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Nehmen an dem 80. Geburtstag des alten Kämpen innigen Anteil, der sich ausdrückt in den besten Wünschen für den Jubilar, in der erneuten Feststellung der Zusammengehörig keit, in dem Gelöbnis weiteren Arbeitens und Wirkens für Volk und Partei, Kirche und Vaterland. Das sei die Ge burtstagsgabe auf den Festtagstisch Karl Herolds. Staatsstreich in Aegypten London, 20. Juli. Wie aus Kairo gemeldet wird, ist das Parlament durch königliches Dekret für drei Jahre ausgelöst und der König mit gesetzgeberischen Vollmachten versehen worden. Die Z r e i h « i t d » r P r e s s e ist für unbestimmte Zeit a b - geschasst. Das Dekret ist vom König und von sämtlichen Mitgliedern des Kabinetts unterzeichnet. Die sür Freitag und Sonnabend festgesetzte» Versammlungen der Wafd-Partei sind »erboten worden. Umfangreich« Vorsichtsmaßnahmen sind von den Polizei- und Militärbehörden getroffen worden, um die Ordnung im Lande aufrechtzuerhalten. Man wird nicht sehlgehen in der Annahme, Satz König Fuad seine Entscheidung unter englischem Einflutz getan hat. Die ägyptisch-nationale Mehrheit im Parlament und die Dis kussion in der Presse über die unter englischem Einflutz auf gekommene Korruption in den Regierungskreisen wurde in den letzten Monaten immer unangenehmer sür England. Man hat sich nun offenbar zu einer Radikalkur entschlossen. Ob diese brutalen Mittel aber genügen werden, die nationale Bewegung in Aegypten auch nur für wenige Jahre zu unterdrücken, darf bezweifelt werden. Ein trauriger Abschluß Stockholm, 20. Juli. Tie schwedische Regierung hat an den Hauptmann Thorn- berg ein Telegramm abgesandt, das die Rückkehr der schwedischen H i l f s c x p e d i I i o n aus Spitzbergen an ordnet. Der Kriegsminister erklärte, datz die Zurückberufung aus dem Grunde erfolgte, weil die Hilfserpeöition sür die wei teren Nachforschungen nach Amundscn und der Alessandri- gruppe nicht mehr erforderlich ist. Ter Beschlutz die Hilss- expedition zuriickzurusen scheint veranlaßt zu sein durch Mitz- hclligkciten mit dem Leiter der italienischen Expedition. Man sei überzeugt, datz ein weiteres Verbleiben der schwedischen Hilfscxpcdition in Spitzbergen zwecklos wäre Rom, 20. Juli. Das Presseamt des Regierungsä)ess teilt mit: Gemäß dem Verfügungen des Regierungschefs haben die Schiffbrüchi gen der Italia die Heimreise unverzüglich anzutreten. Die Citta di Milano wird die MannsckMt nach Marvik bringen, um dann sofort wieder nach der Kings-Boy zurückzukehrcn und die Suche nach der Ballongruppc wieder auszunehmen. Ferner erläßt der Regierungschef einen Befehl, wonach den Mitgliedern der Expedition befohlen wird, keine Erklärungen und keine Interviews über die Katastrophe abzugcbcn. Dann! hat die Expedition der Italia einen Abschluß ge sunden, der wirklich nicht trauriger sein konnte Undank an die Retter und Glcielzgüttigkeit gegenüber dein Schicksal derer, die noch im Eise verschollen sind. Alle Hojsnung auf Rettung des verschollenen Amundscn ruhen nun auf der russischen Hilssexpedition. Das Flugzeug Latham ist jetzt seit einem Mo nat und die Aiessandri-Wruppe seit 55 Tagen verschollen. Man glaubt, daß beide Gruppen noch leben. Sie müssen sofort ge sucht werden. Die Malmgren-Gruppe, die vierzig Tage vermißt wurde, galt ebenfalls als verloren. Die Hossnnng, ebenso gün stige Ergebnisse wie bisher zu erzielen, ist nicht geschwunden. Ter Eisbrecher Krassin lief Mittwoch nacht von der Ad- venlsbay nach Kiugsbay aus, nachdem er das Flugzeug Tichuch- »lowskis, das einer Reparatur unterzogen worden war, an Bord genommen Holle. Ans der Fahrt nach Kiugsbay traf der Krassin den Dampfer Braganza. übergab ihm die zur Hilfelei stung für Tschnchnowski entsandte Skimannschast und nahm «inen italienischen Arzt an Bord. Der Krassin arbeitet sich mit großer Mühe durch das Packeis dnrch. Löwensteins Leiche gefunden Boulogne, 20. Juli. Die Leiche