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Sle Zukunft der Regierung In der neuesten Nummer der „Sozialistischen Monats hefte" äußert sich Reichsinnenminister Severing über die Auss i cht en der Reichsregierung unter anderem fol gendermaßen: ,/vie vorliegenden Anzeichen geben im Augenblick weder zu einem übertriebenen Optimismus noch zu besonderer Schwarzsehers! Berechtigung. Das Band, das die Regierungs parteien umfaßt, ist noch sehr lose. Die Zusammenarbeit im Kabinett, die schon viel reibungsloser war und sich in den nächsten Monaten zumeist aus die laufenden Verwaltungs arbeiten erstrecken wird, könnte Brücken für eine bessere und festere Bindung der Parteien im kommenden Parlamentswinter schlagen. Folgt die Volksver tretung dem Willen und dem Beispiel der Regierung, dann ist die festere parlamentarische Basis für eine er sprießliche Zusammenarbeit gegeben, und dann besteht die Aus sicht. in einer längeren krisenfreien Zert nützliche Arbeit zum Wohl des Volksganzen zu leisten." Herr Severing beurteilt die Lage richtig. Wenn sein« Wünsche, die wir hinsichtlich der Befestigung der Re gierung teilen, in Erfüllung gehen sollen, dann ist dr e i er - l e i nötig: Die Regierung muß sich vollständig dar über klar sein, daß die Führung, die immer nur die einer mittleren Linie sein kann, bei ihr liegt. Die Parteien müssen sich einer ruhigen, vernünftigen Hal tung befleißigen und davon absehen, sich in Agitations anträgen zu übertrumpfen. Sie müssen die Sache der .Reichspolitik gemeinsam zu führen trachten und das Tren nende durch politische Rücksichtnahme und kulturell« Tole ranz aufallen Gebieten mildern. Es würde ebensowenig mit Extratouren Scholzscher Art, noch mit spezifisch soziali stischen Methoden gehen. Die Parteien müssen in die ge meinsam« Verantwortung hineinwachsen, wobei es selbst verständlich ist. daß sie wachsamen Auges alles verfolgen, was in der Wilhelmstraße vor sich geht. Der dritte Prüfstein liegt in der Regelung, die die Regierungs verhältnisse im Herbst erhalten. Die Zeit des Ab wartens, das gegenwärtig das Verhältnis der Parteien bestimmt, wird, wie wir hoffen, in Aktivität übergehen, wenn diese Voraussetzungen von seiten aller Beteiligten er füllt werden. Las Vaklelgerichl gegen Lambach Das Parteigericht, das gestern gegen Lambach zusammen getreten ist, hat noch keinen Beschluß gefaßt. Man hat sich aus Montag vertagt. Lambach wird bekanntlich der Vorwurf der Disziplinverletzung gemacht. Der Ehrenausschuß hat von der Wahlkreisorganisation die Ausgabe übertragen be kommen, die Unterlagen und entsprechenden Beschlüsse für das Verfahren vorzubereiten, das am kommenden Montag, den 23. d. M., vor der ordentlichen Parteivcrtretung des Wahlkreises Potsdam II zur Entscheidung gebracht werden wird. Die „D. A. Z.", von der man anehmen muß, daß sie die Lage kennt, schreibt dazu: „Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß die Gefahr besteht, daß Lambach aus der Deutschnationalen Partei aus geschlossen wird, und haben vor den Folgen eines solchen Be schlusses gewarnt." Die Demokraten reorganisieren steh Die demokratischen Wahlvcrluste sind aus die Partei nicht eindruckslos geblieben. Man hört davon, daß auch bei den Demokraten Neorganisationsbestrebungen im Gange sind. Der „Demokratische Zeiiungsdienst" von gestern weiß zu vermelden, daß am Donnerstag unter dem Vorsitz von Dr. N. O. Frankfurter der Organisations ausschuß der Deutschen Demokratischen Partei getagt hat, um über die seit den Neichstagswahlen geleistete Ar beit zu beraten. „Er nahm", so heißt es wörtlich, „den Bericht des Hauptgeschäftsführers Stephan entgegen, der die Pläne entwickelte, nach denen die Organisation der Partei erneuert werden soll. Die Mahlvorberei- tungszeit und der Wahlkampf selbst haben eine Fülle von wertvollem Material geliefert, das bei der Erneuerung der Grundlagen der Partei verwertet werden soll. Aus allen Teilen des Reiches ist