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Sächsische Volkszeitung : 29.01.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192501299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-01
- Tag 1925-01-29
-
Monat
1925-01
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.01.1925
- Autor
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willen Gibrallar Don HansRoselieb Wenige Städte habe ich bisher gesehen., die so anregen wie Gibraltar, zwar nicht gerade fruchtbar, eher zerstreuend, aber ms Weite, so sehr ins Weite, das; es schon phantastisch genannt wer den mutz. . . , . . Es ist nur ein kleines Ding von kaum dreitzigtausend Ein wohnern, eine ausgestreckte Hand, dessen Gelenk ein schmaler Landstrich ist. der durch einen neutralen Mittelteil den englischen Besitz mit dem spanischen Festland verbindet. Der südwestliche Teil liegt dem spanischen Algeziras zugewendet, von wo man auch mit dem Dampfer hinüberfährt. Den nordöstlichen Teil, ziemlich steil abstürzende Felsen, bespült das Mittelmeer. Gibral tar ist ein einziger, etwas länglicher, eingesattelter Felsen aus Jurakalk, gelb und grau, der nach dem spanischen Süden und Westen terrassenhast abfällt. Einer ausgestreckten gewaltigen Faust gleicht dieses kleine Ding, das den Schlüssel für das Mitlsl- meer, für den Suezkanal und für die indischen und ostasiatischen Welten sesthält, dieses kleine Ding, das immer so wichtig war und seit fast zweihundert Jahren ununterbrochen den schmerzen den Splitter im Auge der Spanier bildet. Etwas über 20 Kilometer von ihm entfernt sieht man den Gegengipfel aus der afrikanischen Sierra Bullones blauen. Hie Gibraltar, das früher Calpc hietz und drüben das alte Abyla, zwei Säulen, eben die Säulen des Herkules, zwischen denen west östlich die leichten Kristallivasser des sanften Mittelmeercs sich über die tieferströmenden, salzreichen ostwestlichen Nasser des gewaltigen Atlantischen Ozeans mit einer Schnelligkeit von vier bis acht Kilometern in der Stunde stürzen. Das erklärt die vielen Gefahren der Schiffahrt, zumal da auch die Winde, die über diese 800 bis 1000 Meter tiefe Wasserflut wehen, launig und heftig sind. Die Phönikier, die sich nach unserer Kenntnis zum erstenmal durch diese Scylla und Charybdis hindurchwagten, um nach dem fernen Britannien, ausgerechnet gleich nach diesem finsteren Eiland zu segeln, riefen nicht ohne Ursache den Schutz ihres göttlichen Herkules an. Blickt man aber mit dem leiblichen Auge über die Meer enge, dann erscheint sie kaum als Enge, denn 20 Kilometer ist sür den Blick eine Weite, die der blaue Dunst um die afrikanischen Bergkegel sogar noch geheimnisvoll macht, was den Eindruck der Weite zauberisch vergrößert. Kaum wahrhaftig dünkt es uns, daß man sie von Gibraltar aus mit unbedingter Gewißheit über wachen könnte. Und doch ist es so nicht nur seit der Zeit weit tragender Geschütze. Auch sür gefährlich hält man ihre Flut nicht, den so ruhig sieht sie heute aus und einer friedlichen festtäglichen Seidendecke ähnelt ihre hellblau glitzernde Fläche. Und doch sank so manches Schiff dort unter. So manches Lebe» erlosch in seinen Wetten und so mancher Schatz ruht auf seinem Boden. Der aber ist eine Fortsetzung des spanischen Festlandes, nach dem sichtbaren seichten Fall der Bricht von Algeziras zu urteilen. Breit gelagerte, ungeheure Steinschichten sind umgestürzt, so, als wenn man zwar riesige, doch nur S bis 10 Zentimeter dicke stei nerne Platten umkippte, wonach ihre schmalen Kanten wagerecht aneinander gepreßt zu erkennen sind, während ihre Länge in die Unsichtbarkeit verläuft. Das Ebene ist zur Senkrechte ge stülpt und das Unterste zu oberst gewendet. Das, was in der