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Nummer 121 — 27. Jahrgang scheint snml wöcheutl. mit den tllustr. GraltSbestage» .Die und »Für unsere Keinen Leute*, sowie den Lenbetlagen Seimo-BIatt*. .UnierhaUung und Wissen*. .Die Well der «au*, .Aerjtltcher Ratgeber*. .DaS gute Buch* .Filmrund. Aau*. Monatlicher Bezugspreis S Mk. einschi. Bestellgeld, sinzelnummer L« Sonnabend» u. Sonntagnnmnler üv 4» HaupKchristleller: De. iS. DeSezhk. Dresden. LarMche Mittwoch» den 20. Mai 1928 BerlagSorl, Dresden Anzeigenpr-t,e, Di«'gespaltene PetUzetle »<» ^.Famtlle». anzeigen „.Sl-llengelnch- Die Pettttellamezeile. 8i,mm breit, l Fitr einzelnen anherbalb des Berbreitungsgebiele« 4U^.dieP«iiireklan,ezeile l.lttt^.Osterlenged.irv^.Im Falle höherer Gewalt erlischt lede Berpslichning aus Liejerung sowie Ellnng v. Anzeigen. Ausirstgen u. Leistung v. Schadenersatz. GelchMlcher Teil: Artur Lenz, Dresden. volrssenuna Geschäftsstelle, Druck».Berlag - Germania, A.-G. ilir Verlag und Dnilkeret,Ftltale DreSden,Dresden-R.1. Poltersiratze 17. FernrusllwIS. Posischecklonlo Dresden c^70g kknnta Nr. 61718 FUr christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volkszeitnoa n 1. Poltecstrahe 17. Fernru« 2MU und rioir. Dresden-Allsladt Deutscher Caritastag 1928 Dem Carilasverban-e zum Gruh! Don l»0r. Ehrisitan Schreiber, Bischof von Weihen Die Katholiken der sächsischen Diaspora betrachten es als eine hohe Ehre, daß der Deutsche Caritastag dies mal in ihrer Mitte stattfindet. Denn der Laritasverband für das katholische Deutschland ist eine Organisation von solchem Ansehen und von solchen Leistungen, daß jede Stadt und jedes Bistum sich glücklich schätzen muß, wenn ihnen die Ehre der Tagung dieser Organisation zuteil wird. Die Entwicklung des Deutschen Caritasver- bandes nach Ausbau und Tätigkeit zeigt, wie berechtigt das Ansehen ist, dessen sich der Laritasverband für das katholische Deutschland im In- und Ausland erfreut. Unter nicht leichten Umständen, nämlich während der Kriegsjahre, hat der Laritasverband für das katholische Deutschland seinen Ausbau vollendet. Er tat es durch Schaffung von D i ö z e s a n - Caritasveroänden in allen deutschen Diözesen. Es kamen hinzu die örtlichen Caritasverbände und Caritasausschüsse, deren es im Jahre 1920 bereits über 3000 gab. Seitdem hat sich deren Zahl um ein vielfache« vermehrt. Ausgehend von der Er kenntnis, daß nur eine fachgemäße Behandlung der Ca ritasausgaben eine sachgemäße sein kann, hat der Zen tralverband ein Netz von Fach verbünden über die deut schen Diözesen ausgespannt. Die vorzüglichsten derselben sind folgende: Caritasvereinigung für Landkrankenpflege und Bolkswohl (in Arenberg b. Ehrenbreitsteins: Katholi scher Krankenfürsorgeverein vom Roten Kreuz zur Aus bildung weltlicher Berufskrankenpflegerinnen und Wo- chenbettpflegerinnen (in Köln): Verband katholischer An stalten Deutschlands für Geistesschivache (in Herten i. B.): Bereinigung für katholische caritative Erziehungstätig- keit (in Steinfeld bei Urst i. d. Eifel): Internationale Konferenz für das Auswandererwesen (in Frei burg i. Br.): Bereinigung für Laritashilfe in der Seelsorge (in Freiburg i. Br.): Verband katholischer Kran ken- und Pflegeanstalten Deutschlands (in Freiburg i. Br.); Bereinigung