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Sächsische Volkszeitung : 13.02.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192502130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250213
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-02
- Tag 1925-02-13
-
Monat
1925-02
-
Jahr
1925
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Nummer 36 — 24. Jahrgang 6,nal wöchtl. Bezugspreis: für Februar 2.35e„,'bl. Bestellgeld. Anze «.»Preise: Tie Igesp. PetiUe'le 39 Stellenge,uche 2V H. T>c Pettt-Rettaniezcile 84 Millimeter breit. 1 Osfertengebülir für Selbst abholer 2« H, bei Uebersenduiig durch die Post,ius-erde,ir Portozuschlag. Einzel-Nr. 19. Sonntags-Nr. Ist Ltfchüstlicher Letl: Zofef Kol, mann. Dresden. SticklWe Freilag, 13. Februar 192i Lim Falle dSheeer Gewalt erlischt leve Berpfltchtu« auf Lieferung lowte Erfüllung o. Anz.-Aufträgen > Leistung o. Schadenersatz Für undeutlich u v. Fernlpe übermittelte Sn,eigen übernehmen wir keine Per» antwortung. Unverlangt etngelanvte u. mit NückvorU nicht versehene Manuskripte weroen nicht ausbewahrt Sprechstunde der Steoaktton S bis S Uhr nachmittag« Hauptschrlftleiier: Dr. FosesAlbert. Dresden der «aNistsn,«» <z»li«,«„, ua und Druck und Vellag, Saxonia-Buckidriickerei «mbH.. Dri-sben-A. ,s, Holbemltrahe <6. Fernrin 32722 Pott- Kür ckristlioüe Politik unö Kultur Uiedaktton der Lachsisrlren ^ol S.eitnna Dresden Vt. 16 ^olbemüranc 1*» -ernrii -272 keMes W«M hei ZWO Das neuzeiUiche Schiebertum In der Nr. 65 der „Berliner Börsenzeitung" vom 8. Februar veröffentlichte ein Herr Dr. Oe st re ich einen Artikel unter der Ueberschrist „Der Tag des Gerichts für das Echiebertum bricht an." Darin werden von neuem die gegen wärtigen Skandalgeschichten in überaus einseitiger und her ausfordernder Art vom rein parteipolitischen Standpunkt aus betrachtet. Die Sache wird so dargestellt, als sei das neuzeit liche Schiebertum nur ein Vorrecht der nicht rechtsorien tierten Parteien, und als ständen alle übrigen „Deutschen" rein und unbefleckt solcher Handlungsweise gegenüber. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß es besser wäre, ivenn die in aller Oefsentlichkeit sich als „so rein und sauber Gebärdenden" doch lieber ihr eigenes Gewissen erforschten, um dann in Ge rechtigkeit über andere urteilen zu können. Ein großer Teil dieser Vorlauten hat ja gegenüber den jetzigen Angeklagten nur den «inen Vorteil, daß sie es verstanden, ihre Geschäfte mit mehr Raffinement und mit mehr Verschlagenheit zu machen, und zwar so, daß niemand öffentlich etwas davon er fahren hat. Außerdem lzatten sie den Vorzug, keine Staats minister oder dergleichen zu sein. Sie blieben deshalb um so sicherer vor neugierigen Augen geschützt. Damit soll nicht ge sagt sein, daß wir etwa die Taten der fetzigen Angeklagten beschönigen möchten. -Wir wollen nur das eine feststellen: wenn einmal nach wirklichem Recht und nach un bestechlicher Gerechtigkeit von der gegenwärtigen Welt die äußere UmlMlung, die Kleidung und Bemäntelung herabgerissen würde, dann mühte so mancher heutige Ankläger und Großsprecher, wenn er noch ein Gefühl von Scham und wirklicher Ehre hätte, in Grund und Boden versinken. — Da in dem erwähnten Artikel des Dr. Oestreich auch Ar beiterführer und Zentrum in einer ehrenrührigen Weise an gegriffen werden, hat der Zentrumsabgeordnete Andre, Stuttgart, eingehend dazu Stellung genommen. Wir geben nachstehend seine Ausführungen wieder: Schieber gab es m. E. in allen Parteilagern. Wer die Sache so darstellt, als ob das