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Sonntag, den 22. Februar 1925 Nr. 44. Serie 17 Die SleuerplSne der Reichsregierung «erNn, 21. Februar Die von der Reichsregierung der Oessentlichkeil übergebenen sieben großen Steuergesetzentwürse sind der erste und entscheidende Abschnitt der von der Reichsregierung geplanten gesamten Steuerreform. Die Reihe der neuen Gesetzentwürfe ist damit nicht abgeschlossen, ins» besondere fehlt noch der wichtige Gesetzentwurs über den Fi» » nnzausgleich zwischen Reich, Länder und Gemeinden. Die Neichsregierung hofft, diesen Gesetzentwurf im Lause der kom menden Woche im Kabinett erledigen und dem Rcichsrat alsbald zugehen zu können, wo dann die entscheidende» Beratungen Uber de» Ausgleich stattsinden werden. Auch bezüglich wichtiger indirekter Steuern stehen noch Gesetzentwürsc bevor. Von den Verbrauchssteuern soll lediglich die Steuer auf Tabak und Bier eine Erhöhung erfahren. Eine Abänderung und grundsätzliche Verbesserung des Umsatz steuergesetzes ist wegen der Schmierigkeit der Materie innerhalb kurzer Frist nicht möglich. Da das Reich auf die mit rund UM Millionen veranschlagte Einnahme aus der 1,5 prozentigen Um satzsteuer unter keinen Umständen verzichten kann, kommt »ach der Aussassung der Neichsregierung nur bei erheblicher Stei gerung des Umsatzes eine Ermäßigung des Prozentsatzes und zwar insoweit in Frage, als dadurch das jetzt veranschlagte Steueraufkommen nicht gefährdet wird. Die Reichsregierung legt bei den jetzt vorgelegten Gesetz entwürfen den entscheidenden Wert auf das neue Netchs- bewertungvgesetz. weil in diesem der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit der Steuererhebung und Veranlagung beson ders scharf herausgehoben we>den konnte. In der Frage des Finanzausgleiches sind die Verhandlungen, die schon seit langem schweben, »och nicht zu einem Ausgleich gediehen. Tie Ncichs- regierung steht auf dem Standpunkt, daß diese Frage nicht kurz fristig für den Etat des Jahres 1925, sondern weitschauend auch für spätere Jahre mit ihren soviel größeren Reparationslaste» geregelt werden muß und daß Länder und Gemeinden nach dem Uebergangsjahr 1925. in dem ihnen vom Reich auszuzahlenden Prozentsatz der Reichssteuern sich wesentliche Einschränkungen werden gefallen lassen müssen. Bei der Gegenüberstellung des Nusgabebedarfes des Reiches aus der einen, der Länder und Gemeinden auf der anderen Seite muß nach Auffassung der Reichsregierung das Interesse des Reiches schon im Hinblick aus die Reparationslasten Vorgehen. Auszüge aus dem Steuerüberleitungs-, Einkommensteuer- und Körperschastssteuergesetz brachten wir bereits gestern. Wir lassen hier die weiteren vier Gesetze folgen: 4. Reichsbewertungsgesetz. a) Der Entwurf verfolgt zwei Ziele: Einmal will er die Länder an der Bewertung des Vermögens für die Ver mögenssteuer beteiligen, um die Verwertung der Erfahrungen und Unterlagen, die die Länder in dieser Hinsicht haben, zu sichern und damit zugleich einem alten Wunsche der Länder zu entsprechen. Ferner soll durch den Entwurf eine einheitliche Be wertung der landwirtschaftlichen Betriebe, der städtischen Grund