Gesteinslagerung schon so seltsam ergreift, eben diese Umstürzung, wirkt hier auch in allen Dingen der Oberfläche. Alles scheint eng und unendlich weit. Wie die Wel len zweier ungleicher, gewaltig verschiedener Meere sich hier stru- delig mischen, und was im andern ist, solchen Kreuzungen be gegnen wir hier überall. Nichts führt so aus der Enge in die Weite und umgekehrt. Nichts regt so an bis ins Reich des Ge heimnisvollen. In afrikanischer Sonne liegt der kahle gelbliche Felsen. Eng und düster, mit wenigen Plätzlein schwingen sich an einer Seite die sauberen Terassenstraßen. Von den Dächern und hoch gelegenen Fenstern aus aber findet der über die Wasser schwei fende Blick kaum eine Grenze. Gewöhnt an spanische Laute, hört man hier englische herrschen, Angelsachsen sorgt für nordische Sauberkeit. Die malerische Nachlässigkeit spanischen Daseins durchdringt ordnend ein nüchterner Zug. Ja. die englische sen timentale Poesie spürt man hier in einer gewissen Art von Aqua rellen und Andenken, die in den Schaufenstern zu sehen sind. An kleinen Strandplätzen spielen englische Jünglinge Fußball mit jener muskelhaften Gewandheit, die für jeden, der ein Siier- kampfspiel im Auge hat, roh und „materiell" wirkt. Zumal in dieser schwebend leichten Lust, die alles geschmeidig und anmutig gestalten möchte. Doch der englische Materialismus machte sich jene Befestigungen dienstbar, die kaum sichtbar als Straßen gür telhast oder in unterirdischen Galerien an den Terassen lausen und auch ihre Stärke wirkt weit bis an allen Enden des briti schen Weltreiches, aber ohne daß man es spürt. Seit dem arabi schen Herrn Gibraltars, Tarik ibe Zigad, der dein Berg sDschebel des Tanks den Namen gab, haben der Straßburger Speckel, da nach der Mailänder Calvi bis zu den modernen englischen Inge nieuren an diesen berühmten Befestigungen gearbeitet. Aeußer- lich mit dem Blick auf die Gewässer mit dampfenden Schissen und geistig mit dem Blick aus den Radius der englischen Weltmacht, auf deren einer Achse wir uns in Gibraltar befinden, bietet sich uns eine außerordentliche Weite dar, die die Enge der Stadt und der örtlich kaum sichtbaren Befestigungen zu einer seltsamen körperlich ergreifenden einzigen Sensation steigert. Sie findet neue Anreize im Straßen- und Kaffeehausleben der Stadt, wo sich alle Typen der afrikanischen und europäischen Gestade des Mittelmeeres begegnen Märchenhaft bunt sticht die Tracht der Araber und Berber mit ihren roten und weißen Tur banen, ihren weißen Mänteln oder auch ihren blauen, violetten, roten grünen Hosen von der schwarz-spanischen und der immer etwas sportlichen oder nüchternen Eleganz der englischen ab. Männer, die ihrer Gesichter wegen Fürsten der Wüste scheinen und doch nur Händler aus Tanger sind, mischen sich mit Griechen, Armeniern, tunesischen Juden und trockenen englischen Gouver- nantentnpen, dazu die wiistensandgelben Uniformen der eng lischen Soldaten. Waffenlos, nur mit einem Stückchen, lausen die ausgezeichneten Figuren der großen Macht herum und machen sich nie breit. Es ist, als ob sie mit diesem ihren Stückchen, das wie ein Taktstöckchen ist, das Leben ordneten, und deshalb füblt man hier am Wirbelpunkt von-Völkern und Meeren den eng lischen Takt der Welt. Er ist seltsam und beruht keineswegs auf den Druck der größten Stärke. Die erste uns bekannte Fahrt der Phönikier zwischen den Säulen des Herkules hindurch nach dem fernen Britannien wird zum Sinnbild. Mit der frühesten Kunde vom Nordlicht und seinen langen Wintcrnächten brachten diese kühnen Schifsahrer das Zinn heim, durch dessen Vermischung mit Kupfer sic die Bronce herstellten. Das aber war jenes Metall, wodurch sich der kriegerische und