aus Kriegsnot, Inflation und De flation herausgewachsene Schieber- und Wuchertum nur eine Er scheinung darstelle, die politisch auf die Sozialdemokratie und einen Teil des Zentrums zurückzuführen sei, der betrügt sich selbst und andere Kreise mit. Praktisch liegen die Verhält nisse doch so, daß zwar nicht alle, aber doch manche Kreise der Hochfinanz, der Industrie und des Handels während des Krie ges, wie nach demselben sich ganz erheblich bereichert haben.. Ich erinnere an die gewaltigen Bankneubauten und die großen Bankerweiterungsbauten, die ganz besonders während der In flationszeit ausgeführt werden konnten: erinnere an die enorme Vergrößerung so mancher Industrieanlage: erinnere an die Kre ditpolitik der Reichsbank; erinnere an die enorm hohen und manchmal geradezu wucherischen Bankzinsen seit der Mark stabilisierung. Es liegt mir ferne, all das, ivas auf diesem und anderen Gebieten des Wirtschaftslebens vorliegt, unter den Be griff des „Schieber- und Wuchertums" zu bringen. Nichtsdesto weniger besteht aber die Tatsache, daß viele und enorme Spcku- lationsgewinne in der Erweiterung der Bauten und der Ver mehrung der verschiedensten Sachrverte ihre Verankerung ge funden haben. Diese Vermehrung des Sachbesitzes in einer Zeit, wo den kleineren und mittleren. Volkskreisen das Geld unter der Hand fortlief, ist gewiß nicht in erster Linie solchen Kreisen unseres Volkes zugute gekommen, die politisch dem Zentrum oder auch der Sozialdemokratie nahestanden. Ich kenne z. V. genug rechtswühlende Leute, die ohne Krieg und seine Nach wirkungen heute noch in den bescheidenen Verhältnissen der Vorkriegszeiten leben würden und die heute Villenbesitzer und Autoinhaber sind und erheblich über den Rohmen der Vorkrieas- zeit hinaus leben. Sie haben „ihre" Zeit verstanden und ergehen sich jetzt zum Teil in moralischer Entrüstung über die Schlechtig keiten der Barmst, Kutisker und Genossen. Schweigen wäre aber in solchen Fällen viel eher am Platze. Nicht jeder, der mit Barmat gesellschaftlich und geschäftlich zu tun hatte, ist «in Lump und Schieber und nicht jeder, der in Verbindung mit den alten, eingesessenen Banken seine großen Spekulationsgeschäfte vor- uahm, ist ein Tugendhold und nobler Charakter. Auf allen Sei ten gibt eg Licht und Schatten. Hinsichtlich der Kreditpolitik der Reichsbank sei mir die Aufiverfung der Frage gestattet, ob nicht auch hier ein parlamen- torischer Untersuchungsausschuß angeze>gt wäre, um z. B. fest zustellen, welche Riesenbeträge immer wieder die Firma Stin < nes von der Reichsbank erlösten haben soll, oder auch erhalten hat. Die Kredite sollen jeweils mit entwerteter Papiermark wieder zurückgezahlt worden sein. Juristisch gesehen mögen diese Vorgänge sich in Ordnung befinden: vom politischen Stand punkt und von jenem der Steuergesetzgebung aus gesehen, er geben sich aber doch noch manche Fragezeichen. Auch eine Unter suchung darüber, wie die großen dazu privilegierten Banken fD^Banken usw.) die ihnen von der Nostverwaltung zugeflossen-n Gelder den Kreditsuchenden gegenüber seit Jahresfrist ausge- liehen und welche Zinssätze sie bezahlt und gefordert haben, würde sicherlich nicht uninteressant bleiben. Was die Kreise, die große direkte Reichsbankkredite erhielten, immer mit dem Gelde angefangen haben, ist auch eine offene Frage: vielleicht sind auch solche Kredite oder Teile derselben zu Devisenküufen oder zu anderer Spekulation mitverwendet worden. Weil es Fragen gibt, an,die der Außenstehende nicht herankommen kann, ergibt WlWM M M Dortmund. 