stücke und der gewerblichen Betriebe für die Vermögenssteuer des Reiches sowie sür die Grund- und Gewerbesteuern der Län der und Gemeinden gesichert werden. b) Den Zielen des Gesetzes entsprechend sind die Bewer- tungsbehörden zusammengesetzt. Der Einheitswert für land wirtschaftliche Betriebe und städtische Grundstücke wird durch den Grundwertausschuß sestgestellt. Dieser besteht aus dem Finanzamtsleiter als Vorsitzenden, einem Landesbeamten als stellvertretenden Vorsitzenden, einem Gemeindebeamten sowie einer Anzahl von Laienmitgliedern. Gegen die Feststellung durch den Grundwertousschuß ist die Berufung an den Ober bewertungsausschuß gegeben. e) Für die Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe gilt grundsätzlich der Ertragswerl. Zur Herbei führung der Gleichmäßigkeit der Bewertung innerhalb des Reichsgebiets soll vor oer Bewertung der einzelnen Betriebe von einem unparteiischen Organ, das au- dem Reichssuianz- mtnister. zwei Landesvertretern und sechs landwirtschaftlichen Sachverständigen besteht („Bewertungsbeirat"), an Hand aus gewählter Betriebe sestgestellt werden, in welchem Verhältnis die Ertragsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe in den verschiedenen Teilen des Reichsgebiets zueinander steht. Nach Abschluß dieser Ermittlungen werden einheitliche Ertragsklassen für das Reich ausgestellt, in die die landwirtschaftlichen Betriebe einzureihen sind. — Für bebaute städtische Grundstücke gilt grundsätzlich der Ertragsmert, sür Bauland der gemeine Wert. Für Grundstücke, die der Zwangsbewirtschastung unter liegen. solle» besondere Uebergangsbestimmungcn getroffen werden. — Das Betriebsvermögen wird mit dem ge meinen Wert am 31. Dezember oder dem von diesem abweichen den Abschlußtag bewertet Für Aktiengesellschaften soll wie bis her die Summe der Cteuerkurswerte mit zugrunde gelegt werden. 5. Gesetz über Vermögen- und Erbschaftssteuer. 1. Vermögensteuer. Der Tarif ist im Gegensatz zu den früheren Vermögens steuergesetzen nicht progressiv gestaffelt, sondern beträgt ein heitlich 5 vom Tausend. Nur bei d"i> kleineren Vermögen findet wie im letzten Jahre eine Degression bis auf 3 vom Tausend statt. — Die Freigrenze beträgt, wie bereits bei der Ver mögenssteuer 1924, 5000 Reichsmark. Für kinderreiche Fami lien sowie sür Kleinrentner ist unter gewissen Voraussetzungen eine Erhöhung der Freigrenze vorgesehen. Ter Entwurf findet erstmalig aus die Vermögenssteuer für das Kalenderjahr 1925 Anwendung. Zu erwähnen ist noch, daß die Vermögenszuwachssteuer vorläufig außer Hebung gesetzt worden ist. 2. Erbschaftssteuer. Der Entwurf eriveitert die bereits in beschranktem Um fange bestehende Besteuerung des Gattenerbes insofern, als künftig die Besteuerung des Ehegatten dann eintritt, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge hintcrläßt. also im Falle der unbeerbten Ehe. Ter Tarif wird für Erwerbe über eine Million Reichs mark hinaus dergestalt ausgebaut, daß der in Aussicht genom mene H ö ch st st e u e r s a tz erst bei Einzelerwerben von mehr als zehn Millionen Reichsmark Anwendung findet. V. Gesetz über die gegenseitigen Besteuerungsrecht« des