eine große Zahl von Anregungen eingelausen. Im einzelnen sollen die Pläne der Rcichsgcschüjtsstelle und die Anregungen der Organisa tionen im Reiche auf einer Organisationstagung verarbeitet werden, die für den 26. und 27. Oktober cin- berufen werden soll." Also auch hier heißt -die Parole „Organisationserneue rung". Die Demokratische Partei ist im Verhältnis ge nommen am empfindlichsten geschwächt worden. Ihre Re organisations-Bestrebungen sind durchaus begreiflich. AMndesuch Hludenburgs in kiel Reichspräsident von Hindcnburg trifft am 8. August vormittags zu einem Besuch der Flotte in Kiel ein. Der Reichspräsident wird an Bord des Linien schiffes „Schleswig-Holstein" Schiffsübungcn beiwohnen, und am Abend desselben Tages die Rückreise nach Berlin mit der Bahn «ntreten. Neichswehrminister Eroener trifft am 6. August in Kiek ein. Er nimmt am 7. und 8. Auxmst an den klebungen der Flotte teil. Am 9. August wird er die militärischen Anlagen Kiels besichtigen. Seine Rückfahrt erfolgt am 10. August. Die nächste kabinelkssitzUW Finanzlage der Reichsbahn. Wie verlautet, wird am Montag nächster Woche noch eine Kabinetsfitzung stattsiiidc», bei der voraussichtlich erneut über dir Finanzlage der Reichsbahn beraten wird. Die Vriifung des Aalles Zakubowski Der Berliner Polizeipräsident teilt mit: * In der Mordangelcgcnhcit Jakubowski hat der merk lcnburgische llniersuchungsrichter den Berliner Polizeipräsi deuten ersucht, ihm einen höheren Kriminalbeamten zur Ver ifügnng zu stellen. Der Polizeipräsident hat mit Zu st im niung des Preußischen Innenministers diesen ^Ersuchen umgehend entsprochen und den Kriminal« Polizei rat Eennat angewiesen, sich noch heute beim Untersuchungsrichicr in Neustrelitz zu moldcn. Ausftänöe in Mexiko? Empörung gegen Morones London, 29. Juli. ^ In Reuyork eingegangene Berichte aus Laredo in Texas besagen, daß drei Regimenter in dem Staate Oaxaca gegen di« «exikanisch« Regierung gemeutert haben. In mexikani schen Regierungskkeisen besteht ernst« Sorge Uber die Haltung des «enerak» E-eoba», der sich geweigert hat, ein Tele gramm des Kriegsminifteriums ,« beantworten und gewisse Truppenverschiebungen entgegen den Anweisungen des Kriegs« minister» vornimmt. General Gseobar war früher Befehls haber der Regierungstrnppen in Chihuahua und Führer der Armee, die den Gomez-Aufstand unterdrückte. Es heißt, daß Teile der Landbevölkerung im Staate Hidalgo «inen Aufstand gemacht haben. Ihre Haltung richtet sich vorwiegend gegen den Arbeitemlnister Mo rones, der der Leiter der mexikanischen Arbeiterföderation ist, die obregonistisch-feindlich eingestellt ist. Ferner sollen in Oueretaro und Hidalgo Indianer, die über die Er mordung General Obregons in große Aufregung geraten sind, die Arbeiterquartiere mehrerer Dörfer angegriffen und mehrere Arbeiterführer getötet haben. Eine Bestätigung dieser Be richte steht noch aus, doch deuten die zahlreichen Entsendungen von Reglerungstruppen aus Mexiko-Stadt mit unbestimmten Zielen darauf hin, daß einige Begründung für die Richtigkeit dieser Meldungen besteht. Die Aburteilung -es Attentäters Reuyork. 21. Juli. Wie aus Mexiko Stadt gemeldet wird, werden die Ver schwörer gegen Obregon in einem ordentlichen Gerichtsverfah ren abgeurieilt werden. Die Todesstrafe sür den Mörder uno vielleicht auch ein halbes Dutzend anderer Verhafteter sei ge wiß. Die Erklärung Calles, daß der Klerus für die Mordtat verantwortlich sei, hat in den katholischen Kreisen Mexikos j große Erregung hervorgerusen. Der Kulturkampf scheint von I rieuem in ein sehr ernstes Stadium einzutreten. Mexiko, 19. Juli. , Berichterstattern, die sich heute »ach dem Polizeigebäudc begaben, gelang es, den Mörder Obregons zu sehen» als er -wischen zwei Polizisten von dem Polizeibüro im obere» Stockwerk, wo er vernommen worden war, nach seinem unter irdischen Kerker ging. D>e rechte Seite seines Ge sichts und sein« Rockaufschlägc waren blutig. Er