Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 26.02.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192502260
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250226
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250226
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-02
- Tag 1925-02-26
-
Monat
1925-02
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 26.02.1925
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
I7ritertia1turi^ uns wiHeri MWWUUUUWWWWUMWUWUWMMiMMMWMMMWUWWWWmMWWWWU? Die Geheimnisse -es Nordlichts Obwohl die seltsame Naturerscheinung des Polarlichtes schon längst den Gegenstand ernster wissenscl)aftlicher Forschung bildet, ist es erst in den letzten Monaten gelungen, das Zu standekommen des Nordlichtes einwandsrei zu erklären. Ursprünglich hielt man das Nolarlicht für Ausstrahlungen jenes Lichtes, das inan sich im arktischen Eise von der Sonne gleich sam ausgespeichert dachte. Andere glaubten, datz es sich hier um leuchtende Ninge kosmetischen Staubes oder magnetischer, der Erde entströmender Dämpfe handle. Die meisten Anhänger zählte aber jene Theorie, wonach das Polarlicht als eine Art elektrischer Entladung zu betrachten sei. Das Meerwasser soll ständig mit positiver Elektrizität geladen sein, die durch die aussteigenden Tämpje emporgetragcn und durch die Passatwinde den Polen zugesührt werde. Aus diese Art bilde sich eine posi tiv elektrische Hülle um die Erde, die selbst negativ geladen sei. Tic verschiedenen Elektrizitäten werden sich besonders da ver dichten. ivo sie einander am nächsten sind, das ist nahe den Polen. Eine Ausgleichung kann entweder durch Entladungsschläge. das heisst Gewitter oder durch kontinuierliäze Ströme, das heisst Polarlichter eintretev Professor Vcgard jedoch, der sich schon seit Jahren um die Lösung des Nordlichträtscls bemühte, ge langte im Jahre lö18 zu der Ueberzeugung, dass das Polarlicht nicht von negativen, sondern von positiven Strahlen erzeugt werde. Das Nordlichtspektrum ist durch eine einzige hellgrüne Linie charakterisiert. Dwse kommt jedoch in den Spektren ver dünnter Gase nicht vor. Ist das Polarlicht überhaupt elektri scher Natur, wie die Lichtentwicklung verdünnter Gase in den Geißlerschen Röhren, so mutz es einer so niedrigen Temperatur angehören, wie sie bei diesen bisher nicht hergestellt werde» konnte. Nun soll nach der Welleistheorie des Forschers Hörbi ger im Kosmos eine Temperatur von — 273 Grad herrschen, o datz angenommen werden mutz, datz die Luft und alle gas- örmigen Körper unter dem Einflüsse so niedriger Tempera turen allmählich verflüssigen und schlletzlich in feste Eisform übergehen. Von dieser Annahme ausgehend, entschloß sich Ve- gard. die einzelnen Gase auf ihre Svcktraleiaenschaftcn bei sehr niedrigen Temperaturen zu untersuchen und stellte in Leyden in Gegenwart von Zeugen eine Reihe hochinteressanter Versuche an. Zn deren Verlaufe gelang es ihm unter anderem, Stickstoff in fester Form, nämlich in Gestalt weitzer Tafeln, herzustellen. Vei der Bestrahlung zeigte deren Spektrum zur grünten lleber- rasckung die charakteristische grüne Linie des Nordlichtes. Auch nach Abstellen der Beleuchtung dauerte die Lichterscheinuug noch einige Zeit an. ähnlich wie man dies auch beim Polarlicht beobachtet hatte. Aus dieser Entdeckung kann man schlichen, datz untere Erde in grossen Höhen nickt von Atemluft oder Wasserstoff umgeben ist. sondern van einem starren Panzer festen Stickstoffes. Nun misten wir auch, warum sich in den höhen Schicht"» die Schallwellen so eigentümlich brechen und können nunmehr auch zu der