des belgischen Finanziers Lömenstein wurde gestern von einem Fischerboot gesunden und nach Calais ge bracht. Die Identität der gelandv rn Leich« mit dem belgischen Bankier Lömrnstein konnte durch die Armbanduhr des Ban kiers lestgestcllt werde». Die Leich« wurde aus der Höhe von Lap Grisnez etwa zehn Meilen von der Küste entfernt aus dem Wasser treibend ausgesunden. Die Leich« ist bereits stark in Verwesung übergegangen. Die Polizei von Calais hat die Leiche vorläufig in Verwahrung genommen. Unwetter in Oberbayern München, 20. Juli. Das durch seine Passionsspiele berühmte Dorf Ober- «mmergau steht vollkommen unter Wasser. Durch einen furchtbaren Wolkenbrnch wurden die Brücken, die über die Lame führen, sortgerissen. Bor der Brücke zum Elek trizitätswerk stauen sich die von den Fluten angeschwemmten Baumstämme. Das Wasser verbreitet sich über ganz Ober ummergau. Insolge Kabelbruchs versagte auch die elektrische Lichtleitung, so daß die Rettungsarbciten im Sck-eiue der Fackeln vorgenommen werden müssen. Die in der Nähe liegenden Ortschaften haben alle unter Wolkcnbrüchcn zu leiden, Uebcrall treten die Flüsse ans ihren Usern und bringen Hochwassergefahr mit sich. Ucber die Füs - jener Gegend ging ein furchtbares Gewitter nieder. Durch Blitzschläge steht der Wold von Te^Iberg bei Füssen seit Frei tag in einem Durchmesser von 350 Meter in Hellen Flammen. Wenn nicht starker Gewitterregen eintritt, ist sür den Hoch wald das Schlimmste zu befürchten. kine gehässige Entstellung New York, 19. Juli. Nach Meldungen aus Mexiko-Stadt »erden die Anhänger Obregon» Donnerstag nachmittag z» einer Sitzung zusammen- treten, um Beschluß zu fasse» über di« Einberufung einer So«- dertagnng des mexikanischen Kongresse». Es ist geplant «in« verfassnngsänderung »vrzunehmen, dergestalt, datz Lalle» noch zwei weiter« Jahre i« Amt« verbleiben kann. Einer Bekanntmachung des Präsidenten Talle« zufolge sollen Anzeichen dafür vorhanden sein, datz dt« katholische Kirche mit dem Anschlag auf Obregon indirekt in Zusammen hang steht. Uever die Beteiligung der klerikalen Kreise soll bereits umfassendes Beweismaterial »orliegen. Lalle» fordert die Bevölkerung auf, sich hinter di« jetzige Negierung zu stellen und der verräterischen Propaganda kein Gehör zu schenke», die von kirchlicher Seite komme und die das Land in die dunkelsten Zeiten zurückwerfen würde. Zum Schluß verspricht Calles auch die geistigen Urheber ausfindig zu machen. Schon ist das Opfer gefunden. Wie wir voraussagtcn, hat Calles dem Kqtholizisnurs die Schuld an der Ermor dung Obregons zugeschoben. L. erreicht damit einen doppel ten Zweck: Erstens erhält er einen neuen Vorwand für die schärfere Verfolgung der Katholiken und zweitens wälzt er den Mordverdacht von Leuten ab, die ihm teilweise persön lich sehr nahe stehen. Die internationale Weltpresse, dar unter ein so angesehenes Blatt wie die „Kölnische Zeitung", hat dem Freimaurer Calles bereits Vorarbeit geleistet, indem sie die Proklamation des Präsidenten vorwegnahmen, als kaum die Nachricht des Attentats eingetroffen war. Sogenannte Aussagen des Mörders sind, wie wir be reits betonten, nicht ernst zu nehmen, denn wer die mexi kanische Justiz kennt, der weist, daß ihre Methoden nicht weit von den sowjetrussischen entfernt find, welche imSchachty- prozest bekanntlich die merkwürdigsten Geständnisse zu tage gefördert haben. Auch wenn der Mörder unbeeinflußt erklären würde, im Namen Christi gehandelt zu haben, so beweist dies nichts für irgendeine geistige Urheberschaft der katholischen Kirche, hat doch z. B. 1810 der Priester Hidalgo unter dem Schlachtruf „Guadalupe Viktoria" mit dem Symbol der hl. Jungfrau von Guadalupe und dem Kreuz Christi in Händen die Massen zum Aufstand gegen die be stehende Ordnung aufgerufen, der zugleich ein Aufstand gegen die Kirche war. Mexikanische Mentalität läßt sich nicht mit europäischen Matzstäben messen. Washlugloner Erttgrungen