ballt« seine Fäuste zusammen, als ob er Schmerzen emp find«. Seine Haltung war trotzig. Torral hat wulstige Lippen und rin grobes Gesicht. Mexiko-Stadt, 19. Juli. Wie offiziell mitgeteilt wird, ist in Verbindung mit der Ermordung Obregons noch eine Anzahl weiterer Personen verhaftet worden. Die Identität und die Gesamtzahl der bisher Verhafteten wird nicht bckanntgegeben. Der neuernannte Polizeichef Zertuche lehnte cs ab, weitere Informationen zu geben, bevor die Untersuchung beendet ist. Die nach dem Attentat verhängte Zensur der Pressetelegramme ist in zwischen wieder aufgehoben worden. Reuyork, 19. Juli. Wie aus Mexiko-Stadt gemeldet wird, wird auch der Gouverneur Rodriguez als mexikanischer Präsidentschafts kandidat genannt. Die Nonne» von Guadalupe verhaftet Mcxiko-City. 19. Juli. Zwanzig Nonnen von Guadalupe, wo der wundertätige Schrein Unserer Lieben Frau von Guadalupe steht, wurden heute abend verhaftet. Ihr Kloster wurde geschlossen. Sie werden beschuldigt, im geheimen die Religionsgesctze verletzt zu haben. China Hai -ie Vertrüge gekündigt An Japan und Italien Paris, 21. Juli. .Harms melde! aus Schanghai: Die nationalistische Regie rung hat die japanischen Behörden davon in Kenntnis gesetzt, daß sie den Vertrag von 1898 als abgeiausen betrachte und daß die kürzlich bekanntgegebcne Verordnung über die Stellung der Ausländer in Eßina nunmehr auch aus die japanischen Staats- angebörigen Anwendung finde. Es wird angenommen, daß die japanische Negierung sich aus den Standpunkt steilen wird. daß. da innerhalb von sechs Monaten nach dem 1. Oktober 1826 kein neuer Vertrag zustande gekommen ist, der alte Vertrag auf weitere zehn Jahre in Kraft bleibt. Die nationalistische Regierung wendet die neue Verord nung auch aus die italienischen Staatsangehörigen an. weil sie den chinesisch-italienischen Vertrag gleichfalls als abgeiausen betrachtet. London, 20. Juli. Wie aus Tokio gemeldet wir!;, sind einer Verlautbarung der japanischen Regierung zufolge die japanischen Eencrak- kousule von Tsingtau und Tsinnnsu angewiesen worden, mit der Nankingcr Regierung Verhandlungen cinzukeiten. Japan fordert, im Gegensatz zu früher n-cht mehr von Tschiangkaischek. -er» von der Nankingcr Regierung, eine formelle Entschuldi gung sür die Zwischenfälle, Bestrafung der Schuldigen» Schadcn- ersntzleistnng und gewisse Earanticist für die Zukunft. Die nach Schantung entsandten japanischen Truppen seien zum Schutz der japanischen Bürger entsandt worden. Das be deute nicht zum mindesten eine Einmischung in chinesische innere Angelegenheiten. Weiter sollen die japanischen Streit- kräftc in Schantung in Kürze zurückgezogen werden. Angesichts der erbitterten Stimmung jedoch über die Tsinansuer ' "Ne und die letzten Angriffe durch Soldaten , !»»«»»!! !>»!!»»> 1,1» Die „Krassin" stillgelegk Moskau, 21. Juli. Der Leiter der sowjctrussischen Hilssexpedition, Samoilo- witsch, meldet, daß die Reparatur des Eisbrechers Krassin, des sen Steuerruder beschädigt ist, sich in Kingsbay nicht durch führen lasse. Es fei deshalb notwendig, einen der nächsten nor wegischen oder schwedischen Häsen anzulausen. Der Flieger Tschuchnowski dagegen wird in Kingsbay bleiben, um sein See flugzeug instand zu setzen, um die nötigen Probefliige vorzu nehmen, Die Citia di Milano läuft am Sonnabend nach Nor wegen aus. Sie wird nach ihrer Rückkehr mit dem Krassin zusammenarbeiten. Das Nobile-Hilfskomitee hat den Beschluß Samoilowitschs, zur Reparatur des Eisbrechers Krassin einen europäischen Ha sen anzulaufen, gebilligt. Man glaubt, daß der Eisbrecher in zwei Wochen seine Nachforschungen wieder ausnehmen kann. Der Vorschlag der schwedischen Flieger, mit der russischen Ex pedition Zusammenzuarbeiten, wurde vom Komitee lebhaft be grüßt. Ebenso brachte das Komitee seine Befriedigung darüber zum Ausdruck, daß die Citia di Milano nach ihrer Rückkehr aus Norwegen mit dem Krassin zusammenarbeiten wird. Oslo, 