utovisch anmutenden Frage, ob eine Radioverbindung mit dem Mars möglich sei, ganz anders Stellung nehmen. Zweifellos wird die Aufklärung der Erscheinung des Nord lichtes auf Grund der Welteislehre dieser erhöhtes Ansehen ver schaffen. Vegards wissenschaftlicher Erfolg ist uns jedoch zugleich ein klassisches Beispiel dafür, datz wir unsere Kenntnis kos mischer Vorgänge nickt einseitiger Forschung verdanken, sondern einer Reihe von Beobachtungen auf den verschiedensten Gebieten wissenschaftlicher Betätigung und datz erst die Verwertung all dieser Teilerkenntnisse uns eine richtige Vorstellung des Welt geschehens vermitteln kann Ob wir auf diesem Wege je zur vollen Erkenntnis d"r Welt gelangen können, mutz allerdings bezweifelt werden Wir werden uns damit begnüaen müssen, immer tiefere Einblicke in das Walten der Naturkräfte zu ge winnen. ohne sie jemals vollständig ergründen zu können. Die hs-.-kigs Stadt Rom Von Geh. Oberbaurat Dr. Stäben, Münster sNachdruck verboten.) Sofort nach der Besitzergreifung begannen die Italiener die Zurichtung der ewigen Stadt als der Hauptstadt ihres Lan des. Auf die antike Prima Noma und die päpstliche Seconda Rom sollte nun die glänzendere, moderne Terza Noma folgen. Der Mißerfolg war stark. Künstler und Kunstgelehrte tadelten „Hefen Sie Knigge!" Im Jahre 1788 lieh der Schriftsteller Adolf Freiherr von Knigge, wohnhaft zu 5-mnnover. ein dickleibiges Werk im Buch handel erscheinen. Es nannte sich „lieber den Umgang mit Menschen" und das Merkwürdigste an diesem Werke, das bald in weitesten Kreisen ponulär wurde, war, datz der Verfasser mit seinen knarrp sechsunddreitzig Jahren ein Brevier heraus- pebcn mailte, wie die Menschen unter- und miteinander ver kehren sollten, um das tägliche Leben, den Verkehr zwischen den Menschen zu dem zu machen, was er sein sollte, zu einer Quelle ewiger Harmonie und anhaltender Freuden! — Einige Jahre später schon wurde das Buck des Freiherrn v. Knigge in alle Kultursvrachen überseht, er zählte bald zu den populärsten Män nern seines Zeitalters. Sein größter Erfolg ist es aber sicher lich, daß der Name „Knigge" bis heute aus dem Sprachgebrauch der Deutschen — und wohl auch fremder Völker — nicht ver schwunden ist, datz er als Begriff im Volke forilebt und datz der elige Knigge mit seiner Weisheit über den Umgang mit Men- chen immerfort bei allen passenden und unpassenden Gelegen heiten zitiert wird. Trotzdem osaube ich nicht, datz sich unsere Zeitgenossen, die den Namen „Knigge" so oft und so gern im Munde führen, noch all'» oft die Mühe nehmen, in dein Buche nachzulesen, um mit dem Freiherrn, der für so komische Saä>en, wie sie die Ab fassung eines Buches über den Umgang mit Mcnsck>cn darstellen, Zeit und Mutze fand, posthume Bekanntschaft zu schließen. Denen, dis sich dieser Mühe bisher nicht unterzogen haben, und es wird der iibernregende Teil a'lcr Leser sein, muh ich doch eine kleine Enttäuschung bereiten. Spricht man von „Knigge", dann denkt man dabei an eine Schrift, so ähnlich wie etiva: „Wie wirke ich auf die Frauen?" Oder: „Der gute Ton in allen Lebenslagen". Also ungefähr eine Sammlung von Phra sen und Rezepten wie man ein Gentleman oder ein Frauen eroberer wird. Nun mit derartigem hat sich Herr von Knigge, gewiß einer der seriösesten Schriftsteller seiner Zeit nicht abge geben! Und wenn man einem flegelhaften Menschen zurust: „Lesen Sie den Knigge!" und er nähme sich unser« Aufforderung wirklich zu Herzen, dann würde er nach der Lektüre nicht melp: wissen als vorher! Denn der „Knigge" jagt gar nicht, wie Lüm- mel zu einer seineren Lebensführung