Reichs, der Länder und der Gemeinden. Der Entwurf unterwirft das Reich mit seinen Körper schaftssteuer pflichtigen und vermöge ns st euer pflich tigen Betrieben und Verwaltungen auch den Landes- und Ge meindesteuern vom Grundvermögen und vom Gewerbebetrieb. Das Reich soll insbesondere mit allen ihm gehörigen Wohn- grundstücken zu den Steuern vom Grundvermögen und den diesen gleichgestellten Aufwertungsstcuern (Hauszinssteuern. Ge bäudesondersteuern u. dergl.) heraugezoaeu werden können. Ter Entwurf hebt die ll in s a tz st e u e r befreiung des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeindeuerbände) wegen ihrer Cchlachthöfe, Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke aus. — Auch die Reichsbahn, die im übrigen nach dem Reichs bahngesetz vom 10. August 1924 steuerfrei bleibt, fall von den Ge meinden, denen aus diesen Werkstätten und Einrichtungen be sondere Aufwendungen erwachsen, zu Zuschüssen zu ihrem Be« waltungsausivand herangezogen werden könne». 7. Gesetz zur Aenderung der Verkehrssteuern und des Verfahrens. A. Verkehrs st euer». 1. Gesellschafts st euer. Der Normalsatzl der Gesellschastssteuer. die insbesondere bei Gründung und Kapi- talerhöhung von Gesellschaften erhoben ivird, soll von 5 v H.j auf 4 v. H. gesenkt werden Der neue Satz entspricht dem Durchschnittssatz der Friedensbesteuerung. — Tie ermäßigte Gesellschastssteuer bei der Verschmelzung von Aktiengesellschaft ten (Fusionen) wird von 2)4 v. H. auf 2 v. H. herabgesetzt 2. Die W e r t p a p i e r st e u e r sür die Ausgabe von Industrieobligationen wird von 3 v. H. aus den Frie denssatz van 2 v. H- herabgesetzt, die sür ausländische Aktien von 5 o H. aus 4 v H. herabgesetzt. 3. Börsenumsatzsteuer. Die für die Umsätze von Aktien wird bei Kundengeschäften sGeschäste» zwischen Ban kiers und Privaten) von 0 0 v. H. auf 0,3 o. H. und bei Händlcr- geschäslen (Geschäften zwischen Bankiers) von 0.2 v. H. aus »,1 v. H. herabgesetzt. Die erhöhte Steuer für Privatgeschäfte l 0e- schäste zwischen Nichtbankiers) wird beseitigt. Tie i» der ursprünglichen Fassung des Kapitalvcrkehrssteuergesctzes vor gesehene Herabsetzung der Steuer bei Geschäften mit dem A u s- lande aus die Hälfte wird wiederhergestellt. 4. Die G r u n d e r we r b s st c ue r wird von 4 v H aus 3 v. H. herabgesetzt. 5. Die Wechsel st euer wird von »/,<> vom Hundert auf '/„ vom Hundert herabgesetzt. 6. Geldentwertungsausgleich bei bebauten Grundstücken. Die Regelung der Durchführungsbestim mungen zur Obligationssteuer, daß von der Oblinatioiisslsuer nur Schuldverschreibungen befreit sind, soweit für sie ausschließ lich für Wohnzwecke genutzte Grundstücke dinglich haften, soll gesetzlich sestgelegt werden. B Verfahren. Wiederherstellung des Steuerrechtsschutzes durch folgende Mittel: 1. Zu den Ausschüssen, die bei den Finan'ämtern sür die Veranlagung gebildet sind, werden Laienmitgiieder wider in dem früheren Umfange hinzugezogcn 2 Ebenso sotten in Zu kunft wieder über das Rechtsmittel der Berufung bei sämtlichen Steuerarten die Finan-gerichte in ihrer vollen Besetzung um er Beteiligung der im Gesetz vorgesehenen Zahl von Laienmitglte« der» entscheiden 3. Die Kosten des Rechtsmittclvcrsahrcn» werden herabgesetzt. 