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Sächsische Volkszeitung : 13.02.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192502130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250213
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-02
- Tag 1925-02-13
-
Monat
1925-02
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 13.02.1925
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Die masurischen Seen Zum 10jährigen Gedächtnis des 7. bis 21. Februar ISIS 1. Die Kerbslschlachl (2. Fortsetzung) General von Rennenkamps erkannte, daß nunmehr für ihn die Stunde der Prüfung und der Tag der Rache sür seine Säum nis in der Tannenberger Schlacht gekommen war. und er machte die üutzersten Anstrengungen, um sich zu verstärken. Er zog 511 Reservedivisionen heran, so dah der Bestand der 1. Armee aus 11 Infanteriedivisionen und 5 Kavalleriedivisionen anwuchs, und beschloß, ungeachtet aller Vorstellungen seines Stabes, seine Kräfte an dem Eisenbahnknotenpunkt Insterburg zusammenzu ziehen. um dem mit Sicherheit zu erwartenden Umgehungsmanö- vcr des Gegners mit einem Gegenstoß begegnen zu können, eine Verteidigungsstellung vom Hass bei Labiau. über Wehlau—Allen- burg—Verdauen—Angerburg bis zu den masurischen Seen und lieh diese Nord-Süd-Stellung mit allen Mitteln ausbauen und befestigen. Der Oberbefehlshaber Shinlinski verkannte nicht die Ge fahr dieser Stellung, die zur Umgehung des linken russischen Flügels um die masurischen Seen herum geradezu herausforderte, zumal wiederholt Modelle von Kriegssvielen des deutschen Gene ralstabes in seine Hände gekommen waren, aus denen zu ersehen war. dah die Umgehung die Hauvtregel der deutschen Schlieffen- schen Strategie war. Indessen war diele Gefahr im wesentlichen dadurch abgeschwächt, dah die russische Oberste Heeresleitung eine neue Armee, die 10.. organisierte aus den Korvs, die ihre Mobil machung etwas später beendet hatten, das 3. sibirische, das 1. turkestanische, das 2. kaukasische und das 22. finnische, von denen das lektere sowie zwei sibirische Divisionen bereits am Bobr ver sammelt ivaren. Das 22. Korps wurde südöstlich der masurischen Seen bei Lyck—Bialla bereitgestellt, um etwaige ostwärts die Seen umgehenden und nach Norden in Flanke und Rücken Nen- nenkampfs schwenkenden deutschen Kräfte in der Flanke anzu fallen und in die masurische» Seen zu werfen oder vielleicht den umgehenden Gegner selbst zu umgelien, wie das 10 Wacken später bei Brzeziny tatsächlich gelang. Endlich standen bei Mlawa und östlich davon die Reste der weiland Samsonowschen Armee, das 1.. 6. und Teile des 23. Korps, welche die deutsche Führung auch nicht ganz unberücksichtigt lassen konnte. Wie die russische Führung erivartete, war nunmehr die 1. Armee an der Reihe angegrisken zu werden. Bereits am 31. 8. erhielt die 8. Armee von der Obersten Heeresleitung aus Koblenz folgende telegraohische Weisung: „Zunächst wird Aufgabe der 8. Armee sein, Ostpreußen von Armee Rennenkamvf zu säubern. Verfolgung jetzt geschlagenen Geanero mit entbehrlichen Teilen in Richtung Warschau ist mit .Rücksicht auf die Bewegung der Russen von Warschau auf Schlesien erwünscht. Weitere Verwen dung der 8. Armee ist. wenn es die Lage in Ostpreußen gestattet, in Richtung Warschau in Aussicht genommen." Mit dem Befehl sandte die Oberste Heeresleitung das Garde- Neservekorps, das 11. Korps und die 8. Kava"eriedivision vom Westen — ivo sie 8 Tage später in der Marneschlackt bittergefehlt haben — nach Ostpreußen, so daß die acht Armeen über 18 Infanteriedivisionen, davon v aktive, verfügte und somit dem Gegner überlegen war. Es fragte sich, wie diese Truppen zu verwenden waren. Ein „ordinärer" Frontalangriff