gelangen können. Die Lümmel tut er von vornherein als irreparabel ab. Adolf Frei herr v. Knigge ivar ein Philosoph und hat das gesellschaftliche Leben seiner Zeit streng unter die Lupe genommen. Er ist da- bei überaus gründlich zu Werke gegangen und hat keinen Zweig des öffentlichen Lebens, kein Verhältnis der Menschen zueinan- der, deine Gemütsart auheracht gelassen. Ich sagt,: Seiner die ausgeführten und beabsichtigen Eingriffe der Regierung und des Municipiums in den alten Bestand auss heftigste. Ja, Hermann Grimm sprach in den 1880er Jahren von einer „Ver nichtung Rom s" Nach anfänglicher Willkür kam im Jahre 1885 ein rechtskräftiger Bebauungs- und Erweiterungsplan, ein sogenannter Piano Regolatore, zustande. Aber abgesehen von ganz vereinzelten Punkten, wie der Platzanlage am Beginn der Via Nazionale, litte das Planwerk an einer traurigen Rückstän digkeit nicht allein gegenüber der antiken Stadt mit ihren Foren. Triumphtorcn und Thermen, sondern besonders augenfällig auch im Vergleich mit der von kunstsinnigen Päpsten im 17. und 18. Jahrhundert ausgebauten Barokstadt, deren Glanzpunkte, ivie die Et. Peter-Kolonnaden, der Popolo-Platz mit seinen Strahlen- Stratzcn, der Kapitolplatz, die Spanische Treppe, Fontana Trevi, Acqua Paola u. a. sich in gleicher Vollendung in keiner Stadt der Erde wiedersindcn. Eine Pariser Talmi-Stadtbaukunst kam innerhalb der Aurelionischen Stadtmauer zur Herschaft, weder die Villa Ludovisi und die Gärten des Sallust auf der Höhe, noch die museumartigen päpstlichen Stadtteile im Tibertal scho nend. an denen vom Altmeister Goethe bis auf unsere Tage kunstbegeisterte Angehörige aller Nationen sich erbaut hatten. Leider verhallte die Menge sachkundiger Einsprüche säst ohne Wirkung. Ja. als bei Ablauf der gesetzlichen 25jährigen Gül tigkeit des alten Planes der damalige kunstfremde Bürger- Winlersrühling Der Winter strahlt. Die Sonne rollt Einsam durchs Blau ihr klares Gold. Einöd im Tal. Es tropft und taut Bom Hlittendach in leisem Laut. ^ ^ Am Berghang glänzt der Schnee so rein, Dort schläft der Wind im Sonnenschein. Ein Birkenbar,m. allein und kahl, Die Hängezweige hebt im Strahl. Er blinzt ins blaue Gotteslicht. ^ Das brennt ihm überm Wipfel dicht. Ern Meislein hüpft ganz sacht im Baum, Ein Seelchen zirpt — du hörst es kaum. Leopold Weber. meister Nathan im Jahre 1910 durch einen Mailänder Ingenieur einen neuen Piano Regulatore für die Gebiete inlra und extra niuros hatte ausarbeiten lassen, zeigte auch dieser die gleichen Fehler und Schwächen. Die neu entworfenen Stadtteile vor den Toren San Panozo» San Giovanni, Salaria und del Popolo, der Plan für die Bebauung des bisherigen Truppenübungs platzes Piazza d'Armi — ebenso monoton und geistlos wie das benachbarte neue Stadtviertel auf der Prati de Castello —, be sonders aber die erneuten Eingriffe in den alten Etadtkörper, zum Beispiel die gewaltsame, unter Opferung zahlreicher Re- naissancebauwerke geplante Begradigung und Erbreiterung der Via bei Coronari, riesen wiederum den lautesten Widerspruch hervor. Einer der erfolgreichsten Nuser im Streit war der Architekt Guslavo Giovannoui. Inzwischen waren nämlich die Fortschritte der in Mittel- und Nardeuropa seit zwei Jahrzehnten wieder erwachten Städtebaukunst auch jenseits der Alpen be kannt geworden, so datz der römische Architcktenversin, Asso- zione artistica sra i cultori d' architettura genannt, in dem Gio- vannoni wirkte, mit neuen ^Gründen den alten Kampf aufneh men konnte. Auch der Verfasser dieser Zeilen wurde damals zu Rate gezogen. Es gelang, einzelne Teile des Nathanschen