4» Die gewerkschaftlichen Spitzenverbände erlassen einen Auf ruf. in dem sie gegen die Steuerreform protestieren. Unter Hin weis auf das starke Anwachsen der Eingänge aus Lohnsteuer. Umsatzsteuer und Zolleinnahmen wird nach Anführung einer Stelle des Dawesgutachtens erklärt: Wir verlangen von der Retchsregierung eine Steuerpolitik, die nicht zuerst den Bedürf nissen der Besitzenden, der Industriekönige lind Agrarier, sondern den Lebensnotmendigkeiten der breiten Massen des Volkes entspricht. Fahrt ins Frankenland Po» Joseph Schröter. (Schluß Ten Montag nützte ich fleißig aus, die Sehcnswürd gleiten Eichstätts, den Tom und das Mortuarium insbesondere, genau anzusehsu. Am Morgen des 5. August, dem Dienstag, führte mich mein Weg in das Uebungslokal des Tomchors, einen kleine,, Saal der Tomuebeng.bäiide, ausg:statt:t m>t einer Domcapeflmeister Tr. Wdinanu gehörigen Orgel von 11 Stimmen, eine,, Flügel und «uuphithcatralisch aufgestellten Bänken sür die Sänger. Schnell füllte sich der Raum mit 75 Personen, darunter drei kleine Gymnasiasten, eine größere Anzahl Lehrer, mehrere Geist liche, drei Maristenpatres, eine Schwester von Mar a Ster» j„ Augsburg, Lehrerinnen, einige Mitgl eder des Eichstätter Tom- chvres, auch e», protestantischer Pastor, ein protestantischer Kirche, rat, der hrotestantischc Stadtkantor von Rothenburg o. d. T., ein Amtsgerichtsrat aus Passau, eine Forstratsgatlin, der Stadt- ichnlrat Walle aus Würzburg. Leu meisten der Anivesendeu Ware» Probclokal und Kursleiter wohlbekannt, da manche ichon das siebente oder achte Mal nach Eichstätt gereist ivaren. Ein Fräulein aus Berlin tauchte mir einmal im Kurie auf. So blieb ich denn der einzige Norddeutiche, der von jenseits der Ma>„- liuie und dazu rum erstenmal hergereist war zum 8. polyphone» Kurs >n Eichstätt unter Leitung des Geistlichen Rates und Tom- lapellmcisters Tr. W dmann. Ohne lange Vorrede giugS, nach dem wir uns stimmenwesir gruppiert hatten, ans Werk. Es galr das Studium mehrstimmiger Gelänge der Zeitgenossen Pale- str'nas, BittorkaS »nd Orlando die La'»s Gregor Ai'chinger (1564—1628), Adam G u »i p e lz h a kn e r (1659 -1625^ „ ' Ludwig Seusl (1186 —1556). Das Material »»lerer Studien, entnommen de» bayrsichen Denkmäler,, der Tonkunst, lag »nS »i einem 30 Quartseiten starken Heft vor. Nach geistvollen muiikhistorischen Einführungen des Kurs- keiteAs hieß es jeden Tag vor- und nachmittags (e drei Stunde» »nt kurzer Unterbrechung >n der H'tzc des Augusts im dlchtbcsetzt:» Uebungslaal singen, angestrengt studieren, genau hören und sehen; denn zn großem Sonderunterricht für Einzelstimme,, reich'« d>e Zelt nicht. Zu Hilfe kam den Süddeutsche,, ihre entschie'e >s Veranlagung für Saug und Klang, für Musik jeder Art. Wer's bezweifelt, der hätte d e kleinen Gymnasiasten beobachten ivtle», nüe sie nicht mir notcurichtig, sonder» geschmackvoll, leicht und flüssig, auch bis zu bedeutenden Höhen hinauf diese Gesänge „alten Stylcs" vom Blatt lange», von de» teilnehmende» Leh rer,, ganz zu Ichweige». Aber auch die Damen aller