die national-bulgarische Richtung unter Todor Alexandrow, Professor Milew und General Proto- gerow, sowie in die als Troßsüdslawen zu bezeichnende Gruppe der Födera 1 isten unter Peter Tfchaulew, Das- kalow, Filipp Athanasow, Todor Panizza und Wlachow. Ge meinsam bei den Lagern war nur die außenpolitische Fest legung des geographischen Begriffes Mazedonien, der be grenzt wird von Schar-, Dagh, Osogovplanina, Rila, Ro- dopogebirge, Karasu, Aegäis, Bistrica, Ochridasee — sonach mit Uesküb, Strumica, Monastrir, Seres, Kavalla und Saloniki. Die Autonomisten erstreben ein staatlich selbständiges Mazedonien unter Schutz des Völkerbundes, ein Ee- dankengang, dem die Hoffnung zugrunde liegt, diesen Schutzstaat der Gesellschaft der Nationen im Gelegenheits- fall an Bulgarien anzugliedern, wofür das Beispiel Oft» rumeliens als geschichtlicher Eleichheitsfall vorliegt. Die Föderalisten wünschen den Machtverhältnissen am Balkan Rechnung zu tragen, wobei besonders der Faktor des jugo slawischen Heeres eingestellt wird; sie erstreben ein Föde- rativland Mazedonien im Rahmen des Füderativstaates der Serben, Bulgaren, Kroaten, Slowenen und Mazedonier. Stefan Raditsch, der gegenwärtig bedeutendste Balkan redner, drückte dies» Eedankengang einmal in dem kenn zeichnenden Gleichnis aus: „Fünf Finger bilden eine Hand, wenn sie arbeiten, aber eine Faust, wenn sie kämpfen." Dem nachkriegszeitlich entbrannten, neuen Kampf fielen bisher fast alle Führer zum Opfer: Stambu- lijnski in Bulgarien, Daskalow in Prag, Peter Tschau- kew in Mailand, Panizza in Wien durch die Autonomisten; Todor Alexandrow bei Schumaja und Professor Milew in Sofia durch die Föderalisten. Die ungezählte Ziffer sonsti ger Gefallenen bezeugt, daß beiderseits nur ein Wahl spruchgilt: Aug um Airg, Zahn um Zahn. Aus dem Rah men aller blutigen Ereignisse in Bulgarien, die mit dem Namen der beiden Ministerpräsidenten Stambulisnski und Zankow verbunden sind, kann man die „Mazedonier" nicht wegdenken: Mazedonien, das ist der Schlüssel für alles, was seit Weltkriegsende sich in Bulgarien ereignete. Die Leitung der Autonomisten bestand seit dein Jahre 1925 aus dem Dreier-Rat des Wojwoden Protogervw, Gcorgi Pop Christow und Ivan Michailow, dem Gatten der Mencia Karniciu, die den Föderalisten Panizza im Wiener Burgtheaier erschossen hatte. Die Föderalisten zerfielen in er weiteren Folge nochmals in zwei Gruppen: Diejenige, welche zur Leitung Filipp Athanasow und Slawe Iwanow lohen, halten gute Beziehungen zu den bulgarischen Agrar emigranten des Altministers Nedelko Athanasow, Obom und Kosta Todorow; sie kamen bürgerlichen Kreisen Belgrads (insbesondere den Dawidowitsch-Demokratens nahe und hatten lange Zeit in Eormi Milanovac ihr Hauptasyl. Die zweite Gruppe ist „kommunistisch orientiert", d. h. sie bildet eine „Garde der Tat", welche der Leitung Dr. Wlachows untersteht und mit den sogenannten illegalen Agrariern Bulgariens in nächstem Kontakt steht. Wie vermischt die Schichtung innerhalb der Gruppen ist, zeigt der Umstand, daß Panizza, obwohl früher Führer der Föderalisten, später der Gruppe Wlachows angehörte, und daß der herostratische Urheber des Attentats aus die Kathedrale in Sofia (Mai 1925s der Sohn des eingangs genannten Gründers des „Obersten Rates", Jan kow, war. Daraus kann man mit Recht schließen, daß die „kommunistisch Orientierten" nicht das sind, was man anderswo unter diesem Begriff zusammcnsaßt: Kommu nisten in des Wortes Urbedeutung sind die Anhänger Dr. Wlachows nicht: wohl aber ersehen sie in Sowjet-Moskau 'ene Stelle, die den ..Hort der Freiheit" darttcllt. daher aucb sie „mazedonische Freiheit" aus ihre Fahnen schreiben müsse, um das zu vollenden, was den Mächten bisher aus eigener Rivalität und deren Auswirkungen am Balkan nicht gelang. Wenn diese Rivalität früher: Altösterreich—Ruß land hieß, so heißt sie heute: Italien—Jugoslawien; in weiterer Ausdehnung des Vündnisnetzes: Italien- Frankreich, deren italienisch orientierter Vertreter der gefällte Wojwode Protogerow war. Während des Welt krieges war Protogerow Brigadier, später Ernährungs minister im Kabinett Radoslawow und eine Zeitlang bul garischer Gouverneur von Ostserbien. In seiner Verwal tungszone fiel