Planes, zum Beispiel die Piazza d'Armi. durch bessere zu er sehen. andere, wie zum Beispiel der Angriff auf die via bei Coronari. unwirksam zu machen und die meisten übrigen Pla nungen so zu erschüttern, daß ein anerkannter Piano Regolatore nicht mehr besteht. Das ist kein erwünschter Zustand, aber doch ein wichtiger Schritt zum Besseren. Was nun werden wird, ist eine Frage der nächsten Zeit. Man darf ihr mit erneutem Vertrauen entgegensetzen. Denn die Fachkreise beschränken sich seit Beendigung des Krieges nicht auf die Kritik, sondern ein Ausschuß des Architektenvereins betätigt Zeit? Nun, wir wollen kurz sehen, wie weit sich die Beobach tungen des Herrn v. Knigge frisch erhalten haben! » „Jeder Mensch gilt in dieser Welt nur so viel, als er sich selbst gelten macht!" — Diesen Satz setzt er an die Spitz« seiner Ausführungen und bezeichnet ihn selbst als einen goldenen Spruch. Knigge war also durchaus ein Mann der praktischen Lebenserkenntnis, verschanzt« sich und seine gute Einsicht nicht dinier papierne Weisheit. Mit unerbittlicher Schärfe sieht er die Menschen und ihre geheimsten Beweggründe für gute uns böse Taten. Es ist eine nüchterne Sachlichkeit in diesem Buch, die manchmal zweifeln läßt, ob der Autor wirklich im roman tischen Zeitalter gelebt habe und nicht etwa in unserer Welt ivandle, in dieser entgötterten. materialisierten Zeit. Vor allem predigt er. niemals «inen Mangel, eine Hemmung, einen Kum- mer seinem Nächsten zu verraten. „Selbst deinem treuen Weibe kauen . . Weil er meint, datz all« Anteilnahme, alle Hilfe nur dem Mächtigen, Unversehrten zugute kommt und datz sich von dem Schnmchen, Hilfebedürftigen alles abwendet. Aller dings warnt er auch davor, sein Glück und sein« Vorzüge an die große Glocke zu hängen, weil die Menschen niemals ein sol ches Ucbermatz des andern, ohne zu murren, hinnehmen. Aller dings weiß er nicht eindringlich genug vor allzu großer Beschei- denheit zu warnen. Hier verlohnt es sich schon, ihn wörtlich zu zitieren: „Jeder sorgt für sich und die Seinigvn, ohne sich um den bescheidenen Mann zu kümmern, der indes nach Gemächlich keit in seinem Winkelcken seine Talente vergraben oder selbst wohl gar verhungern kann. Darum bleibt so mancher Tüchtige bis an seinen Tod unerkannt und von dem nützlichen Wirkungs kreise. der für ihn und für den er geschossen scheint, ausge schlossen, weil er nicht darum betteln kann." Ich glaube, dies gilt heute fast noch mehr, als vor 110 Jahren! Und wie gerne möchte man den Menschen von heute immer wieder die Be- Werbung aus dem „Knigge" zurufen: „Vor allen Dingen wirf dich nicht zum Sittenrichter auf und erteile ungefragt und ohne entschiedenen Berus keinen Rat!" » Und weil wir schon einmal glauben, es herrlich weit ge bracht zu haben und auf die verstaubten Perücken von anno dazumal mit Spott niederblicken können — und weil wir insbesondere glauben, ein Mann, der sich die Mühe nahm, Grundsätze für den Umgang mit Mensel)«» zusammenzutragen. müßt« «in ekliger Philister sein, so hören wir. was dieser Kolleg« über die Pedanten zu sogen weitz: „Hüte dich aber, den Geist der Ordnung nicht in Pedanterie ausarten zu lasten, in jene lächerliche Pünktlichkeit, die heute alles genau s» tun will wie gestern, di« für jede Stunde des Tages Arbeit und Benutz ad- gezirkelt hat und bei der ersten Störung verdrießlich oder lache» sich ln Fühlung mit der Stadtverwaltung durch positive Plaw arbeiten. Bevor wir auf diese eingehen, sei ein kurzer Blick auf das Gute und Böse der bisherigen Bautätigkeit gestattet. Das Gute ist nicht sehr zahlreich. Von den Monumental bauten