katholischer Seelsorger an deutschen Heil- und Pflegeanstalten (in Karthaus-Prüll bei Regens- burg): Freie Vereinigung für das katholische Deutschtum im Ausland (in Freiburg i. Br.): Vereinigung zur Förde rung der Wanderarmen-Fürsorge (in Freiburg i. Br.): Ketteler-Gesellschaft mit Kettelerheim (in Bad Nauheim): Zentralverband katholischer Kinderhorte und Kleinkin deranstalten Deutschlands (in Bonn und Freiburg i. Br.): Verband katholischer Waisenhäuser (in Bochum): Aus schuß für die Italiener-Seelsorge in Deutschland (in Frei burg i. Br.). Diese Eigengründungen des Caritasverbandes für das katholische Deutschland zeugen, von welch katholi. schein, d. i. universalem (9 e i st der Verband erfüllt ist. Es gibt kein Gebiet der Caritas, für das er nicht beson dere Tätigkeitszentren eröffnet hätte. Die obige lieber sicht beweist dies zur Genüge. Aus diesem katholischen, umfassenden Geist heraus hat der Laritasverband sich einer Reihe von Fachorgani sationen angeschlossen. Wir nennen den Zentral ausschuß der deutschen Vinzenzvereine, die Vertretung der deutschen Elisabeth- und Frauen-Vinzenzvercinc, den deutschen Ausschuß für Caritaspflege auf dem Lande, den katholischen Männrrfürsorgeverein. den katholischen Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder, das Seraphische Liebeswerk, den Bayerischen Landesverband der katholischen Iugendfürforgevereine und Fürsorgeerziehungsanstalten, den Bonifatius-Sam- melverein für die Kinderhilfe in der Diaspora, den Deut schen Nationalverband der katholischen Mädchenschutz vereine, den Reichsverband sozial-caritativer Stellenver mittlungen, den Verband katholischer weltlicher Kranken schwestern und Pflegerinnen, die Iosephogesellscl)ast. den Caritativen Verein zur Heilung, Pflege und gewerblichen Ausbildung verkrüppelter Personen, die beiden Kreuz- bündnisse (Verein abstinenter Katholiken) in Heidhausen- Ruhr und Frankfurt am Main, den St. Raphaelsverein für Auswandererschutz, den Reichsverband für die katho lischen Ausländsdeutschen, den Verein zum Schutz der deutschen Katholiken im Ausland, den St. Iosephs-Mis- sionsverein zur Unterhaltung der Seelsorge für die Deut schen im Ausland, den Albertus-Magnus-Verein zur Unterstützung katholischer Studenten, den Hildegardis verein zur Unterstützung katholischer Studentinnen, den Priesterverein Pax. Um der Caritastätigkeit eine wissenschaft liche Grundlage zu geben und geschulte Earitas- helfer und -Helferinnen heranzubilden, hat der Caritas verband bereits im Jahre 1920 eine Caritasschule in Freiburg i. B. gegründet. In dieser Caritasschule wer den Schüler und Schülerinnen, bei einer Kursusdauer von zwei Jahren, in Allgemein- und Sonderkursen in das caritativ-soziale Gebiet nach der theoretischen, religiösen, psychologisch-pädagogischen. praktisch-technischen und praktisch-pflegerischen Seite eingeführt und herangebildet. Einen besonderen Wert hat der Laritasverband stets auf die C a r i ta s - A u s s ch ü s s e gelegt. Sie sind die Zusammenfassung der Caritasträger eines Ortsbezir kes in einem katholischen Wohlfahrtsausschuß. In klei neren Orten bestehen diese Caritasaussch. g'e in loser Form, in Städten mit mehreren Pfarreien in einem Orts-Cari tasverband. Als Arbeitsgebiete sind diesen Caritasaus schüssen