auf die befestigte Stellung zwischen dem Meere und den masu rischen Seen kam nicht in Frage. Eine Umgehung des reckten russischen Flügels in der wegelosen, sandigen Hasfgeaend eben sowenig. So blieb nur die Umfassung des linken russischen Flü gels durch die masurischen Seen hindurch und um sie herum. Für diese Umsassungsbewegung wurde 1», für die frontalen Ope rationen nördlich der Seen ^ der Kräfte bestimmt. Wiederum bekam General von Francois den wich tigsten Auftrag: Die Umgehung durchnisühren. Seine 2. Divi sion sollte nördlich, seine 1. Division südlich des Svirding-Sees, des südlichsten der masurischen großen Seen, vorgchen und nach Norden einschwenken. Die ihm gleichfalls unterstellte 3. Reservo- division sollte die Bewegung der 1. Division begleiten und einem etwaigen Flankenangriff aus der Linie Lyck—Bialla cntgegen- Irelen. Nördlich an das 1. Korps anschließend sollte das 17. Korps unter General von Mackensen zwischen dem Löwcntin- und Mauersee durch Lötzen in nördlicher Richtung vorgehen. Diese Bewegungen wurden am 5. !>. begonnen und leiteten eine Reihe von spannunosvollen Tagen ein. Würde der Gegner die Tren nung der deutschen Kräfte durch die Seenkette benutzen, um über eine von ihnen herzufallen, wie das, keine 100 Kilometer von hier, geschehen war in der Schlacht, deren Tote noch die Wahlstatt deckten? Aber unbehelligt wurde die Seenkette überschritten. An keiner Stelle seiner 100 Kilometer langen Front rührte sich der Feind, sondern harrte der Dinge, die da kommen sollten. Um ihn in seinen Entschließungen noch mehr zu lähmen, griff das Armee-Oberkommando zu einer List, Es ließ von der Königs berger Funkenstation offen folgenden Funkspruch geben: General kommando Gardekorps, eilt sehr, dringend — Gardekorps schließt bis morgen hart westlich Labiau auf. Ausgeladene Teile des 5. Korps .. . (folgt eine Reihe beliebiger Buchstaben). Sowohl das Gardekorps wie das 5. Korps kämpften in der Marneschlacht. Aber die Täuschung gelang so vollständig, daß der russische Ge- u ralquartiermeister Daniloff noch in seinen im November 1924 crichienenen Erinnerungen Hervorhebt, welch ein Glück es war, dah dieser deutsche Funkspruch von der russischen Station aufge fangen wurde und General von Rennenkamvf in die Lage gesetzt wurde. Maßregeln zu treffen, um der auch seinem rechten Flügel drohenden Umgehung zu begegnen. Inzwischen stieß am äußer sten Südflüpel di« 3. Reservedivision bei Bialla auf Teile des 22. finnländischen Korns. Sie wurden nach Nordosten zurück,gewor fen. Am 8. 9. frühmorgens vertrieb die 1. Division Teile des selben Korps aus Args. Am selben Tage stieß das Korps Mak- kensen bei Possessern und Kruglauken auf die vom linken Flügel links hinausgeschobene 43. Division und vtete sich dicht an die russischen Stellungen heran. Gleichzci: begannen die Einlei tungskämpfe zur Frontalschlacht zwischen Anaerburg und Labiau. Rennenkamps erkannte nunmehr, von wo ihm die Gefahr drohe und sandte sein 20. Korps vom rechten auf den linken Flügel. Aber es kani zu spät. Und auf seinen Hilferuf an das Armee- Oberkommando. die 10. Armee, insbesondere das 22. finnländische Korps, solle nunmehr den vorgesehenen Stoß in den Rücken des den linken russischen Flügel umfassenden Gegners führen, ver mochte General Shilinski nur zu erwidern, das sei infolge des durch die Kämpfe bei Bialla und Arys „ein wenig in Verwirrung geratenen Zustandes" des 22. Korps nicht ausführbar. Immerhin wies er die 10. Armee an, was sie an Kräfte» zur Hand habe, von Lyck her dem Gegner in den Rücken zu senden und die notdürf tig geordnet« Narew-Armee erhielt den Auftrag, wieder über die deutsche Gren-e vorzustohen. Zur Abwehr dieser Angrifssbewe- gungen aus Süden und Südosten standen nur schwache Landwehr verbände zur Verfügung und General von Hindenburg sah die Lage als so gespannt an, daß er am 9. 