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Kimger» Brok Die No, der russischen Kochschule Die Ansichten über das Hochschulwesen in Sowjetrußland sind geteilt. Während einige behaupten, daß die Hochschulen dort nur ein Scheinleben führen und dem kommunistischen Par- teidogma vollständig untergeordnet seien, weisen andere auf die Erfolge der russischen Wissenschaft, die Erfindungen der russi schen Gelehrten und sprechen von einem Aufblühen der Künste und Wissenschaften in der USSR. Die Zeitschrift „Nautsch- nij Rabotnik" (Der wissenschaftliche Arbeiter), das in Moskau erscheinende professionelle Blatt der wissenschaftlichen Arbeiter der USSR., enthält in seinen letzten Nummern eine Fülle verschiedener sehr interessanter Angaben über die Nöte >»s sowjetistischen Hochschulwesens. Diese Angaben, deren Genauigkeit unanfechtbar ist, schil dern das jetzige russische Hochschulleben in ziemlich düsteren Farben. Ans ihnen ist es leicht zu ersehen, daß die Krank heiten und Plagen der Hochschulen dieselben sind, an denen ganz Sowjetrußland leidet. Das jetzige Rußland ist sehr ar.n ge worden. daher ist es nicht zu verwundern, dag die Hochschulen auch sehr armselig ausgerüstet sind. Ueber diese Frage ist der „Nautschnij Rabotnik" besonders redselig. Alle Artikel sind mit Klagen über die schwierige materielle Lage des Lehrversonals überfüllt. Obwohl das Gehalt der Pro fessoren im Jahre 1927 einigermaßen gehoben wurde, bleibt es bis jetzt sehr niedrig, besonders wenn man die fortwährend steigende Teuerung berücksichtigt. Das durchschnittliche Gehalt eines Prosessors in der UL2R. (in verschiedenen Bundesrepu bliken ist die Höhe desselben verschieden) beträgt 18ü Tscher- wonetz-Nubel (was nach der Berechnung des Konjunktur-Insti tuts zur Zeit 101,9 Eoldrubel ausmacht) im Monat. Die Hono rierung der Dozenten, Assistenten, Gehilfen usw. ist ent sprechend niedriger. Diese niedrigen Eehaltsnormen zwingen das Lehrpersonal, sich mit verschiedener Arbeit — Vorlesungen, Seminaren, Prüfungen, Vorträgen usw. zu überladen. Mehrere Professoren in Moskau, Leningrad und anderen Städte!, haben 10 Vorlesungen wöchentlich in verschiedenen An stalten, statt der normalen 12—18. Daher ist es leicht zu be greifen, wenn nach den Angaben einer Rundfrage viele Pro fessoren ungefähr 10 Minuten täglich zur Vorbereitung zu ihren Vorlesungen haben. Die schwierige materielle Lage des Lehrpersonals hat zur Folge, daß es wenige junge Leute gibt, die sich der Professur widmen wollen, daher ist der Mangel an Lehrkräften /ehr groß. Der Stellvertreter des Kommissars für Volksauf- llürung (Narkompros), Pros. Pokrowski) (der unlängst in Deutschland weilte), berechnet in seinem Berichte vom Dezem ber 1927, daß 2800 Aspiranten nötig seien, um das ausscheidende Lehrpcrsonal zu ergänzen. Im Lehrjahre 1927—28 waren dagegen nur 1250 .Aspiranten, d. i. ungefähr 10 Prozent der nötigen Zahl. Außer der schweren materiellen Verhältnisse wird die Jugend auch durch die politischen Forderungen, die den Professoren von der kommunistischen Regierung gestellt wer den, ab geschreckt. Der schon früher erwähnte Professor Polrowsky erklärt in seinem Vortrage, daß alle Professoren im Marxismus gut bewandert sein müssen. Die Professoren der politischen Wissenschaften müssen sogar rechtgläubige Marxisten sein. „Wir betrachten einen Nicht-Marxisten einfach als einen rückständigen Menschen, und wir können solche UN- Bildung Element« ab» Lehrer und Erziehe? unserer Fugend nicht dulden. Wir fordern bei weitem nicht, daß jeder Mathematiker oder Naturforscher ein Anhänger des Marxismus sei. Jedoch