darf man dahin zähle» die Banca d'Italia und die Ga lerie d'Arte Moderna. (neben dem bekannten Palazzo Hüsser), beide an der Nazionale gelegen, ferner den Palazzo Magherita an der Via Veneto, das Ministerium für Volkswirtschaft an der Via Benti Eettembre und mit einem gewissen Vorbehalt auch den großen Geschäfts- und Saalbau an der Piazza Eolonna mit zwei schräg auf die Nachbarstratzen Hingerichteten Glaspassagen. Von den neueren Stratzenaiilagen verdient Lob eigentlich nur der die Altstadt durchziehende Corsa Viktoria Emanuele. dessen ungezwungen unregelmäßige, die allen Nenaissancepaläsle scho nende Baufluchten sich in das Stadtbild passend einfiigcn Gut sind endlich die immer noch nicht vollendete Cchwemmkanalisalion und das einer ursprünglich deutschen Unternehmung zu verdan kende Netz der elektrischen Straßenbahnen, mit dem eine für den Verkehr äußerst wichtige Untertunnelung des Oiiirinal- hügel verbunden worden ist. Tadelnswert sind die meiste» neu errichteten öffentlichen und viele private Gebäude, mehrere Stra- tzendurchbrllche der inneren Stadt, namentlich aber das schon er wähnte trostlose Stadtviertel neben dem Vatikan aus dem ehe maligen Patri di Castello und das anstoßende noch trostlosere Quartiere Trionfale, endlich die Mehrzahl der neuen Tiberbrük- ken. Es ist kaum zu verstehen, mit wie wenig künstlerischer Empfindung diese Stein- und Elsenbrücken in das Stadtbild eingepretzt sind und wie roh die Zufahrtrampen zum Beispiel der Viktor-Emanuel-Brücke am vatinischen Ufer und die beider seitigen Zufahrtsrampen der den Fluh schief überschreitenden Palatinbrüme in die alten Stadtteile einschnelden. Wie höh nend schaut der neben der letztgenannten Brücke erhalten geblie- bene Rest des antiken Pons Aemilius, Ponta Notto genannt, auf das moderne Bauwerk. Manches andere aber steht seitwärts von gut und schlecht. So die den Fluß einfastcnden hohen Ufermauern des Lungo« teuere, deren sehr nützlicher Zweck, die Stadt vor den ehe mals üblichen Ueberschwemmungen zu schützen, gewiß anzuer kennen ist, deren steile und einförmige Steifheit jedoch die früher so malerische Erscheinung der Tiberufer zerstört hat. Be sonders aber das Kolostale Viktor-Emanuel-Denkmal, das gold- strotzcnd sich mit seinen Trevpen und Säulenhallen an der Rück seite der Piazza Venezia auf 02 Meter Höhe emporhebt, die auf dem Kapitolhügel stehende Kirche Aracoeli verdeckend Die glänzende großzügige bauliche Komposition, von dem früh ver storbenen Architekten Graf Sacconi stammend, darf nickt ver kant werden. Aber das unoehommt Protzige des ganzen Wei ßes tritt immer wieder in Erscheinung, und es steht durchaus nicht harmonisch in dem ehrwürdiaen Stadtbilde, wenn man die Eitta eterna etwa vom Gianleolo oder von einer anderen Höhe über schaut. — Mit einem frohen und einem mißbilligenden Auge betrachtet man auch die aus der Wohnungsnot geborenen, durch öffentliche Geldmittel geför-d'-rsen Neust"besi'""on außerhalb der Stadt, die eine am Aniene-Flutz vor Parta Via. die andere auf dem Garbatella-Hiiael bei der Basilika San Vaalo fuori le wura. Beide hübsch im Grundylan, aber höchst ruhelos und willßür- voll lin Aufbau und in der Gestaltung der einzelnen Häuschen und Häuser. Was nun die neuen Bauabsichten und Planarbet ten betrifsi, von denen wir oben sprachen, so sei zunächst der Bau der großen Votivkirche erwähnt, die als internationaler Fricdenstempel bezeichnet wird und dem heiligen Herzen Jesu gewidmet ist. Sie wird nach dem Entwürfe des Architekten Placentini auf bevorzugter Stelle in dem genannten neuen Piazza d'Armi-Diertel unter der Obhut