Künstlerische Geist der Mittelmeervölker Formen schuf, ohne die ihre Kulturen kaum immer wieder von neuem nach dem Norden zu dringen vermochten, um dort durch das Licht des Südens jene Dinge reifen zu lassen, die dem Nord länder eines schicksalvollcn Tages die Herrschaft über den Süden gaben. So mischt sich im Wechseltausch der Süden mit dem Nor den; die Stärke des einen wuchert in der Schwäche des andern. Was Tod und Verfall des einen scheint, steht im andern wieder auf. lind dies erhabene Schausviel vom Wandel des Todes, der nie ein Ende ist, gehört sür mich mit zu den größten, den spür barsten Sensationen von Gibraltar. Das Buch vom Rhein Von Tr. Karl Hoeber (Köln) (Nachdruck vcrboten.1 O ihr sonnigen Berge, dn duftiges Tal, Du Winzer, ihr Berge, ich grüß euch zumal! Ihr Burgen, ihr Reben, ihr Glocken lo süß, T>ch rheinisches Leben, euch alle ich grüß! Franz Alfred M u t h. Unter allen deutschen Strömen ist der Rhein in Dichtung und Gesang am meisten gepriesen .und verherrlicht. Wer die deutsche Volkspoesie der vergangenen Jahrzehnte kennt, wird darin bestätigt finden, daß, abgesehen von der Donau, allein der Rheni es ist, dein die Hcimatgrüße, die Wander- und Ab- sclnedslieber gelten, dessen gesegnete Uscrlandschasten, herrliche Städte, Burgen und Tome immer aufs neue besungen werden. Es ist ausfallend, daß der Weltkrieg, der auf deutscher Seite doch vor allem der Verteidigung unserer Heimaterde und dem Schutze unserer Grenzen in Ott und West galt, kein neues, aus der Leidenschaft des Krieges und ans vaterländschen Ä;,ühleu heraus geborenes Nhetnlied hervorgcbracht hat, ein Lied, das an be geisterndem Schwung sich nur den besseren der 18 lO, als mi Westen Nhcingelüste sich regten, entstandenen Rheinlicder, we,,» nicht gar Max Schneckenburgers in Wort und Weise hinreißende«! Wacht am Nhem an die Seite stellen ließe. Ist denn von verzan-i geiien Geschlechtern schon alles gesungen und gesagt, was zunt Preise deS Rheins ein Tichterherz bewegen könnte? Oder ist innere Zeit trotz pathetisch klingender Worte, wie sie an patri otischen Weihetagen so oft gesprochen werden, im Kern sckon so materialisiert, daß sie in Wirklichkeit glaubt: „Besseres Klin gen, bestes Klingen ist das Klingen des Metalls!" Mehr noch als in der schrecklichen Kriegszeit Nnren tu der Nachkriegszeit dir Länder am Rhein von Feindesmächte» bedroht ,,»d ihre Freiheit und Unabhängigkeit gefährdet. Aber gerade diese Jahre der fremden Besatzung haben »n ganzen deutschen Volle, am stärksten im rheinischen Volke, die angesiammte chicbe znm Vater Rhein vertieft und befestigt und bei vielen Tausenden, die diese Liebe mit Verfolgung und Verbannung büßen mußten, sie durch Leiden und Opfer geläutert und erprobt. Was »n Gedicht und im Lied keinem Sänger als Herzens- Innder des ganzen deutschen Volkes zu sagen vergönnt war, das bietet uns in reichster Mannigsalt'gkeit ein literarisches Werk, das auf einer langjährigen Beschäftigung mit der Gesch'chte und Be schreibung des Rheines beruht, 'ein'Werk, das die Eindrücke und Beobachtungen vieler Hunderte von Reisen und Wanderungen, von den Höhen des St. Gotthard bis zur Vereinigung des Flusses mit dem Weltmeere znsammenfassend darstellt und mit Recht den T>tel trägt: Tas Buch vom Rhein. Line Schil derung des Rheinstromes und seiner Ufer von den Quellen bis znm Meere unter besonderer Berücksichtigung seiner zweckaujend- jährigen Geschichte. Ter Verfasser des Werkes ist der durch sclne zahlreichen und ausgezeichneten Reiseführer bekannte Schrift steller Georg Hölscher in Köln. Sein Buch ist mit 14 Karten und 215 teils farbigen Abbildungen, vorwiegend nach Gemälde» Radierungen und Zeichnungen berühmter Künstler ansgestaitet. lVerlag von Honrsch u. Bechstedt, Köln. 1021. 