9. abends nach Eingang der Meldungen, dah das 1. und 17. Korvs. letzteres unter schweren Kämpfen, unaufhaltsam in die linke Flanke des Gegners vor drangen, den Befehl zum Generalangriff auf die 70 Kilometer lange russische Front nördlich der masurischen Seen erteilte. Im Hinblicke auf die Festigkeit und artilleristische Ausstattung dieser Stellung sah er dem Frontalangriff mit Sorgen entgegen. Als aber der Frontalangriff am 10. 9. morgens beginnen sollte und die Vortrupps» vorfühlten, fanden sie die russischen Stellungen — verlassen. General von Rennenkamvf hatte am 9. 9. abends, seiner Hoffnung auf eine wirksame Hilfe seitens der 10. Armee beraubt, und außerstande, die Gefahr der Um gehung seines linken Flügels noch zu beschwören, den Befehl zum Rückzug gegeben und ivar seihst, das Schicksal Samsonows vor Augen, eilig von Insterburg, seinem Hauptquartier, nach Konino zurückgegangen. Stach der taktischen Lage war der Ent schluß zum Rück-uae vollkommen zwe ^entsprechend und be wahrte die 1. russische Armee vor dem Schicksale der 2. Armee. Die deutsche Führung glaubte nicht an einen allgemeine» Rückzug, zumal es an vielen Stellen zu hitzigen Gefechten kam, besonders beim 4. russischen Korps, dessen tapferer Befehlshaber, General Alijcw. seinen Angreifer weit.zurückwarf, bevor er dem Befehl zum Rückuige entsprach. Das deutsche Armee-Oberkom mando empfahl deshalb dem 20. Korps, „nur schritt- und ab schnittweise" vorzuochen, dem 11. Korvs „vorsichtig anzuarsiseii und sich nicht den Koos einrcnncn". dem 1. Reservekorps „sich in der gewonnene» Stellung sofort ein,zugrabe». Vorsicht geboten, da mit Rückschlags» zu rechnen ist aus Gegend Insterburg und westlich, „dem Garde-Reservekorvs. seinen linken Flügel „in Er wartung des feindlic' n Angriffes stark zurückzuhalten." Aber General von Rennenl'.ampf dachte an keinen Gegen stoß und suchte nur Raum zwischen sich und den Verfolger zu bringen. Erst am 11. 9. wurde die Verfolgung tatkräftig ausge nommen. Als aber das 11. Korps starken Widerstand meldete, glaubte die Führung hier den erwarteten Gegenstoß sich entwik- keln zu sehen und traf Maßnahmen, welche dem zu Hilfe geru fenen 20., 17. und 1. Korps Ausentl-alt verursachten,^>hne dah es zu einem Ergebnis kan. da der Gegner wieder abzog. Am 11. 9. wurde Golda», ani 12. Gumbinnen und Suwalki, am 13. Wirbal- lcn, am 14. Wilkowischki und Schirwindt genommen, ohne daß es infolge der Störungen der Verfolgung durch die 10. Armee, der Hindernisse, welche die Rominter Heide bot, des am 13. einsetzen- den Regenwetters und der Uebermüdung von Man» und Roh noch zu großen Umzingelungen gekommen wäre. Mit einem Er gebnis von 45 000 Gefangenen und 150 Geschützen wurde am 14. 9. abends die Verfolgung eingestellt, da die Gegner nicht mehr einzuholen ivaren. und da seit drei Tagen aus Gali- zien die Hilferufe der geschlagenen österreichisch-ungarischen Ar mee hinüberschallte», di« nicht ungehört verhallen durften. Um noch ein Nachspiel zu erivähnen: Am 11. 9. erschien der Höchstkommandierende, Großfürst Nicolai Nicolaje- witsch, von Baranowitschi in Bialystock bei dem Armee-Ober kommando. um selbst die Lage zu prüfen. Er machte dem Ober- besehlsl>aber Shilinski zum Vorwurfe, dah er nicht mit grö ßerer Tatkraft die 10. Armee dem Korps Francois in den glücken geworfen habe. Shinlinski wurde seiner Stellung enthoben. Sein Nachfolger wurde der Sieger von Lemberg, Generl Rußk i. Auch die Enthebung des Generals von Rennenkamps wurde beantragt. Aber aus dem Militärkabinett des Zaren, hei dem fick Rennenkampf großen Ansehens erfreute, kam der verblüf fende Vorschlag. Rennenkampf zum Oberbefehlshaber zu ernen ne». Dies wurde zwar abgewendet, aber der General behielt seine Stellung. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes — Das Räuberunwesen In Rumänien nimmt unglaubliche Dimensionen an. Der Bahnhof Rauletz bei Baltzi wurde in den Frühstunden von zehn bewaffneten Räubern überfallen. Die Näuher vernichteten zunächst die telearavhischen und telephoni schen Anlagen, fesselten das Bahnpersonal und raubten die Kasse aus. Die Verbrecher arbeiteten zwei Stunden in der Sta tion und fuhren hierauf auf einer Lokomotive davon. — Ein Köniq aus der Pollzelwackstubr. Exkönig Georg von Griechenland hatte in Bukare st ein unangenehmes Aden- teuer, in dessen Verlauf er verhaftet und auf die Polizeiivachstube gebracht wurde, wo der König etwa eine luübe Stunde zurückae- halten wurde. König Georg hatte einen Ausflug in seinem Auto unternehmen wollen und war in ziemlich raschem Tempo auf der falsche» Straßenseite gefahren. Da der Polizeikommissar abwe send war. so hieß der Schutzmann de» König auf einer Bank sich niedersetzen. König Georg wartete gelduldig eine halbe Stunde, bis der Polizeikommissar erschien, den König erkannte und ihn unter vielen Entschuldigungen entlieh. Ein Blatt bemerkt hier zu: König Georg habe außerordentliches Glück gehabt. Es hätte ihm ganz gut passieren könne», daß der Poli.'eikommissar erst abends zurückgekommen wäre, und der König hätte unter diesen Umständen auch mit dem Arrest Bekanntschaft machen können, einem Orte, in dem selbst in Rumänien Könige selten zu sitzen pflegen. — Die Wiedereinführung des Maqnatenhauses in Ungar,». Der ungarische Ministerrat hat die Details betreffend die Wieder errichtung des Magnatenhauses festgesetzt. Das Magnatenhaus soll 243 Mitglieder ebenso wie die bisherige Nationalversamm lung zählen. Mit dem Recht« der Geburt nehmen nur einzelne großjährige männliche Mitglieder der königlichen Familie im Magnatenhaus Platz. Von den Mitgliedern des früheren Maq natenhauses werden 36 gewählt werden. In dem Augenblick, wo das Magnatenhaus gesckmffen ist. hört die Nationalversamm lung als solche auf und erhält wieder den Namen Reichstag. — Der Ursprung der Influenza. Die ungestüme Kraft, mit der die Influenza in raschem Siegeszuge die ganze Welt er oberte und Millionen von Menschenleben dahinraffte, scheint ge brochen. Mit dieser Feststellung beginnt der hervorragende Er forscher der Influenza, Geheimrat Pfeiffer in Breslau, sei nen Bericht über neuere Forschungen zur Klärung des Ursprungs der Influenra, den er im neuen Heft der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift" veröffentlicht. Pfeiffer war es, der 1891 die von ihm entdeckten Influenzabazillen als die Erreger der Seuche auf- faßte. Die große Epidemie, die 1918 begann und die wohl nun ihr Ende erreicht haben dürste, hat eine ungeheure Summe wissen schaftlicher Arbeit über diese Frage gebracht. Als ihr Ergebnis steht fest, daß der Influenzabazillus mit größter Regelmäßig keit auf der gaine» Welt bei Influenzafäsien gesunden wurde und daß ihm zweifellos eine wesentliche Rolle für die Schwere und den Verlauf der Grippeerkrankung zuzuschreiben ist. Aber es ist nicht gelungen, mit den Reinkulturen der Influenzabazillen beim Men schen mit einer gewissen Reaelmäßiakeit typische Insluen-a zu erzeugen. Wir müssen, so schließt Pfeiffer, zugeben, daß die mo derne Bakteriologie mit all ihren neuen Methoden eine einwand freie Lösung des Influenzaproblems noch nicht geleistet hat. Sein Standpunkt, wonach die von ihm 1891 gefundenen feinen Ba zillen als die ursprünglichen Erreger der Influen'a zu betrach