12. Februar. Im südöstlichen Felde der Zeche „Minister Stein", Schacht 3, ist gestern um 8 Uhr 16 Mi nuten abends eine Schlagwetterexplosion erfo'gt. Die Strecken sowohl auf der dritten, wie der zweiten und ersten Zone sind durch Brüche gesperrt. Mehrere verschüttete Leute sind gleich nach der Explosion noch lebend zutage gekommen. Die gleich eingesetzten Rettungstruppen versuchten, sich zu den im zweiten Revier Befindlichen durchzuarbeitcn. Es gelang, nur einzelne Lebende zu bergen. Es ist mit dem Verlust von über 100 Bergarbeitern zu rechnen, zumal in den Ge bieten hinter den Brüchen infolge gestörter Wetterzufuhr die Gase nicht in dem erforderlichen Maße abziehen können. Bis heute früh 4 Uhr waren 36 Bergleute tot und 8 lebend geborgen. Nach dem bisherigen Befunde hat eine große Anzahl den Tod auf der Flucht gefunden. Eine große Zahl von Bergleuten Ist ohne äußere Verletzungen tot ausgesundcn worden. Dortmund, 12. Februar. fDrahtbericht.) Das Gru benunglück aus der Zeche Minister Stein in Dortmund-Eving muß als eines der größten in der Geschichte der Unglücksfälle im Nuhrgebiet bezeichnet werden. Die Schlag wetterkatastrophe hatte einen außerordentlich heftigen Charak ter. Die Rettungsmannschaften werden in ihren Arbeiten durch Gase stark behindert. Es besteht wenig Aussicht, die noch in der Grube befindlichen 138 Bergleute oder wenigstens einen Teil von ihnen lebend zu bergen. Bis beute vormittag X9 Uhr sind 52 Tote geborgen worden. Diese sind bis zur Unkennt lichkeit verkohlt. D'e Ursache der Erpwsio» ist noch nicht geklärt. Gerettete erzählen, daß sie durch die Funken einer Malchinc entstände» sein soll. Genaueres wird jedoch erst nach den amtlichen Vernehmungen der Gerettete» gejagt werden können. Tic Unglücksstelle ist von einer niwe- henrcn Menjchenincnge, meistens Angehörige der Verunglückten, umlagert. 16 Leichen wurden an einer einzige» Stelle gefunden. Tie Stimmung unter der angejamnielte,, Menge ist austerordent lich erregt, da angeblich von der Zechenverwaltung Änweijnng gegeben wnrde, keinerlei Nachrichten über das Unglück den Traiistcnstelicnden bekanntziigebcn. Die ganze Unglücksstelle ist polizeilich ächge,perrt. Tie Namensfesistellnng der Toten ec- jchwert sich besonders dadurch, daß die meisten bis zur Un kenntlichkeit verkohlt sind. Bisher konnten die Namen von sich für mich die Annahme der Tatsache, daß nicht alle Schie bungen aufgedeckt und nicht alle Schieber dem „Gericht" unter worfen werden dürfen. Wer in den letzten Jahren offenen Auges und Ohres durch die Welt gegangen ist, der weiß, iver auf die Börsenberichte besonders auch der rechtsstehenden großen Zeitungen, die, um ihrem Leserkreis cntgegenzukommen. die Be richterstattung gerade über das Börsenwesen und die . Kurs entwicklung der Wertpapiere, besonders ausgebaut hoben, ge wartet hat: der weiß auch, welche Gespräche im Eisenbahnwagen, überhaupt im gesellschaftlichen Verkehr bis selbst in die Wandel halle des Reichstags hmein gefiihrt worden sind. Es ist eine nicht zu iibcrbietende Einseitigkeit, wenn heute versucht wird, die Sache so darzustellen, als ob nur der politisch mehr links orientierte Teil der Bevölkerung sich überwiegend auf dem aro- ßcn Gebiet der Spekulation betätigt habe. Mein persönlicher Eindruck van diesen Angelegenheiten ist der. daß sich in allen Narteilagern Sünder befinden, daß es aber die Einen a»f Grund besserer Verbindungen und einer fei- neren Witterung und Orientierung über geschäft liche und wirtschaftliche Verhältnisse besser verstanden