400 S. Preis geb. 20, 23 und 28 Mart.) Ter Verfasser hat m seinem Buche die rechte Methode damit eingeschlagen, daß er das, was er in wissenschastl'.chen und sachmännischeu Schriften mit zähem F-lejße studiert hat, in eine anmutige Verbindung und Mischling bringt mit dein, was er a» seinen Wanderungen an den Usern des Rheines und seiner Ncbentäler geschaut, erfahren und erdacht hat. V'et NeneS und Ucberrnschendcs an persönlichen Wahrnehmungen und Feststel lungen tritt dabei zutage, woran der Reisende, dessen Blick nicht so gut geschult ist, meist ahnungslos vorübergeht. Ueberall >m lang- und breitgestrcckten Rhcingebiet, im Tale iv.c auf den Höhen, ist Hölscher außer der gedruckten Literatur auch der münd lichen Ueberliesernng nachgegangen und hat manches auf dunr Weise vernommen und für sein' Werk nnszeichnen können, was volkskundlich vvii hohem Interesse ist. Tabei hat er läng-s des Rheines seinen Wanderstab auch stets in die Seitentäler gesetzt, wie Kinzig, Murg, Neckar, Main, Lahn, S:eg und Ruhr, und ans der anderen Seite ist er vor allein in die Täler der Jli, der Nahe, Mosel und Saar, der Ahr und der Nebenslüsse der Maas vorgcdrungen und hat »ns wie beim Rheine Bilder ihres reizvollen Laufes, der hohen Kunstschöpsnngen an ihren Userik und der uWndecwerke neuzeitlicher Technik gegeben, Tarstelliin-i. gen, die durch die prächtigen Karten, Tafeln und Zeichnungen' ständig belebt und erläutert werden Zwei Jahrtaniende schauen bei den jetzt so volkreichen Städten wie Straßbnrg, Worms, Mainz, Koblenz, Bonn, Köln und Xanten ans den ursprünglichen Stadtkern, um den die Sicdelungen späterer Zeiten und die durch die Freizügigkeit des 10. Jahrhunderts begünstigten Zuwanderungen nch gruv- v:crl haben, so daß Köln, die rheinische Metrovöl'S, sich nächst. Berlin an Einwohnern heute zur größten Stadt in Deutschland eulporgeschwnugen hat. Neb.ii dein Personen- ist eS der Güterverkehr, hanvtsäch- lich die Verfrachtung von Kohlen, Holz und Erzen, die chic Schiffahrt auf dem Rheine ausniaclit und das kommerzielle und gewerbliche Leben bedingt, ohn edcm geistigen Leben au unserem vaterländischen Strome, nämlich der Wissenschaft, Dichtung und Musik Eintrag zu tun. Das bewegliche Volk am Rhein ive'ß trotz aller Regsamkeit und Erfindungsgabe auf wirtschaftlichem Gebiete den Sinn sür die geistigen Kulturgüter sich stets zu wah ren. ES ist ein besonderer Vorzug des Werkes von Hölülrer, daß cs alles, was >» dichterischer, architclton'scher, malerischer uns niuslkalischer Hinsicht sür den Rhe'n und seine Städte und Dörfer >n Betracht komint, an passender Stelle in seinen Text verwebt und dabei recht vieles ans Legende und Sage und dem üppigen Ge biete der geschichtlichen Anekdote bringt, was u'cht allgemein Am schwarzen Sood Die Geschichte einer Keimkehr sl. Fortsetzung.) Der Wirt Marx „zum schwarzen Sood" sitzt in der niit Tabacsrauch gefüllten Gaststube, die von dem Durchsinanderreden der Bauen: w'dcrhallt, am Ecktisch mit den reichsten Leuten der Gegend, dein Bormann, dem Feddersen und dein Nieper. Wie ein König sitzt er da, milcht sich nur, wenn es ihm behagt, tn bas Gespräch und hat nur zum- Schein ein großes Glas SchnapS vor sich stehen. Dabei ranchr er aus seiner kurze» Pfeife und läßt seine grauen unsteten Auge» beobachtend und regierend durch den Raum gehen. Eigentümliche Auge»! D.aS obere Lid hängt an der Außenseite etwas schräg über und gibt ihnen einen listigen Ausdruck. Und dann die Falten und Fältchen in den Augenwinkeln, und besonders die lange Falte vom Ohr her, die sich langsam entwickelt, wenn er eine schlaue, boshafte Bemerkung machen will. Mit seiner