te» sind, entspricht nach Pfeiffers Meinung zurzeit immer noch am besten den Erfahrungen, die man augenblicklich macht. Die Soldaten derKaiserm Roman von Juliina von Stock hauien (13. Fortsetzung.) „Das wußte und wollte ich nicht! Aber sehen Sie, Gräfin, Sie sind einsam, und manchmal sind Sie traurig, und dann — wenn ich Sie so still in sich gekehrt sehe, dann brennt mein Herz um Cie, das, übersatt der Lauten und Lachenden, sich nach Ihrem fremden, Kühlen und doch glühenden Wesen sehnt! Las sen Sie mich reden! Ich liebe Sie sehr, Anna Maria!" Er sprach langsam und ruhig, wie einer redet, der lange zu Rate ging und sich dann endlich entfesselte. Anna Maria von Haydt sah erstaunt auf: „Sie sprechen von mir. Graf, fast als ob Sie mich kennen würden, wie ich mich selber kaum kenne! Wie möge» Sie wissen, daß meine Kälte innerliche Flammen hütet? Vielleicht ja — aber. Graf, ich bc- daure, so hart zu reden. Sic sind es nicht, für den diese Flam men das Eis zerbrennten' Ich fühe nur Freundschaft sür Sie, nicht Liebe" Damit stand sie auf. „Ich danke Ihnen!" sagte er trocken. Sie reichte ihm ihre Hand, die er mit schmer-enden Lipven häkle. Sie schritt davon, leicht und mit wundervoller federnder Grazie. „Manchm al erinnert sie mich an römische Bildwerke," sagte der nähertret-nde Meiastasio zum Grafen Hark, der reglos stehen l'Ii-b. ..In Rom oder Neapel sieht man Steinfigure», die, wiewohl in Form gebannt, doch diese selbe kühne und schöne Geste haben!" „In steinerne Form gebannt ist wohl auch diese." erwiderte hart der Alaun und wandte sich ab. « „Schlugst dich halt wund daran, schwerer Deutscher," mur melte der alternde Dichter: „aber dieser Form Feuer einzugieße», dazu muh wohl ein heißerer Gott, als du ihn in dir fühlst, be rufen werden " » « » Graf Silva Tarouca sprach zur Gräfin ?N,na Maria von Haydt „Ich habe selten eine Frau von solchen Gaben gesehen, wie unsere Majestät sie in sich vereinig!" Fast schwärmte er. „Ja." lächelte die Haydt und ihre Lippen schwangen süß, „sie ist klug und tapfer, sie ist ausdauernd und unendlich pflicht treu. Ich glaube, daß sie sehr politisch ist. aber daß sie etwas anderes als ihre königliche Pflicht zu lieben vermag, glaube ich nicht." „Woher", fragte erstaunt der Hofmann, „haben Sie diese Erkenntnis?" „Es gibt Dinge, die empfindet man. wie man den Föhn wind spürt oder den Schnee riecht. So fühlt man vom Wesen des Menschen jene Eigenschaften, die ihm so unmittelbar sind, wie der Natur der Föhnwind und das Schneegestöber." „Und die Liebe?" „Sehen Sie, Graf Silva Tarouca, die Liebe, die ein Mensch zum anderen empfindet, die muh auch so Hinreißen und so ver binden, wie der Föhnwind den Himmel und die Erde mit einem wundervollen und ganz wahnsinnigen Taumel erfüllt." „Eine Nacht nur braust der Föhn," sagte leise der Graf. „Sind die Ewigkeit und eine Nacht nicht manchmal gleich endlos?" Der Graf ehrte ihr Verstummen. Maria Theresia vermochte kein Licht in ihre einsame und traurige Seele zu gieken, so sehr der Nrunk königlichen Festes prangte. Leiderfüllt floh sie in die Stille ihrer Kammer. In dem sie bange und angstvolle Worte an dey Heiland über ihrem Betstuhl richtete, füllten sich ihre Augen mit Tränen. „Viele werden sterben. — Mutter, die ihr eure Söhne verlieren werdet, wie könnt ihr mich noch Mutter nennen? Frauen, die ihr eure Gatten verliere» werdet, wie könnt ihr mich »och Frau nennen? — O Vater im Himmel, wenn dies wirklich meine Ptlicht ist. die mir i» die Seele gebrannt ist — und ich fühle bis zum letzten Tropfen Blutes, es ist meine Pficht! —, so stärke du mich mit dem bitteren Tranke, Ken der Engel dir zu Gethse mane reichte! Du muht mir den Kelch des Trostes reiche», auf dah ich die