19. Juli. Norsk Tclegrambyraa meldet: In Schweden und auch in Norwegen ist die Frage ausgeworsen worden, ob nicht Norwegen, Vas die Souveränität Uber Spitzbergen besitzt, in Uebereinstimmung mit den norwegischen Ge- setzen über Unfälle zur See und in der Lust eine Unter suchung über die Katastrophe des Lustschisfes „Ital ia" vornehmen könnte. Die Regierung hat insolgedessen diele Kraae erörtert. Da kick aber hierbei zahlreiche der Süden ... ^ivilkleidung auf japanische Staats angehörige wird betont, daß eine völlige Zurückziehung der Truppen unmöglich sei und nur eine völlige beschleunigte Bei legung der Zwischenfälle von Lsicnansu zu einer Beruhigung der Bevölkerung und einer möglichen Zurückziehung der japa nischen Truppen führen könnte. In Tokio cingegangene Meldungen aus Nanking besagen, daß der japanische Generalkonsul in Schanghai, Vada. eine Zusammenkunft mit dem Außenminister der Nankingcr Negie rung, W ang, hatte, der sich zur Ausnahme von Verhandlungen Lereitertlärte, jedoch den Standpunkt vertrat, daß die Verhand lungen erst ausgenommen werden sollten, nachdem die japanischen Truppenstrcitkrafte vollkommen zurückgezogen worden seien. Peking, 10. Juli. Schangtshueliang erklärte der chinesische» Presto, er w.^>: aus der Zusammenkunft der Kuomintang nicht erscheinen, weil er nicht die Sicherheit habe, daß er wieder frei zu rück kehren könne. Der Mutdener Abordnung habe er keine Vollmachten zur Unterzeichnung von Abkomemn mit Nanking gegeben. Die Naukinger Regierung verlange von ihm den Rücktritt vom Oberbefehl über die Truppen der Nordmandschurei und biete ihm lediglich die Beibehaltung des Postens des Obersten Kommissars der Nordarmce an. Er habe Tschianobst- schek Vorschlägen, sich mit ihm an einem neu l rnlc n O r t zu tresfdn. Die Erklärung Tschangtshueliangs hat ohne Zweijel in Nanking Unzufriedenheit hervorgerusen. Frankreichs Antwort London, 20. Juli. Wie aus Peking gemeldet wird, ist die französische Antwort an die Nankingcr Regierung bezüglich der Kündignug seitens der nationalistischen Negierung der drei Konventionen in außer ordentlich scharfen Worten gehalten und weist vor alten Dingen darauf hin, daß Frankreich bereit war, eine Revision des Vertrages zu erwägen und Verhandlungen über neue Be dingungen mit der Pekinger Regierung anstninekmcn. zchwlerige Probleme in bezug aus das Völkerrecht ergeben, hat die Regierung von irgendeiner Entscheidung über eine Untersuchung Abstand genommen, da sie der Ansicht ist, daß bei gebührender Berücksichtigung aller Seiten des be stehenden Problems, Norwegen eine solche Untersuchung nur vor nehmen könnte, wenn es von Italien darum ersucht würde. Verwerfung des kafsaliansaütrages Mims Paris, 19. Juli. Der Kassationshos hat heute die Beschwerde des Abgeord nete» Dr. Ricklin gegen das Colmarer Urteil vcrworscn, indem er die Argumente der Verteidigung, nämlich Rechtswidrigkeix der den Geschworenen vorgclegtcn Fragen über den Tatbestand des Komplotts und Unzulänglichkeit der Vereidigung der Zeugen, als vollkommen hinfällig bezeichnet,;. « Der bekannte Lustfahrt-Fachschriststeller Rudolf Breuer fit am 12. Juli 1928 in Köln im Alter von 32 Jahren einem Nierenleiden, das er sich während des Krieges zugezogen hatte, erlegen. Vreuer, der im Kriege Jagdslieger war, war seit 1921 ständiger Fachmitarbeiter an der „Kölnischen Volkszeitnng. Während des letzten Jahres veröffentlichte er dort eine Arickel- rerye über aktuelle Fragen des deutschen Luft verkehrs, die große Beachtung fand. Seine reichen Fach- kenntnisse machten sein Urteil besonders wertvoll. Als Mit glied des Kölner Clubs sür Luftfahrt erwarb, er sich außerdem im Herbst 1927 um die Organisation des „Rheinischen Flug turniers 1927" große Verdienste. Der frühe Tod Breuers wird von alle», die ihn persönlich kannten und seine vornehme, sach liche Art schätzten, ansrichtig bedauert werde». Auch wir sickern ihm ein ehrendes dauerndes Angedenken.