haben, ikr „Schäfchen ins Trockene" zu bringen, ohne daß sie mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt geraten sind. Hätten die Kreise der .Hochfinanz und deren Hintermänner in der Infla tionszeit nichts verdient, dann wäre dem Gcldentwer- tiingsvrozeß ivohl schon früher begegnet wor den. Jetzt nachträglich die Sache so darstellen zu wollen, als ob nur die Darmatleute und di« Linksorientierten in der Politik für all das Elend, das die Inflation mit sich gebracht hat, ver antwortlich zu machen seien, ist politische Spiegelfechterei: ist Moral mit doppeltem Boden. Sodann schreibt Herr Dr. Oestreich wörtlich: Die tiefste Ursache unserer Not ist und bleibt für mich der verlorene Krieg, mit seinen ungeheuren Schädigungen der deutschen Wirtsclmft und die nachfolgenden feindlichen Be drückungen aller Art. Ohne diese furchtbare Notlage wäre schon längst dem Schieber- und Wuchertum der Boden in Deutschland entzogen worden. Auch darf nicht vergessen werden, daß die An fänge des Schiebcrtums bis in die Zeiten des Kaiser- lichen Deutschlands zurückreichen. Ich empfehle all den Kreisen, die auf dem Gebiet an Gedächtnisschwund leiden, einmal Zeitungen von den Jahren 1915, 1916, 1917 und 1918 nachzuschlagen: sie bilden je nach ihrer politischen Einstellung Fundgruben im Kampfe gegen das Schiebertum. Schon da mals also gab es „Barmate" In Hülle und Fülle: große und kleine: in- und außerhalb der Kriegsgescilschaften! Warum deshalb die einseitigen Anklagen, als ob die zurzeit zur Dis kussion stehenden tiesbedauerlichen Korruptionserscheinungen, ur sächlich und allein auf das neue System und die Männer mit 15 Bergleuten festgestcllt werde». T'ü Ncttnngsarbeitcn werden von den herbeigeeiltc» Neltnngsmannjch.iflen 'äintiickjer umliegenden Zechen, sowie der städtische»"Feuerwehr unter Leitung des Oberberghauptnianns vom P'.custischcn Overbcrgam! Dort mund ansgefiihrt. Aerzte, Krankenschwester und Santtätsverional leisteten die erste .Hilfe. Zwei der Leichen waren vollständig venohlt, während der größte Teil der Bernnglücktc,, den Er stickungstod durch dir augejaiuinelteu Gase fände». — E»> klares Bild von der Schwere der Katastrophe kann mau Nch bis setzt noch nicht machen, da die Neltungsarbciten sehr lang sam und unter den größten Schwierigkeiten vor sich gehe» Dortmund, 12. Februar. Von zuständiger Stelle w cd zh dem Unglück noch mitgetsilt: Tic Gesamtzaht der betroffenen Bergleute beträgt 137. Acht konnten uuin>tielbar nach der Erplochw noch lebend geborgen werde» und ,i,id wahrscheinlich onste, LebenSgcsah. Tie übrigen sind durch die zu Bruch geg'.ngeuer Kvhlcumajsen abgeschnitten. Obgleich die eigen? Neitungsma.in schaft sowie die Mannschafteil der Nachbarzechen „Guei'cnan", „Viktor", „Achenbach", „Scharnhorst" und „Preuße,,", sowie die Bernfsrettungswehr von Nhein-Elbe fieberhaft tätig find, ist nicht damit zu rechnen, daß auch nur ein einziger der abge- schuitteiicn Bergleute am Leben und zu retten ist. Es muß alio mit insgesamt 129 Opfern gerechnet werden. T>', größte Teil der bisher geborgenen Tote» ist auf der Flucht von den giftigen Gasen erreicht und getötet worden. Es sind insgesamt l60 Mann Neioangs- niannschaft zur Stelle. Andere stehe» bereit, nm die zu Bruch gegangene Strecke »Nt größter Be hlc„„igung sreizumacben. T-e NettuilgSarbeiten werden erschwert durch d e teilweise noch vor- hniid.'neil giftigen N'.chschwaden. Seit Mitternacht weite» Ge neraldirektor Bergrat Funke von Nhein-Elbe, Bergweeksdwelwc Knepver, Bcrghanvtttianii Overthnii, Vcrgrat