unmenschlich? Kraft besitze, die harte Strenge und die erbarmungslose Unerbittlichkeit, bis zum lekten Ende meine Nslicht zu tun. All meine Schwäche, all mein Mitleiden, all mein Weibtum und die W»icbheit d?r Frau werfe ick hintan, nur noch eines wissend: es ist mein Gesetz und das Gesetz Oesterreichs, hart zu sein in treu erfüllter Pflicht." » „Maria Theres! Maria Theres!" schrie und jubelte das Volk von Wien, das die Burg umlagerte. Die Königin erhob sich und schritt durch den weiten Saal auf den im Schneewirbel liegenden Balkon. — Rund um sie wogte der steigende Ruf. Sie ober breitete die Arme weit u»o rief mit laut hinhallender Stimme: „Meine Kinder! Mein Oesterreich!" Und Wien liebte seine Frau und Königin. Josef war geboren. Siegreich blühte die Hoffnung des Volkes auf seine junge Königin empor. In ihre einsamen und durchkämpfte» Tage war ein neues Licht gekommen. Sie liebte das Kind. Sie liebte es nicht wie ihre anderen Kinder, gesund und herzhaft, nein, sie liebte es wie die lebendige Fleischwerdung ihres Geistes: sie liebte es nicht als Frucht ihrer Ehe mit Franz Stefan, sondern als die süße und hohe Zuneigung, die ihre Seele mit der Krone vollzogen. Die schweren granatroten Seidenvorhünge des Prunk bettes waren hochgeschlagen: Spitzen flössen breit von weißen Kissen und seidigen Decken. Links stand ein Tisch, aktenüber lastet: selbst auf der Decke des Bettes häuften sich die Pa iere. Die Königin schrieb. Ihre schönen, blonden Haare waren lose aufgesteckt, eine edle Spitze hielt sie leicht zusammen. Die letzten Wochen hatten ihr Antlitz fchmal und zart gemacht: eine edle Zärtlichkeit mischte sich seltsam bewegt mit dem Zug tiefen Leidens. Maria Theresia lieh die Feder sinken und überlas die letz ten Sätze des Briefes: „Meine teuere Schwester Marianne! Ich habe nicht mehr zu hoffen gewagt, daß mir diese Stadt noch bliebe, um darin niederzukommen, und noch immer bewege ich die düstere Reflexion, mit diesem zarten, neugeborenen Kinde fliehen zu müssen! Wohin? — Mir bl-ibt nichts mehr als Gott und Ungarn. — Vielleicht erbarmt sich Gott so lanae, bis ich, von meiner jetzigen Schwäche genesen, mit meiner Person für meine Sacke eintreten kann. — Wenn Go't mir nicht von seiner Stärke einflöhte, wie sollte meine schwache Seele ihre Pflicht erfüllen können! — Ich habe alle zu Feinden: Breuhen und Bauern, Sachsen und soaar Frankreich, und niemand zum Freunde — auf welche Macht sollte ich bauen, wenn nicht auf die göttliche? — Seit vielen Tagen harre ick bang auf Nachrich ten von Schlesien, aber nickts als anastvoüe. vernichtende Ge rückte durckkreche» das Sckweigcn, das tödlich auf uns allen lastet! — Ick weih nur. deck Neipperg eine Schlacht liefern wollte — und nun " Hier brach der Satz ab. Die Königin legte das Blatt nie der. Sie sann unruhig in fick hin-in. , vb es möglich war, daß sie erst am Beginne ihres Komvfes stand? l'nd daß dies die ersten Tropfen des Mnrrh?b?chers war-», die ckre Linnen netz ten? Wo. wo. fragte sie sich mit qualvoller Bitterkeit, ist der Glanz meiner königlichen Stund»? — Ich habe nickts mehr van allem Iickel und ollem Stolz als das eingebrannte Bewußtsein me>n?r Nslickt: auszuhalten! — Wo ist mein Kind? Ich will Josef sehen!" Sie schellte nach der Kammerfrau. Wen in ibrer Einsam keit der sckwacke, sanfte Atem des Kindes war. kühlte sie w-I- cher; sein Sckrei. seine hilflose Bewegung rührte sie und gab ihr den Trost, mit ihrer Stärke helfen zu Können. Ma» brachte ihr das Kind, und sie nahm es in ihre Arme; da lag es. ei» winziges Bündel Spitzen und Leinen, im kleinen, blaßroten Gesichtlein blaue, fast zu große Augen. (Fortsetzung folgt.)
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