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Nummer 17S - 27. Jahrgang «^ch«»n »mal wScheuu.mil den illuslr. WratiSbeilayei, .Lu« »,U' und .gllr uuiere Ilelnen Leute'. lowle den rekibeilaqen «l. Senno-Btatl'. .Unlerballun« und Wissen', .Die Welt der grau', »AerzlUcher Ratgeber'. .Da» gute Buch'. .gllmrund. sstiui'. Monatlicher Bezugsdrets S Ml. «inschl. Bestellgeld. Nnjelnuminer SO >1. Sonnabend- n. Sonnlagmimmer litt z. Haupllchrtftlelter- Dr. G. DeScthI, Dresden. LüchMe Mittwoch, den «. August 1928 Be»lagS»r1r DreSde» «uzetgenpreise- Die Igespaltene Petit,eile »« gamiUeu- an,eigen ».Stellengesuche 21»4. Die PetItretiamezeil«.S8mm breit. 1 Für Anzeigen ausserhalb des Verbreitungsgebiete» 4« 4. die Petitr-Naine,-iIe IOffertengeb.2N ^. Im Falle HSHerer Gewalt erlischt jede VerMchtung aus Lielernng sowie ErMung v. An,eigen.Aufträgen u. Leistung v. Schadenersatz. Geschäftlicher Teil: Artur Len,. Dresden. volkssenuna GeschäftSftell«, Druck».Verlag: Germania. A^«. skr Verlag und Dnickerei, Filiale Dresden, Dresden.«, l. Polierstrass« 17. FernrusLWIS. PostlcheckloMo Dresden ?7l>7 Bankkonto Ltadtbank Dresden Nr. «!71!> Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischer, «olk«,eituug TreSden-Altslad! 1. Polierslratze 17. Fernri» Ml> und?IM2. Ein Bericht -er „Times" über die Untersuchungsmethoden -es Kerrn Calles Mexikanische Justiz (Von unserem Vertreter) I.. London, 4. August. In einem Briefe aus Paris vom 22. Juli, dem die ..Times" «inen hervorragenden Platz eingeränmt hat, schreibt Captain Francis McCullagh (gebürtiger Ire und angesehener Journalist, bekannt u. a. durch sein Buch über die bolschewistische Lhristenverfolgung): „. . . ich bin zweimal während der Amtszeit des Präsidenten Calles in Mexiko gewesen und war im vergangenen Jahre in der Lage, eine sehr ausgedehnte Reise durch das Land zu machen und die sozialen und politischen Verhältnisse sehr sorgfältig zu untersuchen. Ich habe gefunden, daß Präsident Calles ganz Mexiko beherrschte, ähnlich wie Lenin Rußland im Jahre 1920. Jedesmal, wenn ein Mord begangen wurde, legte er ihn den Katholiken zur Last, um sie in Mißkredit zu bringen unv Streitigkeiten der Revolutionisten unter sich zu verhindern. Unter „Revolutionisten" verstehe ich natürlich die verschiedenen revolutionären Parteien, die ihn unterstützten, im besonderen Morones und die „Crom" auf der einen Seite und Obregon mit seinen „Agraristas" auf der anderen. Die Parteien stritten heftig untereinander über die Teilung der Beute, die nach dem Antritt oer Präsidentschaft durch Obregon stattfinden sollte, und nach meiner Meinung wurden alle Attentate auf Obregon während des letzten Jahres von Kommunisten. Anarchisten und revolutio- nistischen Parteigenossen begangen — nicht von Katholiken. Das Bombenattentat auf Obregon im November letzten Jahres war nicht das Werk von Katholiken, es war das Werk von Antiklerikalen, die außer sich waren über die von Obregon vorgeschlagene Beuteteilung. Obregon selbst glaubte nicht daran, daß die Attentäter Katholiken waren. „Wahr scheinlich war das Verbrechen das Werk politischer Feinde", sagte er. Als er hörte, daß vier Personen auf bloßen Verdacht hin umgebracht werden sollten, schickte «r Sensor Arturo H. Orci, seinen Anwalt, zu dem Polizeichef, General Roberto Cruz, damit er ausfindig mache, was dieser Beamte an Beweismaterial in Händen habe, und damit er auf die unbedingte Notwendigkeit eines öffentlichen Gerichtsverfahrens kränge, weil — um die Worte Sensor Orcis zu gebrauchen — „General Obregon nicht an die Schuld der Gefangenen glaub t". Cruz lehnte es ab, Orci zu empfangen, der sich damit begnügen mußte, Sensor Rrnito Euerra Leal, den Sekretär des Polizeichefs, zu sprechen; dieser erlaubte dem Anwalt, die gesamten Akten zu prüfen. Nach sorgfältiger Lektüre aller Dokumente sagte Orci: „Das ist keine Anklage, es ist lediglich Ihr Polizcibericht." „Aber es ist alles, was wir haben", antwortete der Sekretär. „Und was denkt der Polizeichef über die Schuld der Gefangenen?" fragte Orci. Die Antwort des Sekretärs war außerordentlich „Die Brüder Pro, Miguel und Humberto", sagte er, „haben nicht gestanden, daß sie irgend etwas mit der Verschwörung zu tun hatten, und es ist auch nicht zu beweisen, daß es doch der Fall war." Dann entledigte Orci sich des Auftrages Obregons — der Erklärung nämlich, daß ein öffentliches Verfahren stattfinden solle und daß nach seiner Ueberzeugung die Gefangenen un schuldig seien —, aber am nächsten Nkorgen erfuhr er zu seiner großen Ueberraschung, daß alle vier Gefangenen plötzlich ohne Gerichtsverfahren erschossen morden waren. Er telephonierte sofort an General Cruz und erinnerte ihn an seinen Besuch und Obregons Mitteilung. Cruz' Antwort war: „Ganz richtig, aber noch ehe Sie zu meinem Büro kamen und trotz der Empfehlungen General Obregons hatte ich bereits Befehle erhalten, zu tun, was ich getan habe." Diese Befehle kamen, wie ich hinzufügen kann, von Präsident Calles persönlich am Abend des 22. November und gingen dahin, daß die Gefangenen sofort hinzurWen seien. Selbst Cruz war von dieser fieberhaften und panikartigen Erbarmungslosig keit entsetzt und fragte, was für Formalitäten beobachtet werden sollten, um den Hinrichtungen einen Anschein von Gesetz mäßigkeit zu geben; aber Calles antwortete mit gewohnter Barschheit: „Kon gliioro korrnan, sino ei Iroelro." (Ich brauche keine Formalitäten, ich brauche die Tatsache.) All das ist eine Sachs der Vergangenheit, aber es hängt eng mit der gegenwärtigen Krise in Mexiko zusammen. Obregon ist von politischen Gegnern getötet worden, die nicht Katholiken waren, und Präsident Calles hat wieder zu der Strategie gegriffen, die im November 1927 so erfolgreich war. Er hat die Schuld den Katholiken gegeben und seine Absicht angekündigt, die „geistigen Urheber" hinter diesem Mord ausfindig zu machen und zum „warnenden Beispiel" einige von den Katholiken umzubringen. Alle Telegramme aus Mexiko deuten auf einen Zustand äußerste» Ruhelosigkeit. Aber warum sollte die Ermordung Obregons durch einen religiösen Fanatiker Mexiko in seinen Grundfesten erschüttern, wenn, wie Präsident Calles wieder und wieder versichert hat, die kämpfenden Katholiken eine kleine, diskreditierte und verächtliche Minderheit sind? Sicher gibt es hier etwas, das die Zensur nicht durchlassen will. Meine Ansicht ist die: Alle Attentate auf Obregon im vergangenen Jahre sind von Anhängern der revolutionären Organisationen begangen worden, die von Calles und Morones geführt werden. Ich glaube nicht, daß der Präsident mitschuldig an ihnen ist oder sie billigte, aber ich glaube, daß er die Schuldigen kannte und durch die Beschuldigung der Katholiken sie jedes mal zu retten versucht hat. WieNerodenChri st enden Brand Noms zur Last legte, so beschuldigt Calles die Katholiken des Mordes an Obregon. Nichts ist unwahrscheinlich in der mexikanischen Politik, und es ist jedenfalls Tatsache, daß alle die „Liberales", die in den letzten zehn Jahren eines gewaltsamen Todes gestorben sind, von