Washington, 19. Juli. In katholische» Kreisen der Vurrdeshauptstadt wird die von manchen geäußert« Meinung, daß katholische Kreise hinter dem Attentat ans Obregon standen, als nicht «ur gayz unbewiesene Vermutung, sondern als geradezu absurd bezeichnet. Es könne sich allenfalls um eine höchst bcdaiierliche Tat eines einzelnen Fanatikers gehandelt haben, denn die katholische Kirche selbst habe das größte Interesse an einer baldigen Wiederherstellung normaler Beziehungen in Mexiko. Die Deutsche Allgemeine Zeitung läßt sich aus New Pork melden: „Was die Beweggründe zur Tat des Mörders Cscapulario s anbetrisft, so wird in Washingtoner maßgebenden Kreisen die I Annahme, daß der Täter ein katholischer Fanatiker sei und den General wegen der kirchenfeindlichen Polit» der jetzt am Ruder befindlichen Regierung niedergeschossen habe, nicht geteili. Man vermutet vielmehr, daß Escakulario al» ehemaliger Hauptmann der Organisation angehörte, die an den Militäraufständen im Oktober vergangenen Jahres beteiligt war. Bekanntlich wurden diese Verschwör»» gen von General Obregon mit rücksichtsloser Gewalt unterdrück Die Teilnehmer wurden, soweit sie nicht standrechtlich erschösse» worden waren, verfolgt und hatten sich zum größten Teile außer Landes begebe». Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, daß der Mörder die Tat verübt hat, um seine Kame raden zu rächen." London, 10. Juli. Der Korrespondent der „Morning Post" in Nom meldet: Di« Ermordung des General« Obregon wird einen ernsten Rückschlag für die Bemühungen bedePlen, den religi öse» Frieden in Mexiko wiederherzustelle'i. Ich erfahre, das, General Obregon versprochen hatte, die Haltung der mexikani schen Regierung zur katholischen Kirche unter Bedingungen, die vom Erzbischof Nutz y Flores nach Rom überbracht worden waren, einer weitgehenden Revision zu unterziehen. Ich erfahre weiter, datz die Verhandlungen zu Ende geführt waren und daß ein sehr wichtiges Abkommen erzielt wurde. Große Erregung in Mexiko Mexiko, 18. Juli. Die Stadt Mexiko befindet sich in einem noch nicht dage- wesenen Zustand politischer Erregung. Die Zensur ist noch immer in Kraft, und Polizei und Militärpatrouillen zieh» durch die Straßen der Hauptstadt und auf den Wegen der Hin gebung. Alle Truppen werden in den Kasernen sür den Fall von Unruhen in Bereitschaft gehalten. Zahlreiche Gerüchte über ausrührerische Bewegungen waren heute im Umlauf, aber alle erwiesen sich als unbegründet. Weder die Blätter noch die Regierung haben irgendwelche Nachrichten über Unruhen aus irgendeinem Teil des Landes erhalten. Der Eigentümer des Restaurants, in dem Obregon getötet wurde, und zwölf Angestellte wurden von der Polizei verhaftet und in Untersuchungshaft geführt. Die Polizei teilt mit, datz Jo so Leon-Torral, der den Präsidenten Obregon erschoß, vor sechs Monaten von Guada lajara nach der Stadt Mexiko kam, um Arbeit zu suchen. Er ist 23 Jahre alt und hat eine Kunstschule besucht. Die Polizei fand Lei ihm einen Rosenkranz und ein Bildnis des Priesters Miguel Augustin, der nach dem Bombenanschlag auf General Obregon im November vorigen Jahres hingerichtet worden war Die Polizei teilt ferner mit, der Gesängen« habe bisher nichl zugegeben, datz er Mitwisser gehabt habe. Die Frau und die Mutter des Mörders sind ebenfalls verhaftet worden. Amerikanischer Appell an Calles Washington, 18. Juli „Baltimore Sun" und andere Zeitungen sprechen in ihren Kommentaren z» der Ermordnung Obregons den dringenden Wunsch aus, daß Präsident Calles die Lage nüchtern er wäge und sich nicht zu drakonischen Maßnahmen gegen seine j volitischen Gegner hinreißcn lasse. LU» China und Japan Tokio. 