Stände erwiesen sich als sehr „nlsikalisch. Uns Norddeutsch« frappieren im Süden d'c pastüicn Altstimmen. Aber auch an gulen Sopranen fehlte es nicht. Ter prot-stantnche Pastor erfreute sich eines gewichtigen Basses. Ei» Kaplan aus Kempten im Allgäu, >»e'ii Nebenmann, ei» sicherer Bassist, war. imstande, auch Sovra» und Alt zu übernehmen. Es gab viel zu hören, viel z„ staunen. Was gesungen wurde, bot viel Schweres, aber auch Schönes, vom ziveistiuimigen Satz bis hinauf zum achtstiinmige» Chor. Was der rührige Kurslciter zum Vergleich aus dem Notenvorrat d s TomchoreS hcrvorholte au Motetten und Hym nen Palcstruias, Gabnelis, VittonaS, Orlandos, AneriaS niiv., überragte das eigentliche Material des Kurses um cin Bedeutendes. Schließlich war ja gerade dies der Ziveck der Uebllug, die Ver treter der klastischen Poiyphonie als Meister gegenüber anderen Zeitgenosse», Nachfahren und Vorläufern zn bewerten, zu achten und lieb zu gewinne». War der Kursus an jedem einzelnen Tage auch anstreiig.iid, >o gingen wir doch von Bewunderung sür d:e Klassiker, aber auch von Ehrfurcht vor dem ehrwürdige», geist vollen KursuSleiter erfüllt zum Mittagessen und Abenobrot. Mein Weg führte mich regelmäßig an der Truckerel des katho lische» „Eichstätter Volksblattes" vorüber. Ta sah man nach mittags «ine Anzahl Kinder, Frauen und Männer an einem bricslasteiischützartigeil Spalt ihr „Volksblatt" entnehme,, und »hon uuterw gs studiere». Eichstätts theologische Fakultät ist „ichi ohne Nus. V deutende Leute habe» dort unterrichtet und auch d e jetzigen Profeisoren sind nicht bloß Stubengelehrte, wie Professor Wohlmuth, der >m Bayrischen Landtag eine große Rolle spielt, beiveist. Ü brigens war Eichstätts theologische Fakul tät in den Jahren des preußischen Kulturkampfes die Zuflucht für viele Theologen des Nordens, d e hier auch mit Vorliebe ihrer einjährigen Tienstpslicht genügt:,,. Neuerdings gab die Eichstätter theologische Hochschule wieder den im besten Mannes- alter stehenden Professor Ehrenfried her, da in den letzten Wochen ie,»e Weihe zum Bischof von Würzburg erfolgt ist. Obgleich die Tagesarb it ablpannend wirkte, ganz besonders bei der drückenden Hitze, fanden sich die Kursustellnehnier mit ihrem Instrukteur doch am Abend »och zu zivangloser Unter haltung zusammen. Einmal war das Wauderzi'el die Hof. in uh l c, eure Gründung der Fürstbischöfe am Fuße der Willi bald bürg m>t Bierbrauerei, Gastwirtschaft und Sommerkeller. 1492 vom Fürstbischof Wilhelm von Reichenau erbaut, mit zahlreichen bischöflichen Wappen geschmückt, erfuhr die Anlczge >m Lause d r Zeit zahlreiche Umbauten, bis sie 1860 in Prwat- haud gelangte. Unter hohe» Linden hat man kster einen hüb- ickie» Blick aus die Altmühl, den Frauenberg mit de», ehemaligen Exerzierplatz und Rebdors. Be, diese,, abendliche,, Zusammen künfte» war unser Kursusleiter durch seine Anekdoten Mittel punkt d e Gesellschaft. Aber auch die Teilnehmer wußten io manchen schönen Schwank in alte,, möglichen Schattierungen der süddeutschen Mundart, vom breiten Fränkisch bis zum selten ge hörten Schwäbisch d s Geb etes um Ulm. Pfarrer Karl Fieie) ans Ort Ising, ein