Bosheit hält er durchaus nicht zurück. Er ist gefürchtet uud doch wieder gesucht, denn er weist tausenderlei Späße zu erzählen und, was den Bauern noch mehr wert ist, er weist tausenderlei Ratschläge z„ geben, die man benutzen kann. So genießt er ein unbeschränktes Ansehen bei den Leuten, und man sieht auch an der Sanberkei. des Hauses, an dem Gedeihen seiner Neckar d>'e er yier am Stande des Moores billig erworben hat, daß er seine Sachen versteht. „Der hat immer Glück", sagen die Bauern, und i» der Tat, die gewagtesten Unternehmungen gelingen ihm. So ,einer überlegenen Stellung sich bewußt, läßt er sich nicht einmal herab, plattdeutsch zu reden oder mit seinen Gästen zu trinken, er weiß, sei können ihn doch nicht entbehren. Eben spricht er mit seinem Nachbar Feddersen über das Viehkaufen. Das Vieh de.s Marx ist berühmt, und immer weiß er billig einznkanfen und teuer zu verkaufen. Ganz n» Vertrauen —, er weiß zwar, daß es morgen doch weiter erzählt wird, aber dann wird er schon wieder einen anderen schlauen Gedanke» haben — ganz im Vertrauen erzählt er seinem Nachbar auf dessen wiederholtes Fragen, wie er es anfängt, wie er nämlich, wenn ec Vieh e'n- kaufen will, morgens um 4 oder 5 Uhr beim Verkäufer er scheint, dann hat das Vieh auf der Weide gefressen und steht dünn und unansehnlich da, so daß er dem Verkäufer etwas ab schnacken kann, aber wenn er selbst verkaufen will, stellt er das Stück vorher auf die fetteste Weide, dast es kugelrund wird. „Ja, bat is all schön", sagt Feddersen, „aber wenn de anner nn morgens um fies von dl töpen will?" „O", lacht Marx, „nin fünf Uhr morgens wäre ich dafür mchr zu sprechen, ich würde ihm sagen lassen, ich verlauste nur am Nachmittag." „So? Ja daun..." Wetter weist Feddersen nichts zu sagen. Da ruft Nieper herüber: „Dn, Marx, ick kenn' lemand, de is noch schlauer as du!" „Oho, Nieper, da bin ich doch neugierig." . „Teuf, ick komm' und segg di't in't Ohr.". Nieper kommt bedächtig um den Tisch herum, setzt sich zu ihm uud erzählt ihm leise, dast die Stlue, die Kuhmagd von nebenan, morgens vor TageSgrane» bei Marx Eier aus dem Stall wegholt. Ter Wirt schmunzelt nur vergnügt und sagt: „Wie oft hast du das schon gesehen?" „O, all twcimal." „Na, dann wird sie'S auch wohl noch öfter versuchen. Das ist mir recht, Nieper, da werd' ich mal anspassen." „Na und dann?" Bei Marx erscheint die Falte vom Ohr her, er lacht leise. „O, die Stine Hab' ich immer schon einmal unter vier Angen sprechen wollen, das ist doch eine niedliche Tirn'. Und jetzt, wenn ich sie dabei absasse, da wird sie doch erst lein grast Geschrei machen wollen? Nicht währ?" Ter Bauer sieht ihn verdutzt an, dann leuchtet eS tu sei nen Angen auf. „Ach so, weil's so 'ne nette Tirn is? Hä, HL." „Ich Hab' nichts gesagt", damit schneidet Marx alles wei tere ab, und die listige Falte verschwindet. „Man gut", sagt Nieper, „dat dat bin' F-ru nich hört hctt. Ta lümmt se." Eine kräftig gebaute, noch hübsche Frau, aber van etwas nachlässiger Haltung und mit einem miiden Zug um Augen und Mund tritt an Marx heran und meldet ihm etwas. Er nickst und sie verschwindet so geräuschlos, wie sie gelommen ist. Dann rnsen ein paar Stimmen drüben ans einer Ecke nach SchnapS, und er geht gemessen h>n, um sic zu bedienen, so ruhig, als wenn eS eine besondere Freuudlichkeit von ihm wäre. Ans de», Rückwege schiebt er den landwirtschaftlichen Kalender an der Wand zurecht. Ec jetzt sich, und das Gespräch geht weiter. Ta hört man schwere Schritte draußen ans dem Flur, und herein schiebt sich ein müder, lahmer Mensch »nt tzinem Sack über der Schulter. Er blickt sich scheu um, setzt sich bescheiden in einen Winkel, legt den Sack sorgsam- neben