ist der Lehrstuhl eine viel zu gefährliche Waffe, und wir werden uns hüten, sie in die Hände der Anti-Marxisten oder Anti-Materialisten zu geben." Obwohl die Lage der Professoren schon recht traurig ist. ist die Lage der Studenten noch viel schlimmer. Nach den Angaben des Doktors Abinder find die Kenntnisse der jetzigen Studenten auf allen Gebieten, besonders merkwürdiger weise auf dem Gebiete der Politgramota (politisches ^VSE), aus das die Kommunisten so viel Wert legen, sehr unge nügend. Als Beispiel find mehrere Antworten vorgelegt, von denen nur einige hier angeführt werden. „Der imperialistische Krieg des Jahres 1914 war ein Krieg zwischen Rußland und allen übrigen Staaten Europas, weil Rußland ein sozialistisches und die übrigen kapitalistische Staaten sind". „Japan ist ein« Kolonie Englands, Afrika — Frankreichs." „Die Revolution des Jahres 1618 stürzte Napoleon l." „Die Jakobiner waren eine politische Partei, deren Haupt General Tognak war." -1 Das mag genügen. Zur Erklärung dieser kläglichen Erfolge führt Dr. Saft kind die schwere materielle Not der jetzigen russischen Studen ten vor. Nach seinen Angaben hatten 69 Prozent der Hörer der zweiten Moskauer Staatsuniversität ein monatliches Budget von 20—28 Rubeln. 20 Prozent hatten überhaupt lein regu läres Einkommen und lebten von Hand zu Mund. 51 Pro zent Studenten und 16 Prozent Studentinnen in Moskau wur den bei der ärztlichen Untersuchung als unterernährt an erkannt. Ganz katastrophal sind die Wohnungsverhältnisse der Studenten. 10 Studenten nach den Angaben desselben Salkinds wohnen öfters in einem Zimmer. 18 Prozent Studentinnen einer Moskauischen Höheren Anstalt schliefen immer zu zweien in einem Bett. Bei solchen Zuständen, gibt der „Nautschnij Rabotnik" zu, ist es der lernenden Jugend schwer, dem Erbte Lenins zu folgen und „an dem Granit der Wissen schaft mit ihren jungen Zähnen hartnäckig zu nagen". Der große französische Revolutionär Danton pflegte zu sagen: „Nach dem Brote ist die Bildung das größte Be dürfnis des Volkes." Den Bolschewiken ist es bis jetzt« nicht gelungen, weder das eine, noch das andere dem Volke zw geben. Die schlanke Linie in -er Nalur Das „Modeprlnzlp" uralt Als feinstes und schlankstes Bauwerk der Natur gilt von jeher der Roggenhalm, bei dessen Aufbau die Natur schon seit Jahrtausenden Gesetze befolgt, nach denen unsere Ingenieure erst seit wenigen Jahrzehnten jene stolzen Eisentürme und ele ganten Stahlbrücken aufführen. Aber müssen wir nicht beschei den bekennen, daß wir von der „Technik" der Natur noch sehr weit entfernt sind, wenn wir den Roggenhalm und den höchsten Schornstein Europas, die Halsbrücker Esse bei Freiburg i. Sa., die als das schlankste Bauwerk gerühmt wird, in ihren Dimen- sionsverhültnissen miteinander vergleichen? Setzen wir als Maß der Schlankheit das Verhältnis von Durchmesser zu Höhe, so erhalten wir bei dem Halm mit einer durchschnittlichen Länge von 1,50 Meter gleich 1500 Millimeter und einem Grunddurch messer von .9 Millimeter den erstaunlichen Wert von r/-o«, wäh rend bei dem genannten Schornstein mit 110 Meter Höhe und 5X Meter (mittlerem) Durchmesser dieses Verhältnis den Wert 1/2- erreicht. Diese Zahlen sagen aus, daß der Schornstein zwan zigmal plumper ist als der Roggenhalm! Sind unsere In genieure also Stümper? Und worin ist hier die Ueberlegeicheit der Natur zu suchen? Der berühmte Botaniker Schwendcner hat gezeigt, daß der Halm erstens besonders festgebaute Elemente besitzt, die Bastfasern, deren Zugfestigkeit hinlänglich bekannt ist, und daß zweitens diese Bastfasern in Röhren form (man denke