19. Juli. Ans der Tagung der Seijukai berichtete Ministerpräsident Tanaka über die Chinapolitik seiner Regierung. Japan könne, so erklärte Tanaka, seine Politik gegenüber China nicht ändern. Ein Verzicht aus das Berti agsvcrhältnis käme nicht in Frage. Durch den Boykott in China habe der japanische Handel zwar einen Verlust im Betrag von 30 Millionen Pen erlitte», Loch werde Japan kein Kompromiß schließen. In bezug aus die NorL- mandschurei bleibe Japan bei dem bisherigen Standpunkt. Die Partei billigte die Politik der Regierung und sprach Tanaka ihr Vertrauen aus. Reuter berichtet aus Schanghai: Die Japaner zeigen wachsende Beunruhigung über die Wahrscheinlichkeit, daß die Nanking-Regierung den Vertrag von 1896, der die japanischen exterritorialen Handelsrechte in China betrifft, kündigen wird. Der japanische Handel ist bereits schwer betrojsen durch den chinesischen Boykott, der in Schanghai allein den Absatz japanischer Waren im Werte von über eine Million Psund lahmgelegt hat. Die Japaner befürchten, daß die Zukunst ihrer großen Kapitalsanlage in Unternehmungen in ganz China ernstlich gefährdet ist. Peking, 18. Juli. Wie aus Nanking gemeldet wird, erklärte Außenminister Dr. Wang, die Vorschläge Japans über die Verlängerung des chinesisch-japanischen Handelsvertrages aus weitere zehn Jahre seien für die Nankingregierung nicht annehmbar. Die Nankingregiernug habe bereits die japanische Regierung hier von in Kenntnis gesetzt, und dabei hinzugefügt, daß aus diesem Gebiet keinerlei Konzessionen zulässig seien. Die Nankingregie rung bereite ein besonderes Dekret vor, nach welchem die Exterritorialität für die Ausländer ausgehoben sei. Eine Ausnahme für Japan könne nicht gemacht werden. London, 19. Juli. „Times" meldet aus Peking: General Tjchiangkaischek for derte gestern in eines Ansprache, die er vor Studenten hielt, diese aus, sich militärisch ausbilden zu lassen, um China vor dem An griff der Imperialisten schützen zu können. Tschiangkalscher er klärte, in 15 Jahren werde China eine Armee und eine Flotte haben, die jeder andern in de» Wrlt Oewachke« wäre«. All« militärischen Führer würden in einigen Togen »ach Raniing abrcisen, um der Plenar sitznng des Kuomintang beizuwohncn. Man erwarte, daß Gene ral F e n g j » h s i a n g, der gegenwärtig in Honau weilt, sich ihnen unterwegs anschliehen werde. Vela Kun's Teilnahme an der KomiMern Kowno, 18. Juli. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat das Außenkom missariat Bela Kun ein Einreisevisum nach der Sowjetunion ausgestellt. Bela Kun wird am 2. August in Leningrad ans dem Dampfer „Preußen" erwartet, wem wo aas er sich im Flugzeug nach Moskau begeben wird, um dort an der Tagung der Kommunistischen Internationale teilzunehmen. Vela Kun ist als Kandidat dem Vollzugsausschuß zur Interessenvertretung der Balkanparteicn vorgemerkt. Französischer Offizier unter Spinageverdacht festgenommen - Ncu-Lantrrburg lPsalz), 18. Juli. Vor einigen Tagen wurde in Stuttgart ein verdäch tiger Zivilist scstgcnommen, bei dessen Vernehmen sich her- ausstellte, datz es sich um einen s r a u z ö s i sch c n Offizier handele, der angeblich desertier! sein will. Er gab an, daß seine Uniform sich noch in einem im Bahnhof Neu-La»terb»rg hintcrlassenen Koffer befinde. Die Nachforschungen ergaben, daß auch tatsächlich in Neu-Lanterbnrg der Koffer nufbewahrl wurde, der eine sranzösische Ossisiersnuisorm sowie einen Re volver enthielt. Der Offizier, der sich nicht auswcije» tonnte und er klärte, wieder auf jranzösijches Gebiet zurüctleheen zu wollen, wurde sreigelajjeu und mietete sich in Karlsruhe ein Auto, mii dem er sich an die psälzisch-elsässische Grenze bringen ließ. Er wurde jedoch in Scheibenhardt (Grcnzstalioir) scstgehalten und versuchte, in den Besitz seiner Uniform zu kommen, woran er aber verhindert wurde, da er keinerlei Ansmeispapiere be saß. Er erklärte nun, daß ihm diese Papiere i» Stuttgart ab handen gekommen seien. Der Fall liegt aber so unklar, daß angenommen werden kann, daß es ück »m einen Spionageversuch handelt. Die pfälzischen Behörden be mühen sich um die Aujklärung des Falles. Der Osftzier soll nicht zu der Bcsatzungsaiince gehören.