lebhafter württembergischer Schwabe, in dessen nicht ganz 30 Höfe zählender Gemeinde die Schwester des P>arrers als Chorleiterin sogar Patestriuamessen zur Ausführung bringt, hat es sich zur lobenswerten Aufgabe gemacht, das Kmver- hcim des katholischen Pfarrers von An nab erg in Sachsen jährlich zweimal durch Sammlung bei seinen Pfarre»,gesessenen zu unterstützen, eine Mitteilung, die nur diewn KursuStetl «hmer mit seinem köstlichen Dialekt „och besonders liebenswert «c- srvciuen ließ. An allerhand Kurzweil seh te es bei diefe,, ge mütlichen Sitzungen nicht. Langeweile ist in Süddeutichland ja überhaupt selten. Helten Jubel gab's bei den kleinen Gymna siasten, wenn rin Freund der Jugend eine Schnur „Wurst" zur Verteilung brachte oder ihnen eine Halbe Bier stiftete. — Tre> Tage währte der Kursus — und je länger er dauerte, desto mehr spannen sich zwischen den Mitglieder,, die Fäden dir musikalischen Freundschaft. Tonnerstag nachmittag, in der letzten N»terrichtsst»»de, kamen Tank und Verehrung gegen den Eich- stättcr Toi,Kapellmeister noch einmal ganz besonders herzlich zum Ausdruck. Nun erst hatte ich seine L>cüe für „die Alten" begriffe», die mir auf der Generalversammlung de-s Läcil Vereins zu Passau 1909 nicht ganz verständlich war. Nun wußte «ch anch, daß er mehr besaß als eine boshafte Zunge und eine gefürchtete Feder, denen er ln der von ihm mit viele» f.nan- ziclle» Opfern hcrausgegrbenen, »m Kriege leider „„gegangenen Zeitschrift „Ter Kirchenchor" Ausdruck verlieh und ole vom erstell bis zum letzten Wort W dmanns persönliche Note trug. Nun war ich davon ganz überzeugt, daß er auf der General versammlung des Cäeckieuvereins in Trier die geistvollste Tiich- red: gehalten, die alle wissenschaftliche). Borträge in Schatten stellte und stürmischen Beifall auslüste. Noch einmal trafen ,,ch einige Teilnehmer abends zun, geselligen Beisammensein und schieden nicht ohne das Verspreche», womöglich 1925 wiederum sich »» Altmühlstädtchen zu redlichem Tun sich e'nzufinde». Tags darauf entführte uns, d. h. die Nordbayern und mich der beschleunigte Pcrso„ei,z»g über Nnriibe ., gegen Würr- öiirg Mltt-Israiikei, hat südlich von Nürnberg eine sandig«, y-ideartige Landschaft. Bet der Stadt Roth am Sand durch- anrrr die Bahn das erste Hopfenland der Erde. Ußberall ragen die tzopsenstangen empor. E», Viertel alles in Deutschland ge zogenen Hopfens fällt auf d'iese-Z Gebiet. Schwabach hat blü- .,i de Gewerbetätlg.eit. Wer Nürnberg sieht, den erinnert de das Häusergebiet überragende Burg an die Hohcnzok er». Tie deutschen Kaiser ans diesem Hause führten unter ihren vielen Titeln auch jenen eines Burggrafen vo„ Nürnberg. Bon» 14. Jahrhundert ab war Nürnbergs Wohlstand in stetem Wacki',», und es wurde einer der ersten Handelsplätze Europas, der z s Waren Italiens und des Orients „ach dem Norden nenn'b. In Nürnberg erfand Peter Henkeln um 1500 die „lebenv ge., Nürnberger Eier", die Urform unserer Taschenuhren. 