etwa an den Schachtelhalm!) gelagert, wodurch das Biegen und Knicken des Halmes verhindert wird. Bei unseren technischen Konstruktionen können mir die Festigkeit und Elastizität des Baumaterials nur in beschränktem Grade ausnutzen, und es er scheint daher verständlich, daß kein Bauwerk von Menschenhand auch nur entfernt die Schlankheit der Pflanzen, insbesondere der Halme, nufweisen kamr. Dabei setzen wir aber stillschwei gend voraus, die Natur könnte den Roggenhalm von 1,50 Meter Höhe in genau derselben Schlankheit von */s<x> auch in jeder vielfachen Vergrößerung — also etwa von der Höhe der Esse — Herstellen. Auf diesen Umstand hat der Russe Rasdorsky aufmerksam gemacht und durch Anwendung der mechanischen Gesetze auf die pflanzlichen Bauwerke dargetan, daß unsere moderne Technik doch nicht so sehr von der Natur überflügelt wird, wie es aus den oben angegebenen Zahlen auf den erste» Blick der Fall zu sein scheint. Um diese Auffassung zu verdeutlichen, sei ein Beispiel ge geben. Nehmen wir an, ein Tier verdopple seine Körperlänge, dann wird seine Körpermasse 2 X 2 X 2 — 8 mal so groß. Die Kraft seiner Muskeln, die von der Zahl der Fasern bzw. von deren Querschnitt (also von einer Fläche) abhängig ist, wird dabei aber nur auf das 2 X 2 — vierfache steigen. Die vierfache Muskelkraft aber wäre nicht imstande, die achtfache Körpermaße zu bewegen,' es muß also auch der Querschnitt auf das Acht fache anwachsen. Das besagt aber, daß das Tier bei doppelter Körperlänge plumper sein muß. Diese Ueberlegung, die in dem sog. B a r b a - K i ck schek Gesetz zusammengefaßt ist, wenden wir nun auf unseren Roggen halm an, von dem wir erfahren wollen, wie er gebaut wäre, falls ihn die Natur bis zur Höhe der Esse (110 Meter) wachsen lassen könnte. Nach der früheren Auffassung müßte der Riesen halm bei der 93fachen Höhe (110 Meter statt 1,50 Meter) auch einen 93-fachen Durchmesser haben, also 93 mal 3 Millimeter gleich 28 Zentimeter. Das genannte Gesetz jedoch, welches Querschnitt und Länge ins Verhältnis setzt, besagt, daß sich di« Schlankheit umgekehrt wie die Quadratwurzel aus der Länge verhält,' d. h. bei 93-facher Länge des Halmes muß der Halm noch 93 — 9,6 mal so dick werden, also einen Durchmesser von 280 X 9,6 Millimeter — 2,70 Meter haben. Man erkennt, daß diese Zahl nicht so sehr von dem mittleren Durchmesser (5,59 Meter) des menschlichen Bauwerks abweicht, wie man anzu nehmen geneigt ist, so daß man sagen kann, daß der Roggen halm etwa doppelt so schlank ist als die modernen Konstrukt tiouen unserer Ingenieure. Ziehen wir zum Vergleich noch andere Pflanzen von großer Schlankheit heran, so scheinen auch sie zunächst den Bauten de» Technik überlegen (Bambus r/i-<>, Palme Tanne '/,-). Be zieht man jedoch gemäß dem Barba-Kickschen Gesetz die Quer» HerWagung des Katholischen Akadennkerverbandes Konstanz, 6. August. Die außerordentliche Differenziertheit des Themas der Tagung von der Kirche und der Einheit des Abend landes macht eine eingehende Analyse der im Thema stecken den Begriffe notwendig. Die Kultur des Abendlandes ist viel gestaltig, und wenn man nicht in ganz allgemeine, pseudo universale und abstrakte Erörterungen sich verlieren will, mutz eine die verwickelte Sachlage treffende, durch die zu behandelnde Wirklichkeit geforderte Arbeitsteilung eintrcten. Es muß, weil die Kultur sich in mehreren Formen zeigt, nämlich in der Sphäre der Theologie, der Philosophie, der Kunst, des Rechts und der Politik, auf dieser Tagung auch der Theologe, der Philosoph, der Künstler, der Politiker und der Jurist sprechen. Man kann nicht sagen, daß