das „Bludbad von Toplica"; hier sollen infolge eines Erhebungsversuchcs nach serbischen Angaben 25 000 Menschen — fast durchwegs Nichtkom battanten — niedergemetzelt worden sein, ein Massenmord, dem nur das Einschreiten deutscher Truppen zu Gunsten der Serben ein Ende setzte, was man der reichs- deutfchen Okkupation in Altserbien mit geradezu legendärer Dankbarkeit gedenkt. In frischer Erinnerung sind noch die Attentate des Herbstes 1927, denen eine Reihe namhafter Serben, Vulgaren, autonomistischer und förderalistischcr Mazedonier zum Opfer fielen. Nach serbischer Auffassung belasten diese Opfer gegenseitiger Blutrache Protogerow, der kurz vor diesem Aufflackern der Herbst-Bewegung von einer Jtalienreise heimgekehrt sei — der franko-jugo- slawische Patt war die außenpolitische Antwort Belgrads, der den Balkan in zwei Lager teilte, schärfer und nachhalti ger denn je und daher der Einheitsparole: „Der Balkan den Balkanvölkern" ein vorläufiges Ende setzte. In diesem Augenblick war Protogerow Sieger! Ob daher Protogerow der Rivalität Michailows oder der Blutrache seiner zahl losen Feinde zum Opfer siel, wie Nachrichten aus Belgrad und Sofia voneinander unterschiedlich melden, ist gegenüber der außenpolitischen Bedeutung des Ablebens Protogerows von untergeordneter Bedeutung. Die mazedonische Bewegung als Ganzes befindet sich innerpolitisch (wenn dies Wort gestattet ist) im Stadium dauerirdcr, gärender Entwicklung. Sie weist gleichsam den Kampf der mazedonischen Parteien auf, die sich nicht nur über die cinzuhaltenden Methoden, sondern auch über die Art des Weges, d. h. die außenpoli tische Anlehnung bekämpfen. Bezüglich der Methoden ist meist — wie überall auf dem Balkan — die extremere Rich tung volkstümlicher, weil sie den historischen Beweis zu liefern glaubt, daß durch Milde und Rücksicht am Balkan niemals etwas ereicht würde: »gemäßigt" ist daher im Süd- vsten gleichbedeutend mit „schwach". Bezüglich des Weges bleibt die Frage offen, ob das gegenwärtige Schicksal Bul gariens und dessen „eingerollte Fahnen" jene Lebenskraft und jene außeiipolitische Anlehnung finden werden, die es ermöglichen könnten, dem großsüdsla wischen Feld ruf „vom Triglav bis Zarigrad" die Stirne zu bieten. Die einstmalige Entscheidung dieser Frage, die vom Schicksal der Heranwachsenden Generationen des Bal kans gestellt ist, wird auch den Mazedoniern jene Selbst bestimmung im Rahmn des Ganzen bringen, der sie unter dem Ruf „Mazedonien oder der Tod" Heka tomben von Blutopfern gebracht haben. Zum Nachdenken für Nmerikaauswauoercr! lieber 44 000 Personen sprachen im Jahre 1927 aus der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft von Chicago vor, um nach Arbeit zu fragen, während die Zahl der Stellen, die durch diese Organisation in der gleichen Zeit vermittelt wurden, nur 1206 betrug. Zu diesen Zahlen bemerkt die Deutsche Gesell schaft in ihrem letzten Tätigkeitsbericht, daß die von ihr nach- gewiesencn Beschäftigungsmöglichkeiten zumeist nur zeitweiliger Natur sind und einen niedrigen Lohn gewähren. Die Hilss- bcdürftigkeit der Bittsteller soll zudem erheblich schwerer zutage getreten sein, als dies während der letzten 20 Jahre der Fall war. In nahezu 9000 Fällen sah sich die Gesellschaft genötigt, durch Gewährung von freier Unterkunft, Verpflegung, ärztlicher Behandlung oder sonstiger Maßnahmen unterstützend einzu greifen. Ein deutscher Jufektcnforfchek gestorben. In Liegnitz verstarb im Alter von 88 Jahren Stadt- bäumt i. R. ^Theodor Becker. Der Verstorbene war als Jn- fektensorfcher und -sammlcr weit über die Erenzenz Deuiich- lands hinaus bekannt. Er unternahm^ große Auslandsresten, sammelte über 70 000 Fliegen und verfaßte zahlreiche wissen schaftliche Werke aus dem Gebiet der Insektenkunde. ^ Im Jahre 1920 verlieh ihm die Breslauer Universität die Würde eines Doktors der Philosophie ehrenhalber feindackcrei und Konditorei ü, rillen-71. OHO vorsbercifir.rz fernlprecher zozri empfiehlt seine bekannt norrüglicben 6M- und Konditorciwarcn jeder Art « ist in der Iahresschau Z täglich von S—1 Uhr nachis im Deirieb im Trouia-Palast ro«i Liirkirmiingslejer! F»> Verlage der Germania A.»G. 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