anderen „Liberales" umgebracht wurden. Ich brauche nur die Namen Venustiano Larranza, Jesus Carranza, Francisco Villa, Emiliano Zapata, Manuel Dieguez. Francisco Serrano, Fortu nata Maycott, Manuel Earcia Vigil, Salvador Alvarado und Arnulfo Gomez zu erwähnen. Die revolutionären Führer werden vielleicht schließlich einer den andern vernichten, aber ehe sie verschwinden, mögen sie noch ein schauderhaftes Massaker von Unschuldigen anrichten, und, nach allen Anzeichen zu schließen, stehen wir jetzt vor einem solchen Massaker." LorpmNers Reise nach Bayern Augsburg, 6. August. Der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahngesellschaft Dr. Dorpmüller, der gestern zur Besichtigung der Unglücksstät- ten bei Siegelsdorf, Dinkelscherben und München in Begleitung der Eisenbahndirektoren Dr. Stöckel, Dr. Kilp und Dr. Bau- mann nach Bayern abgereist war, besuchte gestern nachmittag unter Führung des Reichsbahn-Direktionspräsidenten Dr. Käp- pel die Unfallstelle in Siegelsdorf. Der Präsident der Reichsbahndirektion Augsburg. List, fuhr dem Generaldirektor dis Nürnberg entgegen. Um A8 Uhr abends trafen die Herren in Augsburg ein und begaben sich so fort mit Sonderfahrt an die Unfall stelle in Dinkel scherben. Das Ergebnis der Untersuchung deckt sich vollstän dig mit der bisherigen amtlichen Darstellung. Heute vormittag wird der Generaldireltor in Begleitung des Staatssekretärs von Frank und des Rcichsbahn-Direktionspräsidenten List die im Krankenhaus untergebrachten Verletzten besuchen, um ihnen sein Mitgefühl auszudrücken. Hierauf wird der Generaldirektor dem Oberbürgermeister der Stadt Augsburg einen Besuch abstatten, um ihm die Teilnahme der Deutschen Neichsbahngesellschaft an dem schweren Schicksals schlag auszusprechen, der die Stadt Augsburg, namentlich bei der Münchener Katastrophe, betroffen hat. An den Besichti gungen nimmt außer dem Leiter der Gruppenvcrwaltung Bayern, Staatssekretär v. Frank, noch Ministerialdirektor Dasch teil. Sroßsraer >u einem Kloster Innsbruck, 6. August. Am Montag früh brach im Kloster Stans Eroßfeuer aus. Die Wirtschaftsgebäude wurden vollständig eingeäschert. Das Hauptgebäude mit seinSK wertvollen Kunstschätzen konnte gerettet werden. - ' - - - - Jugend und Slaak Von Erwin Nifsta. Nur noch wenige Tage trennen uns von dem Erinnern an den 11. August 1919. an jenen geschichtlich denkwürdi gen Tag. der den g e s e tz lo s e n Z ust a n d der Nevo- lution beendete und den neuen deut,chen Staat durch seine Verfassung begründete. Mit besonderem Stolz blicken wir auf dieses Werk von Weimar, das geschaffen wurde durch den Willen des Volkes von seinen in die Nationalversammlung entsandten Vertretern. Wenn wir unser Bekenntnis zu Weimar lviederholen, wissen wir gar wohl, daß auch dieses Menschenwerk nicht ohneFehler ist, daß nach den Erfahrungen, die wir seit 1919 gemacht haben, noch an dieser oder jener Stelle angepackt, entwickelt und aufgebaut werden muß. In der jungen Generation weiß nran vor allem um die Mängel unseres heutigen Wahlrechtes. Die Jugend hat diese Mängel bei den letzten Wahlen besonders gespürt aber auch in den anderen Teilen des Volkes wird es immer deutlicher erkannt, daß die Reform unseres Wahlrechtes entscheidend ist für die Verlebendigung des Geistes von Weimar, entscheidend für die Verwurzelung der Demokratie im Volke. Ilm Staatsform und Symbole acht heute der Streit nicht mehr; in Gegenwart und Zukunft steht der innere Ausbau unseres Staates zur Frage. Die erste Entscheidung mit