diese Forderung auf dieser Tagung in ihrer ganzen Bedeutung zur Geltung kam, es ist aber durch die Er örterung einiger Gebiete der Sachlage weitgehende Rechnung getragen. Die Verhandlungen des zweiten Tages. Am zweiten Tage sprachen drei Theologen: Krebs, Simon, Adam. Engelbert Krebs, der bekannte Freiburger Dogmatiker, sprach über: „Die einigende Macht der Kirche und ihre Grenzen." Im Mittelpunkte der Ausführungen standen die Begriffe von Individuum und Ge meinschaft, Eottesliebe und Nächstenliebe, Gesetz und Freiheit. Glaubens- und Eebetsaemeinichaft schließt die Völker zusam men, wie im frühen Mittelalter die geistige und kulturelle Einigung in der Liturgie des römischen Stuhles begründet lag. Eine objektive Verständigung über Glaubens- und Gebets fragen, die in den Tagen der Gegenwart so not tut, ist nur dann zu erreichen, wenn alle geleitet werden von einer höchsten, objektiven Norm. Es besteht ein großer Zug nach Einheit, in Europa und in Asien: ja das Bestreben nach Einheit mit der Kirche ist im Osten sehr groß. Hindernisse dieser Einheit sind oft geschichtlicher, teilweise aber auch prinzipieller Art. Das größte Hindernis scheint die infallible Autorität des Papsttums zu sein. Vor allem für den Protestantismus. Eine ungeheure irrige Tradition lebt im Protestanten und lehnt sich gerade gegen dieses Dogma auf. Die Einigung liegt in weiter Ferne, da noch immer diesem Geiste Tribut gezollt wird. Unser« Heilsarbeit darf nicht stehen bleiben beim «olus cum ,olo veo. Die innere Zerrissenheit des Abendlandes überträgt sich heut« auf den Orient, dessen Entwicklung man nur mit größter Span nung zuschouen kann. Die Einheit und die einigende Macht der Kirche steht aber prinzipiell fest und wir sollen dieser Macht dienen. Dem Vortrag schloß sich eine Aussprache an. Am Nachmittag fand in dem Saale von St. Johann dis erste Gemeinschaft statt, die vom Universitätsprofessor Dr. Paul Simon aus Tübingen über das Thema: „D i e W i ed e r v s r - einig ung und sie Einheit des Abendlandes. Simon sprach lebhaft über den Begriff der Wiedervereinigung. Simon sagte, ob maw überhaupt noch mit Recht das Problem der Wiedervereinigung diskutiere. Der Zustand der heutigen prote stantischen Gemeinschaften sei ein wesentlich anderer als zu Leib- niz Zeiten. Heute stände der katholischen Kirche keine geschlossene oder geschlossenen protestantischen Gemeinschaften gegenüber. Um Einzelmitglicder handelt es sich, so wichtig das auch im ein zelnen Fall ist, bei der großen Frage der Wiedervereinigung nicht primär. Wir müssen die Wiedervereinigungsidee zu einer Angelegenheit der ganzen Menschheit machen. Der Redner kommt auf die großen Kongresse von Stockholm, Lausanne und Mecheln zu sprechen. Sie haben kein aktuelles Resultat ge habt. Wichtig ist vor allem die Beseitigung der Vorurteils, um dadurch eine erfolgreiche Anbahnung für künftige Ar beitsmöglichkeit zu schaffen. Es hat ein einiges Vaterland ge geben, doch diese Einigkeit ist zerbrochen, nicht allein durch dis Reformation. Die immer weiter um sich greifende Säkulari sierung des Geisteslebens läßt uns energischer nach Mitteln suchen, die Einigkeit wiederzufinden. In der Aussprache fan den besonders L. Bribilla 8.1., p. Muckermann 8.1.. Franz Lauer Münch, Maria Schlüter-Hermkes und Eerta Krabbe! Be achtung. Abends 8X Uhr sprach im Saale des Konziliums, der ganz besetzt war, volle zwei Stunden Universitätsprofessor Dr. K a r l Adams aus Tübingen. Sein kräftiges ernstes und männ liches Temperament riß die Höherer mit. Gegenstand seiner Dar legungen war „Christus und der Geist des Abend- lande