zugewiesen: Krankenfürsorge durch ausgebildete Zur Dresdner Tagung Wenn die Not unserer Tage um Hilfe schreit, dann ruft sie oft ausschließlich oder doch in allererster Linie nach dem Staat, nach dem öffen^ichen Verbände. Die ser Ruf nach dem Staate, der irrige Glaube an Gesetze und Verordnungen als die wahren und einzigen Helfer in der Not. ist ein Zeichen unserer Zeit. Vom Sozialismus, auf dem Wege über die Staatswirtschaft, erträumt man sich den idealen Wirtschaftsstaat der Zukunft. Dort, wo der Kulturbegriff der Parteien und Weltanschauungs gruppen mit seinem Latein zu Ende ist, geht man mit dem Gedanken dör Schulomnipotenz des Staates krebsen. Not und Elend endlich glauben einzelne Gruppen ausschließ lich mit Wohlfahrts- und Fürsorgeämtern, mit Zwangs versicherungen und ähnlichen Gesetzesmaßnahmen aus dem Bilde unsres Kulturzeitalters bannen zu können. Nur an eines glaubt man weithin nicht mehr: an die franzis kanische Predigt vom „Bruder Mensch", an die helfende Nächstenliebe als die Menschen- und völkerverbin dende Seelenkraft, von der alle Heilslehren dieser Welt ihren Ausgang nehmen müßten. Dieser Notruf nach dem Staat ist letzten Endes nur ein Anzeichen dafür, daß die Beziehungen zwischen Mensch und Mensch in der ernstesten Weise erschüttert sind. Vielfach erträgt man die helfende Nächstenliebe nicht mehr. Statt Menschenliebe fordert man Menschen rechte. Man hat seine letzte Karte auf die vergötterte Allmacht des Staates gesetzt und erhofft von ihm allein Neubeseelung und Neubelebung der menschlichen Gemein schaft. Den Glauben an die weltumgestaltende Kraft der Liebe Christi hat man dem Glauben an den allmächtigen Staat zuliebe geopfert, verfällt aber weithin in die In konsequenz. die Not unserer Tage auf das Schuldkonto der christlichen Kirchen, auf ein Versagen der christlichen Liebespflicht zurückzuführen. Und während man die ge heimnisvolle Kraft des Christentums, Brücken vom Men schen zum Menschen zu schlagen, als überflüssigen Ballast beiseite geworfen hat, müht sich eine moderne Technik, die Grenzen der Völker und selbst die trennenden Meere zu überwinden, mühen sich Diplomaten und Parlamente, die Volker der Erde einander näher zu bringen. In den modernen Heilslehren liegt kein System. Sie arbeiten vielfach an hohen Idealen und an erstrebens werten Zielen. Aber um die grundlegenden Gemein schaftskräfte der Menschenseele und um die Pflege dieser Seelenkräfte kümmert man sich nicht. Darum steht die christliche Liebe, die grundlegende Heilslehre aller Zeiten und aller Völker, weithin so niedrig im Kurse. Darum jagt man auf falschen Weaen den Idealen nach, die uns letzten Endes nur als Früchte der christlichen Lehre von der wahren Demut, der Selbstlosigkeit und der daraus er wachsenden Opferliebe zufallen könnten. Die Kirche hat keinen Sozialismus und keinen Kommunismus, den sie von ihren Kanzeln anpreisen könnte; aber sie hat nie aufqehört, der Welt das große Gebot der Nach st en- liebe einzuhämmern, das dem der Gottesliebe gleich ist: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Und trotz aller Abkehr unserer Zeit vom Christenglauben, hat die Kirche mit diesem göttlichen Gebot für die Menschheit mehr getan, als all die großen politischen Propheten zu sammen. Auch die christliche