des Kardinals Basilio Pompili errichtet. Die feierliche Grundsteinlegung Hot kürzlich stattgefunden. Für die Altstadt Ist von besonderer Wichtigkeit, daß man auf besondere Veranlassung Giovannonis von dem bis herigen Streben. Straßen durch,zubreclien. abgekommen ist und statt dessen das sogsnannte Diramento cingeführt hat. bestehend in Niederlegung gesundheitswidriger Bauten und Bildung von entsprechend umrahmten Freiflächen. — Behufs würdiger Ge staltung der Umgebungen des Kapitolhügeks und gleichzeitiger teilweiser Freilegung der berühmten Kaiserfora ist ein höchst bemerkenswerter Plan ausgearbeitct worden, der auch den Neu bau eines städtischen Verwaltungsgebäudes Vorsicht. — Ebenso besteht ein guter Entwurf für die Regelung des Platzes Voeca della Verita, wo gegenwärtig die Rampe der Palatinbrücke in sich zuschanden wird, wie eine stockende Maschine." Auch sonst dürfte Knigge wohl kein Blaustrumpf gewesen sein, denn er betont sehr kräftig, datz man nicht vergesse» solle, datz die Men schen lieber unterhalten als belehrt sein wollen und daß ewig dozierende und belehrende Menschen nicht wohlgelitten sind. « Auf dem Gebiete der Literatur wird man ihm freilich nicht so ohne weiteres folgen. Er empfiehlt nur Gcschichtsiverke, Reiscbeschreibungen und Werke wissenschaftlichen Inhalts. Von Nomonen will er nicht viel wissen. Keinesfalls empfiehlt er sie. Don Zeitungen sagt er, datz man, weil sie von einem parteiischen Standpunkt ausgehend abgefatzt sind, unbedingt deren mehrere lesen müsse, um sich dann selbst ein Ilrleil bilden zu können. Ganz durchgedrungen scheint er eben bis heute noch nicht zu sein, der gute Knigge... Und welch ein Menschenkenner ist dieser Knigge gewesen! Wie treffend sagt er von den „Zerstreuten", daß sie meisten» diese ihre Schwäche nur als bloße Maske tragen, hinter welcher sich Mangel an Rücksichtnahme oder noch Schlimmeres versteckt. Wie unerbittlich sitzt er über di« Witzler zu Gericht, die sich und die andern stets aus fremde Kosten amüsieren wollen! Ver blüffend aber Ist es zu hören, datz di« Blasiertheit und Iuoend schon im 18. Jahrhundert ein landläufiges Uebei war! „Diese Blasiertheit der Jugend entsteht daraus, datz die Kinder un- jungen Leute jetzt schon früh und allzu früh an die Genüsse der Erwachsenen gewöhnt werden . . ." Ein Wissender in der Liebe und in der Ehe scheint der alte Knigge freilich nicht gewesen zu sein, lieber die Frauen und ihre Behandlung weiß er jedenfalls nicht viel zu sagen. Oder sind die Frauen das einzige, was sich im Wandel der Zei ten wirklich radikal geändert hat . . ? Trotzdem fällt ihm auf diesem Gebiete der einzig« Witz seines sonst sehr ernsthaften Buches ein, wenn er von gewissen Frauen sagt, das; sie. an der Spitze einer Bücherzensur, „am ersten den Kalender verbieten würden!" Insbesondere geht er mit den „Verworfenen" ins Gericht und setzt von dem Leser voraus, datz er von ihm über den Umgang mit solchen nicht belehrt sein wolle . . . Hier ver schlägt es »hm so sehr die Rede, datz er nur mehr Salomo. Sprüche 7, 8 ff., zu zitieren weih! Von der Liebe meint er, datz sie „ein süßes Ungemach" sei und daß es verlorene Mül)e wäre, Verliebten Regeln über ihren Umgang zu geben! lieber die Ehe denkt er nur sehr skeptisch und meint, datz die Wahl selten rich tig gelingt. Immerhin »ersteigt er sich so weit, anzudeuten. datz „die Sinnlichkeit seicht nach dem heftigsten Streit vermittelt.. » Sehr streng ist er in der Beurteilung von Hosleuten und — Künstlern. Bon Hofleuten sagt er, datz sie bester Mienen al»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)