s". Nicht weil das Abendland Christus braucht sondern weil Lchristus ihm ruft, kommt dem Abendlande eine besonder» Bedeutung zu Christus zu. Warum ist das Abendland in ganz besonderer Weise Christus verhaftet? Wo liegt unser Pfand, daß wir zu verwalten haben, bis das Christus kommt, um von uns Rechenschaft zu fordern? An das Abendland erging der Ruf. daß es aktiv» an dem Gottestempel mitarbeite und seinen besonderen Genius in den Dienst Christo stelle. War auch erst die Ernte gering, so war doch das sanguis aomon cliristianorum. Als dann sprach der Redner vom hellenistischen, römischen und ger manischen Einschlag und den Beziehungen zum Christentum und seiner Entwicklung und stellte die Frage: Welches ist die Stellung des Abendlandes ru Christus in der Gegenwart? Die groß« Sünde des Abendlandes ist die Tatsache, daß man den objektiven Geist fortschreitend der Herrschaft Cbristi entwand. Es ist ein norr ssrviain der Tat. Wir müssen den Weg zurückgehen: zurück zur Uebernatur. — Die Versammlungen am dritten Tag. Nach den Theologen sprach am Dienstag vormittag der Historiker. Universitäts-Professor Dr. Gustav Schnürer aus Freiburg (Schweiz) über das Thema „Kirche und abend ländische Kulru r". Der Redner führte seine Hörer in die Ansänge der abendländischen Kultur. Er wies hin auf di» Bildung des Kirchenstaates, durch den Italien seine bis dahin bestehenden Bande mit dem Orient löste und sich mit der neuen Kultur verband die aus dem Norden kommen sollte. Das Mittelalter brachte die Gefahr einer übersteigerten Dezentral!» sation, der allein die Kirche durch ihre großen Päpste wirksam begegnete. Der Humanismus war die Förderung und Bildung einer Oberschicht. Als in dieser Entwicklung die sittliche Anarchie auch zur staatlichen und politischen Anarchie auswuchs, besann man sich auf di» Tradition. Es kam die große Zeit des Barock, in der Portugal und Spanien dis Führung hatten. Ihr« Vormachtstellung wurde durch Frankreich abgelöst. In der dadurch bedingten Auflösung der wahren Ordnung und Einheit des Abendlandes fand die Kirche immer stärker werdenden Einfluß zurück. Heute ist das Gerede der Ohnmacht der Kirche verstummt: mit ihrer Maßhaltung dem Ausgleichen und der reichen Lebenserfahrung ist sie wieder ein wesentlicher Faktor im Leben der Völker geworden. Der Rechtslehrer Professor I. Th. Delos 0. L. von der katholischen Universität Lille äußerte sich über Volk, Staat und Staatengemeinschaft im Lichte der christ lichen Nächstenliebe. Der Katholizismus ist kein« Ideologie, die die konkreten politischen Verhältnisse unberück sichtigt läßt, sondern eine Macht, die gestaltend in das Geschehen und Leben der Völker eingreift. Delos entwarf die Umriss« einer christlichen Staatsordnung. Jedes Glied eines Volkes muß die Möglichkeit haben, sich mit Hilfe des Volkes dem Volks- geisi gemäß entwickeln zu können. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, werden die Staatsbürger ihren Staat lieben, doch so, daß das Gebot der Nächstenliebe auch für die Beziehungen der Staaten untereinander seine Geltung behält. Das Gebot der Nächstenliebe erfordert sein« Ergänzung durch das Gesetz der Gerechtigkeit. Beide bieten die Möglichkeit der Vermittlung. Liebe und Gerechtigkeit sind miteinander verbunden. Ein besonders aktuelles Thema behandelte Professor Krebs in einer Arbeitsgemeinschaft Recht und Liebe in der Kirche. Diese durch eine liberale Theologie und Juris prudenz aufgeworfene dialektische und illegitime Frage fand in einer eingehenden Exegese des 1. Korintherbriefes Pauli und des Clemens-Briefes an die Korinther ihre prinzipielle Beant»