Müller, sowie d e Bergassessüren Wille und Beiling von der Versuchsstation sür Spreiigstosswesen an der Iluglücksstelle. Bcrghanvtinann Ov?r- thnii, Oberbergrat Friclinghans und Bergrat Müller habe» dir Strecke, soweit es bisher möglich ist, bereits befahren. Dortmund, 12. Februar. (Drahtbericht.) Bis heut« früh tzi19 Uhr sind 9 9 Leichen geborgen worden. Die Toten sind in der Waschkaue in langen Reiben aufgebahrt und bieten ein erschütterndes Bild. Es besteht Aussicht, daß sieben ven den acht zuletzt zutage gezogenen Bergleuten gerettet werden können. Don den Vergemannschasten ist ein Steiger töd'ich ver unglückt. lDie Znbl der Opfer würde sich damit aus 1 3 l ec- höhen. (Die Red.) bewußt republikanisch demokratischer Gesinnung zurückzusühren wäret,? Endlich sei die Frage gestattet: wo waren dem, in den letzten Jahren die Führer der Wirtschaft? Haben sie sich »ich! immer wieder geweigert, dein Reiche ihre wertvollsten Kräfte zur Verfügung zu stellen? Mancher von den Ministern der Nach kriegszeit wäre wohl nie zu „Ministerchren" gekommen, wenn andere berufene Kreise bereit gewesen wären, sich mit ihrer Kraft dem Vaterland« in der größlen Not der Nachkriegszeit zur Verfügung zu stellen, anstatt nur dem eigenen wirt schaftlichen Vorteile nachzu jagen. Ist das wohl oder nicht? Wer Einblick in die Schwierigkeiten der verschie denen Regierungsbildungen im Reich in den letzten 6 Jahren hatte, der empfindet die folgende Behauvtung des Herrn Dr. Oestreich als politische Ungehörigkeit: „Die gegenwärtige Füh rerschaft der Sozialdemokratie und des mit ihr zusammenhän genden Z e n t r u m s t e i I s hat moralisch völlig versagt.' Ich habe die Sozialdemokratie nicht zu verteidigen. Was aber den mit ihr zusammenhängenden Zentrumstcii anbelangt, so genügt es. zu betonen, daß es einen solchen Zentrumsteil über haupt nicht gibt. Wir waren mit der Sozialdemokratie nie ver heiratet. Selbst dann, wenn es sich erweisen sollte, daß einzelne Abgeordnete des Zentrums Verfehlungen sich haben zuschulden kommen lassen, ist und bleibt es ein starkes Stück, vom völligen moralischen Versagen eines Zentrumsteiles zu reden. Ich kenne nur e i n Zentrum und lehne deshalb diese feinen Differenzierun gen und die sogenannte Flügelpolitik rundweg ab. Wer den einen Teil der Fraktion bewußt beleidigen und in seiner poli tischen und persönlichen Ehre herabwürdigen will, der trüst dos ganze Zentrum. Das ist ja auch wohl der Zweck der Verdäch tigungen. Wenn dgs deutsche Biirpcrtum sich aber nicht selbst jahrelang durch seine falsche politische Einstellung matt gesetzt, sondern vielmehr mit dem Zentrum den Mut zur Ilebernobne unangenehmer Verantwortung aufgebracht haben würde, bätte die politische Entwicklung andere Wege einschlagen können. Statt dessen liefen gewisse Kreise andauernd kritisierend und polternd hinter dem Staats,vagen drein und überließen es dem mehr links orientierten Volksteil, die Ver antwortung für die unangenehmsten Entscheidungen außen- und innenvolitischcr Art Zu übernehmen. Haben Eni'elne, die 'ur Macht kamen, gesündigt, so haben auch die andern durch ihre Art der politischen Betätigung nicht weniger Schuld auf sich geladen. Herr Dr. Oestreich schreibt, nachdem er seine Werturteil» über einige Sozialdemokraten abgegeben l>at. wörtlich: „Die sogenannten Arbeiterführer, auch die des Zentrums, haben längst aufgehört, von Klassenkampf erfüllte Proletarier oder auf ihre Armut stolze „kleine Leute" zu sein. Besonders wenn sie
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