sich und bestellt Brot und Käle. Hastig verzehrt er es und läßt seine Augen luchend uinhergehen. Enttäuscht sitzt er dann eine Weise be wegungslos da, bis endlich sein Kopf müde auf den Tisch gleitet. Feddersen stößt ihn an. „Ne, F-riind, nicht slopcn, dat wir schön! Speck lewer 'neu seinen ,,p mit dinen Kratzbogcn. Tu Heft ja woll so 'ne Vigelien da in. Nich?" Jürgen blickt den Sprecher müde -an, dann, als wenn der Vorschlag nn Grunde ihm auch sehr gut paßte, nimmt er vorsichtig seine Geige heraus, stimmt und spielt. Vielleicht, daß Kathrine d:e Musik noch so gerne hört wie früher und znm Vorschein kommt. Tie Bauern schmunzeln, und einige klopfen vor Vergnügen mit den Gläsern aus den Tisch. Er hat mit einem lustigen Ma trose,«tanz begonnen, »nn aber geht er in eine getragene Me lodie über. Und plötzlich hinter dem Rücken des Spielers, an dem Guckfenster vom Flur her, erscheint <i,r Gesicht, es ist die Frau von Marx, drückt sich neugierig gegen die Scheibe, bis es das Antlitz des Mannes erhascht, denn, mit einem leisen Schrei, verschwindet es. Marx, dessen nnrnhigen Augen nichts entgeht, schiebt sich' ans dem Zimmer, während die Bauern lärmend dem Spieler zuriifen und ihm ans die Schulter klopfe». Draußen findet Marx seine Frau bebend an die Wand .e- sehnt. „Was ist dir, Kathrine, was machst du für Ge-chicht.'n?" Sie stiert ihn au, und leise kommt es aus ihrem Mund: „Das ist er. Ich hatte die Melodie gleich erkannt." „Wer lst's?" - „Ter Jürgen." Marx erschrickt, faßt sich aber schnell. „Ach so, na, daS tut ja weiter nichts. Ich denk, mid dem hast dn doch nichts mehr zu »hasse». Und ich, ich tu' ihm nichts zu Leid. Er scheint übrigens nett heruniiergekoininen zu sein. Da hast dn doch vernünftiger getan, daß dn mich genommen, nicht wahr, mein Schatz?" « Er will sie „Insassen, sie aber weicht zurück und stiert ins Leere. „Na, was willst da denn noch, Kathrine? Willst dn ihn noch mal jch'n? Was?" „Ja", haucht sie und will sich ans die Tür stürzen. Er aber tritt dazwischen. „Nein, jetzt nicht, waS sollen die Bau ern denken?" Und als sie sich wieder vordrängt, schiebt er s e heftig zurück, aber wie sie ihn mit einem wilden Ausdruck anblickt, den er noch nie an ihr gesehen, da sagt er etwas wenig« rauh: „Jetzt nicht, Kathrine, jetzt noch nicht, waS sollen dir Leute denken?" „Aber später, wenn die Leute weg sind, dann will sch ihn sehen." „Ja, meinetwegen, später denn." Tamtt tritt er langsam, sich noch einmal nach ihr ,-.m- bltckend, in die Wirtsstnbe, wo man schon nach ihm ruft. Kathrine aber steht erst eine Weile da, die Hand ans d e, wogende Brust gepreßt, dann geht sie matt zur Hintertür, sie muß frische Lust haben. Draußen ist nur ein schmaler Raum hinter dem Hause nach dem langsamfließenden Graben zu, dem „schwarzen Sood". Links stürzt cs gleich ab, so daß der von innen anfgestoßcne Türflügel einen Man», der ahnungslos da stände, hlnnnterwrrfen würde in das dunkle Wasser, rechts aber ist Raum genug, daß man an den Fenstern entlang gehe» lann bis zu dem Pförtche», das in den Garten neben dem Hause führt. Sic horcht, an die Wand gelehnt, in das Wirtsz »»nex hinein, dann schiebt sie sich bis an das nächste kleine Fenster vor, obgleich sie weiß, daß drinnen ein Schrank ihr den Blick bindert. Wieder einige Gelgentöne, dann Hallo und Anstöße» mit den Gläsern. Ja, jetzt hört sie dcntlich ihres Mannes Stimme: „Nun, mein Junge, trink' mall Aber kein B'.er, kam her, ,o'n Schnaps gibt ganz anders Kraft. — So. so. lst's recht. — Was, du willst nicht mehr? Nach dem Weg i>» der Hitze? Ser nicht verrückt! ^ So, siehst du. man '.»»»er zu, tmmer zul" (Fortsetzung folgt.)
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