1517 knatite hier die erste durch ein Nadschlvß entzündete Büchse. Hans Lot" liuger ersand hier die Windbüchse, Heinrich Traxdvrsf die Vrdal- orgel, Erasmus Ebiier durch Miichiing vc» Kupfer und Galmei das Messing. Das Geschlecht der „Tücher" konknrr.ertc von Nürnberg ans u»t de» Augsburger „Fuggern" und „Vel en,". Dazu ist Nürnberg die unvergleichlich schöne Stadt Hans Sach sens, Albrecht Dürers, Peter Vstchers, Adam Kratts, Martin Behcnms, die Stadt der Meistersinger, um deren Namen ,er Geuius Richard Wagners „eine leuchtende Gloriole geslochien für alle Zeit". Vor Nürnbergs Toren lagen sich Gustav ll. Ado!) »nd Waltenstein wochenlang gegenüber, bis Wallcnstei,, durch > n ie„ Manch nach dem Saaletale dem Schweden d>e Heimkehr „ns Deutlchland zu verlegen drohte und ihn zwang, sich ans LützenS Blachseide znm Kamps: zu stellen. Was Nürnberg heute der deutschen Industrie gill, ist bekannt. Metallwarcn. Pinsel, Reißzeuge, Abziehbilder. Viel- stifte, Farbe», Gasbrenner. Maichineu aller Art we d.n >» al-lreichen Fabriken, deren ragende Schlote in das Bild der chönen alten Stadt nicht passen wollen, hcrgcstellt. Im Jngre 1900 durchstreifte ich Nürnberg und erblickte de,, wuhugen, trotzigen Mauergurt, die starke Wehr der zahl'o.eifTürnie, den vocgr- lagerten tiefen und breiten Grabe», die malerische,, Zwinger und Basteien, der Straßen aiimiltige Biegungen, die zierliche, Erlec und Chörlcin, die kunstvollen Madonnen und Bildwerke an d-'n Häuser», die schönen Portale, die galericiigezicrlen Hole, ins vielen Brücken und Stege, d:e oft an Venedig gemahne.,, d:4 »»vergeßlichen Brunnen und Tenlmüler, die leider znm Teil mir als Sehenswürdigkeiten gezeigten Kirche.» St. Lorenz und St. Cebaldus, die katholische Frauenkirche und vor a>: n das Germanisch: Museum, das seinesgleichen Teulsehland nicht hat. „Es gibt," so sagt ein bayrisches Verkehrsbnch, „keine Stadl >n Deutschland, die dem sinnenden Besclmuer größere Gegensätze bietet als Nürnberg. Hier di: schöne vrunkvolle behagliche, unter den Küssen der Romantik und Poesie schlummernde alte Zeit — und hier d e neue, die moderne Zeit, dre mit tausend tUeeenee.r Eisensingern donnernd a„ die alten graue,, Tore pocht uni» hämmert". Ter Schienenweg zwischen Nürnberg „,,d Fürth ist der ält'äe in Deutschland. Tie Fürthcr Juden, die in Nirnberg ,,'cht über Nacht bleiben durfte», drängten auf den Ban d>e>ec Pah», um sich den Heimweg zn erleichtern. Bel Kitzingen erreicht der Reisende wieder das Maintal. L»ie große Faßfabrrk liefert dort sür bayrisches B er und frän kischen Wein die nötigen Gebinde. Mit Vorspann wird der Zug aus dem Bahnhof Kitzingen den bedeutend steigenden Bahn damm hinausbefürdert. Würzbiirgö Bahnhof bot das schon von der Herreise be kannte Bild regen BerkehrS. Des Regens »nd des Hochiv.i>'e,s müde, kehrten schon viele Fcrieureiiende beim nach Norddeutsch- laud. Fulda, das als kostbares Kleinod die Gebeine des heiligen Bouifatlus hütet, läßt sich vom Bahnhof aus nicht übersetzen. Der Zug eilt weiter gegen Nord:». Das Wohlklingende des süddeutschen Dialektes macht dem härteren sränkisch-hesslsche» Platz. Noch ein paar Stunden und die Heimat ist erreicht, deren Schönheit ewig alt und ewig jung bleibt. Im Kreise der Meinen gtbt's langes Erzählen »nd freudiges Rückkr>>,„ern a» di« Sonnnersahrt >nS Frankenland.