ihrer gewaltigen Verantwortung liegt bei den vom Volke Gewählten. Dar über hinaus aber fordert das Wesen unseres Volksstaates von allen Deutschen, die in ihm bewußt und verantwortlich leben und die zu seiner Grundlage in Weimar liehen, den ganzen Ernst in politischen und staatsbürgerlichen Fragen. . . Das geht mit an erster Stelle die zungeEene- ration'an. Im Laufe -er wenigen Jahre nachdem Weltkrieg sind die Jungen in allen Parteien, in allen weltanschaulichen Lagern stärker in den neuen deutschen Staat hineingewachsen. In ihnen lebt die neue Zeit, der Glaube an eine Aufwärtsentwicklung und die feste Zuversicht, daß Deutschland, wie schon oft in der Weltgeschichte, in den großen Fragen, die heute Europa bewegen, führend m i t z u a r b e i t e n berufen ist. Die katholische Jugend steht hier in vorderer Linie. Die letzt jährigen Kundgebungen der Windthorstbünde, der Jung- männer- und Gesellenvereine beweisen das. Das Be kenntnis zur deutschen Republik ist stärker geworden, die Aussprache über Staatsform und Symbole auch bei uns verstummt. Damit liegt gewiß ein gutes Stück Arbeit hinter uns; aber wir find nicht am Ende. Erinnern wir uns in diesem Zusammenhangs an den Aufsatz von Johannes Schauff, der mit der Feststellung der Ileberalterung unserer Volksvertretung gleichzeitig die große Tragik der jungen Generation herausstellte, die im Verhältnis zu ihrem Wollen und zu ihrer Kraft durch politisch enge Aus fassungen der älteren Generationen von politischer Ver antwortung zurllckgchalten wird. Auf diese Frage ist an läßlich der letzten Wahlen wiederholt und mit großem Ernste in allen Parteilagern hingewiesen worden. Wir wollen hier nicht den Gründen nachgehen, sondern viel mehr in der Vorbereitung zum Verfassungstage uns an die Jugend selbst wenden; denn nichts wäre ver kehrter, als in der Enttäuschung stecken zu bleiben oder sich gar den großen staatsbürgerlichen Aufgaben, die uns wie jedem Volksgenossen gestellt sind, zu versagen. Dis gesunde EntwilKung eines Staatswesens wird wesentlich bedingt durch die innere Anteilnahme der Volksgenossen an seinem Geschick. So ist es immer und unter jeder Staaisform gewesen. In bedeutend ver stärktem Maße gilt das für den Volksstaat. In dieser Form staatlichen Zusammenlebens, die einen Jeden seine Stelle zur Mitarbeit anweist, die sich in Gesetzgebung und Verwaltung aufbauen muß auf allen Gliedern des Volkes, gilt das in erhöhtem Maße. Die Demokratie muß, wenn sie nicht Farce oder hohler Ausdruck bleiben will — und dann auch zum Untergang verurteilt worden ist — von dem frischen und sich stetig erneuernden Pulsschlag ge» funder Volkskräfte erfüllt sein. Damit stellt der neue Staat bedeutend größere Anforderungen an einen jeden Staatsbürger. Das Werk von Weimar ist ein Be weis dafür. Denken wir nur an den zweiten Hauptteil der Verfassung, wo eine Fülle deutschen und christlichen Geistes nie-dergelgt ist als Pflichterfüllung, als Verantwortung, Grundsätze, die der Ausführung harren, die nicht auf dem Papier stehen bleiben dürfen. Bald feiern wir die 10jährige Wiederkehr des Verfassungs tages. Stellen wir uns bescheiden und offen die Frage, wieviele von uns kennen und wißen um den Inhalt und die Aufgaben, die uns das neue Grundgesetz stellt? Möge uns der Tag von Weimar Ansporn sein, des großen Volkswerkes zu gedenken. Christliche Männer und Frauen haben mitgewirkt, nicht als Handlanger, sondern als Hüter «Aistticher Kulturgüter. Unsere Pflicht ist es, da« Werk zu bewaüren und fortzuführeiu Der Ruf aber.