Auffassung weist dem Kultur- ftaate die Verpflichtung zu, sich der notleidenden Volks genossen mit ganz besonderer Hingabe anzunehmen. Ohne eine von carltativem Geist durchtränkte Staatspolitik wäre dem Elend unserer Tage nicht Einhalt zu gebieten. Cs gibt also auch eine öffentliche Caritas, eine Fürsorge- pfiicht des Staates für die Aermsten. Mer solange es eine staatliche Wohlfahrtspflege gibt, wird ihr der eine große Mangel des Amtlichen, des Unpersönlichen anhaf ten. Darum muh es neben der öffentlichen Wohlfahrts pflege eine persönliche christliche Caritas geben, die frei aus dem. Ethos der Nächstenliebe heraus wirkt und die zugleich mit der Linderung der materiellen Not Balsam spendet für die fast noch größere Seelennot unserer Tage. Nur in dieser besonderen ethischen Auf fassung bewahrt die freie Wohlfahrtspflege vor der öffent lichen eine unbestreitbare Priorität. Hier wird nie das Urtor^eamt den fre'en Liebesdienst der chüsilichsn Ve-- l?n"'''k:!r sr'-'-c:' O-.-nnd rcp-.-g de,7.-. w'-ho'd der Staat selbst das größte Interesse daran haben muß, die Arbeit der freien Wohlfahrtspflege in wei testem Ausmaß zu fördern. Es ist kein Zufall, sondern eine innere Notwendigkeit, daß mit der Entwicklung und dem Ausbau des Sozialstaates gleichzeitig eine erfreuliche und segensreiche Aufivärtsentwickelung der freien Wohl fahrtspflege Hand in Hand gegangen ist. Im katholischen Lager bezeichnet der Aufstieg des Deutschen Cari tasverbandes, Sitz Freiburg, diese Entwickelung. In dreißigjähriger zielbewußter Arbeit hat der Verband die Notivendigkeit einer systematischen Leitung und För derung der privaten Liebestätigkeit bewiesen. Wenn die ser Verband heute in D r e s d e n zum 28. Male zu seinem Deutschen Caritastage Zusammentritt, so erfiillt er damit das Testament seiner Gründer, die den Zweck des Verbandes in erster Linie in der jährlich,! Abhaltung allgemeiner karitativer Versammlungen zur Besprechung der mannigfaftigen caritativen Fragen und Bestrebungen erblickten. Die Probleme der Wohlfahrtspflege sind in den letzten Jahren nicht geringer geworden, sondern unter 'der Not der Kriegs- und Nachkriegszeit sind auch die An forderungen an die freie Wohlfahrtspflege in stärkstem Ausmaße gewachsen. Unter diesen Umstünden kommt auch der Dresdner Tagung eine große Bedeutung zu. Die sächsische Diaspora freut sich, daß der Deutsche Caritas verband, der schon 1911 in Dresden tagte, dies Jahr zuin zweiten Male in der sächsischen Landeshauptstadt seine Beratungen abhält. Der Ruf. den Dresden als Stadt der Gesundheitspflege und als Sitz des Deutschen Hygiene- Museums genießt, ist für diese Wahl mitbestimmend ge wesen: denn die Dresdner Tagung wird last ausschließlich wichtigen Gegenwartsfragen der Gesundheitsfürsorge und der Gesundheitspflege gewidmet sein. Sachsens Katholiken he'ßen die Gäste aus dem Reich und aus dem Nuslande, die in diesen Tagen unter uns weilen, auf das herzlichste willkommen Sie hoffen, daß die Dresdner Tagung — mag sie auch rein zahlenmäßig sich mit dem Besuch de? Cantastaae nn kaibo-ischen Mutterlande nicht messen können — die hohe Tradition ihrer Vorgänger würdig sortsetzen und der Arbeit des Deutschen Caritasverbandes, die dem ganzen dsun'ä-en Volke dient, reichsten Segen bringen möge. dl. I).